Landessortenversuche Speisekartoffel 2023 - Bei Pflanzgut schnell entscheiden
Das Jahr 2023 war anfangs geprägt durch starke Trockenheit, und ab Mitte Juli schlug das Wetter ins andere Extrem um, Regen ohne Ende bis Anfang September. Aufgrund dieser Umstände gab es viele Probleme mit Kraut- und Knollenfäule, Schwarzbeinigkeit, und später am Erntegut Fäulnis durch Erwinia. Einige Kartoffelflächen waren so feucht, dass die Kartoffeln nicht geerntet wurden und jetzt immer noch im Boden sind. Außerdem gibt es relativ hohe Aberkennungen beim Pflanzgut. Das führt dazu, dass Pflanzgut für dieses Jahr knapp wird und einige Sorten nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehen.
Allgemeine Versuchsdaten
Seit über 20 Jahren führen wir an der Bezirksstelle Uelzen, der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Landessortenversuche durch. Ein Versuch für die frühen und einen für die mittelfrühen Sorten. Diese werden an zwei Standorten in den Landkreisen Celle und Uelzen angebaut. Vorteil: Die Erkenntnisse und Aussagen beruhen also nicht nur auf einem Standort. Darüber hinaus ist das Sortiment mit mehreren anderen Bundesländern abgestimmt. In diesem Artikel gehen wir nur auf die Versuche in Celle und Uelzen ein. Die Prüfungen fanden auf typischen Heidestandorten mit ca. 30 Bodenpunkten statt. Beide Standorte wurden anfangs beregnet.
Grundsätzlich ist die Sortenwahl so aufgebaut, dass sich die neuen Sorten mit drei guten etablierten Sorten, unterschiedlicher Kochtypen, messen müssen. Das sind zum Beispiel im frühen Sortiment Sunita, Belana und Wega. Diese Sorten stellen auch die Bezugsbasis für die Berechnung der Erträge und Sortierungen, in relativ Zahlen, dar. Wir prüfen jede Sorte drei Jahre. Deshalb gibt es in den Tabellen nicht von jeder Sorte zweijährige Ergebnisse, weil entweder die Prüfung 2022 abgeschlossen oder eine Sorte erst 2023 neu aufgenommen wurde. 2023 standen in beiden Sortimenten jeweils vierzehn Sorten. Neu aufgenommen wurde bei den frühen Sorten Adorata und Fabricia. In der Reifegruppe 3 gingen erstmals die Sorten Belami, Gerona, Luna Rossa (rotschalig), Sandra (rotschalig) und Taormina an den Start. Von den 34 in 2022 und 2023 geprüften Sorten waren 12 festkochend, 20 vorwiegend festkochend und 2 mehlig kochend. Die Stickstoffdüngung wurde mit 150 kg/ha - Nmin durchgeführt. Bei Kali, Phosphor und Magnesium wurde nach der Bodenuntersuchung und den Empfehlungen der Landwirtschaftskammer gedüngt.
Die Kartoffeln wurden je nach Standort am 18. oder 25. April gepflanzt. Die Herbizid-Behandlung erfolgte mit einer metribuzinfreien Tankmischung, damit metribuzinunverträgliche Sorten nicht unter der Herbizidmaßnahme leiden. Die Fungizidmaßnahmen gegen Krautfäule und Alternaria sowie Insektizidmaßnahmen gegen Kartoffelkäfer und Läuse wurden so durchgeführt, dass die Bestände gesund blieben. So werden die eigentlichen Versuchsfragen nicht durch einen pilzlichen oder tierischen Schaderreger überlagert. Eine reifegruppenspezifische, praxisnahe Krautregulierung Anfang bis Mitte August war die Grundlage für die Ernte schalenfester Ware.
