Teilzeitarbeitskräfte im landwirtschaftlichen Betrieb
Durch das Wachsen der landwirtschaftlichen Familienbetriebe entsteht ein erhöhter Arbeitskräftebedarf. Da für viele Familienbetriebe der Wachstumsschritt für eine Vollzeitarbeitskraft nicht groß genug ist, muss die Arbeitserledigung über Teilzeitkräfte erfolgen. Teilzeitkräfte erhalten entsprechend auch ein geringes Einkommen, was für den Lebensunterhalt einer Familie nicht ausreicht. Eine Lösung wäre der überbetriebliche Einsatz der Mitarbeitenden.
Die Ausdehnung der Produktionskapazitäten führt viele Familienbetriebe arbeitswirtschaftlich an ihre Leistungsgrenzen. Dabei ist die optimale Produktionstechnik sowie das Auslagern von Arbeiten an Lohnunternehmen usw. bereits ausgeschöpft. Der Wachstumsschritt für die Beschäftigung einer Vollzeitarbeitskraft ist aber nicht groß genug, um eine entsprechende qualifizierte Arbeitskraft finanzieren zu können, die Kosten zwischen 40.000 und 50.000 Euro verursacht. Hinzu kommt eine langfristige Liquiditätsplanung mit finanziellen Rücklagen, damit eine Arbeitskraft auch für einen längeren Zeitraum bei niedrigen Erlösen entlohnt werden kann. Für Familienbetriebe, die diesen hohen Anforderungen nicht gerecht werden, bietet sich die Beschäftigung von Teilzeitkräften an. Ferner besteht die Möglichkeit, eine Arbeitskraft in zwei oder mehreren Betrieben zu beschäftigen.
Grundlage ist das Teilzeit – und Befristungsgesetz (TzBfG)
Rechtliche Grundlage für ein Teilzeitarbeitsverhältnis ist das Teilzeit – und Befristungsgesetz. Nach Maßgabe dieses Gesetzes hat der Arbeitgeber Arbeitnehmern, selbst in leitenden Positionen, auf Wunsch Teilzeitarbeit zu ermöglichen. Arbeitsstellen sollen grundsätzlich auch in Teilzeit ausgeschrieben werden , wenn der Arbeitsplatz dafür geeignet ist (§7 Abs. 1 TzBfG). Ein Anspruch des Arbeitnehmenden auf Verringerung der Arbeitszeit ergibt sich allerdings erst in Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten, Azubis werden hier nicht mitgezählt. Nach der gesetzlichen Definition des § 2 TzBfG sind diejenigen teilzeitbeschäftigt, deren regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Teilzeitbeschäftigt sind auch die Arbeitnehmer, die eine geringfügige Beschäftigung, s. g. Minijob gem. § 8 Abs. 1 IV Sozialgesetzbuch ausüben. Teilzeitbeschäftigte haben gem. § 2 Nachweisgesetz einen Anspruch auf eine arbeitsvertragliche Regelung. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages sollte eine eindeutige Regelung nicht nur hinsichtlich der wöchentlichen Gesamtdauer, sondern auch hinsichtlich der Lage und Verteilung der Arbeitszeit festgelegt werden. Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine 20 – Stunden – Woche, und zwar von Montag bis Donnerstag jeweils von 8 Uhr bis 13 Uhr kann keine der beiden Parteien die zeitliche Lage der so verteilten Arbeitszeit einseitig verändern. Möchte der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitszeit und der Arbeitnehmer stimmt dem nicht zu, hat der Arbeitgeber nur noch die Möglichkeit, dieses im Rahmen einer Änderungskündigung durchzusetzen. Ist der Arbeitgeber auf unterschiedliche, flexible Arbeitszeiten des Teilzeitbeschäftigten angewiesen, muss er sich dieses ausdrücklich im Arbeitsvertrag vorbehalten. Dieses gilt auch, wenn der Arbeitgeber über die vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus Mehrarbeit anordnen möchte.
Arbeit auf Abruf gem. TzBfG
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung entsprechend des Arbeitsanfalles zu erledigen hat (§ 12 TzBfG). Die Vereinbarung muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen. Treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Vereinbarung, gilt kraft Gesetzes eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche und mindestens drei aufeinander folgende Stunden pro Tag als vereinbart! Der Arbeitnehmer ist zur Arbeitsleistung auch nur dann verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt. Der Arbeitgeber ist hingegen verpflichtet, den Zeitrahmen, bestimmt durch Referenzstunden und Referenztage, festzulegen, in dem auf seine Aufforderung hin Arbeit stattfinden kann.
Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine wöchentliche Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 % der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist hingegen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit vereinbart worden, darf der Arbeitgeber nur bis 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen.
Keine arbeitsrechtlichen Nachteile
Für Teilzeitarbeitskräfte gelten im Grundsatz die gleichen arbeitsrechtlichen Regeln wie bei einer Vollzeitbeschäftigung. Ein Teilzeitarbeitnehmer ist zur Mehrarbeit über seine vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit nur dann verpflichtet, wenn der Arbeitsvertrag eine entsprechende Klausel enthält. Leistet der Beschäftigte Mehrarbeit, hat er erst dann Anspruch auf einen Zuschlag für Mehrarbeit, wenn er die gesetzliche oder im Betrieb übliche Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten überschreitet es sei denn, dass ein Zuschlag im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart worden ist. Teilzeitarbeitnehmer haben wie Vollzeitbeschäftigte Anspruch auf Urlaub. Der gesetzliche Urlaubsanspruch beträgt bei einer 5-Tage-Woche 20 Arbeitstage pro Jahr. Somit stehen ihm 4 Wochen Urlaub zu wie bei einer Vollbeschäftigung. Arbeitet jemand 3 Tage pro Woche, also 60% der Arbeitstage, stehen ihm 60% der Urlaubstage zu, mithin 12 von 20. Auch bei einer 3-Tage-Woche ergeben sich so 4 Wochen Urlaub pro Jahr wie bei einem Vollbeschäftigten. Ein Teilzeitarbeitsverhältnis kann durch Verlängerung der Arbeitszeit im Einvernehmen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in eine Vollbeschäftigung umgewandelt werden.
Zur Vollbeschäftigung kann aber auch ein Arbeitnehmer in zwei oder mehreren Betrieben beschäftigt werden.
Arbeitnehmerüberlassung
Ein Landwirt schließt mit einem Arbeitnehmer einen Vollzeitarbeitsvertrag ab. Da dieser Landwirt diesen Mitarbeiter nicht voll beschäftigen kann, leiht er ihn an einen anderen Landwirt aus und lässt sich die Kosten dafür erstatten. Der Arbeitnehmer hat damit rechtlich nur einen Arbeitgeber der alle Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag übernimmt. Damit ist der ausleihende Landwirt verantwortlich für die Meldung beim Finanzamt, für die Abführung der Sozialabgaben usw. und ist zu dem allein weisungsbefugt gegenüber dem Mitarbeiter. Eine derartige Konstellation ist nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) eine Arbeitnehmerüberlassung, auch wenn der Verleiher nicht in Gewinnabsicht handelt. Gemäß §1 Abs. 1 AÜG bedarf die Arbeitnehmerüberlassung der Erlaubnis bei der zuständigen Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit und muss in den ersten 3 Jahren jährlich neu beantragt werden. Dieses ist gebührenpflichtig.
Keiner Erlaubnis bedarf ein Arbeitgeber mit weniger als 50 Beschäftigten, der zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen, Arbeitnehmende bis zur Dauer von 12 Monaten an einen Dritten (Entleiher) überlässt, wenn er die Überlassung vorher schriftlich der Bundesagentur für Arbeit angezeigt hat (§1a AÜG). Die Anzeige muss vor der ersten Überlassung einer Leiharbeitnehmerin oder eines Leiharbeitnehmers bei der Agentur für Arbeit gestellt werden. Eine Überlassung der betreffenden Arbeitnehmer ins Baugewerbe ist nicht zulässig!
Im Rahmen der gegenseitigen Nachbarschaftshilfe können Arbeitskapazitäten ausgetauscht werden, wobei keine Arbeitnehmerüberlassung entsteht.
Einsatz über Selbsthilfeorganisationen
Ein selbständiger Landwirt kann seine freien Arbeitskapazitäten dem Maschinenring anbieten, der wiederum die angebotene Leistung an andere Landwirte vermittelt. Hierfür müssen jedoch die beteiligten Landwirte Mitglieder im Maschinenring sein. Die Abrechnung der Leistung erfolgt über den Maschinenring. Dabei ist zu beachten, dass sonstige Leistungen Umsatzsteuerpflichtig sind. Um zusätzliche Kosten zu vermeiden, sollten beide Betriebe jeweils einheitlich pauschalieren oder optieren.
