Warum auch Heu deutlich teurer werden muss
Im Geschäft mit Heu zählen die Pferdehalter zwar nicht zu den einfachsten, aber dafür meist zu den „treuesten“ Kunden. Sie haben immer wieder Winterfutterbedarf für ihre Lieblinge und sind bei der Heuqualität deutlich anspruchsvoller als bei der Zahlungsmoral. Kaninchenzüchter sind da oft unkomplizierter, kaufen aber leider immer nur Kleinstmengen. Um beim Heuverkauf nicht draufzuzahlen, beschreibt Dr. Mathias Schindler von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen einen möglichen Kalkulationsweg für einen fairen Heupreis.
Der zu berücksichtigende Aufwand variiert nicht nur aufgrund der Zwischenlagerung, auch die Ballenart beeinflusst die Höhe des Kalkulationsergebnisses maßgeblich. Deshalb bietet eine modular aufgebaute Kalkulation bis zur Endstufe „Verkauf aus dem Lager“ den Vorteil, dass der Rechengang an beliebiger Stelle beendet werden kann, wenn das (Zwischen-)ergebnis für den eigenen Vermarktungsweg erreicht ist oder eine einzelne Position („Rundballen pressen“) durch eine Andere („HD-Kleinballen pressen“) ersetzt werden soll. Allerdings sind dann auch die Transportkosten auf andere Werte umzustellen.
Die Berechnungen sollten deshalb folgende Kostenpositionen berücksichtigen:
- die Materialkosten des Anbaus (= Direktkosten)
- die Arbeitserledigungskosten und
- ggf. die Kosten für Lagerung und Lieferung.
Heu wächst nicht zum Nulltarif
Wer „gutes“ Heu verkaufen will, braucht einen entsprechenden Bestand auf der Fläche, der hier bei dreimaliger Schnittnutzung einen Nettoertrag von 88 dt/ha Heu (86% T) liefert. Somit beginnt die Kostenberechnung (siehe Übersichten 1 und 2, Kostenblöcke „Direktkosten“ bzw. „Arbeitserledigungskosten“, jeweils für „bisher“ (vor Oktober 2021) bzw. „jetzt“ (April 2023)) mit der Bestandserstellung und dessen regelmäßiger Pflege. Wird angenommen, dass alle 12 Jahre eine Neuanlage erfolgen soll, ist dies mit zeitanteiligen Kosten für die (chemische) Beseitigung des Altbestandes (5,42 (6,42) €/ha/Jahr Mittelkosten + 1,01 (1,05) €/ha Ausbringkosten), den Umbruch (10,65 (11,45) €/ha) sowie die Neuansaat (12,83 (14,95) €/ha Saatgut + 3,14 (3,48) €/ha Aussaat) verbunden. Diese Positionen fallen glücklicherweise dank der Verteilung auf 12 Jahre relativ moderat aus. Wird zwischendurch zweimal nachgesät, so entstehen dadurch weitere 9,63 (10,83) €/ha Saatgut- und 9,41 (10,44) €/ha Aussaatkosten. Der zwischenzeitliche zweimalige Pflanzenschutzaufwand schlägt mit 20,50 (23,00) €/ha Mittelkosten und 3,02 (3,14) €/ha Ausbringkosten zu Buche.
Der Düngeraufwand hat mit insgesamt 242,08 (571,42) €/ha den höchsten Anteil an den insgesamt 296,82 (634,26) €/ha Direktkosten, zu denen auch noch 6,37 (7,54) €/ha für Netz (Rundballen) bzw. Bindegarn (HD-Kleinballen) gehören. Dies belastete bisher die dt Heu mit 3,37 €/dt, aktuell sind es mit 7,21 €/dt 114% mehr. Der Wert passt für Ihre Verhältnisse nicht, weil Sie teilweise nicht mineralisch, sondern organisch gedüngt haben? In der Hoffnung, dass ihr Heu den Tieren der Abnehmer trotzdem schmeckt, haben Sie nun zwei Möglichkeiten:
Sie könnten entweder den „ersetzten“ Anteil des Mineraldüngeraufwands (inkl. Ausbringung) streichen und dafür die Ausbringkosten des organischen Düngers pauschal mit 4 €/m3 bzw. t ansetzen oder den anrechenbaren Nährstoffwert des organischen Düngers (bei Rinder-/Schweinegülle oder -mist von derzeit etwa 16 €/t bzw. m³ gutschreiben, also die Nährstoffkosten um ca. 12 Euro pro t (m³) ausgebrachten Wirtschaftsdüngers kürzen.
