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Sturmschäden im Wald: Wie sind wir vorbereitet?

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Auch wenn die Folgen des Klimawandels für den Wald noch nicht gänzlich vorhersehbar sind - mit Wetterextremen, darunter Stürmen, wird häufiger zu rechnen sein. Gegen den Sturm kann die Forstwirtschaft nichts machen, stabile Bestände heranzuziehen ist die Hauptstrategie dagegen. Aber wenn es dann doch passiert, gibt es noch Möglichkeiten der Schadensbegrenzung. Mit diesem Thema befassten sich drei Seminare im Rahmen des EU-Projekts ECOREGION.

 

Sturmholzaufarbeitung
Sturmholzaufarbeitung - © Dr. Andreas Forbrig, KWFDr. Andreas Forbrig, KWF

 

Die Seminare fanden am 28.9.2011, 11.10.2011 und 1.12.2011 im Hotel Heidepark in Soltau statt. Sie orientiertensich thematisch an dem Sturm-Handbuch der Forstlichen Forschungsanstalten Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.. Die einzelnen Präsentationen können unter den nachfolgend angegebenen Nummern im Anhang heruntergeladen werden.

Seminar 1 am 28.9.2011 befasste sich mit den ersten Maßnahmen nach einer Sturmkatastrophe im Wald sowie Möglichkeiten, sich von Flugzeugen aus einen ersten Überblick zu verschaffen. Ulrich Stampa vom Aeroclub Hodenhagen stellte die Möglichkeiten privater Piloten für die Mitnahme von Förstern als Gäste zu ersten Schadenserhebungen sowie auch Erfahrungen mit privaten Luftaufnahmen dar (1). Dies würde, wie auch schon jetzt Gästeflüge, zum Selbstkostenpreis möglich sein. Hans-Hermann Fehling referierte als Flugdienstreferent des Feuerwehrverbandes Niedersachsen  über die Möglichkeiten des Feuerwehr-Flugdienstes zur Unterstützung bei ersten Schadenserhebungen (2). Mit erfahrenen Teams aus jeweils 2 Feuerwehrkräften, davon einer Pilot, und einem Förster konnte auch 2010 wieder eine erhebliche Anzahl von Wald- und Flächenbränden beurteilt und Einsatzfahrzeuge für die Bekämpfung koordiniert werden. Acht Brände wurden erstmalig erkannt. Das neue Konzept der automatisierten Feuerwachtürme kann die Waldbrandüberwachungsflüge keinesfalls vollständig ersetzen, und durch Klimawandel u.a.m., eben auch vermehrte Stürme und Insektenkalamitäten, kommen zusätzliche Aufgaben auf diese Einrichtung zu.

Als Kreisausbildungsleiter der Kreisfeuerwehr im Heidekreis sprach Jens Brokmann über die Einsatzbedingungen der Feuerwehr beim Räumen von Strassen und Infrastruktureinrichtungen von sturmgeworfenen Bäumen (3).  Dieses Thema wurde im nächsten Referat von Nils Frhr Grote aus Sicht des THW dargestellt (4). In beiden Vorträgen wurde die hervorragende Ausbildung der Motorsägenführer sowie die umfangreiche technische Ausstattung der eingesetzten Einheiten deutlich, wobei THW noch etwas mehr Zugriff auf schweres Räumgerät hat. Beide Referenten machten jedoch deutlich, dass beim Motorsägeneinsatz die Sicherheit der gut ausgerüsteten und geschulten, aber hinsichtlich Sturmholz logischerweise nicht ständig trainierten, Motorsägenführer eindeutig Vorrang hat und an zweiter Stelle die öffentlichen Interessen am Freiräumen von Strassen und Infrastruktureinrichtungen steht. Eine besondere Berücksichtigung der Werterhaltung des Holzes oder Hilfestellungen auch für die Freiräumung von zentralen Waldwegen ist i.d.R. nicht möglich. Michael Berndt vom THW Fallingbostel-Walsrode hatte im Vorfeld des Seminars die Möglichkeit der, für die Einsatzkräfte ungefährlichen, Baumtrennung mittels Sprengstoff angesprochen und führte dazu einige Grundlagen aus.

