Fachgespräch Rindermast: Viel Bewegung im Rindfleischmarkt
160 Besucher/-innen beim Fachgespräch Rindermast – Haltungsform 3 vielfach noch nicht lohnend

Die Landwirtschaft stehe heute vor zahlreichen Herausforderungen und stetig steigenden Anforderungen, sagte LWK-Präsident Gerhard Schwetje bei der Eröffnung des Fachgesprächs. Die sinkenden Rinderbestände in Deutschland hätten dazu geführt, dass die hiesige Nachfrage nach so genannten Edelfleischstücken vom Rind nicht mehr gedeckt werden könne. Investitionen in Rindermastställe lohnen sich aufgrund drastisch gestiegener Kosten und nicht ausreichender Erlöse nur noch selten. Sinkender Rinderbestand in Deutschland habe auch Auswirkungen auf vor- und nachgelagerte Bereiche: Schlachtstätten schließen oder Transportwege werden länger. Die Wertschöpfung der gesamten Branche sinkt.
Um auf die Entwicklungen zu reagieren, müsse man sich aber auch selbst weiterentwickeln, erklärte Ralf Strassemeyer, Geschäftsführer der Masterrind GmbH. „Wir müssen besser organisiert den Markt bedienen“, sagte er. Auch wenn man in der Vergangenheit bereits deutlich effizienter geworden sei. Niedersachsen habe durchaus das Potenzial den hiesigen Kälberbedarf für die Rindermast zu decken.

Einen Überblick über Entwicklungen und den Zustand der niedersächsischen Rindermast gaben Dirk Albers, LWK-Fachreferent für Rinderzucht und Rinderhaltung, der das Fachgespräch moderierte und Johanna Ahrends von der Universität Osnabrück. Niedersachsen, Bayern und NRW halten zusammen einen Anteil von etwa zwei Dritteln der deutschen Mastbullen. Deutschland- und auch niedersachsenweit gab es in den letzten 10 Jahren aber einen erheblichen Strukturwandel. Die Zahl der Mastbullenhaltungen schrumpfte in Niedersachsen um 23,8 % bzw. 3.503 Betriebe, die Zahl der Mastbullen um 26,3 % bzw. 81.683 Tiere. Darüber hinaus stehen nur rund 40 % aller Tiere in Beständen mit mehr als 100 Tieren. Damit ist die Mastbullenhaltung eher kleinstrukturiert. In der Vergangenheit sind vor allem Milchviehbetriebe mit kleineren bis mittelgroßen Bullenhaltungen ausgeschieden.
Johanna Ahrends hat im Rahmen ihrer Masterarbeit 41 niedersächsische Gemischtbetriebe mit Mastbullenhaltung besucht, analysiert und ein Stimmungsbild der Betriebsleiter/-innen eingeholt. Sie hielt unter anderem fest, in welchen Haltungssystemen die Tiere gehalten werden, wie sie gefüttert werden oder auch wie alt die Stallgebäude sind. Beim Stimmungsbild zeigte sich zudem, dass viele Landwirtinnen und Landwirte der untersuchten Betriebe eher skeptisch in die Zukunft blicken. Steigende Anforderungen an die Haltung, unsichere politische Rahmenbedingungen oder erhöhte Baukosten und fehlende Förderungen für den Umbau der Stallungen sind nur einige Beispiele dafür. Außerdem befürchten sie, dass der Handel zukünftig mehr Rindfleisch aus dem Ausland bezieht, da die Produktion in Deutschland zu teuer wird.

Um Beef-on-Dairy (BoD), also die Besamung von Milchvieh mit Fleischrinderbullen, ging es im Vortrag von Stefan Kallaß von der Synetics eG. Demnach bietet BoD Milchviehbetrieben durchaus Potenzial. Der Besamungsanteil von BoD steigt stetig an und kann noch weiter ausgebaut werden. Dabei bieten sich verschiedene Fleischrassen an. Neuere Bestrebungen der Zucht- und Vermarktungsorganisation sind noch bessere Vatertiere, beispielsweise der Rasse Angus, zu selektieren und die Mast- und Schlachtleistungen der Nachkommen zu prüfen.
Ob sich die Haltungsform 3 (HF3) für Rindermäster lohnt, dieser Frage ging Wilfried Naue (LWK) nach. Naue stellte zunächst heraus, dass es kaum einen Unterschied mache, an welches Schlachtunternehmen die Tiere abgegeben werden. Unterschiede seien preislich erst ab der dritten Nachkommastelle zu sehen. Das Spektrum der Aufschläge für HF3 sei aber breit und reiche von 25 bis 40 Cent. Wer ohne HF3 sehr erfolgreich wirtschafte, für den lohne sich der Umstieg nicht. Wer aus Platzgründen auf mehr als ein Tier verzichten müsse, für den lohne sich die Umstellung auch häufig nicht. Die HF3-Aufschläge seien noch zu gering, um für Rindermäster attraktiv zu sein. Das Ziel des Lebensmitteleinzelhandels, künftig nur noch HF3 oder höher anzubieten, sehe er unter diesen Umständen noch nicht in Reichweite.
Stimmen aus Handel und Vermarktung
„Rindfleisch hat Zukunft“, betonte Gunnar Rohwäder von Tönnies Beef. Er machte das unter anderem daran fest, dass rund zwei Drittel der Deutschen laut Umfragen mehrmals die Woche Fleisch essen. Höhere Haltungsformen werden an Bedeutung gewinnen, gleichzeitig werde es auch weiterhin einen Markt für QS-Fleisch geben.
Auch Hendrik Riekenbrauck von Westfleisch sieht gute Chancen fürs Rindfleisch: Das Rind habe ein positives Image, der Konsum sei konstant und der Veggie-Hype habe etwas nachgelassen. Zugleich bestünden hohe Erwartungen an die Branche, Preisanstiege würden vom Verbraucher aber nur bedingt akzeptiert. Ab einem bestimmten Preisniveau lasse das Kaufverhalten spürbar nach.
Till Antonio Stahl von der REWE Group stellte klar, dass das Ziel der REWE Group, bis Ende 2025 keine Haltungsform-1-Ware mehr anzubieten, stehe. Gleiches gelte für das Ziel, bis Ende 2030 kein Fleisch mehr aus HF2 zu verkaufen. Zudem setze man bei REWE auf Regionalität und langfristige Verträge mit Erzeugern und Vermarktern.
Im Anschluss standen die Vertreter aus Handel und Vermarktung noch für eine Diskussionsrunde mit den Gästen des Fachgesprächs Rindermast zur Verfügung.
Am Ende der Veranstaltung waren sich alle Beteiligten einig: „Der Dialog zwischen Landwirtschaft, Zucht- und Vermarktungsorganisationen, Schlachtunternehmen und Lebensmittelhandel soll und muss weitergeführt werden, um für alle zufriedenstellende Lösungen zu erzielen.“
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