Die dritte Möglichkeit: Behalten Sie einen Vorteil doch endlich mal ganz für sich.
Bei den Arbeitserledigungskosten (Übersicht 2) sind zu den Kosten der oben bereits erwähnten Arbeitsgänge noch 27,09 (29,65) €/ha für die viermalige Überfahrt mit dem Düngerstreuer und 20,99 (23,03) €/ha für das Abschleppen und 20,64 (22,74) €/ha das Anwalzen berücksichtigt. Während für dreimaliges Mähen 78,95 (86,99) €/ha anzusetzen sind, kostet das siebenmalige Wenden (je zweimal beim ersten und zweiten Schnitt und dreimal beim dritten Schnitt) 108,99 (120,12) €/ha und das viermalige Schwaden (zweimal beim dritten Schnitt) 77,88 (84,68) €/ha.
Weil dann noch 124,64 (144,14) €/ha für das Aufpressen in Rundballen, 9,86 (11,71) €/ha für deren Zusammenfahren und Aufladen sowie 42,76 (48,32) €/ha für den Transport zum (5 km entfernten) Lagerungsort und 7,28 (9,16) €/ha für das Abladen und das Einlagern dazu kommen, lagen die Arbeitserledigungskosten bisher bei 546,30 und aktuell bei 610,11 €/ha. Die eingebrachten Arbeitsstunden sind dabei mit 22,50 €/h bezahlt; haben Sie immer einen Mitarbeiter geschickt, sind das etwa die reinen Lohnkosten auf der Basis „Arbeitgeber brutto“ einer Fachkraft, waren Sie selber unterwegs, geht das in Ihre Tasche, weil Sie in der Zeit ja auch etwas anderes Erlösbringendes hätten machen können (im Ökonomen-Deutsch: Opportunitätskosten). Allerdings müssen Sie davon noch die Sozialversicherungen und Einkommenssteuer zahlen.
In der Summe aus Direkt- und Arbeitserledigungskosten ergaben sich bis 2021 843,12 €/ha bzw. 9,58 €/dt Heu. Aktuell sind es 1.244,36 €/ha bzw. 14,14 €/dt, also 47,6% mehr (Übersicht 3, oberer Teil).
Fest- und Gemeinkosten nicht vergessen
Soll der Verkaufspreis vollkostendeckend sein, müssen auch die Kosten aller anderen Positionen, die nicht direkt zuteilbar sind, anteilig getragen werden. In der Position „sonstige Fest- und Gemeinkosten“ wird vom „Abfallsack“ bis zur „Zeitung“ alles summiert und dafür ein Wert von pauschal 115 (125) €/ha angenommen. Außerdem wird für die Pacht ein Betrag von 410 (430) €/ha angesetzt. Wird im Gegenzug die Summe aus Basis- und Greeningprämie in Abzug gebracht, so wirkte dies bisher mit -248,92 €/ha (Annahme: 171 €/ha Basisprämie und 83 €/ha Greeningprämie minus 2% für Haushaltsdisziplin) kostenmindernd. Zukünftig ist aber nur noch ein Betrag von 155,57 €/ha gegenzurechnen. Sie sind ein junger dynamischer Betriebsleiter auf einem (noch) kleinen Betrieb und kriegen sowohl die Junglandwirteprämie als auch für alle Flächen noch die Umverteilungsprämie? Herzlichen Glückwunsch, da stehen Sie prämientechnisch ab jetzt noch besser da als die meisten Mitbewerber. Sie könnten diesen Vorteil natürlich weiterreichen und dafür nutzen, das Heu zum „Kampf“preis anzubieten; meine Empfehlung: Tun Sie das nicht, behalten Sie auch hier den „geldwerten Vorteil“ für sich.
Damit waren wir bisher bei 1.119,20 €/ha bzw. 12,72 €/dt Heu; aktuell sind es aber 1.643,79 bzw. 18,68 €/dt Heu. Diese Beträge sind die reinen Vollkosten der Heuerzeugung und beinhalten neben dem Geld, was Sie ausgeben müssen, lediglich die eventuell auftretenden (kleinen) Vorteile bei den Düngungskosten, den optionalen Prämienkomponenten und den eventuellen Lohn für eingesetzte eigene Arbeit.