In den Versuchen fanden eine Vielzahl von Bonituren statt. Im Bestand wurden der Aufgang, die Fehlstellen, sowie die Krankheiten Rhizoctonia, Schwarzbeinigkeit und Krautfäule festgehalten. Sofort nach der Ernte ermittelten wir den Ertrag, die Sortierung, den Stärkegehalt und hohle Knollen an Übergrößen. Später bonitierten wir am Erntegut Fäulen, Schorf, Rhizoctonia, Eisenfleckigkeit, Wachstumsrisse und ergrünte Knollen. Ein Kochtest Anfang November gab Aufschluss über Kochtyp, Fleischfarbe und insbesondere Geschmack der einzelnen Sorten. In diesem Artikel stehen die wichtigsten praxisrelevanten Parameter im Vordergrund.
Erträge, Sortierung und Stärkegehalte
Die Erträge (dt/ha) lagen 2023 aufgrund der guten Wasserversorgung deutlich über denen von 2022. An den relativen Erträgen ist aber gut zu erkennen, dass die meisten Sorten eine genetische Veranlagung zu hohen oder niedrigen Erträgen haben. Überdurchschnittliche Erträge (Tabelle 1 + 2) erzielten in beiden Jahren in der frühen Reifegruppe die Sorten Axenia, Chateau, Florentina, Petra, Vindika, Wega und 4 You. In der Reifegruppe 3 hatten Columbia, Merle und Regina die Nase vorn. Von den erstmals geprüften Sorten zeigten Adorata, Fabricia, Sandra und Taormina überdurchschnittliche Erträge. Nach der Ertragsfeststellung wurden die Kartoffeln sortiert. Ein erhöhter Anteil (mehr als 5%) an Drillingen (kleine Knollen) gab es im Jahr 2023 nur bei der Sorte Gerona. Diese Eigenschaft muss aber nicht unbedingt von Nachteil sein, für bestimmte Verwertungsrichtungen ist sie sogar ein erklärtes Zuchtziel. Genauso wie ein hoher Anteil an Übergrößen je nach Vermarkter als Vor- oder Nachteil angesehen werden kann. Extrem viele Übergrößen (über 30%) hatten Adorata, Axenia, Petra, Sunita, Columbia, Polly, Sandra und Taormina. Wenn Übergrößen nicht explizit erwünscht sind, wäre die Konsequenz für die Praxis eine geringere Stickstoffdüngung, ein engerer Pflanzabstand und/oder ein früherer Krautregulierungstermin. Hervorzuheben ist die Sorte Vindika, die trotz ihrer hohen Erträge relativ wenig Untergrößen und Übergrößen hatte und somit viel vermarktungsfähige Speiseware. Tabelle 3 zeigt die Stärkegehalte der Sorten. Das Jahr 2022 zeichnete sich durch sehr hohe Stärkegehalte aus, im Jahr 2023 waren diese wieder auf einem normalen Niveau.
Anbaueigenschaften
Einige Eigenschaften sind in Tabelle 4 dargestellt. Für die Vermarktung können die äußeren und inneren Mängel entscheidend sein. Zu den wichtigsten äußeren Mängeln zählen der gewöhnliche Schorf und Rhizoctonia Pocken auf der Schale. Bei den inneren Mängeln können Eisenflecken ein entscheidender Aspekt für eine erfolgreiche Vermarktung sein. Da in den Jahren 2022/23 kaum Eisenflecken in den Kartoffeln unserer Versuchsstandorte zu finden waren, muss auf die Darstellung dieser Eigenschaft in Tabelle 4 verzichtet werden.
Beim gewöhnlichen Schorf waren in den letzten Versuchsjahren starke Sortenunterschiede zu bonitieren. Diese Ergebnisse sind in Tabelle 4 eingegangen. Insbesondere die Sorten Axenia, Chateau, Fabricia, Florentina, Franca, Marion, Emiliana, Polly, Regina und Santera waren reich an Schorf. Deshalb sollten diese Sorten nur auf Standorten angebaut werden, die intensiv beregnet werden können und einen nicht zu hohen pH-Wert aufweisen. Sehr geringen Schorfbesatz zeigten die Sorten Alouette, Belana, Lea, Liora, Camelia, Jule, Lilly, Merle und Sandra. Auch bei Sorten, die stabil gegen Schorf in den Versuchen waren, sollte nicht zu spät (Stolonenverdickung) beregnet werden. Frühes Beregnen unter trockenen Bodenverhältnissen kann für eine Minimierung von Schorf mit entscheidend sein.
