Niedersächsischer Weg schafft hier und jetzt mehr Natur- und Artenschutz
Allianzpartner der Vereinbarung Der Niedersächsische Weg stellen ausgehandelte Eckpfeiler für mehr Natur- und Artenschutz vor und bekräftigen diese erneut mit Unterschrift - Kammerpräsident: Fairer und rechtssicherer Ausgleich für beteiligte Landwirt*innen ist großen Erfolg
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- Für den Ausbau des Ökolandbaus wurden Rahmenbedingungen vereinbart, auch eigene Flächen will das Land zukünftig ökologisch bewirtschaften.
- Ein begrünter Gewässerrandstreifen wird dem Schutz von Gewässern und dem Verbund von Biotopen gerecht. Im Solling wird im Landeswald ein Wildnisgebiet mit über 1.000 Hektar Wald entstehen.
- Es wird zur Pflicht, die Roten Listen der bedrohten Tierarten alle fünf Jahre zu aktualisieren.
Hannover - Die obigen sowie weitere Eckpfeiler für mehr Natur- und Artenschutz haben die Allianzpartner im Niedersächsischen Weg am 29. Oktober 2020 veröffentlicht und diese erneut mit einer Unterschrift bekräftigt. Zu den Partnern gehören die Niedersächsische Landesregierung, die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, das Landvolk Niedersachsen sowie die Naturschutzverbände BUND und NABU.
„Heute ist ein guter Tag für die Umwelt und den Artenschutz in Niedersachsen. Der Niedersächsische Weg ist ein einmaliger Erfolg, in der Politik gehen wir hier einen ganz neuen Weg. Betroffene Verbände und Interessengruppen werden eingebunden, für den Interessenausgleich zwischen den Beteiligten ist das ein Riesen-Gewinn. Das ist schnell, das ist demokratisch und das ist transparent,“ sagte Umweltminister Olaf Lies.
„Alle Partner haben zwar Zugeständnisse gemacht - aber es hat sich gelohnt! Diese Einigung ist historisch einmalig und alle finden sich darin wieder. Natur- und Artenschutz hat in Niedersachsen einen in seiner bisherigen Geschichte nie gekannten Stellenwert“, so Lies weiter.
Der Minister warb dafür, den gemeinsamen Weg nun auch seitens des Parlaments konstruktiv zu begleiten, das Niedersächsische Weg-Gesetz sowie die erforderliche Finanzierung im Landtag zu unterstützen. „Denn dann kann es schnell an die Umsetzung gehen und Natur- und Artenschutz für die Zukunft gesichert werden.“
Schneller zu mehr ökologischer Landwirtschaft
Die Vertragspartner haben sich auf ambitionierte Ausbauziele geeinigt: 10 Prozent ökologischer Landbau in Niedersachsen bis 2025 und sogar 15 Prozent bis 2030. Diesen Prozess unterstützt das Land mit einem umfangreichen Bündel an zusätzlichen Beratungs- und Förderangeboten. Auf den landeseigenen Flächen wird der Umbau zu einer ökologischen Bewirtschaftung verbindlich vorgegeben. Auch eine klimaschonende Bewirtschaftung soll finanziell gefördert werden.
Naturnahe Ufer für Flüsse und Bäche
Für die Neugestaltung von Gewässerrandstreifen wurde ein Gesamtpaket im Sinne der im Vertrag festgehaltenen Eckpunkte beschlossen (Änderung des WHG und Eckpunkte für die Verordnung zu Ausnahmen). Eine Besonderheit dabei ist die Einführung eines „grünen Meters“ in Regionen mit besonders hoher Gewässerdichte, der mit einem Begrünungsgebot bzw. Pflugverbot bei Acker belegt ist. Darüber hinaus wurden für Futterbauflächen spezielle Regelungen getroffen.
