Stromspeicher in Zukunft interessant für landwirtschaftliche Betriebe ?
Im vergangenen Jahr sind so viele Batteriespeicher installiert worden wie noch nie zuvor. Der Großteil der Speicher wurde in privaten Haushalten als sogenannter Heimspeicher installiert. Kann die Installation eines Speichers auch für einen landwirtschaftlichen Betrieb lohnenswert sein?
Die Erzeugung regenerativer Energien ist in den letzten Jahren auf vielen Betrieben ein wichtiger Betriebszweig geworden. Durch steigende Strompreise, die stetige Abnahme der EEG-Vergütungen und die immer geringer werdenden Stromgestehungskosten sind insbesondere Wind- und Solarstrom für den Eigenverbrauch auf landwirtschaftlichen Betrieben interessanter denn je geworden. Diese beiden Formen der erneuerbaren Energien hängen, anders als zum Beispiel die Biogaserzeugung, von den Witterungsverhältnissen ab und stehen daher nicht kontinuierlich über den Tag zur Verfügung. Der einfachste Weg um einen hohen Eigenverbrauchsanteil zu erreichen, ist die zeitliche Optimierung des Stromverbrauchs und der Stromerzeugung. Dies lässt sich bis zu einem gewissen Grad durch Lastverschiebungen erreichen. Beispielsweise läuft die Futtermühle dann nicht in der Nacht, sondern in den Mittagsstunden, wenn die PV-Anlage den höchsten Stromertrag liefert. Doch irgendwann ist auch die letzte Last verschoben und der Eigenverbrauch kann auf diesem Wege nicht mehr weiter gesteigert werden. Wird bei einer PV-Anlage die gleiche Menge Strom erzeugt, wie im Betrieb verbraucht wird (1 : 1 – Verhältnis) liegt dieser je nach Produktionsverfahren und Ausrichtung der Anlage (Süd, Ost-West) bei einem Eigenverbrauchsanteil von circa 30 % (Milchviehbetriebe mit zweimaliger Melkzeit) und 50 % (Veredelungsbetrieb mit kontinuierlichem Verbrauch und Lastmanagement). Um den Eigenverbrauchsanteil zu erhöhen, können Energiespeicher helfen. Wenn wir über Speichersysteme nachdenken, fällt uns als erstes der Batteriespeicher ein. Doch es gibt auch Systeme, die über ein anderes Medium Energie speichern. Als Beispiele wären hier Wärmespeicher zu nennen, die u.a. bei Solarthermieanlagen Anwendung finden. Andersherum gibt es auch Kältespeicher, wie z.B. Eiswasserspeicher, die schon bereits vor Jahrzehnten in der Milchviehhaltung Anwendung fanden. Über dieses System kann der Überschussstrom genutzt werden, um für die Milchkühlung Eiswasser zur zeitverschobenen Milchkühlung zu erstellen. Da diese Speicher über ein zweites Medium arbeiten, erreichen sie in der Regel geringere Wirkungsgrade als Batteriespeicher, also Speicher für elektrische Energie.
Im Folgenden wird das Augenmerk auf Batteriespeicher gelegt. In der Regel bieten sich Batteriespeicher in Kombination mit einer PV-Anlage an. Der Speicher dient in diesem Anwendungsfall dazu über die „dunklen“ Stunden in der Nacht Strom zur Verfügung zu stellen, bis die PV-Anlage am nächsten Morgen wieder Strom erzeugt. Im Winter wird das Speichersystem selten bis gar nicht benötigt, da der Ertrag der PV-Anlage in der Regel so gering ist, dass der Strom zeitgleich verbraucht werden kann. Daher kann davon ausgegangen werden, dass ein richtig ausgelegter Batteriespeicher zwischen 250 und 280 Vollzyklen pro Jahr erreichen kann. In der Praxis finden sich häufig zwei Speichersysteme, welche beide Vor- und Nachteile haben. In der Vergangenheit wurden häufig Blei-Säure-Batterien eingesetzt. Wird heutzutage einen Batteriespeicher angeschafft, werden Lithium-Ionen-Speicher bevorzugt. Lithium-Ionen-Speicher haben im Vergleich zu Blei-Säure-Speichern ein geringeres Gewicht, einen höheren Gesamtwirkungsgrad, eine höhere Lebensdauer und eine höhere Entladetiefe, dafür sind diese teurer. Wie lange Batteriespeicher im Allgemeinen betrieben werden können, wird sich in der Praxis in den nächsten Jahren zeigen, da Speichertechniken erst seit wenigen Jahren dezentral eingesetzt werden.