Am Nachmittag konnten im Wald von Herrn Avenriep einige Verfahren im Sturmholz demonstriert werden: Grundlagen erläuterte Axel Hartge, der Waldarbeitslehrer der LWK, an einem Spannungssimulator der Feuerwehrschule, zeigte dann das Abstocken mit Baggerunterstützung und führte, vielleicht erstmalig in Niedersachsen, das brandneue Verfahren des  “Zapfenschnitts” vor, bei dem durch versetzten Ring- und Stechschnitt der Stamm in einem Holzbecher am Stubben verkeilt bleibt und die dann noch vorhandene Längsverwachsung leicht durch eine Seilwinde auseinandergezogen werden kann, nachdem sich der EMS-Führer in Sicherheit gebracht hat. Die THW-Spezialisten demonstrierten dann den Sprengstoffeinsatz beim Abstocken, der, zum maßlosen Erstaunen der Anwesenden, einene verblüffend gerade und materialschonende Trennung ermöglicht und die Verschwendung von Holz in Form eines 2-3 m langen Sicherungsstückes für den Wurzelteller erspart.

Räumen von Sturmholz auf Straßen
Räumen von Sturmholz auf Straßen - © RosenbergDr. Alexander Rosenberg

Räumen von Sturmholz auf Straßen
Räumen von Sturmholz auf Straßen - © RosenbergDr. Alexander Rosenberg

Räumen von Sturmholz auf Straßen
Räumen von Sturmholz auf Straßen - © RosenbergDr. Alexander Rosenberg

Räumen von Sturmholz auf Straßen
Räumen von Sturmholz auf Straßen - © RosenbergDr. Alexander Rosenberg

Für das Seminar 2 am 11.10.2011 waren Repräsentanten der wichtigsten Akteuere im Sturmkatastrophenfall, für die Forstseite sowohl Privatwald als auch Landesforsten, eingeladen, um darzustellen was sie im Schadensfall von anderen an Hilfen und Unterstützung erwarten, aber auch selbst geben können. Eine große Anzahl von Stichpunktzetteln, geordnet in einem Matrixsystem, ermöglichte eine systematische Auswertung, die Identifizierung von Kern- und Folgeproblemen und möglichen Vorsorgemaßnahmen. Vor allem für den Privatwald wird hier ein großer Nachholbedarf gesehen, den man erst bei Schadenseintritt nicht in den Griff bekommen könnte. Auswertung und Vorträge desSeminars 2 können hier abgerufen werden.

Seminar 3 am 1.12.2011war wiederum technischen Fragen um das Sturmschadensmanagement gewidmet.

Die Sturmholzaufarbeitung ist so ungefähr das gefährlichste, was die Forstwirtschaft an Arbeiten zu bieten hat. Zur Arbeitssicherheit bei der Sturmholzaufarbeitung (5) trug Dr.Andreas Forbrig vom Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik wesentliche Fakten, Erfahrungen und Empfehlungen vor. Eine besondere Bedeutung kommt der Maschinenunterstützung beim Abstocken, aber fast noch mehr der sicherheitsorientierten Organisation aller beteiligten Vorgänge und Akteure zu, ein kaum zu lösendes Problem nach einer Staffel von Organisationsreformen und Kompetenzzersplitterung gerade im Privatwald.

Frau Sonja Schnitzler, ebenfalls vom KWF, stellte eine Erhebung über Rettungspunktekonzepte in Deutschland (6) vor – ein erstaunlich bunter Flickenteppich, wenn man bedenkt, dass es um Menschenleben gehen kann. Die Präsentation mündete in einen fundierten Vorschlag für einen einfachen und vereinheitlichten Grunddatensatz, hieran muss weiter gearbeitet werden. Das Rettungspunktekonzept der Nds. Landesforsten (7), in Niedersachsen das fortgeschrittendste, jedoch leider nicht das einzige, schilderte Peter Wendt, Nds. FoA Sellhorn dar. Die Waldbesitzarten werden künftig her versuchen, an einem Strang zu ziehen, um wenigstens auf Bundeslandebene der Verwirrung zu begegnen.