Risikomarge / Unternehmergewinn gehören auch dazu
Für Sie als Unternehmer ist bislang nichts dabei, für finanzielle Rückschläge durch verregnete Heuernten, nichtzahlende Kunden und weitere Widrigkeiten auch nicht. Für diese Risiken erscheinen 25% pauschaler Aufschlag eher angemessen als zu hoch, was bisher zu einer Erhöhung um 279,80 €/ha bzw. 3,18 €/dt Heu auf 1.399,00 €/ha bzw. 15,90 €/dt Heu führte; derzeitige Werte: 410,95 €/ha (4,67 €/dt) Aufschlag auf nun 2.054,74 €/ha bzw. 23,35 €/dt. Waren bisher 16 €/dt der sinnvolle Mindestpreis für Heu in Rundballen (RB) bei Verkauf aus der Ernte heraus mit Anlieferung frei Lagerungsort, sind jetzt 7,50 €/dt mehr nötig (+47%).
Im Folgenden werden noch zwei Varianten kalkuliert: Zum einen der Verkauf von Heu in kleinen HD-Kleinballen und zum anderen der Verkauf von Heu aus dem Lager.
HD-Kleinballen sind deutlich teurer
Wenn Kaninchenzüchter bedient werden sollen oder die zu beliefernde Reitanlage über wenig Technik, aber viele helfende Hände verfügt, sind statt Rundballen eher die HD-Kleinballen gewünscht.
Im unteren Teil der Übersicht 3 werden die Kosten der Heubergung in HD-Kleinballen kalkuliert. Da das Aufladen von Hand inzwischen unbezahlbar geworden ist, erfolgt dies mittels angebauter Ballenschleuder und weil auch das früher oft übliche Packen auf dem Wagen wegen der Risiken unterbleibt, werden die Ballen ungepackt, also mit schlechter Ausnutzung der vorhandenen Raumkapazitäten, transportiert. Dann kommt der unbequemste Teil: Das Abladen von Hand, was aber kein „Full service“ wird, da dem Fahrer des Transportes meist eine für den verbleibenden Einlagerungsweg bedarfsgerechte Zahl an Helfern seitens des Käufers zur Seite gestellt werden wird.
Schon beim Pressen der HD-Kleinballen (HDK), dass etwa die dreifache Gesamtzeit benötigt, ergeben sich viel höhere Presskosten (alt: 176,49 (HDK) statt 124,64 €/ha (RB); neu: 194,11 statt 144,14 €/ha). Da hilft es wenig, dass darin die Kosten des Aufladens gleich enthalten sind. Auch der Transport wird mit bisher 116,30 statt 42,76 €/ha (neu: 130,64 (HDK) statt 48,32 €/ha (RB)) etwa 170% teurer. Welche Vorteile sinnvolle Mechanisierung bietet, ist eindrucksvoll beim Einlagern erkennbar. Muskelkraft statt Technik verteuert das Abladen und Einlagern um mehr als das Doppelte auf bisher 73,86 €/ha (jetzt: 80,05 €/ha), weil mindestens drei Personen beteiligt sind.
Somit verteuerte sich das Heu allein durch das andere Ballenformat bisher um 507,45 €/ha auf 1.906,45 €/ha bzw. 21,66 €/dt und aktuell um 650,28 €/ha auf 2.705,02 €/ha bzw. 30,74 €/dt.
Lagern? Ja, gern, aber nicht zum Nulltarif
Wer gutes Heu verkaufen will, muss dafür in einen wettersicheren Unterstand, besser in eine Leichtbauhalle investieren. Feldrandmieten funktionieren bei Silage/Heulage in Folienballen und vielleicht bei Stroh unter Planen oder Vlies, nicht aber für hochwertiges Heu.
Die Übersicht 4 zeigt im oberen Bereich beispielhaft die Größendaten einer „einfachen“ Halle sowie die Angaben zum Investitionsbedarf für einzelne Bereiche, der sich in der Summe auf 335.731 € (ohne Agrarinvestitions-Förderung) beläuft. Werden eine wirtschaftliche Nutzung von 50 Jahren sowie 1,2% Unterhaltungsaufwand und eine Annuitätenfinanzierung zu früher 1,6%, jetzt 4,45% (+178%) angenommen, so betragen die jährlichen Gesamtkosten nun 20.384 €/Jahr. Sofern die Halle jedes Jahr an der Kapazitätsgrenze genutzt wird, können 4.277 dt Heu (80% Volumenausnutzung) oder entsprechende Mengen anderer Produkte darin gelagert werden. Die Kostenbelastung eines Neubaus durch Abschreibung, Unterhaltung und (durchschnittlichen) Zinsaufwand beträgt 4,77 €/dt Heu. Bei einer bestehenden Halle sind diese Kosten eventuell nur halb so hoch, wenn diese mit geringen Baukosten errichtet und vor allem mit dem bis vor einem Jahr deutlich günstigeren Zinsniveau finanziert wurde.
