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Kirschlorbeer: Umstrittene Pflanze bei Insekten durchaus beliebt

Webcode: 01042897
Stand: 08.04.2024

Landwirtschaftskammer Niedersachsen klärt über Heckenpflanze auf und nennt Alternativen für den heimischen Garten

Blühender Kirschlorbeer: Als nichtheimische Art, die sich ungewollt vermehren kann, ist die Pflanze derzeit in der Kritik. Dieser Vorwurf wird ihren Eigenschaften aber nicht ganz gerecht. Auch andere Heckenpflanzen haben Vor- und Nachteile.
Blühender Kirschlorbeer: Als nichtheimische Art, die sich ungewollt vermehren kann, ist die Pflanze derzeit in der Kritik. Dieser Vorwurf wird ihren Eigenschaften aber nicht ganz gerecht. Auch andere Heckenpflanzen haben Vor- und Nachteile.Wolfgang Ehrecke
Oldenburg – In Gärten besser auf Kirschlorbeer verzichten: Diese Empfehlung ist derzeit häufig zu lesen und zu hören. Die lange Zeit als immergrüne Hecke beliebte Pflanze (Sorten von Prunus laurocerasus) wird vielfach als invasive Art mit mangelhaftem ökologischem Wert beschrieben. Die Schweiz verbietet ab September die Anpflanzung. Wie also sollen sich Gartenbesitzerinnen und -besitzer verhalten? Die Gartenbau-Fachleute der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) liefern Fakten pro und contra Kirschlorbeer.

Reger Insektenbesuch

Dass Kirschlorbeer „ökologisch wertlos wie eine Betonmauer“ sei, ist eines der zugespitzten Argumente in der aktuellen Diskussion. „Doch wer Kirschlorbeerpflanzen genauer beobachtet, stellt einen regen Insektenbesuch fest“, berichtet Nadja Krause, im LWK-Geschäftsbereich Gartenbau Leiterin der Niedersächsischen Gartenakademie. „Denn an seinen Blättern befinden sich spezielle Nektardrüsen, so dass Kirschlorbeer auch ohne Blüten ein reiches Nahrungsangebot für manche Insekten bietet.“

Wie ist aber so ein Insektenbesuch zu bewerten oder der ökologische Wert einer Gartenpflanze zu bemessen? „Das ist sehr kompliziert, und es gibt kein einheitliches Maß dafür“, hebt Krause hervor. Während für Imker das Nektarangebot für ihre Bienen besonders wichtig ist, sind für viele Naturschützer die Honigbienen als „landwirtschaftliche Nutztiere“ uninteressant, sondern ausschließlich Wildbienen und andere wildlebende Insekten bedeutsam. Und nicht jede Blüte, die von Honigbienen besucht wird, hat auch für Wildinsekten eine Bedeutung.

Schnitt begrenzt unerwünschte Ausbreitung

Kirschlorbeer hat unbestritten die negative Eigenschaft, sich über Aussaat in der Natur vermehren zu können, hat also das Potential, invasiv zu sein. Daher ist seine Anpflanzung in der Schweiz ab 01.09.2024 auch verboten. Wird Kirschlorbeer allerdings beispielsweise in Hecken so stark geschnitten, dass er weder Blüten noch Früchte ansetzt, ist diese Eigenschaft zu vernachlässigen.

In der freien Landschaft wie in Wäldern findet man zwar immer wieder auch Kirschlorbeer. Schaut man sich die Stellen aber genau an, handelt es sich häufig um unzulässige Ablageorte für die Entsorgung von Grünschnitt aus Privatgärten, an denen abgeschnittene Pflanzenteile wieder angewurzelt sind. Dann war nicht die Verbreitung über Samen der Grund, sondern die Verantwortungslosigkeit einzelner Gartenbesitzer*innen.

Für Insekten interessantere Alternativen

Es gibt natürlich Pflanzen wie Schlehen, Kornelkirschen, Holunder oder Wildrosen, deren ökologischer Wert von den Biologen übereinstimmend als sehr hoch eingeschätzt wird und die interessanter für viele heimische Insekten sind als Kirschlorbeer. „Die Verallgemeinerung, dass die nichtheimischen, ,exotischenʻ Pflanzen wie Kirschlorbeer grundsätzlich wertlos und die einheimischen Pflanzen alle wertvoll sind, ist allerdings unwissenschaftlich und falsch“, sagt Gartenakademie-Leiterin Krause. „Denn keine Pflanze ist ökologisch wertlos.“ Daher seien Kirschlorbeerpflanzen nicht mit einer Betonmauer zu vergleichen, die für die Tierwelt nichts bieten könne.

