Neue Beratung innerhalb der LWK- Herdenschutz im Fokus
Der Wolf ist derzeit das Thema, wenn es um Weidetiermanagement, Grünlanderhaltung und Naturschutz geht. Steigt man tiefer ein, so ist die Landwirtschaft wie auch die Landschaftspflege und der Küstenschutz stark betroffen.
Um sich dieser Thematik fachlich fundiert zu stellen, hat die LWK Niedersachsen die Aufgabe der Herdenschutzberatung in Landesinteresse übertragen bekommen und sieht sich klar in der Pflicht den Landwirten, Schaf- und Weidetierhaltern sachliche Informationen an die Hand zu geben.
Betrachtet man die amtlich registrierten Risszahlen von getöteten Nutztieren durch den Wolf innerhalb Niedersachsens von 2019, so wird die Zahl von 591 gerissenen oder durch Folgen des Angreifens eingeschläferten Nutztiere (Schaf, Ziege, Rind und Pferd) schon jetzt übertroffen (Stand 30.09.2020: 711 gerissene/ eingeschläferte Nutztiere). Der Druck wächst, denn aus den bestehenden Rudeln (Schwerpunkt östlich der Weser) müssen die Jungtiere das Revier der Elterntiere verlassen und sich neue Gebiete erschließen. Aktuelle Meldungen aus vielen Landesteilen machen es deutlich.
Um diese neue Aufgabe im vollen Umfang zu erfüllen, befasst sich die Bewilligungsstelle des Geschäftsbereichs Förderung der LWK seit Januar diesen Jahres um die Abwicklung der Fördermaßnahmen der Richtlinie Wolf, die als rechtliche Grundlage dient. Hierbei werden zum einen bei bestätigten Nutztierrissen die Billigkeitsleistungen abgewickelt und zum anderen Präventionsmaßnahmen gefördert. Dies ist in den meisten Fällen eine wolfsabweisende Herdenschutzeinzäunung. Eine weitere Möglichkeit für den präventiven Schutz bietet der Einsatz von Herdenschutzhunden.
Der GB Landwirtschaft hat zum Jahresanfang die neue Aufgabe im Bereich der Herdenschutzberatung aufgenommen. In diesem Zusammenhang wurde eine Koordinationsstelle mit Frau Elke Steinbach besetzt. Ursprünglich ist sie an der Bezirksstelle Oldenburg-Süd in der produktionstechnischen Fachberatung im Bereich Rind tätig gewesen und betreut seit 3 Jahren den Landesverband Niedersächsischer Ziegenzüchter e.V. Diese Hintergründe bieten guten fachlichen Bezug, um in der Praxis und vor Ort die Fragen der Weidetierhalter zu beantworten. Unterstützt wird sie in der Fläche durch die Schaf- und Ziegenberater der LWK, die auch sehr guten Kontakt zu den 5 Zuchtverbänden haben. Das Lehr- und Bildungszentrum in Echem bietet einen Standort für praktische Zaunbaudemonstrationen und Seminare.
Durch die Ansiedelung des Themas bei der LWK werden Themenschwerpunkte wie z.B. Umsetzung des Herdenschutzes auf dem Deich und in Küstennähe oder in der Landschaftspflege gezielt mit Verantwortlichen der Ministerien besprochen, um sachlich den Problematiken in der Fläche zu begegnen. Nur so kann die Akzeptanz innerhalb der Tierhalterschaft erhöht werden. Durch Informationen, die über Veranstaltungen oder durch Referententätigkeiten vermittelt werden, soll die kontroverse Diskussion um den Wolf versachlicht und Hilfestellungen zum wolfsabweisenden Einzäunen gegeben werden. Die Einflüsse der Koexistenz mit dem Wolf haben weitreichende Einflüsse. Aufgabe wird es sein, den Abzug von Deichschäfereien zu verhindern oder eine bessere Abwicklung bei der Wolfsrissbestätigung zu erzielen.
Einzäunen-was muss was kann?
Da der Wolf seit Generationen in Deutschland kein Thema gewesen ist, musste nur so eingezäunt werden, dass die Weidetiere nicht die Fläche verlassen. Das fachgerechte Einzäunen spielte vielfach eine geringere Rolle. Es wurde oft nur mit geringem Aufwand eingezäunt. Kosten wurden eingespart, denn es gab keine Raubtiere, die den kleinen Wiederkäuern oder Jungtieren lebensbedrohlich werden. Mit der zunehmenden Ausbreitung des Wolfes wird diese Thematik auch zeitlich auf den Prüfstand gebracht. Es muss investiert werden und dass in einem kurzen Zeitraum. Es verhält sich ähnlich wie mit einem Milchviehbetrieb, der eher in einem neuen oder erweiterten Kuhstall investiert, dass sich möglichst zügig die Investition rentiert oder Gewinn erwirtschaftet, als die Silagelagerstätten zu erneuern oder zu erweitern. Diese Investition zeigt nicht direkt den monetären Vorteil wie der Kuhstall. Die Ansprüche an mehr Tierwohl und an einen fachgerechten Zaun steigen. Während früher Stacheldraht die Norm war gibt es heute sehr gute Alternativen.