Bietet der Landwirt als Unternehmer seine Arbeitskraft über Selbsthilfeorganisationen an, muss er besonders darauf achten, dass die Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit weiterhin überwiegen. Ansonsten besteht bei einer Prüfung ggf. die Gefahr, dass bei Einnahmen über 1250 Euro monatlich Sozialversicherungspflicht besteht. Dieser Betrag gilt als Richtmaß und ist betriebsindividuell unterschiedlich.
Eine Arbeitskraft in zwei Betrieben
Eine weitere Konstellation zur Auslastung der Arbeitskraft ist die Beschäftigung einer Arbeitskraft in zwei Betrieben mit zwei Teilzeitarbeitsverträgen. Wollen zwei Betriebe eine Mitarbeiter*in beschäftigen, ist es zunächst einmal zwingend erforderlich, dass beide Betriebe das Aufgabengebiet und den Arbeitsumfang für die Mitarbeiter*in genau analysieren. Die genaue Beschreibung der Tätigkeit und der Arbeitsumfang in Stunden müssen konkret feststehen. Dann ist zu klären, an welchen Tagen in welchen Betrieb die Arbeitskraft eingesetzt wird. Dieses kann auch über eine Jahresarbeitszeit, die anteilmäßig in gegenseitiger Absprache aufgeteilt wird geregelt werden. Von Vorteil ist immer, wenn feststehende Vereinbarungen getroffen werden. Es müssen bestimmte Voraussetzungen für die Zusammenarbeit der beiden Betriebe gegeben sein. Die Arbeitgeber müssen von der Betriebsorganisation und Persönlichkeit zusammenpassen. Es muss von beiden gewollt sein und beide müssen von der Konstellation überzeugt sein. Es müssen klare „Spielregeln" über Arbeitszeit, Lohn, Urlaub, Kündigung festgelegt werden. Ferner sind mögliche Konfliktsituationen z.B. bei Arbeitsspitzen, Krankheit, Überstunden usw. zu analysieren um vorab Lösungen zu erarbeiten womit Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in leben können. Es ist immer von Vorteil, wenn beide Arbeitgeber vorher schon zusammengearbeitet und diesbezüglich Erfahrungen gesammelt haben. Bei dieser Konstellation werden zwei separate Teilzeitarbeitsverträge abgeschlossen, wobei arbeitsrechtliche Belange einvernehmlich geregelt sind (Arbeitszeit, Lohn, Urlaub, Kündigung usw.) Steuerlich erfolgt die Zuordnung der Arbeitnehmenden mit zwei Jobs auch in zwei Steuerklassen. Das Finanzamt ordnet den ersten Job – je nach Familienstand – der Steuerklasse l bis V zu. Der zweite Job fällt dann in die Steuerklasse Vl, falls er die Minijobgrenze von 520 Euro / Monat überschreitet. Für Arbeitnehmer*innen, die gleichzeitig Lohn von mehreren Arbeitgebern erhalten besteht eine Veranlagungspflicht, sprich es muss eine jährliche Steuerklärung abgegeben werden. Da in Steuerklasse Vl keine steuerlichen Freibeträge in Abzug gebracht werden, wird es je nach Familienstand und sonstigen Einkünften in der Gesamtbetrachtung sicherlich zu Lohnsteuererstattungen kommen.
Kündigt ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis, dann hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Teilzeitarbeitslosengeld bis zu 6 Monaten. Voraussetzung ist, dass in der Teilzeitarbeitslosenrahmenfrist von 2 Jahren mindestens 12 Monate eine zusätzliche Tätigkeit ausgeübt wurde. Urlaub sollte in beiden Betrieben in Absprache immer gleichzeitig genommen werden.
Fazit
Für jeden Arbeitskräftebedarf in landw. Familienbetrieben gibt es Lösungen. Das Problem ist, dass nicht immer entsprechende Arbeitnehmende zur Verfügung stehen. Ferner bleibt anzumerken, dass die Löhne in der Landwirtschaft immer noch relativ niedrig sind. Soll im Betrieb eine Teilzeitarbeitskraft eingestellt werden, ist es immer ratsam vorab eine Beratung in Anspruch zu nehmen, damit eine optimale Lösung gefunden wird.
Zu allen Fragen rund um Arbeit und Beschäftigungsverhältnisse können Sie unsere Kolleg*innen der Arbeitnehmerberatung ansprechen.
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