Blutfingerhirse im Mais breitet sich aus!
Grasartiges Gewächs lässt Erträge empfindlich schrumpfen – Auf betroffenen Flächen gesamten Baukasten des integrierten Pflanzenschutzes nutzen
Auf vielen Praxisflächen im Nordwesten Niedersachsens nördlich des Küstenkanals waren die Maiserträge zur Ernte 2024 bescheiden, nach einem Frühjahr, dass von teilweise extrem hohen Regenmengen im Juni mit anhaltender Staunässe geprägt war. Doch nicht nur Klimaereignisse setzten dem Mais zu. Auf immer mehr Maisflächen in Ostfriesland fällt dieses Jahr auf, dass da nach der Ernte „noch was steht“.
Blutfingerhirse auf der Geest auf dem Vormarsch
Während Quecken oft nur am Rand oder nesterweise auftreten, staunt manche Landwirtin und mancher Landwirt über dieses massenweise nach der Ernte auftauchende, hohe grasähnliche Gewächs mit den rötlichen Ähren, was in aller Regel den Maisertrag stark hat schrumpfen lassen. Die Rede ist von der Blutfingerhirse (Digitaria sanguinalis), die sich nach unseren Beobachtungen in jüngster Zeit vor allem auf der Geest in unserem Dienstgebiet rasant ausgebreitet hat. Doch auch zwischen Weser und Elbe wurden schon Beobachtungen dieser Art bestätigt.
Bis zu 1,8 Meter hoch
Man erkennt die Blutfingerhirse zur Maisernte besonders leicht an den langen, rötlich-violetten Stängeln, die meist niederliegend oder geknickt aufsteigend zwischen den Maispflanzen stehen. Auffällig sind die typisch rot-braunen fingerartigen Ähren, welche in Länge und Dicke an „Mikado-Spiel-Stäbchen“ erinnern. Auch die Fadenfingerhirse (Digitaria ischaemum) bildet solche Ähren aus, doch im Unterschied zur Blutfingerhirse ist ihr Wuchs deutlich kleiner und reicht kaum über 40 cm hinaus. Dagegen können Blutfingerhirsen eine Länge von über 1,80 m erzielen. Dadurch ist sie sehr lageranfällig und verdeckt oft, wie auf einem unserer Fotos zu sehen ist, den gesamten Boden.
Während des Auflaufens im Frühjahr ähneln sich diese beiden Fingerhirsearten im Habitus. Doch bei genauerer Betrachtung sind nur bei der Blutfingerhirse die Blätter und die Blattscheide behaart bzw. bewimpert, während die Fadenfingerhirse nur über einen zarten Haarkranz am Blattansatz verfügt (siehe Fotos).
Bis zu 50 Prozent Ertragsverlust
Da auch die Blutfingerhirsen wie andere Hirsearten über einen langen Zeitraum bis zum Spätsommer auflaufen, kommen sowohl große als auch kleine Pflanzen im Maisfeld vor. Die konkurrenzstarke Blutfingerhirse übernimmt dann oftmals die alleinige „Vorherrschaft“ unter den Unkräutern im Maisfeld. Nach unseren Versuchsergebnissen führt ein hoher Hirsedruck zu einem Ertragsverlust von mehr als 50 Prozent. Zur Maisernte können zudem bis zu 2.000 Samen pro Pflanze heranreifen, die nun in den Folgenjahren das Vermehrungspotential anreichern und eine Maisfläche schnell erobern können.
Einmalbehandlung meist nicht ausreichend
Die unangenehme Überraschung zur Maisernte lässt bei vielen Landwirtinnen und Landwirten die Frage aufkommen, warum trotz Herbizidmaßnahme diese Hirse übrigblieb. In den meisten Fällen wurden Einmalbehandlungen vorgenommen, die entweder nicht über den passenden Wirkstoff verfügten oder nicht zum richtigen Zeitpunkt stattfanden. Nach Einmalanwendungen erscheint zunächst ein nahezu unkrautfreier Maisbestand, der bei Auftreten dieser Hirse-Art leider nicht von Dauer ist.
