Fragestunde zur GAP: Ökonomische Optimierung der Anträge immer wichtiger
Die kommende Agrarreform wird insgesamt mit weiteren Auflagen und Eco Schemes in der 1. Säule nochmals "grüner": Zahlungen sind zunehmend an Umwelt- und Klimamaßnahmen gebunden. Das hat Folgen für die Einkommenswirksamkeit der Direktzahlungen. Eine betriebswirtschaftliche Beurteilung und Optimierung der Prämienanträge wird zukünftig noch bedeutsamer.
Am Donnerstag, 20. Januar 2022, haben Fachleute für Agrarförderung zahlreiche Fragen zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union in einer virtuellen Fragestunde im YouTube-Livestream beantwortet.
Verspäteter Start
Eigentlich hätte die neue GAP im Jahr 2021 starten sollen, aber der Start wird auf den 1.1.2023 verschoben. Für 2021 und 2022 gibt es Übergangsregelungen, die dem bisherigen System sehr ähneln. Allerdings müssen im Antragsverfahren 2022 schon die neuen 5-jährigen Agrarumweltmaßnahmen (AUKM) beantragt werden. Die Finanzmittel stammen bereits aus der neuen GAP-Förderperiode 2021 bis 2027.
Neu in der GAP ab 2023 ist, dass die EU nur noch den Rahmen vorgibt und die Mitgliedsstaaten die detailierten Regelungen in einem Strategieplan vornehmen. Außerdem werden über die gesamte Förderperiode mehr Mittel von der 1. Säule der Direktzahlungen in die 2. Säule (in 2023 10% und in 2027 15 %) verschoben. In der 1. Säule werden 25 % der Mittel für freiwillige Eco Schemes beziehungsweise Öko-Regelungen vorgesehen. Das bisherige Greening mit der Greeningprämie wird es nicht mehr geben.
Höchste Zeit also, dass Landwirt*innen und Berater*innen sich mit der neuen GAP beschäftigen, um die Regelungen in den Grundsätzen zu verstehen. Danach gilt es für die Betriebsleiter*innen, die ersten Überlegungen anzustellen, wie die GAP auf das operative Geschäft wirkt und welche neuen Module oder betrieblichen Änderungen vorteilhaft sein könnten.
Daraus ergeben sich eine Menge Fragen, zum Beispiel:
- Sollen schon Veränderungen in der Anbauplanung 2022 vorgenommen werden?
- Wie lassen der im Rahmen der Konditionalität geforderte Fruchtwechsel und die vierprozentige Stilllegung der Ackerfläche wirtschaftlich am günstigsten vornehmen?
- Wie lässt sich der Verlust der Greeningprämie durch Teilnahme an den freiwilligen Eco-Scheme-Maßnahmen kompensieren?
- Wie kommen Junglandwirt*innen in den Genuss der angehobenen Junglandwirteförderung?
- Bei Zu- und Verpachtungen: Ist der Pachtpreis noch angemessen, wenn die Einkommenswirksamkeit der Prämienzahlungen deutlich sinken wird?
- Lohnt sich die Weiterbewirtschaftung von Betrieben auf Moorstandorten überhaupt noch, wenn die Prämienzahlungen der GAP nicht mehr so einkommenswirksam sind und auch weitere Gesetzgebungen das Wirtschaften auf Moorstandorten erschwert?
Wie weit ist das Gesetzgebungsverfahren zur GAP in Deutschland vorangekommen? Am 24. November 2021 stimmte das Bundeskabinett der Verordnung zur Durchführung der GAP-Direktzahlungen (GAPDZV) und der Verordnung zur Durchführung der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik geltenden Konditionalitä (GAPKondV) zu. Am 17. Dezember 2021 wurden diese Verordnungen im Bundesrat verabschiedet.
Danach soll der deutsche Strategieplan zwar verspätet, aber zeitnah in Brüssel zeitnah vorgelegt werden. Dort wird die Kommission den Plan mit einer Frist von maximal sechs Monaten genehmigen. Bereits im Juni 2021 hatte der Bundesrat drei Gesetze zur GAP verabschiedet.