Wird Kirschlorbeer - hier die Sorte Etna -  beispielsweise als Hecke so stark geschnitten, dass er weder Blüten noch Früchte ansetzt, ist seine Eigenschaft, sich ungewollt zu vermehren, zu vernachlässigen.
Wird Kirschlorbeer - hier die Sorte Etna - beispielsweise als Hecke so stark geschnitten, dass er weder Blüten noch Früchte ansetzt, ist seine Eigenschaft, sich ungewollt zu vermehren, zu vernachlässigen.Anke Müller

Pflanzen bieten im Gegensatz zu Mauern aus Beton, Zäunen oder Steingabionen (mit Basalt, Granit oder anderem Gestein gefüllte Drahtkörbe) ausnahmslos in irgendeiner Weise Vögeln Nistgelegenheiten, Insekten und Mikroorganismen Nahrung, binden zumindest für ihre Lebensdauer CO2, filtern Feinstaub aus der Luft und kühlen durch ihre Belaubung an heißen Tagen die Luft. Auch Kirschlorbeer. Kirschlorbeer als Heckenpflanze zu verwenden, ist also kein „Vergehen“ an der Natur, sondern eher eine Frage der persönlichen Einschätzungen und Vorlieben.

Alternativen mit Vor- und Nachteilen

Welche Alternativen zu Kirschlorbeer gibt es als Heckenpflanze? Da sind zum einen als immergrüne Sträucher die Rotlaubige Glanzmispel (Photinia) oder die Portugiesische Lorbeerkirsche (Prunus lusitanica). Beide ähneln Kirschlorbeer äußerlich und sind vermutlich aus ökologischer Sicht nicht unbedingt höher zu bewerten, bilden also in dieser Hinsicht keine echte Alternative.

Weitere immergrüne Sträucher, die sich als Heckenpflanzen sehr gut eignen, sind Sorten der Stechpalme (Ilex x meserveae) oder die Frühlingsduftblüte (Osmanthus burkwoodii). Buchsbaum (Buxus) ist zwar von seinem Wachstum her ebenfalls gut geeignet, leidet aber seit einigen Jahren so stark unter pilzlichem Blattfall und unter den Raupen des Buchsbaumzünslers, dass die meisten Gartenbesitzer*innen sich scheuen, ihn zu pflanzen.

Klassiker im Trockenstress

Eine bewährte immergrüne Heckenpflanze, die besonders schnittverträglich ist und sehr dicht wird, ist die Eibe (Taxus). Sie wächst allerdings relativ langsam, und die Ausgangspflanzen sind vergleichsweise teuer. Andere Koniferen wie Lebensbaum (Thuja) oder Scheinzypressen (Chamaecyparis) werden ebenfalls blickdicht und sind einigermaßen schnittverträglich, litten aber in den zurückliegenden Jahren immer stärker unter Trockenheit (Thuja) oder Staunässe (Chamaecyparis), so dass sie nicht immer empfehlenswert sind.

Hainbuche und Weißdorn

Als Laubgehölze bieten sich die Hainbuche (Carpinus) oder die Rotbuche (Fagus) an. Auch diese beiden sind bewährte Heckenpflanzen, die schnittverträglich sind. Allerdings verlieren sie im Winter ihr Laub und sind dann nicht mehr blickdicht. Eine heimische, ökologisch besonders wertvolle Pflanze ist der Weißdorn (Crataegus monogyna). Wer Weißdornhecken kennt, weiß allerdings, dass sie im städtischen Raum sehr empfindlich gegen Blattfallkrankheiten, Gespinstmotten und andere Organismen sind, so dass sie oft schon im Sommer ihr Laub abwerfen, kränkeln und keinen Blickschutz mehr bieten. Und der Schnitt einer solchen dornigen Hecke ist auch nicht jedermanns Sache.

Andere laubabwerfende Heckenpflanzen, die zwar ebenfalls dornig, aber deutlich robuster sind, sind zum Beispiel Berberitzen (Berberis) oder Pflaumenblättriger Weißdorn (Crataegus prunifolia). Außerdem sind der Wintergrüne Liguster (Ligustrum vulgare 'Atrovirens') oder Sorten der Blasenspiere (Physocarpus opulifolius) empfehlenswert.

Die allseits perfekte Pflanze gibt es nicht

„Jede Alternative zu Kirschlorbeer hat also ihre besonderen Vor- und Nachteile, und man sollte sich darüber im Klaren sein, dass keine Pflanze alle Ansprüche von uns Menschen erfüllen kann“, fasst Krause zusammen. „Es gibt keine immergrüne, pflegeleichte, für Insekten und Vögel gleichermaßen wertvolle, schnellwachsende und zugleich kostengünstige Heckenpflanze, die in große wie auch kleine Gärten passt.“

Bei der Auswahl der Heckenpflanze sollte man sich daher von Fachleuten beraten lassen, zum Beispiel erfahrenem Personal in Gartenbaumschulen oder von den Kolleginnen der Niedersächsischen Gartenakademie. Die Fachfrauen der LWK-Gartenakademie sind immer montags von 9 bis 12 Uhr am kostenlosen Gartentelefon unter 04403 9838-11 oder per Mail an gartenakademie@lwk-niedersachsen.de erreichbar.


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