Umfassender Einblick in die Themen Nachhaltigkeit und Ökolandbau
Neue Webseminarreihe zu nachhaltigen Wirtschaftsweisen und Ökolandbau startet mit Auftaktveranstaltung im Livestream.
Während des Livestreams hatten die Zuschauer die Möglichkeit, Fragen im Chat zu stellen, die dann von den Referentinnen und Referenten in der Sendung beantwortet wurden. Der gesamte Stream ist weiterhin als Video im Youtube-Kanal der Landwirtschaftskammer Niedersachsen unter dem Shortlink lwkn.de/ökolive abrufbar.
Landwirtschaft resilienter aufstellen
„Auf die nächste Generation von Landwirtinnen und Landwirten warten große Herausforderungen,“ betonte Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte. Um diese zu bewältigen, müsse Landwirtschaft sich in Zukunft resilienter aufstellen, das heißt wie in anderen Branchen geht es um Unabhängigkeit von Rohstoffen. „Die aktuelle Abhängigkeit von russischem Mineraldünger ist ein wichtiges Argument für Betriebe, die in Kreisläufen wirtschaften wie zum Beispiel die Ökobetriebe.“
Nachhaltigkeit – „Urthema“ der Landwirtschaft
Kammerpräsident Gerhard Schwetje unterstrich in seinem Grußwort, wie wichtig es ist, Inhalte in der Ausbildung anzupassen und jungen Menschen die zukunftsrelevanten Themen praxisgerecht näherzubringen. Die Veranstaltung sei der Versuch, genau das zu erreichen. „Nun sind die Themen Nachhaltigkeit und Ökolandbau sehr komplex und oft auch mit vielen Diskussionsreizen besetzt. Umso wichtiger ist es, diese Themen gerade wegen ihrer Komplexität in der Ausbildung praxisgerecht einzubringen“, so Schwetje. Nachhaltigkeit sei das „Urthema“ der Landwirtschaft.
Ressourcen effizient nutzen
„Effizienz spielt eine große Rolle, wenn wir über Nachhaltigkeit sprechen“, sagte Hubertus Berges, Vizepräsident des niedersächsischen Landvolks. Im Ökolandbau würden geringere Erträge erzielt, das müsse man stets mitbetrachten. Es spiele keine so große Rolle, ob konventionell oder ökologisch gewirtschaftet werde, sondern man könne auch unabhängig davon sinnvolle Dinge miteinander verbinden und so nachhaltiger arbeiten. Wichtig sei, Ökologie, Ökonomie und Soziales in Einklang zu bringen. Zur Nachhaltigkeit gehöre auch, dass vorhandene Ressourcen – wie bereits errichtete Ställe – weiterbetrieben und gegebenenfalls umgenutzt würden. Dazu brauche es aber auch eine nachhaltige Politik, die die Leitplanken festlegt und für Planungssicherheit sorgt. „Viele Landwirte wollen investieren. Sie wissen nur nicht, in was sie investieren sollen“, so Berges.
Über die Entwicklung des Ökologischen Landbaus sprach Dr. Alexandra Wichura, bei der LWK Leiterin des Fachbereichs Ökologischer Landbau. Die ersten ökologischen Landbau-Bewegungen entstanden als Reaktion auf die zu Beginn des letzten Jahrhunderts sichtbar werdenden negativen ökologischen, sozialen und ökonomischen Folgen der Industrialisierung. Mit den vier Prinzipien Gesundheit, Ökologie, Gerechtigkeit und Sorgfalt wurde über die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen (IFOAM) bereits in den 1970er Jahren der erste Nachhaltigkeitsstandard formuliert. „Mittlerweile ist die ökologische Produktion zwar über Verordnungen streng geregelt, Ethik und Werte spielen aber im sozialen und ökonomischen Bereich nach wie vor eine besondere Rolle“, so Wichura.
Detaillierte Zahlen zur Entwicklung des Marktes ökologisch erzeugter Lebensmittel brachte Diana Schaack von der Agrarmarkt Informations- Gesellschaft mbH (AMI) mit. Demnach wächst der Umsatz mit Bio-Produkten auf allen Vertriebskanälen, besonders aber bei Drogeriemärkten. Zudem verkleinerten sich die Preisaufschläge für Bioprodukte zusehends. Zuletzt gaben die Verbraucher in Niedersachsen aber wieder etwas weniger Geld für Bioprodukte aus. Die Produktion von Bio-Lebensmitteln könne die Nachfrage aber vielfach nicht decken. Dennoch habe sich die Umstellungsrate verlangsamt, da die Erzeugerpreise nicht immer die Kosten der Landwirtinnen und Landwirte deckten und unbeständige Preise für Energie, Transport und Bio-Produkte die Entwicklung generell schwer planbar und teuer machten. Auf allen Ebenen des Marktes finde derzeit ein Strukturwandel samt Professionalisierung statt. Schaack erwartet, dass der Bio-Markt weiterhin stark wachsen werde, die betriebswirtschaftliche Lage für Landwirtinnen und Landwirte aber schwierig bleibe.
Einen Einblick in den Ökomarkt gab Dr. Albert Hortmann-Scholten, Leiter des Fachbereichs Betriebswirtschaft, Markt und Unternehmensberatung bei der LWK. Zurzeit herrschten noch stark fragmentierte Nischenmärkte mit geringen Marktanteilen insbesondere bei tierischen Erzeugnissen vor, so Hortmann-Scholten. Die Preise lägen zwar oberhalb konventioneller Erzeugerpreise, seien dabei aber häufig nicht kostendeckend. Daher liegen die Marktanteile bei den Verfahren der Tierproduktion im niedrig einstelligen Bereich. Lediglich bei Bioeiern liege der Markanteil mit ca. 13 Prozent deutlich höher. „Pflanzliche Märkte erhalten teilweise neue Impulse durch neue Ernährungstrends der Lebensmittelindustrie“, erklärte der Marktexperte. „Allerdings stehen die heimischen Kulturen in einem intensiven Preis- und Qualitätswettbewerb mit Erzeugnissen auf den globalen Märkten.“ Dennoch würden die heimischen „Proteinalternativen“ in der deutschen Mischfutterindustrie zukünftig an Bedeutung gewinnen.
Wie die Umstellung des landwirtschaftlichen Betriebs auf ökologische Bewirtschaftung in der Praxis vonstattengeht, erklärte Nadja Poppen, Vorstandsmitglied bei Bioland. Bevor es an die eigentliche Umstellung geht, müssten Landwirtinnen und Landwirte viel abklären: Warum will ich überhaupt umstellen? Was ist möglich und wer kann mich beraten? Den ganzen Betrieb oder nur einen Teil umstellen? Auch Fördermöglichkeiten müssten abgeklärt werden. Zuletzt muss eine Kontrollstelle gefunden werden, die in die Planungen einbezogen wird. Zu beachten ist: Bevor die Produkte mit Öko-Kennzeichnung in den Verkauf gehen, muss der Betrieb eine Umstellungszeit durchlaufen, die je nach Kultur oder Tierart variiert. „Ökolandbau ist zukunftsfähig“, so Poppen. „Der Bedarf an regional und ökologisch produzierten Lebensmitteln steigt stetig.“ Der ökologische Landbau schütze Artenvielfalt, Klima und Wasser.
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