Rote Vogelmilbe bei Legehennen: So wird sie bekämpft
Es gibt wohl kaum einen Legehennenbetrieb, der diesen Ektoparasiten nicht kennt: die Rote Vogelmilbe mit dem lateinischen Namen Dermanyssus gallinae. Am häufigsten sind Ablegebetriebe betroffen, in Mastbetrieben ist die Vermehrung der Roten Vogelmilbe wegen der hohen Anzahl der Reinigungsintervalle nur in Ausnahmefällen anzutreffen. Diese Milbenart ist ein ständiger Ektoparasit an Tauben, Hühnern und Wassergeflügel und vor allem an Wildvögeln. Sobald Außentemperaturen von 20 - 25 Grad Celsius erreicht werden, vermehrt sich die Rote Vogelmilbe explosionsartig in den Stallungen der Legehennen. Sie parasitiert in allen langlebigen Geflügelbeständen und ist weltweit verbreitet. In diesem Beitrag soll eine erfolgreiche Bekämpfung von Vogelmilben beschrieben werden.
Milben sind Vampire mit langer Überlebensstrategie:
Nachts attackieren die Parasiten die Wirtstiere, um Blut zu saugen. Tagsüber verstecken sie sich in Ritzen und kleinen Spalten, wo sie sich auch vermehren und ihre Eier ablegen. Unter optimalen Bedingungen kann das komplette Entwicklungsstadium vom Ei bis zur erwachsenen Milbe innerhalb von nur einer Woche durchlaufen werden. Die Überlebensdauer einmal mit Vogelblut vollgesogener Milbenweibchen beträgt bei 10 bis 15° Celsius bis zu 190 Tagen, während die Überlebensdauer bei 20 bis 25° Celsius nur 6 bis 14 Tage beträgt.
Untersuchungen zeigen, dass die Fähigkeit, Blut zu saugen, Eier abzulegen und eine Milbengeneration zu reproduzieren sogar bei 5° Celsius und 90 % relativer Luftfeuchtigkeit noch nach 5 Monaten ohne Nahrungsaufnahme erhalten bleibt. Daher sind leerstehende Stallungen und zudem noch in der kalten Jahreszeit kein Garant für milbenfreie Zonen.
Die Stichstellen der Parasiten an unserer menschlichen Haut jucken häufig sehr stark. Nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens kann sich die Rote Vogelmilbe nach Aufnahme von Menschenblut nicht vermehren, wohl aber ernähren! Für die Praxis heißt das, dass die Überlebensdauer von einmal vollgesogenen weiblichen Milben ohne Nahrungsaufnahme in ihren Verstecken und unter niedrigen Temperaturen mit ausreichender Luftfeuchtigkeit mehr als fünf Monate dauern kann. Im Übrigen befindet sich die Rote Vogelmilbe überall dort, wo sich die Legehennen/Wirtstiere im Abstand von rund 80 cm nachts aufhalten; im Volierensystem um die Sitzstangen im Abstand von 80 cm. Daher muss auch die Bekämpfung in diesem Umkreis intensiver erfolgen.
Die Versteckplätze der Vogelmilbe im Geflügelstall
Am Tag ist die Milbenart auf den Körpern des Geflügels für gewöhnlich nicht zu entdecken, die Milben verstecken sich unweit der Schlafplätze der Hennen in den Ritzen von Legenestern, der Unterseite der Sitzstangen und der A-Reuter sowie in den Ecken und unterhalb der Kunststoffroste. Oftmals findet man die rote Vogelmilbe haufenweise im Inneren der hohlen Zollrohre der Sitzstangen, in den Steckverbindungen der Inneneinrichtungen und zwischen den Klappscharnieren der Abrollnester. Man muss jedoch die Versteckplätze und das Aussehen der Roten Vogelmilbe kennen, um überhaupt sich seinem Problem im Stall bewusst zu sein.
Behandlungsmethoden sind schwierig, aber nicht hoffnungslos
Typische Anzeichen eines starken Befalls bei Legehennen sind eine ständige Beunruhigung der Herden und bei massivem Befall sogar Blutarmut einzelner Tiere. Die Eidotter können blasser sein und auf den Eischalen treten Blutspritzer auf. Schwäche und Leistungsabfall bis hin zum Tod insbesondere bei den Jungtieren können die Folge sein. Dann ist akuter Milbenbefall immer unbedingt zu behandeln.