Die richtige Größe
Welche Größe ist für einen Speicher zu wählen? Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Die Größe des Speichers hängt von einigen Faktoren ab. Zunächst bestimmt der Lastgang des Stromverbrauchs im Betrieb, also welches Produktionsverfahren und vor allem der Verbrauch über Nacht die zu wählende Größe des Speichers. Des Weiteren ist das Verhältnis der PV-Stromerzeugung zum Jahresverbrauch entscheidend. Je weniger Strom die PV- Anlage erzeugt, desto weniger Überschussstrom steht für die Ladung des Speichers zur Verfügung und wird direkt im Betrieb verbraucht. Das heißt, der Speicher ist kleiner zu wählen. Ist die PV-Anlage deutlich größer dimensioniert, so richtet sich die Größe des Speichers nach dem Stromverbrauch der überbrückt werden muss, z.B. über Nacht. Ein zusätzlicher Vorteil bei einer größeren PV-Anlage ist, dass in den Wintermonaten noch gewisse Mengen an Überschussstrom zur Verfügung stehen und mehr Ladezyklen pro Jahr erreicht werden können. Des Weiteren sind die Eigenschaften des Speichers, wie z.B. Lade- und Entladeleistung für die Größe von Bedeutung.
Gehen wir nun wieder von einem Verhältnis der Stromerzeugung und einem Jahresverbrauch von 1:1 aus, so sollte für die meisten Betriebe die Größe des Speichers bei einem Verhältnis von Nutzkapazität des Speichers zu Nennleistung der PV-Anlage zwischen 0,6 bis max.1,2 : 1 liegen. Beispielsweise müsste bei einem Verbrauch von 18.000 kWh und einer PV-Nennleistung von 20 kWp mit 18.000 kWh Erzeugung der Speicher somit eine Größe zwischen 12 kWh und max. 24 kWh Nutzkapazität haben. Mit dieser Größe lässt sich der Eigenverbrauch um 20 bis 35 %, auf über 50 bis zu 80 % steigern. Die Empfehlungen für Kleinwindanlagen sind weitaus schwieriger, da hier in der Regel über einen längeren Zeitraum höhere Winderträge, aber auch über längere Flautezeiten nahezu keine Erträge erzielt werden.
Tabelle: Abschätzung der Stromkosten mit Batteriespeicher
800 € Invest/kWh* |
1.500 € Invest/kWh* |
||
nutzbar Speicherkapazität |
kWh |
15 |
15 |
Nutzbare Strommenge pro Jahr (Ø 20 Jahre) |
kWh |
3.073 |
3.073 |
Investition (netto, betriebsbereit) |
€ |
12.000 |
19.500 |
Jährliche Kosten Speicher |
|||
Gesamtkosten (20 J. AfA, 3,5 % Zins, 1 % Wartung und Reparatur |
€ |
930 |
1.511 |
Kosten pro gespeicherte kWh |
|||
Speicherkosten |
€/kWh |
0,30 |
0,49 |
Gesamtnutzungskosten Strom ** |
€/kWh |
0,08 |
0,08 |
Gesamtkosten pro gespeicherte kWh |
€/kWh |
0,38 |
0,57 |
* Lithium-Ionen-Speicher; 90 % Wirkungsgrad; 5.000 Zyklen (20 Jahre); 250 Ladezyklen/Jahr; 1 % Leistungsdegression pro Jahr
** Gesamtnutzungskosten: Entgangene Vergütung (bspw. 7 Ct./kWh) + Verluste über Wirkungsgrad
Lohnt sich die Investition?