Rhizoctonia trat in den letzten Versuchsjahren immer wieder auf, trotz einer Flüssigbeizung mit Moncut. Die Ergebnisse finden sich in Tabelle 4 wieder.
Nematodenresistenz gegenüber G. Pallida
Für den Landwirt ist es wichtig zu wissen, ob er Nematoden auf seinen Flächen hat und wenn ja, welche Art und Menge. Danach kann er planen, welche Sorte auf welchem Standort passt. Sollten weiße Nematoden (Pallida 2, 3) auf der Fläche sein, eignet sich die vorwiegend festkochende Sorte 4You (Pa 2, 3) und die festkochende Sorte Vindika (Pa 2, 3). Diese Sorten sind auch zur Nutzung im Rahmen von Bekämpfungsprogrammen in Deutschland geeignet.
Speiseeigenschaften
Beim Testessen bestätigte sich meistens die bekannte Sorteneinstufung der Kochtypen festkochend, vorwiegend festkochend und mehlig kochend. Die Fleischfarbe “tiefgelb” gekochter Kartoffeln (Tabelle 4) zeigte sich bei den Sorten Belana, Wega, Emiliana, Mary Ann, Merle, Regina und Santera am intensivsten. Wofür ist die Fleischfarbe wichtig? Die Antwort ist einfach: Das Auge isst mit, und tiefgelb ist einfach schöner als hellgelb.
Bei der Prüfung auf den Geschmack wird nicht in “gut” und “schlecht” schmeckende Sorten unterschieden. Vielmehr werden bestimmte definierte “Mängel im Geschmack” (z.B. bitter, fade) festgestellt. Besonders geringe Mängel und somit auch sehr gut schmeckend waren die Sorten Belana, Chateau, Lea, Marion, Vindika, Wega, Emiliana, Jule, Merle, Regina und Santera.
Empfehlenswerte Sorten und deren Eigenschaften aus dem geprüften Sortiment
Aus diesen vielen Daten die passenden Sorten für den Betrieb zu finden, ist nicht einfach. Tabelle 6 zeigt eine kurze Übersicht der empfehlenswerten Sorten aus dem in 2022 und 2023 geprüften Sortiment und deren wichtigsten Sorteneigenschaften. Das Parameter Speisequalität wurde ermittelt aus der Fleischfarbe und dem Geschmack gekochter Knollen. Um in die Empfehlung zu kommen, sollten mindestens zwei Versuchsjahre, besser drei Jahre, vorliegen. Deshalb sind die neu geprüften Sorten auch noch nicht in dieser Tabelle aufgeführt. In der gesamten Sortenempfehlung für 2023 befinden sich noch wesentlich mehr Sorten. Darauf gehen wir an dieser Stelle nicht weiter ein, weil die Sorten 2022 und 2023 nicht mehr im Sortiment standen. Neu in der Tabelle ist das Parameter “Festigkeit gegen grüne Knollen“. Mit dieser Eigenschaft soll ein Hinweis auf die Pflanztiefe gegeben werden. Sorten die zu grünen Knollen neigen, sollten etwas mehr Erdbedeckung bekommen.
Fazit:
- Jede Sorte hat bei bestimmen Parametern Vorteile, aber auch Nachteile. Das Paket der Eigenschaften führt zur richtigen Sorte.
- Die Vermarktungsfähigkeit kann die Auswahl einschränken. Noch unbekannte Sorten sind nicht so einfach zu vermarkten wie bekannte Sorten. Der Anbau sollte mit der aufnehmenden Hand abgesprochen werden.
- Auf die Nematoden Resistenz sollte geachtet werden, Wünschenswert ist eine Nematoden Untersuchung vor dem Anbau von Kartoffeln.
- Nicht jede gewünschte Sorte wird für 2024 zur Verfügung stehen, insbesondere virusanfällige Sorten sind knapp oder gar nicht verfügbar.
Kontakte
Jürgen Pickny
Berater Kartoffelspezialberatung
Thomas Stelter
Berater Kartoffelspezialberatung
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