Naturverjüngung: Segen oder Fluch?
Die natürliche Verjüngung von Waldbeständen ist immer ein Grund zur Freude. Sie spart Kosten und minimiert so manches Kulturrisiko. Doch bleibt der Aufwuchs sich selbst überlassen, sind die Vorteile schnell dahin, wie Bezirksförster Dieter Scholz in der Land & Forst 29/18 berichtete.
Viele Startprobleme lösen Naturverjüngungen von ganz allein: Teure Pflanzen aus der Baumschule können gespart werden, Anwuchsprobleme, Wurzelentwicklung und Frostschäden sind kein Thema. Aber ist diese günstige Form der Bestandesverjüngung tatsächlich immer ein Segen? Wie so oft, gibt es auch auf diese Frage keine einfache und allgemeingültige Antwort, denn darüber entscheidet sowohl die jeweilige Ausgangslage, als auch die weitere Vorgehensweise der Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen.
Schwierige Ausganslagen
Stammzahlreich In einem lockeren Fichtenaltholz läuft eine Naturverjüngung sehr oft so stammzahlreich auf, dass die kleinen Sämlinge wie „Haare auf dem Hund“ (Bürstenverjüngung) anwachsen. Das ist grundsätzlich ja zunächst nicht verkehrt. Nur: in manchen Beständen findet keine natürliche Selbstdifferenzierung statt. Die „Bürstenverjüngung“ lässt den Bestand dann instabil werden und führt zu Zuwachseinbußen. Der Bestand ist schneebruchgefährdet, wächst sehr eng mit geringen Kronenanteilen auf und erhält schlechte h/d-Verhältnisse (Baumhöhe zu Brusthöhendurchmesser; siehe Info-Kasten).
Greift man hier erst spät ein, sind die Pflegekosten deutlich höher, vernichten mitunter den Kostenvorteil der billigen natürlichen Verjüngung und führen zu Einbußen bei Wertleistung und Bestandesstabilität.
In stammzahlreichen Beständen, die sich nicht von allein frühzeitig differenzieren, sollte also früh eingegriffen werden. Früh heißt: bei überschaubaren Höhen von bis zu zwei Metern. In diesem Stadium lassen sich z.B. mittels Freischneider die Stammzahlen so reduzieren, als ob gepflanzt worden wäre. Diese Vereinzelungsarbeiten können Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen häufig selbst manuell erledigen, ohne auf Fremdfirmen zugreifen zu müssen.
h/d-Verhältnis Diese Zahl drückt das Verhältnis von Baumhöhe (h) zu Durchmesser Dazu zwei Beispiele: a) Baumhöhe: 20 m; BHD: 35 cm; h/d = 57; der Baum ist stabil. b) Baumhöhe: 20 m; BHD: nur 20 cm; h/d = 100; dieser Baum gilt als labil. |
Unerwünscht Ein anderer Nachteil einer natürlichen Verjüngung kann sein, dass die sich verjüngende Baumart nicht zum Standort passt und eine andere Baumart eigentlich wünschenswerter wäre, die aber aufgrund mangelnder Saatbäume eben nicht vorhanden ist (Stichwort Klimawandel).
Minderwertig Zudem kann die Qualität der Samenbäume schlecht sein: negative Merkmale wie Drehwuchs oder Zwiesel entstehen nämlich nicht nur zufällig, sondern werden vererbt.
Dürftig Manchmal kann es passieren, dass die natürliche Verjüngung sehr spärlich aufwächst. Vergeht dann zu viel Zeit mit dem Warten auf weitere Verjüngung, die schließlich doch ausbleibt, können sich zwei deutliche Nachteile für den Bestand ergeben: zum einen ist dann die Chance vertan, eine zu dem Standort passende Mischbaumart in Fehlstellen oder Lücken einzubringen; zum anderen ist die Qualität des aufwachsenden Bestandes dann deutlich schlechter. Den jungen Bäumchen fehlt die Konkurrenz; sie werden astiger und der Bestand bringt nicht ausreichend viele Zukunftsbaum (Z-Baum)-Kandidaten hervor.
Zu früh Auch kann es zu einem Problem werden, wenn die Naturverjüngung viel zu früh kommt, also der Altbestand noch lange nicht sein Wertoptimum erreicht hat. Aus manchmal übertriebener Angst vor Schäden an der Verjüngung wird der Altbestand zu früh genutzt. Andererseits ist eine Altholznutzung in fest etablierten Verjüngungen, die bereits mehrere Meter hoch gewachsen sind, deutlich aufwändiger und muss gut geplant werden. Dabei spielen Kriterien wie die Lage der nächsten Rückegasse, die Fällrichtung und die Art des Maschineneinsatzes bei Ernte und Rückung eine Rolle. Auch kann eine gewisse Hiebsschadensbeseitigung an der Verjüngung nötig sein.
