Wenn der Schnabel dran bleibt, ist eine Beschäftigung von Jung- und Legehennen unerlässlich
Im Rahmen des Tierschutzplanes verfolgt Niedersachsen das Ziel bei Legehennen auf die Maßnahme des Schnabelkupierens bereits zum Januar 2017 zu verzichten. Skeptiker meinen, es sei noch viel zu früh, weil züchterisch die Ziele bis zu diesem Zeitpunkt nicht verwirklicht werden können. Darüber hinaus sollen die Ergebnisse der laufenden Studien und der Modell- und Demonstrationsvorhaben im Legehennenbereich erst abgewartet werden, bis das Land bzw. der Bund gesetzlich agiert.
Der Umgang mit nicht Schnabel kupierten Hennen in konventionellen Haltungen ist für die meisten Produzenten absolutes Neuland. Die Schnabelspitze wird routinemäßig bei Legehennen kupiert, früher üblicherweise mit einem heißen Messer bei bis zu 10 Tage alten Küken, oder neuerdings mit der Infrarot-Methode bei Eintagsküken, um die gegenseitig zugefügten Schäden/Verletzungen beim Auftreten von Federpicken und Kannibalismus zu mildern. Die Verhaltensstörung „Federpicken“, oder auch „Kannibalismus“, sind ein nicht unbekanntes Problem bei der Haltung von Legehennen und das Kürzen der Schnabelspitze eine rein symptomatische Bekämpfung. Nur eines muss ganz klar betont werden: Amputationen, wie das Kürzen der Schnabelspitze bei Geflügel - diese sogar ohne Betäubung - fügen den Tieren Schmerzen, Leiden und Schäden zu und sind daher seit Jahren nach dem Tierschutzgesetz grundsätzlich verboten. Abweichend davon war bislang das Schnabelkupieren durch Ausnahmegenehmigungen erlaubt, die in Niedersachsen nicht mehr generell erteilt werden.
Insbesondere in größeren Betrieben ist die Umsetzung einer ausreichenden Beschäftigung der Tiere eine große Herausforderung. Die Verfütterung von erstklassiger Maissilage im großen Stil wäre eine Möglichkeit, die technisiert werden könnte. Eine findige Idee kommt aus einer Bio-Legehennenhaltung aus Dänemark. An Schienen geführte Einstreuautomaten aus der Kälbermast fahren dort von hinten nach vorne durch die Wintergärten und verstreuen die Maissilage. Eine andere Idee hatte ein Landwirt und Legehennenhalter aus dem Emsland. Da er auch eine Biogasanlage besitzt, ist für ihn das Substrat Maissilage und die Verladetechnik mittels Radlader nichts Neues. Vom Landwirt angedacht ist eine tägliche Befüllung eines außerhalb des Stalles gelegenen Futtermischcontainer mit Maissilage. Eine Spiralschnecke befördert die Maissilage anschließend über ein Rohrsystem durch den ca. 100 m langen Stall. Da alle 2-3 m Öffnungen im Rohrsystem installiert sind, fällt die Maissilage, aber auch andere Materialien wie Weizen oder Strohgranulat, gleichmäßig verteilt von der Decke in den Scharrbereich. So können z.B. breite Stallmittelgänge und auch die Wintergärten zu bestimmten Zeiten am Tag mit verschiedenen Materialien angereichert werden, die dann für eine besondere Beschäftigung der Jung- und Legehennen sorgen. Die Vorgehensweise ist eigentlich sehr simpel, der Effekt hingegen groß: Wenn Maissilage zu Boden fällt ist zu erwarten, dass die Hennen zügig dorthin laufen und sich beschäftigen. Vermutlich werden zunächst die hochverdaulichen Körner herausgepickt, gleichzeitig scharren und bewegen die Hennen das Einstreumaterial sehr intensiv. Im Rahmen des Futteraufnahmeverhaltens verbringt die Henne mit Futterstoffen, die am Boden liegen, sehr viel Zeit mit den Verhaltensweisen Picken und Scharren. Durch dieses Futtersuch- und Aufnahmeverhalten ist das Risiko von Verhaltensstörungen minimiert.
Wie hoch sind die Investitionskosten? Die Investitionskosten für eine oben beschriebene technisierte Anlage belaufen sich auf 30.000 € bis 40.000 € für 20.000 Legehennen. Dies ist zunächst sehr viel Geld, wird jedoch der minimierte Arbeitsaufwand und die nachhaltige, intensive und tiergerechte Beschäftigung mit besseren Leistungen durch verminderte Ausbildung von Verhaltensstörungen dagegen gerechnet, lohnt es sich für größere Betriebe.
Neben der kostenintensiveren Technisierung der Verabreichung von Maissilage praktiziert ein anderer Legehennenhalter derzeit bereits das Einbringen der Maissilage per Futterverteilschaufel. Eine weitere Möglichkeit ist das Einbringen der Maissilage durch kleine handliche Wickelballen. Wenn es den Lohnunternehmern gelänge, kleine kompakte Wickelballen zu pressen, könnten diese dann über ein Seilzugsystem in die Wintergärten der Legehennenställe platziert werden. Es gibt bereits kleine Wickelballen mit Maissilage für Pferdebetriebe und im Süden Deutschlands auch für kleine Milchviehbetriebe. Auch sollte darüber nachgedacht werden, als rohfaserreiche Beschäftigungsmaterialien nicht nur Maissilage zu verwenden, sondern auch alternativ Ganzpflanzensilage, kurzes Weidegras, Möhren, Runkeln oder Kartoffeln. Hier ist der Ideenreichturm der Landwirte gefragt!
Was bleibt festzuhalten: Maissilage zur Beschäftigung von Legehennen scheint eine nachhaltige und tiergerechte Innovation zu sein, bei dem die Tiere neben der Beschäftigung in den Wintergärten eine Futterwahl erhalten, darüber hinaus spielen der Säureeffekt und der Futterwert aber auch der Rohfasereffekt eine gewichtige Rolle der Maissilage. Bereits im Junghennenalter sollten die Tiere an diese Art von Fütterung gewöhnt werden. Denn eines steht schon jetzt fest: Irgendwann bleibt der Schnabel dran und eine Beschäftigung der Tiere wird unerlässlich werden, trotz optimaler Fütterungs- und Haltungsbedingungen. Maissilage hat gesundheitsfördernde Eigenschaften, verdrängt nicht unbedingt Mischfutter und beschäftigt Legehennen mit Sicherheit. Ob es ökonomisch zusätzlich sinnvoll ist, müssen Projekte zeigen, die als Demonstrationsvorhaben von der Praxis für die Praxis erprobt werden sollten.
Weitere Informationen zu Geflügelthemen und Seminarterminen finden Sie auf der Homepage der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
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