agriglobal 2012: Eine nachhaltig intensivierte Land- und Ernährungswirtschaft sichert die Welternährung
Internationaler Kongress diskutiert Zukunft der Land- und Ernährungswirtschaft
Um die wachsende Weltbevölkerung künftig ernähren zu können, muss die landwirtschaftliche Produktion auf den weniger werdenden Flächen nachhaltig intensiviert und die Effizienz der Weiterverarbeitung gesteigert werden. Dabei sind nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische und soziale Aspekte zu berücksichtigen. Den etablierten Agrarregionen kommt bei der weltweiten Umsetzung einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion eine wichtige Rolle zu. So lautet das Fazit des Kongresses „Agriglobal“, der am 15. November 2012 in Hannover stattfand. 400 Vertreter der internationalen Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie aus Politik und Wissenschaft erörterten das Thema „Nachhaltigkeit und globale Lebensmittelproduktion – eine gemeinsame Herausforderung“. Veranstalter waren die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die Oldenburgische Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer Oldenburg.
Als eine „riesengroße Herausforderung“ bezeichnete es Arendt Meyer zu Wehdel, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die Ernährung von bald zehn Milliarden Menschen auf der Welt sicherzustellen. „Da sind wir in Europa ganz besonders gefordert“, sieht er „agrarische Gunststandorte“ in der Pflicht. Angesichts der natürlichen klimatischen Gegebenheiten sei man zum Beispiel im Nordwesten Deutschlands in der Lage, sehr hohe Flächenerträge zu erzielen. Die Menge an produzierter Stärke pro Hektar sei doppelt bis dreimal so hoch wie im weltweiten Durchschnitt. „Solche Regionen sind prädestiniert dafür, intensiv bewirtschaftet zu werden“, folgerte der Kammerpräsident. Die Kunst bestehe darin, in einem nur begrenzt belastbaren Ökosystem Intensität und Nachhaltigkeit im Sinne eines schonenden Umgangs mit den natürlichen Ressourcen auszubalancieren.
Die Land- und Ernährungswirtschaft in Deutschland bezeichnete Meyer zu Wehdel als „richtungweisend“ für die Welt, denn sie komme dem Idealbild einer nachhaltigen Erzeugung sehr nahe. Die so genannte „gute fachliche Praxis“ sei auf den Höfen Standard, sie schone die natürlichen Ressourcen und gewährleiste optimale Erträge. Zudem hätten Qualität und Sicherheit der Lebensmittel aus der Ernährungswirtschaft ein sehr hohes Niveau.
Leider nehme das die Gesellschaft kaum oder sogar anders wahr, beklagte der Kammerpräsident. Missverständnisse müssten durch Dialog abgebaut werden. Dabei sei man grundsätzlich bereit, den Weg von Verbesserungen mitzugehen. „Wir wissen aber aus Erfahrung, dass es nur mit einer modernen Landwirtschaft gelingen wird, mehr Ertrag auf immer weniger Boden nachhaltig zu produzieren“, so Meyer zu Wehdel.
An den anwesenden EU-Politiker gewandt, erteilte der Kammerpräsident einer administrativ verordneten Extensivierung eine klare Absage. Paolo De Castro, Vorsitzender des Agrarausschusses im Europäischen Parlament, griff diesen Hinweis auf und sprach sich für ein gleichberechtigtes Nebeneinander von ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit aus. „Eine emissionsarme Landwirtschaft ist für die Zukunft unabdingbar“, präzisierte der Italiener und ergänzte: „Nur eine nachhaltig effiziente Land- und Ernährungswirtschaft sichert die Welternährung.“
Auch Prof. Dr. Dr. Franz-Josef Radermacher sieht in den „etablierten Agrarregionen“ das größte Potenzial für die Nahrungsmittelproduktion. „Ihre Leistungsfähigkeit müssen wir in vollem Umfang dafür nutzen, den Hunger auf dem Globus zu überwinden, Wohlstand überall zu fördern und dabei nachhaltige Entwicklung weltweit durchzusetzen“, sagte der Wissenschaftler der Universität Ulm, der auch Mitglied des Club of Rome ist.