Schon bevor eine derartige Situation in einem Geflügelstall auftritt, ist sofortige Bekämpfung der Milbenpopulation erforderlich. Eine zunehmend unruhig werdende und nervöse Legehennenherde könnte von der Roten Vogelmilbe befallen sein. Ein anderes Anzeichen kann ein vermehrtes Verlegen der Eier außerhalb des Nestes sein. Die legenden Tiere verlassen wegen der Plagegeister das Nest und verlegen die Eier im Stall. Auch Federpicken und sogar Kannibalismus könnte durch Milben ausgelöst werden. Stress und ständige Unruhe einer Legehennenherde sind an der Tagesordnung, Übersprunghandlungen, wie gegenseitiges Bepicken, sogar sich selbst, sind dann die Reaktionen mancher Tiere.
Oftmals fragt sich der Landwirt, warum Milben bei einer Junghennenherde in einem frisch und nass gereinigten und mit geeigneten Bekämpfungsmittel entseuchten Stall schon nach einer kurzen Periode wieder massiv auftreten.
Das Milbenproblem bei Legehennen kann bereits in der Junghennenaufzucht durch die Verschleppung von Milben bzw. Milbeneier durch Personal und Lüftung beginnen. Es wird dabei angenommen, dass Milben durch Kabeltrommeln, mitgebrachten Radios sowie andere Utensilien auch durch das Personal von einem Stall zum Anderen verschleppt werden. Ursprünglich standen eine Vielzahl von Milbenbekämpfungsmittel zur Verfügung. Heutzutage sind viele Antiparasitika wegen der Rückstandsproblematik im Lebensmittel Ei zunehmend verboten. Darüber hinaus sind einige synthetische Insektizide zudem unwirksam gegen diesen Ektoparasit geworden, denn die Milben werden resistent gegen bestimmte synthetische Substanzen. Darüber hinaus können einige Wirkstoffe in Ektoparasitika gegenüber dem Menschen allergische Reaktionen auslösen.
Derzeit sind jedoch einige wirksame und legale synthetische Insektizide freiverkäuflich im Fachhandel und bei den Fachtierärzten erhältlich. Wichtig ist eine zwei - bis dreifache Bekämpfung der Roten Vogelmilbe im Abstand von jeweils 7 Tagen. Wenn eingangs erwähnt wurde, dass alle Entwicklungsstadien einer Milbe innerhalb einer Woche durchlaufen werden, ist es nur dann sinnvoll eine gründliche Milbenbekämpfung durchzuführen, wenn zweifach und am besten mit unterschiedlichen synthetischen Substanzen gearbeitet wird.
Chemische Behandlung von Milbenbefall:
Es gibt frei verkäufliche Biozide für den belegten Stall, die bei sachgemäßer Anwendung aber nicht am Tier angewendet werden. Oftmals wird eine chemische Milbenbehandlung nach der Legephase in den Nachmittagsstunden durchgeführt. Chemische Milbenbekämpfungsmittel beruhen zum Teil auf synthetische Pyrethroide, oder andere chemische Substanzen. Ein relativ neues chemisches Wirkmittel mit dem Wirkstoff Spinosad hat eine langanhaltende Wirkung, keine Wartezeit und weist noch keine Resistenzen auf. Dieses Mittel wird mit dem Namen Elector angeboten.
Phsikalisch können die mit Milben befallenen Gegenstände auch mit Hitze behandelt werden. Heißluftpistolen, Flammenwerfer und Temperaturen über 60 Grad über eine längere Einwirkphase können Milben töten. Daher können Sitzstangen aus Zollrohren thermisch behandelt werden.