Die Tabelle stellt exemplarisch eine Berechnung mit 800 und 1.500 € Anschaffungskosten/kWh Speichergröße dar. Zunächst wird mit einer heute anzunehmenden Investition von mind. 800 €/kWh Speicherkapazität gerechnet. Der Wirkungsgrad ist mit 90% angesetzt. Das heißt, dass bei einer Speicherung von einer kWh durch Verluste nur 0,9 kWh wieder aus dem Speicher herausgeholt werden können und zur Verfügung stehen. Die Lebensdauer nach Zyklen ist beispielsweise mit insgesamt 5.000 Zyklen angegeben. Das heißt, dass der Speicher bei den angenommen 250 Vollzyklen rund 20 Jahre genutzt werden kann. Kalendarisch ist die Haltbarkeit in diesem Fall der Einfachheit halber nicht begrenzt. Jeder kennt von seinem Handy, dass die Speicherleistung des Akkus mit der Zeit abnimmt. Dies ist auch bei Batteriespeichern der Fall. Angenommen wird für die Berechnung eine Minderung von einem Prozent pro Jahr. Dadurch hat der Speicher nach 20 Jahren nur noch eine Nutzkapazität von rund 82 Prozent vom Ausgangswert. Als Kostenpunkte wurden die Abschreibung (AfA), die Zinskosten und Kosten für Wartung und Reparatur angesetzt. Bei der höheren Investition liegen die reinen Speicherkosten bei ca. 30 Cent pro kWh. Dabei sind die Stromgestehung und die Verluste über den Wirkungsgrad noch nicht berücksichtigt. Umso schlechter der Wirkungsgrad des Speichers, desto mehr Strom geht ungenutzt verloren. Bei einer angenommenen Einspeisevergütung von sieben Cent pro kWh betragen die Gesamtnutzungskosten für den gespeicherten Strom ca. 38 Cent je kWh. Somit liegt der Preis für den selbst erzeugten und gespeicherten Strom derzeit mit dem Netzbezugspreis gleichauf. Steuerliche Aspekte wurden bei der Berechnung nicht bewertet. Bei einer höheren Investition, wie z.B. bei kleineren Heimspeichern, liegen die Kosten für den gespeicherten Strom deutlich höher, sodass eine Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist. Die Anschaffung erfolgt dann häufig aus anderen Gründen (Autarkiegedanke, Beitrag zur Energiewende, etc.)
Tabelle: Parameter für Batteriespeicher
Nennleistung |
kWh |
Kapazität des Speichers; kann in der Praxis aufgrund der begrenzten Entladetiefe nicht vollständig genutzt werden |
Nutzkapazität |
kWh |
In der Praxis nutzbare Kapazität des Speichers. Entscheidende Größe für den Betreiber des Speichers |
Lebensdauer:
|
|
Angegebene Haltbarkeit des Speichers unabhängig von der Ladezyklen |
Wirkungsgrad |
% |
Verhältnis zwischen ausgespeichertem und eingespeichertem Strom. Vom Hersteller angegebene Wirkungsgrade werden unter Praxisbedingungen teilweise unterschritten. |
Entladetiefe |
% |
Strommenge, die tatsächlich aus dem Stromspeicher entnommen werden kann |
Max. Ladeleistung |
kW |
Bestimmt die Geschwindigkeit, mit der die Batterie geladen werden kann (Größe der Stromerzeugungseinheit) |
Max. Entladeleistung |
kW |
Bestimmt, welche max. Lasten auf dem Betrieb versorgt werden können |
Stromspeicher rechnen sich in Zukunft
Etwas anders sieht die Rechnung aus, wenn Speicher durch Förderung günstiger werden oder der Strompreis noch weiter steigt. Des Weiteren gibt es im Bereich der Speichertechniken eine rasante technische Weiterentwicklungen. Aus diesen Gründen kann die Investition in einen Batteriespeicher in den nächsten Jahren für viele Betriebe interessant werden. Ein weiterer Grund für die Investition in einen Batteriespeicher kann die Steigerung des Autarkiegrades und somit eine größere Unabhängigkeit vom Stromversorger sein. Für Betriebe, deren PV-Anlage in den nächsten Jahren aus der EEG-Förderung ausläuft, sollte in jedem Fall über eine Investition in eine Speichertechnik nachgedacht werden. Die Stromerzeugungskosten liegen bei diesen Anlagen lediglich bei drei bis fünf Cent.
Fazit
In den vergangenen Jahren wurden vermehrt Speicher für den selbsterzeugten Strom installiert. Bei den heute installierten Speichern handelt es sich in der Regel um Lithium-Ionen Batterien. Mit weiter sinkenden Investitionskosten, steigenden Strompreisen, technischer Weiterentwicklung der Speicher und zunehmender Zahl an Post-EEG-Anlagen wird die Anschaffung eines Batteriespeichers in den nächsten Jahren für viele Betriebe interessant werden.
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Helmut Wahl
Berater Energietechnik, Erneuerbare Energien
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