Der Herdenschutz muss wolfsabweisend sein, somit muss er 2 Dinge erfüllen: einfrieden und abweisen. Während es für Schaf-/ Ziegen- und Gehegewildhalter niedersachsenweit eine Förderung von Einzäunungsmaterial gibt, muss bei Rinder- und Pferdehaltern bis jetzt eines der folgenden Bedingungen vorliegen: Entweder der Halter ist mit seinen Tieren direkt betroffen durch einen amtlich bestätigten Riss, oder es ist eine Gebietskulisse ausgesprochen oder im Umfeld sind mehrere Risse in kurzer Zeit geschehen (3 Risse innerhalb von 12 Monaten im 30 km-Radius).
Je größer die Weidetiere und je klarer das Verhalten als Fluchttier, desto stabiler und sichtbarer muss der Zaun sein. Üblich sind bei Rindern Festzäune, die mit verzinktem Staldraht 5-zügig eingezäunt werden. Robinienpfähle zeichnen sich durch eine hohe Lebensdauer, Festigkeit und nötiger Elastizität aus.
Bei Pferdeeinzäunungen gelten andere Anforderungen, da ein blanker Stahldraht nicht fachgerecht ist. Hier kommen entweder kunstoffummantelte Drähte in Frage oder dickere Litzenseile, die erkennbar sind. Breitbandlitzen würden auch funktionieren, allerdings ist ihre Lebensdauer geringer und die Gewährleistung einer funktionstüchtigen Stromleitung geringer. Die Zaunhöhe bei Pferden richtet sich nach Rasse und nach Geschlecht. Eine Hengstweide ist demnach mind. 1,60 m hoch einzufrieden.
Das Setzen von Spannpfählen und der Einbau von Eckpfählen erhöht die Festigkeit und Lebensdauer eines Zaunes. Eine Pfahlramme spart beim Aufstellen der Pfähle Zeit, ist körperlich entlastend und bewirkt eine hohe Standfestigkeit.
Hatte man früher die unterste Litze bei 30 oder 40 cm gesetzt, um ein Freifressen der Fläche unterhalb des Zaunes zu erzielen ist dies im Hinblick auf die Herdenschutzeinzäunung nach der Richtlinie Wolf nicht ausreichend. In max. 20 cm Höhe muss die unterste stromführende Litze gezogen werden. Folglich steigen die Unterhaltungskosten für Pflegearbeiten, um ein Spannungsabfall durch zu hohen Aufwuchs zu verhindern. Egal welche Technik Anwendung findet, Fakt ist, dass es mehr Zeit in Anspruch nimmt, die Arbeitsabläufe verändert und einen höheren Arbeitskräfteeinsatz erfordert.
Je nach Boden- und Geländebeschaffenheit kommen zusätzliche Anforderungen auf die Weidetierhalter zu. Dies betrifft entweder den Pfahlabstand, die Zaunpflege und auch die Erdung.
Je trockener der Boden umso höher sind die Anforderungen an die Erdung. Ebenso ist es ein Trugschluss das ein leistungsfähigeres Weidezaungerät automatisch eine höhere Spannung erzielt. Nur mit ausreichender Erdung kann die Leistung des Gerätes weitergegeben werden.
In der Schaf-/Ziegenhaltung kommen neben der Einzäunung von Standweiden mit einem Festzaun vor allem Mobilzäune zum Einsatz. Hier sind die Elektronetze weit verbreitet, die die geforderten 20 cm Litzenabstände im Geflecht integriert haben.
Die Schwierigkeit bei Mobilzäunen ist die Gewährleistung von Standhaftigkeit, Spannung des Materials und korrektem Aufbau auch bei Sturm oder widrigen Wettereinflüssen.
Die Förderrichtlinie sieht einen Grundschutz mit einer Mindesthöhe von 90 cm vor. Um gerade bei Mobilzäunen diese Höhe im Gebrauch/ im Alltag zu gewährleisten bietet sich eine Erhöhung mit einer Litze oder ein höheres Netz mit 105 cm an. Sicher wäre ein 120 cm hohes Netz besser, aber höhere Netze sind schwerer und unhandlicher im Gebrauch.