Biologische Bekämpfungsstrategien:
Milben können auch mit biologischen Mitteln bekämpft werden. Amorphe Silikatstäube (Kieselsäure) können gegen sämtliche kriechenden Insekten und Spinnentiere eingesetzt werden. Neben der Roten Vogelmilbe werden z. B. auch Flöhe, Tierläuse, Haarlinge, Getreideschimmelkäfer oder Kakerlaken erfasst. Die feinen Silikatpartikel wirken stark schmirgelnd und adsorbierend. Sie zerstören die verdunstungshemmende Wachsoberfläche der Schädlinge, setzen sich in die Gelenkspalten der Insekten und führen dort zu kleinen Verletzungen. Körperflüssigkeit kann ungehindert austreten und die Schädlinge sterben binnen kurzem durch Austrocknung ab. Der Wirkstoff Siliziumdioxid (SiO2) ist für Menschen und Nutztiere gesundheitlich absolut unbedenklich. Amorphe Silikatstäube werden im Gegensatz zu kristallinen Stäuben in der Lunge vollständig resorbiert.
Auf dem deutschen Markt sind verschiedene Produkte erhältlich. Die Wirksamkeit eines Silikatstaubs ist vor allem von der Partikelgrößenverteilung, vom SiO2-Gehalt, von der Dichte sowie vom pH-Wert abhängig. Zwischen den einzelnen Präparaten gibt es große Unterschiede bezüglich der Effektivität. Verschiedene Anwendungstechniken werden praktiziert. Bei kleinflächigen Anwendungen wird der Silikatstaub mit handbetriebenen Balg- und Pump-Stäubgeräten, bei großflächigen Anwendungen mit kompressorbetriebenen Stäubepistolen ausgebracht. Das derzeit effektivste biologische Milbenbekämpfungsmittel sind Silikatstäube in flüssiger Form, die in einem zuvor unbelegten Stall nach Reinigung und Desinfektion ausgebracht werden und eine hervorragende Wirksamkeit aufweisen. Diese Behandlungsmethode ist nicht kostengünstig, dafür aber nachhaltig.
Andere biologische Bekämpfungsstrategien sind Rapsöle, mit denen alle Versteckmöglichkeiten der Milben eingesprüht bzw. gestrichen werden.
Ein altes Hausrezept zur Bekämpfung der Roten Vogelmilbe kann in einigen Fällen eine sehr gute Wirksamkeit aufweisen. Eine Flasche Spiritus wird mit einer Flasche Flüssigseife bzw. Duschgel und einem Liter warmen Wasser aufgelöst und mit einer Rückenspritze im Stall in den Versteckmöglichkeiten der Parasiten ausgebracht.
Zudem gibt es noch eine Reihe anderer biologischer Bekämpfungspräparate auf der Basis von Pflanzenextrakten; sogar Knoblauchöl soll - entweder im Futter als auch als Insektizid - die Milbenplage gering halten.
Seit ein paar Jahren ist ein Staubbad für Jung- und Legehennen auf dem Markt, welches aus Siliziumoxid, Magnesiumhydogencarbonat und Calciumhydrogencarbonat besteht. Anders ausgedrückt wird ein Gesteinsmehl mit Silikatstaub angereichert und dient den Hennen als Staubbademöglichkeit. Hierzu wird für die Hennen ein „Sandkasten“ vorbereitet, bringt dieses Gemisch in den abgegrenzten Bereich ein und erneuert die Substanz regelmäßig. Man rechnet 0,5 bis 1 kg je Tier und Jahr. Dieses natürliche Gesteinsmehl kann die rote Vogelmilbe dezimieren, wenn es regelmäßig im belegten Stall angewendet und regelmäßig erneuert wird. Im Sommer wird natürlich mehr Material benötigt als im Winter. Sandbäder bzw. Staubbäder sind insbesondere bei intaktem Schnabel für Legehennenbetriebe als auch in Junghennenaufzuchten essentiell, die Präparate sind im Internet bzw. in der Fachpresse häufig gelistet.
Es bleibt festzuhalten:
Egal, auf welchem Wege das Problem der Roten Vogelmilbe in Geflügelställen eingedämmt wird: Wichtig ist, dass das Problem erkannt und dass es auf legalem Wege behandelt wird. In Zukunft wird es bei Legehennen noch wichtiger werden, die Rote Vogelmilbe zu bekämpfen, da die Legehennen mit intaktem Schnabel auf einen Milbenbefall verstärkt mit Nervosität, Federpicken und Kannibalismus reagieren können, zumeist eher als Legehennen mit einer Schnabelbehandlung. Die Rote Vogelmilbe verursacht nicht nur Stress und Nervosität, sie bringt auch Leistungseinbußen mit sich und kann Viren und Bakterien übertragen.
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