Ein gemeinsames Problem werden sicher Mobilfunklöcher wegen geringer Sendeleistung in größeren Waldgebieten sein. Vor allem der Borkenkäfer ist der wesentliche Forstschutzaspekt nach Sturmschäden (8), dargestellt von Dr. Michael Habermann, Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt. Saubere Waldwirtschaft, die wiederum ein im Privatwald kaum zu realisierendes perfektes Management voraussetzt, ist der beste Garant für die Vermeidung von Folgeschäden. Bei der Sturmholzlagerung gibt es neben wenigen erprobten auch viele andere Verfahren, die mit einem sicheren hohen Wertverlust verbunden sind. Und die großen Wiederaufforstungsflächen nach dem Sturm erfordern dann erneut intensive Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahmen der verschiedensten Kulturschädlinge.

Unendlich wertvolle Erfahrungen aus dem Management von Beregnungspoltern nach KYRILL in NRW (9) trug Fanz-Josef Stein vom Forstamt Märkisches Sauerland vor, der auch schon im Seminar 1 die weite Reise nach Soltau gemacht hatte. Überzeugend war zunächst der sichere Stand eines NRW-Försters auf dem Boden einer Landesforstverwaltung als Grundlage für effizientes Arbeiten. Herr Stein führte die Dringlichkeit vorsorgender Maßnahmen, insbesondere Strategien für Nasspolter schon zu “Friedenszeiten”, vor Augen. Der organisatorische Einsatz muß flankiert werden durch eine disziplinierte Zusammenarbeit von Privatwald- bzw. FWZ-Seite, hier optimal gelöst durch das “Poolmodell”, bei dem der FWZ das Holz übernimmt wie es liegt, und es der besten Verwertung durch zeitnahmen Verkauf oder Nasslagerung zuführt. Unabhängig von der Verwertungswahl für die einzelne Partie werden alle Eigentümer aus einem Topf ausgezahlt, berechnet an den Mengen- und Werteverhältnissen, die sich für ihren Wald aus Inventurdaten ergibt.

Eine Standortkartierung als Grundlage für Risikoeinschätzung von und Wiederaufforstung nach Sturmschäden im Wald (10), wie von Edmund Haldenwang von der LWK dargestellt, sollte überall vorhanden sein. Leider gibt es derzeit v.a. steuerliche Probleme zur Umsetzung auf breiter Fläche. Der Referent ging auch ausführlich auf waldbauliche Methoden zur Schadensvermeidung unter Nutzung der natürlichen Wuchsdynamik ein. “Nach dem Sturm ist vor dem Sturm” (11) – damit rundete LWK-Fachbereichsleiter Martin Hillmann die Seminarreihe ab und machte nochmals die Bedeutung angesichts des Klimawandels klar. Mittlerweile trägt man dem auch steuerlich Rechnung dadurch, dass schon ab dem 1. Festmeter Sturmholz der halbe Steuersatz greift. Für weitergehende Vergünstigungen und für den steuerbefreiten Ausgleichsfonds nach dem Forstschädenausgleichsgesetz ist jedoch weiterhin die dringend zu empfehlende Forsteinrichtung des Betriebs notwendig.

Eine Besichtigung zweier möglicher Holzlagerplätze folgte am Nachmittag. Eine Kooperation mit dem Soltau Logistk Center im Gewerbegebiet an der BAB, das befestigte Lagerflächen, Beregnungsmöglichkeiten und hervorragenden LKW- und Bahnanschluss bietet bahnt sich mittlerweile an. Für die sehr notwendige weitere Auswahl von Plätzen wurden aus der Literatur umfangreiche Daten und Kriterien (12) zusammengestellt.

 

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