Fällt die Wahl in der Schaf-/Ziegenhaltung auf Maschendraht- oder Knotengeflechtzäune, müssen diese 120 cm vorweisen. 90 cm hohe Anlagen können mit einer Litze auf die notwendige Höhe angepasst werden. Ausreichend ist hier auch eine stromlose Variante.
Allerdings muss bei dieser Art von Zäunen grundsätzlich ein Untergrabeschutz erfolgen. Dabei gibt es drei Möglichkeiten, die alle ihre Berechtigung haben, aber individuell zu jeder Fläche gewählt werden müssen.
- Eingraben (bis 30 cm tief): Dies ist eine einmalige Aktion, um sicher zu gewährleisten, dass der Wolf sich nicht unter dem Zaun den Weg in die Weide verschafft. Allerdings ist hierbei ein Geräteeinsatz von Nöten und nicht jedes Gelände ist geeignet. Besonders aufwendig wird es, wenn Schonungen oder auch Baumgruppen an der Weide angrenzen.
- Schürze (1 m breit): Hierbei wird das Zaunmaterial vor dem eigentlichen Zaun ausgelegt, verankert und bis 30 cm hoch verbunden. Sind Erdarbeiten nicht möglich, ist die Schürze eine geeignete Alternative. Wird die Pflege einer Grabenböschung von öffentlicher Hand oder einem Dienstleister ausgeübt ist diese Variante mit den Betroffenen vorab zu besprechen. Für den Anbau einer Schürze ist vor dem Zaun ein entsprechender Platz erforderlich.
- Stromlitze vor dem Zaun (15 cm Abstand/ max. 20 cm hoch): Hierbei muss mind. eine Spannung von 1 Joule gewährleistet werden und es bedarf der Pflege außerhalb des Zaunes, damit hoher Aufwuchs nicht ableitend wirkt.
Weidetore erhalten den nötigen Untergrabeschutz durch sog. Elektrifizierungssets, die an den Toren angebracht werden und stromführend installiert werden. Gerade bei einem Festzaun ist darauf zu achten, dass der stärker belastete Eingang sich nicht über die Zeit verändert (Fahrspurbildung, Trittschäden). Ein verstärkter Bereich über eine Pflasterung oder Einbringen von anderem Material sorgt für den beständigen Schutz bei erhöhter Belastung.
Zaunmaterialkombinationen kommen meist an wasserführende Gewässer zum Einsatz, wo auch im Jahresverlauf die Weiden überschwemmt werden können. Mobilzaunelemente können dann aufgestellt und zur gegebenen Zeit wieder abgebaut werden.
Gräben und Gewässer benötigen eine höhere Aufmerksamkeit, denn ein Wolf kann über die wasserführende Seite auch die Weide erreichen. Häufig unterliegt dieser Bereich einer intensiven Pflege, sodass z.T. auch Unterhaltungsfirmen uneingeschränkt Zugang erhalten müssen.
Vor dem Aufstellen der Zaunanlage ist auf jeden Fall eine Abstimmung mit dem Unterhaltungsverband erforderlich.
Informationen zu Richtlinie Wolf, zu den Ergänzungen und den Antragsunterlagen finden Sie auf der Internetseite der LWK unter www.lwk-niedersachsen.de webcode: 01036223
Fragen zur Antragstellung richten Sie an Frau Meldau: Tel: 0511 3665-1209 oder per mail: richtlinie-wolf@lwk-niedersachsen.de
Fragen zum Herdenschutz beantwortet Frau Steinbach Tel: 0441 801-639 oder per mail: elke.steinbach@lwk-niedersachsen.de
Bitte melden Sie Wolfsichtungen!!:
Bei der Landesjägerschaft Niedersachsen Tel: 0511 53043-18 oder über wolf@ljn.de oder unter www.wolfsmonitoring.com
Bitte melden Sie Nutztierrisse bei Ihrem örtlichen Wolfsberater!!,
die aktuelle Liste finden Sie unter http://www.nlwkn.niedersachsen.de/wolfsberater oder bei der unteren Naturschutzbehörde Ihres Landkreises.
Das Wolfsbüro des NLWKN ist zuständig für alle allgemeinen Fragen zur Wolfsthematik: wolfsbuero@nlwkn-h.niedersachsen.de oder Tel: 0511 3034-
Kontakte
Elke Steinbach
Beraterin Koordination Herdenschutz, Fachberatung Verband niedersächsischer Ziegenzüchter e. V.
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