Radermacher wies auch auf zunehmende Konflikte um Ressourcen, Umweltbelastungen und soziale Gerechtigkeit hin. Er plädierte für eine „weltweite Ökosoziale Marktwirtschaft“. Sie gehe mit einem Wachstumsbegriff einher, der die Aspekte Nachhaltigkeit, aber auch Klimagerechtigkeit und Überwindung der Armut berücksichtige. Auch dieses „grüne Wachstum“ setze voraus, dass die landwirtschaftliche Fläche künftig sehr viel besser genutzt werde als heute. Bei dem Streben nach einer weltweiten Ökosozialen Marktwirtschaft komme Europa eine Vorbildfunktion zu. „Wir sollten in Europa versuchen, von hier aus die Welt in diesem Sinne positiv zu beeinflussen“, so der Wissenschaftler.
Dr. Hans Jöhr von der Nestlé AG, dem größten Lebensmittelhersteller der Welt mit Sitz in der Schweiz, sprach sich ebenfalls für eine „nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft zur Sicherung der Welternährung“ aus. Dabei gehe es nicht nur darum, die natürlichen Ressourcen durch vorbildliche landwirtschaftliche Praktiken optimal zu nutzen. „Wir müssen – weltweit betrachtet – auch den sozialen und wirtschaftlichen Status von Bauern und ländlichen Gemeinschaften verbessern“, so der Leiter der Abteilung Landwirtschaft. Zu diesem Handeln habe sich sein Haus in den zehn Grundsätzen seiner Geschäftstätigkeit verpflichtet. „Nur wer ökonomische, ökologische und soziale Aspekte der Agrarproduktion zusammenbringt, wird langfristig erfolgreich sein“, lautete Jöhrs Fazit.
Impressionen vom agriglobal-Kongress 2012:
Wir freuen uns über so viel positives Feedback der Teilnehmer. Nachstehend ein paar Aussagen, die uns erreicht haben:
- „Der Kongress fand genau zum richtigen Zeitpunkt statt : parallel zur „Eurotier“ und zur aktuellen, öffentliche Diskussion über die globale Lebensmittelproduktion.“
- „Wichtig aus meiner Sicht ist: Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen hat sich sehr gut profiliert und deutlich unterstrichen, wo die zukünftigen Herausforderungen der Kommunikation in der Agrarbranche mit der Gesellschaft liegen werden.“
- „In der Podiumsdiskussion ist es der LWK gelungen, sehr unterschiedliche Interessengruppen, wie z. Bspl. Prof. Dr. Hubert Weiger, als BUND-Vorsitzenden in Deutschland, einzubinden.“
- „Beeindruckend war im Kongress-Teil I der Beitrag - Unsere Verantwortung, unser Beitrag: Lebensmittelproduktion von Herrn Philip von dem Bussche und in der Podiumsdiskussion der Beitrag von Nancy Wimmer über die Entwicklung von microsolar in Bangladesh.“
- „Der Rahmen und die Organisation des Kongresses war vorbildlich.“
- „Der Kongress war interessant und informativ, gefiel mir prima!“
- „Gerne habe ich an dem Kongress teilgenommen. Als Studierende des Studiengangs ‚Sustainable Agriculture‘ an der Hochschule Rhein-Waal in Kleve am Niederrhein konnte ich auf der Veranstaltung zahlreiche Aspekte, welche ich derzeit in meinem Studium erlerne, wiederfinden. Die Vielfältigkeit der Thematik „Nachhaltigkeit“ hat sich auf dem Kongress widergespiegelt. Ich freue mich und bin schon sehr gespannt auf weitere Veranstaltungen.“
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