Die Eco Schemes
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hat die geplanten Prämienhöhen für die 7 Eco-Scheme-Maßnahmen wie folgt vorgesehen:
- Bereitstellung von Flächen zur Verbesserung der Biodiversität durch
a) Freiwillige Aufstockung der Stillegungen mit Selbstbegrünung über die geforderten 4% in der Konditionalität hinaus: plus 1 % von 4 % auf 5 %: 1.300 €/ha; plus 2 % von 5 auf 6%: 500 €/ha; plus 3% von 6 auf 7 %: 300 €/ha
(vom 1.1. bis 15.8., mind. 0,1 ha, kein Pflanzenschutz, keine Düngung)
b) Anlage von Blühflächen und -streifen auf Ackerland oder in Dauerkulturen: top up auf Stillegung unter a) 150 €/ha
(mind. 20 m bis max. 30 m, streigenförmige Fläche mit max. 1 ha je Blühfläche, vorgegebene Saatgutmischung)
c) Altgrasstreifen oder -flächen auf Dauergrünland: bis 1 % 900 €/ha, 1-3% 400 €/ha, 3 - 6 % 200 €/ha
(mind. 1 % und max. 6 % des DGL, 10 bis 20 % je Schlag, mind. 0,1 ha, max. 2 Jahre auf derselben Stelle)
- Anbau vielfältiger Kulturen im Ackerbau mit 5 Hauptfruchtarten und einem Anteil von 10 % für Leguminosen: 30 €/ha
(max. 66 % Getreide)
- Beibehaltung einer agroforstlichen Bewirtschaftungsweise auf Ackerland: 60 €/ha
(2 bis 35 % Gehölzfläche, mind. 20 m und max. 100 m Abstand zwischen Gehölzstreifen, 3 bis 25 m breit)
- Extensivierung des gesamten Dauergrünlandes im Betrieb: 115 €/ha 2023 bis 100 €/ha 2026
(mind. 0,3 und max. 1,4 RGV/ha DGL, keine mineralische Düngung, kein Pflanzenschutz)
- ergebnisorientierte extensive Bewirtschaftung von Dauergrünlandflächen mit Nachweis von mindestens 4 regionalen Kennarten: 240 €/ha
- Bewirtschaftung von Acker- und Dauerkulturflächen ohne Verwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln: 130 €/ha 2023 bis 110 €/ha in 2026 für Sommergetreide, Ackerbohnen und Mais und 50 €/ha sonstige Kulturen
- Anwendung von durch Schutzziele bestimmte Landbewirtschaftungsmethoden auf landwirtschaftlichen Flächen in Natura 2000-Gebieten: 40 €/ha
(keine zusätzlichen Entwässerungsmaßnahmen, keine Instandsetzung von Drainagen).
Für die ökonomische Bewertung der Eco-Scheme-Maßnahmen ist entscheidend, ob sie einen Einkommensbeitrag leisten. Dies ist einzelbetrieblich zu bewerten. Eine Studie der Fachhochschule Südwestfalen zeigt, dass vor allem auf guten Standorten und oder in Veredelungsregionen die Kosten über den vom BMEL geplanten Vergütungen liegen.
Einkommensgrundstützung/Basisprämie
Bereits um die ursprüngliche Basisprämie, neu Einkommensgrundstützung, zu erhalten, sind der gute und ökologische Zustand der Flächen (GLÖZ) und die Grundanforderungen an die Betriebsführung (GAB) einzuhalten. Das ist die sogenannte Konditionalität. Damit stellt sich derzeit die neue Architektur der GAP wie in der beiliegenden Übersicht dargestellt dar.
Im Rahmen der Konditionalität für die Einkommensgrundstützung sind 3 m Pufferstreifen an Gewässern, wo das Ausbringen von Dünger und Pflanzenschutzmitteln verboten ist, einzuhalten. Die Bundesländer können in Gebieten, in denen die Flächen in einem erheblichen Umfang von Ent- und Bewässerungsgräben durchzogen sind, Ausnahmen von der 3-m-Breite erteilen und die Breite auch verringern.
Des Weiteren darf es keine kahlen Böden im Winter geben. Dabei soll eine Mulchschicht auch als Bodenbedeckung gelten.
Außerdem ist ein Fruchtwechsel ab 10 ha Ackerland vorzunehmen. Ausgenommen sind Betriebe mit weniger als 10 ha Ackerland und Landwirte mit mehr als 75 % Grünlandanteil sowie einer Ackerfläche von weniger als 50 ha. Auf höchstens der Hälfte des Ackerlands eines Betriebes kann ein Fruchtwechsel auch durch den Anbau einer Zwischenfrucht oder die Begrünung infolge einer Untersaat in einer Hauptkultur erbracht werden.
Ein Mindestanteil von 4 % Stilllegung der Ackerfläche ist ebenfalls Voraussetzung für die Auszahlung der Einkommensgrundstützung. Die Flächen müssen der Selbstbegrünung überlassen werden. Eine Begrünung über Aussaat ist ausgeschlossen. Ausgenommen von der Stilllegung sind Betriebe mit weniger als 10 ha Ackerland und Landwirte mit mehr als 75 % Grünlandanteil. Landschaftselemente können unter bestimmten Voraussetzungen auf die Stillegung angerechnet werden.
Außerdem gilt das Verbot des Pflügens von Dauergrünland in Natura-2000-Gebieten (FFH oder Vogelschutz) oder auf Moorstandorten.. Es sind damit erhebliche Vorleistungen für den Erhalt der Basisprämie/Einkommensgrundstützung gefordert und es gibt Überschneidungen mit den Maßnahmen im Niedersächsischen Weg. Eine Doppelförderung ist grundsätzlich ausgeschlossen.
Die Basisprämie wird nach ersten Berechnungen von 173 €/ha in 2020 auf etwa 150 €/ha Einkommensgrundstützung in 2023 sinken. Rein rechnerisch könnte sich eine Eco-Scheme-Prämie von 65 €/ha LF ergeben. Aber es werden, wie oben beschrieben, 7 freiwillige Einzelmaßnahmen bei den Eco Schemes angeboten und ob diese einkommenswirksam werden, ist einzelbetrieblich zu betrachten.