Versuche zeigen Erfolge mit Spritzfolge
Dagegen bewirken nach unseren Versuchserfahrungen nur zweimalige Anwendungen in der sogenannten Spritzfolge mit geeigneten Wirkstoffkombinationen einen sicheren Bekämpfungserfolg. Die Spritzfolge besteht aus einer Vorlage, die sowohl im Vorauflauf oder im frühen Nachauflauf im 2- bis 3-Blatt-Stadium (BBCH 12-13) des Maises erfolgen kann. Im 5- bis 6-Blatt-Stadium des Maises findet dann die gezielte Nachlage-Behandlung statt. Die Spritzfolge hat sich im Übrigen auch bei anderen schwer bekämpfbaren Unkräutern und Hirse-Arten bewährt, wenn diese in Wellen über einen längeren Zeitraum auflaufen.
Hinsichtlich der Blutfingerhirse gilt der Wirkstoff Tembotrione, wie er im Produkt Laudis oder im Zingis vorkommt, als ein wichtiger Baustein bei der Bekämpfung dieser Fingerhirsen-Art. Dieser Wirkstoff kann entweder in einer Vorlage im 2- bis 3-Blatt-Stadium des Maises oder in der späteren Nachlage des Maises platziert werden. Wichtig ist dabei, dass der Wirkstoff Tembotrione bei der Vorlage mit einem Bodenpartner oder in der Nachlage möglichst mit einem Nicosulfuron-haltigen, also gräserbetonten Zumischpartner kombiniert werden sollte.
Unter Beachtung der NG-Auflage 327 darf Nicosulfuron allerdings nur alle zwei Jahre auf derselben Fläche eingesetzt werden. Das Gräser- und Unkrautherbizid MaisTer power als auch bekannte Zumischpartner mit dem Wirkstoff Mesotrione (Callisto, Botiga etc.) verfügen über Teilwirkungen, die allerdings nur im Zusammenspiel mit dem Wirkstoff Tembotrione im Rahmen einer Spritzfolge einzusetzen sind und die Wirkung absichern.
Mehrjährige Anbaupause senkt Hirse-Druck deutlich
Grundsätzlich haben mehrjährige Anbaupausen von Mais einen deutlich reduzierenden Effekt auf den Unkraut- und Hirse-Druck einer Fläche, sofern ein Fruchtwechsel innerhalb des Betriebes möglich ist. Doch für viele Betriebe stellt bereits die einjährige Anbaupause, die mit Blick auf den geforderten Fruchtwechsel auf Ackerflächen spätestens im dritten Jahr künftig umzusetzen ist (GLÖZ 7), im Rahmen der GAP-Förderung vor Herausforderungen, da Ersatzkulturen nicht die wirtschaftliche Vorzüglichkeit aufweisen wie der Maisanbau.
Ackergras und Getreide-GPS als Alternativen
Vor diesem Hintergrund könnte man in Futterbauregionen auf Ackergras oder – mit Abstrichen bei den Energie-Gehalten – auf Getreide-GPS ausweichen, welche gleichsam in der Lage sind, die Auflaufbedingungen von Hirsen vorerst zu unterdrücken.
Ist eine aufgelockerte Fruchtfolge aus betrieblichen Gründen nicht umsetzbar und soll auf einer aktuell betroffenen Maisfläche wiederum im kommenden Frühjahr Mais folgen, planen Sie unbedingt für die nächste Saison die oben beschriebene Spritzfolge mit den genannten Wirkstoffen ein. Auf die jeweiligen konkreten Herbizid-Kombinationen und Aufwandmengen werden wir im kommenden Frühjahr in einem Artikel ausführlich eingehen.
Geert-Udo Stroman
Bezirksstelle Ostfriesland
Team Pflanze
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