Neben den Gebäudekosten sind aber auch noch die Kosten für Verluste und die längere Bindung des Umlaufkapitals in die Kalkulation einzubeziehen. Bei beiden Positionen spielt die Lagerungsdauer eine ganz entscheidende Rolle. Werden 1% Verlust pro Monat Lagerungsdauer angenommen, summierte sich das für 4 Monate bisher auf 0,65 (jetzt: 0,96) €/dt Heu, bei 10 Monaten mussten von der noch verkaufbaren Ware (= 90% der Erntemenge) 1,74 (neu: 2,56) €/dt Heu getragen werden.
Bei Annahme eines durchschnittlichen Zinssatzes von 6% (früher 4%) für die längere Finanzierung der Umlaufmittel ergaben sich bisher 0,16 (neu: 0,24) €/dt (4 Monate Lagerung) und 0,43 (neu: 0,64) €/dt (10 Monate). Die Beträge steigen progressiv, weil mit fortschreitender Lagerungsdauer die proportional steigenden Zwischenfinanzierungszinsen von immer weniger verbleibender Ware getragen werden müssen.
So entstanden Lagerkostenaufschläge von 3,74 bis 5,09 €/dt (neu: 4,12 bis 6,13 €/dt), bis hier ohne Risikozuschlag kalkuliert. Wie dies sich auf den Heupreis mit Risikoprämie auswírkt, ist im mittleren Bereich der Übersicht 3 ablesbar.
Der erneute Transport kann richtig ins Geld gehen
Das nochmalige „Anfassen“ der Ballen bei der Auslieferung nach einer Lagerung verursacht bei Rundballen noch vergleichsweise moderate zusätzliche Kosten von bisher 0,98, jetzt aber 1,12 €/dt, wenn diese erneut aufgeladen, dann über 5 km zum Käufer transportiert und dort wieder abgeladen werden sollen (Übersicht 3, unten).
Müssen die HD-Kleinballen wieder aufgeladen werden, heißt es erst einmal, „freiwillige“ Helfer zu akquirieren. Hier ist oft erstaunlich, wie viel Andere plötzlich noch zu tun haben, bevor sie sich der Handarbeit widmen können. Wer die Kleinballen mit eigenem Personal auflädt, dabei etwas packt und dadurch 50% mehr Ballen pro Fahrt mitnehmen kann, dann die 5 km fährt und beim Abladen ausreichend Helfer zur Seite gestellt bekommt, sollte die Kosten dafür mit bisher 4,72 und jetzt 5,20 €/dt kalkulieren.
Da diese Werte ebenfalls reine Kostenergebnisse ohne jeden Risikozuschlag darstellen, würden sie sich aktuell durch 25% Risikoaufschlag nochmal um 0,20 €/dt ((0,13+0,55+0,10)*25%) bei Rundballen und 1,30 €/dt bei HD-Kleinballen erhöhen.
Fazit
Der rein kostendeckende Heupreis begann bis 2021 bei 12,72 €/dt (Rundballen direkt ausgeliefert) und sollte aktuell 18,68 €/dt betragen. Mit Risikoprämie sollten es aber bisher eher 15,90 €/dt und neu 23,35 €/dt sein. Etwa 3 €/dt lassen sich sparen, wenn der Käufer das Heu selber presst und abfährt. Gelagertes Heu hätte 2021 noch um 22 €/dt gekostet, aktuell sind es eher um 30 €/dt.
Heu in HD-Kleinballen durfte ohne Risikoprämie nicht unter 18 €/dt (21,66-3,70) abgegeben werden. Jetzt sind dafür 25,53 €/dt nötig (30,74 €/dt mit Risikoprämie).
Werden aber HD-Kleinballen „on time gebracht“, also mit Lagerung bis zum Verbrauchszeitpunkt und anschließender Anlieferung, gewünscht und „blockieren“ diese dann eine Halle für etwa 7 Monate, sind zur Kostendeckung 47,52 €/dt erforderlich (23,35 €/dt Grundpreis + 7,39 €/dt Kleinballenzuschlag + 6,37 €/dt Lagerzuschlag (7 Mon.) + 5,21 €/dt Risikoprämie) + 5,20 €/dt Lieferzuschlag). Wer dann Heu für weniger Geld abgibt, muss sich darüber klar sein, dass er Kosten-, Prämien- und Förderungsvorteile durchreicht oder auf Risikozuschläge oder Lohn verzichtet. Kommt Ihnen bekannt vor? Eigentlich wollten Sie davon doch schon länger endlich weg, oder?
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