Vollbaumnutzung und Energieholzgewinnung - Chancen und Herausforderungen!
Zum Thema "Vollbaumnutzung" - der Nutzung des gesamten oberirdischen Teiles von Waldbäumen - fand am 28. Februar 2013 eine Vortragsveranstaltung im Kreishaus Rotenburg statt, organisiert durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen gemeinsam mit dem Landkreis Rotenburg (Wümme). Etwa siebzig Akteure aus Forstwirtschaft, Forstwissenschaft, Beratung, Waldbesitzervereinigungen, verbundenen Unternehmensbereichen und Behördenvertretern waren nach Rotenburg gekommen, um hochrangige Vertreter aus forstlicher Wissenschaft, Praxis und Politik zu diesem Thema zu hören, das auch in den nächsten Jahren vor allem wegen der Energieholzgewinnung aus Kronenholz noch hochaktuell sein wird.
Bioenergie - und hierin wiederum die Energiegewinnung aus Waldholz - hat mittlerweile einen hohen Stellenwert durch die Preisentwicklung fossiler Brennstoffe, aber auch wegen des Klimawandels durch die vorteilhafte CO2-Neutralität, gewonnen. Neben dem traditionellen Brennholz erscheint Energieholz nunmehr auch im modernen Gewand des Hackschnitzels, Pellets oder Holzbriketts. Gerade größere Investoren in diesem Bereich ist aber die Versorgungssicherheit ausschlaggebend. Entsprechende Daten müssen vom Anbieter, in Niedersachsen meist der Privatwald und seine Zusammenschlüsse bereitgestellt werden.
Basierend auf Ertragstafeln und Waldinventuren kann man das meist industriell verwertete Schaftholz seit jeher leicht vorkalkulieren. Hingegen war man für das energetisch gut verwertbare Kronenholz bisher auf Schätzungen angewiesen - viele Jahrzehnte lang waren diese Sortimente kaum absetzbar. Eine grundlegende Forschungsarbeit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchanstalt bringt nun Licht in diese Unsicherheit, legt aber auch die mit der Vollbaumnutzung verbundenen Nährstoffentzüge aus dem Waldökosystem als möglicherweise begrenzenden Faktor dar.
Die neuen Erkenntnisse und deren Anwendung im Privatwald wurden nun in einer Vortragsveranstaltung vorgestellt und diskutiert. Im Rahmen des EU-Projektes BIOENERGY PROMOTION 2 arbeiten die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und der Landkreis Rotenburg (Wümme) seit Jahren eng zusammen.
Zusammenfassung wesentlicher Aussagen
- Biomasseschätzfunktionen sind ein wichtiges Instrument, um die Versorgung durch Holzenergie zu prognostizieren, wobei nährstoffreiche, aber eher energiearme Baumkompartimente gezielt ausgenommen werden können, um die Nährstoffnachhaltigkeit nicht zu gefährden. Sie können bereits jetzt begrenzt mit den Waldinventuren verknüpft werden. Eine Umstellung der Waldinventur auf Wuchsmodelle wird dieses weiter vereinfachen und präziser machen.
- Die Nährstoffnachhaltigkeit zu gewährleisten ist oberstes Gebot beim Bezug von Waldrestholz. Eine Verknüpfung von Nährstoffentzugindices mit der Standortkartierung wird in absehbarer Zeit erarbeitet. Ihre Anwendung setzt natürlich das flächendeckendes Vorliegen der Standortkartierung voraus, möglicherweise wird die künftige Förderpolitik in Niedersachsen einen schnelleren Fortschritt dieser Maßnahme erlauben.
- Projektfinanzierte bioenergiebezogene Elemente in der Waldinventur stehen bereits jetzt zur Verfügung, wie die Eingabe von Waldrestholzschätzdaten, energetisch verwertbaren Derbholzanteilen, Dokumentation von Biomasseentnahme und Ascherückführung.
- Kombinierte Auswertungen von Waldinventur und Standortkartierung werden künftig eine präzise Abschätzung des Energieholzpotenzials unter Beachtung standörtliche Einschränkungen ermöglichen.
- Der Einsatz unbelasteter Holzaschen als Düngemittel im Wald ist prinzipiell möglich, unterliegt aber düngemittelrechtlichen Vorgaben. Kontinuierliche chemische Analysen sind erforder lich. Probleme gibt es jedoch derzeit in der Frage einer Ausbringungstechnik, welche die Ascherückführung gezielt auf Biomasseentnahmeflächen garantiert, Abgrenzung zwischen Kompensationsmaßnahmen gegen sauren Niederschlag und solcher gegen Nährstoffentzug - dies insbesondere auch hinsichtlich der forstlichen Förderung - , möglicherweise geringe verfügbare Aschenmengen und Vereinbarkeit mit Zertifizierungssystemen.
- Für den Waldbesitzer steht die Wirtschaftlichkeit der Holzverwendung an erster Stelle. Die Transportkostenempfindlichkeit hölzerner Biomasse macht die Investition regionaler nachfragender Verbraucher erforderlich.
- Wald- und forstpolitisch steht die Nachhaltigkeit im Vordergrund, spezifische Auswirkungen eines geänderten politischen Rahmens auf die Kombination Wald / Energie können derzeit kaum eingeschätzt werden, es ist mit kritischer Beobachtung zu rechnen. Klassifizierung bestimmter forstlicher Maßnahmen als nicht ordnungsgemäß können im Zusammenhang mit dem neuen Holzhandels-Sicherungs-Gesetz (HolzSiG) zu ernsten rechtlichen Problemen führen.
- Die Zertifizierungssysteme PEFC und FSC begrenzen die Waldrestholznutzung erheblich bzw. schließen sie sogar aus. Da forstliche Biomasse bereits jetzt als wesentlicher Energieträger genutzt wird und künftig noch wichtiger wird, muss die Zukunft zeigen, wie weit die Zertifizierungssysteme ingenieurmäßig-detailliert oder eher ideologiegetrieben vorgehen werden.
- Die forstliche Beratung muss alle vorgenannten Gesichtspunkten ständig beachten, um für den Waldbesitzer optimale Beratungsempfehlungen für den größtmöglichen, aber nachhaltigen Wirtschaftserfolg zu gewährleisten.
Die Vorträge können nachstehend heruntergeladen werden. Sie finden sich auch auf auf der Homepage des Landkreises Rotenburg (Wümme), dort können auch Berichte und Vorträge aus der bisherigen Zusammenarbeit unserer beiden Organisationen zum Thema Holzenergie bezogen werden.
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Martin Hillmann
Leiter Fachbereich Forsteinrichtung, Bewertung, Waldinventur Raumordnung, Naturschutz
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