Die Umverteilungspämie wird statt für 46 dann für 60 ha mit erhöhten Fördersätzen von 69 €/ha für die ersten 40 ha und von 41 €/ha von 41 bis 60 ha in 2023 betragen.Die Umverteilungsprämie steigt damit von maximal etwa 1.980 €/Betrieb auf maximal etwa 3.600 €/Betrieb.
Die Junglandwirteprämie wird von bisher 44 €/ha auf 115 €/ha erhöht und die Basisfläche dafür wird von 90 auf 120 ha angehoben. Somit könnte ein/e Junglandwirt*in im Jahr 2023 maximal 13.800 € Junglandwirteprämie erhalten.Bisher waren es maximal 3.960 €.
Es sind außerdem gekoppelte Prämien für Mutterkühe, -schafe und -ziegen vorgesehen. In 2023 sind es 77 €/Mutterkuh und 34 €/Mutterschaf bzw. Mutterziege. Ein Weidegang ist dafür nicht verpflichtend.
Doch wie könnten ökonomische Auswirkungen der neuen GAP für den Einzelbetrieb aussehen? Als Beispiel soll ein Veredelungsbetrieb mit 100 ha LF (30 ha Körnermais, 35 ha Winterweizen und 35 ha Wintergerste) und 2000 Schweinemastplätzen dienen (s. Übersicht).
Wenn die Eco Schemes einkommensneutral wirken, würde der Beispielbetrieb in 2023 gegenüber 2020 durch die Absenkung der Basisprämie/Einkommensgrundstützung und den Verlust der Greeningprämie etwa 9.100 € Prämie verlieren. Außerdem entgeht dem Betrieb der Deckungsbeitrag auf 4 ha stillzulegender Fläche in Höhe von 3.000 €. Für die Mindestbewirtschaftung (Mulchen) der stillgelegten Fläche entstehen Kosten in Höhe von 180 €. Außerdem dürfen im Winter keine kahlen Böden vorhanden sein, so dass für die Begrünung der 30 ha Körnermaisflächen außerdem 1.800 € kalkuliert werden.
Da es in der bisherigen GAP auch Kosten für das Greening gab, werden im Beispiel 1.020 € als Vorteil angerechnet. Aufgrund der stillgelegten Fläche müssen in dem Beispielbetrieb außerdem für 1.500 € Wirtschaftsdünger überbetrieblich verwertet werden, so dass insgesamt gegenüber der bisherigen Situation in 2023 ein wirtschaftlicher Nachteil von 14.500 € für diesen Betrieb zu erwarten ist. Jetzt bleibt abzuwarten, ob die Eco-Scheme-Maßnahmen diese Situation verbessern können.
Für Futterbaubetriebe ist besonders das Verbot der Grünlanderneuerung (Umbruch) auf Moorstandorten und in Narura 2000-Gebieten (FFH und Vogleschutz) im Rahmen der GLÖZ bedeutsam. Dadurch ergeben sich in vielen Fällen Ertragsdepressionen, die zum Beispiel über Grundfutterzukauf ausgeglichen werden müssen. Intensive Milchviehbetriebe auf Moorstandorten oder in Natura 2000 Gebieten könnten nach derzeitigen Verordnungsentwürfen damit erhebliche ökonomische Nachteile in der neuen GAP im Vergleich zur bisherigen Förderperiode haben.
Auch ökologisch wirtschaftende Betriebe könnten nach derzeitigem Entwurfsstand der GAP erhebliche ökonomische Nachteile haben: sie sind nicht von der neuen Konditionalität (GLÖZ und GAB) für die Einkommensgrundstützung/Basisprämie befreit (bisher waren sie vom Greening befreit!). Außerdem sind die aktuell vorgeschlagenen Eco Scheme Maßnahmen für Öko-Betriebe ökonomisch nicht interessant.
Die kommende Agrarreform wird insgesamt mit Konditionalität und Eco Schemes in der 1. Säule nochmals "grüner", da die Zahlungen an Umwelt- und Klimamaßnahmen gebunden sind. Die Einkommenswirksamkeit der Direktzahlungen wird je nach Betriebsform erheblich sinken. Eine betriebswirtschaftliche Beurteilung und Optimierung der Prämienanträge wird zukünftig bedeutsamer, um zu entscheiden wie und ob überhaupt ein Prämienantrag gestellt wird. Im Jahr 2024 möchte die Ampel-Regierung die GAP-Umsetzung bewerten und ggf. nachjustieren.
Für Hilfestellungen bei der Agrarförderung stehen Ihnen unsere Wirtschaftsberater*innen gerne zur Verfügung.
Die Auszahlung der Agrarförderung 2021 erfolgte in Niedersachsen am 17. Dezember 2021. Mit unserem Prämienrechner können Sie Ihre voraussichtliche Prämie 2021 und 2022 berechnen.
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Laura Jans-Wenstrup
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