Mehr Wildnis im Wald
Ab 2021 wird schrittweise ein Wildnisgebiet "Wälder im östlichen Solling (FFH-Gebiet 131)" mit insgesamt 1.020 Hektar entwickelt. Das Gebiet liegt komplett eingebettet in andere Waldbereiche, so dass es keine störenden Randeffekte gibt. Mindestens die Hälfte der Buchenbestände sind über 150 Jahre alt. Damit ergibt sich ein großer, zusammenhängender Altholzkomplex und ein Refugium für Spechte, Käuze, Schwarzstorch, Wildkatze, Luchs und Fledermäuse sowie zahlreche Insekten-, Pilz- und Pflanzenarten.
Landwirte schützen Wiesenvögel
Der Wiesenvogelschutz hat mit der Vereinbarung einen neuen Rahmen erhalten. Zukünftig werden Landwirte freiwillig zum Schutz von Wiesenbrütern später mähen und Gelege- und Kükenschutz durchführen. Hierfür werden sie angemessen bezahlt. Das Programm des Landes zum Wiesenvogelschutz wird bis Ende 2021 vorgelegt werden.
Konsequente Verringerung des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Landschaftsschutzgebieten, die ein Natura-2000-Gebiet sichern, und in Naturschutzgebieten ist auf Dauergrünland grundsätzlich untersagt und auf Ackerflächen zu reduzieren. Das Land wird bis Mitte 2021 konkrete und verbindliche Reduktionsziele für alle landwirtschaftlichen Flächen vorlegen.
Für alle Einschränkungen, die für die Landwirtschaft entstehen, wird es einen fairen Ausgleich geben.
Details der Vereinbarung hat das Niedersächsische Umweltministerium zusammengefasst.
Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast: „Die Eckpunkte des Niedersächsischen Weges stehen nun fest. Damit haben wir ein weiteres Etappenziel erreicht! Die Einigung unterstreicht einmal mehr, dass die Landwirte Teil der Lösung sind und den Willen und das Know-how haben, sich für den Artenschutz einzusetzen. Klar ist aber auch, dass diese Leistungen dauerhaft fair honoriert werden müssen – dieser Ausgleich ist in den Eckpunkten nun fest verankert. Auch beim Ökolandbau haben die Partner gemeinsame Ziele: Bis 2025 sollen zehn Prozent der Fläche und bis 2030 sogar 15 Prozent ökologisch bewirtschaftet werden. Fest steht aber auch: Der Niedersächsische Weg ist eine Langstrecke, in den kommenden Wochen liegt noch viel Arbeit vor uns. Mit dem heutigen Etappensieg sind wir dem Ziel jedoch schon ein ganzes Stück nähergekommen! Wir setzen damit ein starkes Zeichen für einen neuen Gesellschaftsvertrag, der die Interessen von Naturschutz und Landwirtschaft gleichermaßen in den Blick nimmt.“
Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen: „Während der Verhandlungen über mehrere Monate haben die Vertreter*innen der Landwirtschaft weiterhin ihre Bereitschaft zu einer Einigung mit der Landesregierung und den Naturschutzverbänden unter Beweis gestellt. Dass es in Niedersachsen nun erstmals gelungen ist, eine Vereinbarung über mehr Naturschutz und Artenvielfalt auf den Weg zu bringen, die verlässliche Bewirtschaftungsbedingungen sowie einen fairen und rechtssicheren Ausgleich für die beteiligten Landwirtinnen und Landwirten vorsieht, werten wir als großen Erfolg.“ Mit ihrem leistungsstarken Beratungsangebot werde sich die Landwirtschaftskammer dafür einsetzen, dass die Betriebe ihren steigenden Einsatz für noch mehr Artenvielfalt ganz nach ihren individuellen Erfordernissen planen und umsetzen können und dabei wirtschaftlich erfolgreich bleiben. (Siehe dazu auch das beigefügte Video mit dem Kammerpräsidenten.)