Das bleibt festzuhalten:
- Eine Naturverjüngung ist in vielerlei Hinsicht wünschenswert.
- Doch nicht in allen Fällen ist sie die allerbeste Lösung.
- Der Spruch „Das wächst schon!“ wird sich sicherlich erfüllen, die Frage ist aber, wie. Hier kommt es darauf an, die Entwicklung der Verjüngung zu beobachten und sie durch rechtzeitige Eingriffe zu lenken.
Der Natur auf die Sprünge geholfen
Keine unterschnittenen Wurzeln, kein Pflanzschock und auch keine fehlerhafte Pflanzung – die Vorteile von Naturverjüngung sind so vielfältig wie idealerweise auch ihre Baumartenzusammensetzung. Ganz nebenbei können Waldbesitzer …
Mehr lesen...Wiederaufforstung mit Laubholz nach Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer
Viele Freiflächen sind in den vergangenen Jahren durch Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer entstanden. Vielfach haben sich Waldbesitzer in Zusammenarbeit mit dem betreuenden Forstpersonal entschieden, ehemalige Fichtenbestände …
Mehr lesen...Einzelschutz aus natürlichem Material
Mit dem Erfordernis, junge Forstkulturen vor Wildschäden zu schützen, wächst auch das Müllproblem im Wald, denn noch sind beim Einzelschutz Wuchshüllen aus Plastik die Regel. Doch es geht auch anders. Ein Erfahrungsbericht …
Mehr lesen...Vor dem Pflanzen Baumbeete schaffen
Viele Forstflächen stehen nach Windwürfen und flächigem Absterben durch Borkenkäferbefall oder Pilzerkrankungen im Lauf der nächsten Jahre zur Neukultur an. Aber wie kann in diese „Wüsten“ gepflanzt werden? …
Mehr lesen...Erstaufgeforstet – und was nun?
Die Einführung der Erstaufforstungsprämie in den 90er Jahren zeigte Wirkung: Zahlreiche, bis dahin landwirtschaftlich genutzte Flächen wurden umgewandelt. Zwei Jahrzehnte später ist in den jungen Beständen einiges zu tun &…
Mehr lesen...Waldexkursion des Forstausschusses
Die geeignete Baumartenwahl auf kleinräumlichen Waldstandorten und deren Förderung ist ziemlich komplex. Der Forstausschuss machte sich darüber ein Bild im Waldgebiet der Waldschutzgenossenschaft Schledehausen, berichtet…
Mehr lesen...Weitere Arbeitsgebiete
Beratungsangebote & Leistungen
Beratung und Fortbildung für Waldbesitzer/innen
Als Waldeigentümer oder Waldinteressierter überlegen Sie den Einstieg in die Waldbewirtschaftung oder möchten Ihr forstliches Wissen verbessern bzw. auffrischen. Sie benötigen fachgerechte Informationen zur richtigen …
Mehr lesen...Drittmittelprojekte
5G Smart Country
Ausgangslage Weltbevölkerungswachstum, Ressourcenverknappung und schwieriger werdende klimatische Bedingungen machen es erforderlich, noch mehr Nahrung zu produzieren. Laut Prognosen muss die landwirtschaftliche Erzeugung mind. um 50% erhö…
Mehr lesen...CO-2-OPT
Ausgangslage Das Projekt CO-2-OPT widmet sich dem Klimaschutzbeitrag der Waldbewirtschaftung und Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Holz. Am Beispiel des Landkreises Harburg wurde untersucht, wie sich Klimaschutz vor Ort im Spannungsfeld …
Mehr lesen...GeProOpt_Holz
Ausgangslage Trotz der Rationalisierungs- und Mechanisierungsbemühungen, die in den letzten Jahren unternommen wurden, um die Nachhaltigkeit der Waldwirtschaft zu erhalten, sind die Kosten der Holzversorgung weiter gestiegen und die …
Mehr lesen...greenGain
Ausgangslage Das Projekt greenGain hat sich zum Ziel gesetzt die energetische Verwertung regionaler und lokaler Biomasse aus Landschaftspflegemaßnahmen in ganz Europa zu stärken. Das EU Programm Horizont 2020 hat die vollstä…
Mehr lesen...KliWa4NiSa
Ausgangslage Die Wälder leiden stark unter den Witterungsextremen, die der Klimawandel mit sich bringt. Insgesamt 59 % der Waldfläche Niedersachsens befinden sich im privaten Besitz. Davon zählt ein Großteil (45 %) des Besitzes …
Mehr lesen...Prima
Ausgangslage Das Risikomanagement identifiziert die Ziele, die ein Betrieb erreichen möchte und von welchen Faktoren sie beeinflusst werden. Welche Baumarten Waldbesitzer angesichts des Klimawandels pflanzen sollten, wie sicher Wälder …
Mehr lesen...