Albert Schulte to Brinke, Präsident des Landvolks Niedersachsen: „Der Niedersächsische Weg erfährt eine breite gesellschaftliche Unterstützung. Für die Bäuerinnen und Bauern steht im Vordergrund,dass sich die Erzeugung von gesunden und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln mit den Bedürfnissen an den Natur- und Artenschutz in Balance bringen lässt. Dies wird in Zukunft noch besser gelingen, da die zusätzlichen Leistungen der Landwirte finanziell ausgeglichen werden. Der Niedersächsische Weg hat Modellcharakter und kann Vorbild sein für ähnliche Vereinbarungen in anderen Bundesländern.“
Axel Ebeler, stellvertretender Vorsitzender des BUND Niedersachsen: „Der Niedersächsische Weg umfasst ein umfangreiches Maßnahmenpaket für mehr Artenvielfalt in Niedersachsen. Es reicht von Schutzstreifen an Gewässern über den Erhalt wertvoller Lebensräume wie Streuobstwiesen und artenreiches Grünland bis hin zum Waldschutz mit einem großen Wildnisgebiet im Solling. Der BUND hat von Beginn an konsequent auf den Dialog mit Politik und Landwirtschaft gesetzt. Der gemeinsam errungene Konsens ist ein erster wichtiger Baustein für einen Gesellschaftsvertrag zwischen Landwirtschaft, Umweltschutz, Lebensmittelhandel und Verbraucher*innen. Daran gilt es weiter zu arbeiten.“
Dr. Holger Buschmann, Vorsitzender des NABU Niedersachsen: „Mit dieser wichtigen Vereinbarung zwischen Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft wird der erste wirklich bedeutende Schritt für mehr Artenvielfalt in Niedersachsen gegangen. Die erarbeiteten Gesetze, Verordnungen und Programme müssen nun möglichst schnell verabschiedet und umgesetzt werden, damit sie in der Fläche wirken können. Der NABU wird sich auch weiterhin am Dialog beteiligen, damit gemeinsam das Ziel erreicht wird, das Artensterben zu stoppen. Als Umweltverband begleiten wir diese Entwicklungen natürlich weiterhin mit sachlichem und kritischem Blick.“
Noch sind nicht alle Themen des Niedersächsischen Weges final bearbeitet worden. Offen sind noch die erweiterten Regelungen für den Erschwernisausgleich, die Eckpunkte für eine Schutzgebietsbetreuung in Natura 2000-Gebieten und eine Beratung der Landwirte vor Ort, Rahmenbedingungen für einen landesweiten Biotopverbund sowie die Themen Flächenverbrauch und Kompensationskataster für die Bauleitplanung. Diese Punkte werden in den nächsten Wochen bearbeitet.
Auch die Programme und Förderdetails für Wiesenvogelschutz und Insektenvielfalt und die Details des Reduktionsprogramms für Pflanzenschutzmittel werden über das Jahr 2021 weiter ausgearbeitet und – wie im Niedersächsischen Weg fixiert - Ende 2021 vorgestellt.
Punkt 15 der Vereinbarung, eine Einladung zum Dialog an Verbraucherschutzverbände, Lebensmittelhandel sowie weitere Akteure, musste aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden und wird so schnell wie möglich nachgeholt.
Der Niedersächsische Weg als breite Allianz aus Naturschutz, Landwirtschaft und Politik hat sich verpflichtet, konkrete Maßnahmen für einen verbesserten Natur-, Arten- und Gewässerschutz umzusetzen. Die hierfür notwendigen Schritte und Maßnahmen werden auch weiterhin in Arbeitsgruppen diskutiert und beschlossen.
Der erarbeitete Gesetzestext wurde von den Regierungsfraktionen CDU und SPD in den Landtag eingebracht und wird derzeit (Stand: Ende Oktober 2020) im Ausschuss beraten und soll schnellstmöglich verabschiedet werden. Dabei soll ein fairer Ausgleich zwischen Naturschutz und Landwirtschaft gefunden und die Leistungen der Landwirte angemessen bezahlt werden.
Der Niedersächsische Weg ist eine in dieser Form bundesweit einmalige Vereinbarung zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Politik. Unterzeichner sind Ministerpräsident Stephan Weil, Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast, Umweltminister Olaf Lies, der Präsident des Landvolkes Albert Schulte to Brinke, der Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen Gerhard Schwetje, der Vorsitzende des BUND Niedersachsen Heiner Baumgarten und der Vorsitzende des NABU Niedersachsen Dr. Holger Buschmann.
Mehr unter dazu www.artenretter-niedersachsen.de
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