Reinigung und Desinfektion der Melkanlage-Nicht alles Gold was glänzt!
Die Gewinnung von Qualitätsmilch hat in der heutigen Zeit auf den Milcherzeugerbetrieben einen hohen Stellenwert erreicht. Durch Probenentnahmen bei der Milchabholung und Kontrollen auf Molkereiebene wird dieser Status laufend überwacht und dokumentiert. Ein Grund für dieses hohe Maß an Qualität ist nicht zuletzt die Reinigung und Desinfektion aller milchführenden Anlagenteile und Geräte direkt nach dem Melken.
In der Regel übernehmen Reinigungsautomaten diese Aufgabe, die aus Vorspülen, Reinigung und Desinfektion sowie Nachspülen besteht, aber auch hier gilt „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Welche Parameter, aber auch Schwachstellen, hier Einfluss haben, wird im Folgenden dargestellt.
Allgemein
Bei der Reinigung und Desinfektion von Melkanlagen kommen heute verschiedene Reinigungsarten zum Einsatz. Dies sind die Zirkulationsreinigung, die Kochendwasserreinigung und die Stapelreinigung. Bei der Zirkulationsreinigung durchströmt die Reinigungslösung (Wasser + Reinigungs- und Desinfektionsmittel) mehrmals die Anlage. Bei der Kochendwasserreinigung durchläuft das heiße Wasser unter Zusatz einer Salzlösung einmalig die Anlage. Bei der Stapelreinigung handelt es sich auch um eine Zirkulationsreinigung, mit der Besonderheit, dass das Nachspülwasser aufgefangen und für die darauf folgende Vorspülung genutzt wird.
Grundsätzlich gilt es zunächst die Milchreste aus der Anlage zu entfernen, danach zu Reinigen und zu Desinfizieren um anschließend mit klarem Wasser von Trinkwasserqualität nach zu spülen.
Turbulenz
Um alle milchführenden Teile einer Anlage zu reinigen, ist es notwendig, dass das Wasser bzw. die Reinigungslösung das Milchleitungssystem und die angeschlossenen Bauteile (Melkzeuge) mit ausreichender Turbulenz durchströmt. Im Gegensatz zum Melken, wo der Schichtenmilchfluss einen schonenden Milchabtransport gewährleistet und die Vakuumversorgung zum Melkzeug sicherstellt, muss bei der Reinigung ein Spülpfropfen im Milchleitungssystem erzeugt werden, der unter anderem durch die Luftförderleistung der Vakuumpumpe bestimmt wird. Grade bei großen Milchleitungsquerschnitten oder Anlagenerweiterungen ist diese Leistung wichtig. Die DIN/ISO spricht hier vom „Luftbedarf der Reinigung“. Zusätzlich werden bei größeren Anlagen Luftinjektoren eingesetzt, die durch Einströmen atmosphärischer Luft diesen mechanischen Reinigungseffekt unterstützen.
Zeit
Die bei der Reinigung von Melkanlagen verwendeten Reinigungsmittel benötigen eine ausreichende Einwirkzeit. Bei der üblichen Zirkulationsreinigung sind während der Hauptreinigung meist 15 – 20 min notwendig. Da in dieser Zeit Wärmeverluste auftreten können, ist entweder eine hohe Ausgangstemperatur oder aber eine Nachheizeinrichtung erforderlich. Bei älteren Reinigungs-automaten, die während der Hauptreinigung die Reinigungslösung aufheizen ist die Einwirkzeit entsprechend länger. Eine Ausnahme bildet die Kochendwasserreinigung, deren gesamte Dauer ca. 7 min beträgt. Bei dieser Art der Reinigung muss in allen milchführenden Anlagenteilen über eine Zeitraum von min 2 Minuten eine Temperatur von 77°C erreicht werden, um eine desinfizierende Wirkung durch das heiße Wasser zu gewährleisten.
Chemie
Für die Reinigung von Melkanlagen kommen alkalische (z. B. Kali- oder Natronlauge, ….) und saure (z.B. Phosphorsäure, ....) Mittel zum Einsatz, wobei meist kombinierte Reinigungs- und Desinfektionsmittel verwendet werden. Die alkalische Reinigungslösung verseift Milchfett und löst Proteine, die saure Reinigungslösung entfernt mineralische Ablagerungen.
Das DLG-Gütezeichen gibt einen Anhaltspunkt für die Qualität der R + D-Mittel, denn diese Mittel werden kontinuierlich auf die Einhaltung ihrer Rezeptur, die reinigende und desinfizierende Wirksamkeit, die Materialverträglichkeit und das Schaumverhalten getestet. Reinigungsmittel sind entsprechend der Herstellerangaben zu verwenden - dies gilt insbesondere für die Dosierung, die in der Regel 0,5% beträgt. Wie viel Reinigungsmittel pro Spülgang benötigt wird, richtet sich nach der Anzahl der Melkeinheiten, die in der Anlage eingesetzt sind. „Viel hilft viel“ ist hier aber der falsche Ansatz, denn eine Überdosierung belastet nicht nur Umwelt und Geldbeutel, sie führt auch zu einer vorzeitigen Alterung der vorhandenen Gummiteile in der Anlage insbesondere bei der „sauren“ Reinigung.
Temperatur
Bei der Zirkulationsreinigung werden mit „handwarmem“ Wasser die Milchreste aus der Melkanlage entfernt (Vorspülen). Die Hauptreinigung startet – wie bereits beschrieben – mit einer hohen Ausgangstemperatur (z. B. 55 – 60°C), wobei hier normalerweise das vorgewärmte Wasser aus der Wärmerückgewinnung genutzt wird. Das Heizsystem im Reinigungsautomat sollte eine Rücklauftemperatur von mindestens 40°C sicherstellen. Das Nachspülen erfolgt mit klaren, kalten Wasser von Trinkwasserqualität.
Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten
Nach dem Melken ist es selbstverständlich, die Melkanlage für die Reinigung vorzubereiten, d. h. die Melkzeuge von außen gründlich zu reinigen und an die Melkzeugspülaufnahmen anzuschließen, den Schlauch aus dem Tank zu nehmen und mit dem Reinigungssystem verbinden und die Reinigung zu starten. Alles Weitere wird dann meist allein der Technik überlassen. Aber Achtung! Auch hier ist es wichtig, regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Natürlich ist es ein Leichtes, zum Zweck der Füllstandskontrolle eine Markierung am Reinigungsmittelkanister anzubringen oder durch Berührung der Milchleitung festzustellen, ob die Temperatur hoch genug ist, doch letztlich gehört doch etwas mehr dazu, die Qualität der Anlagenreinigung zu prüfen und zu dokumentieren. Neben der Möglichkeit die einzelnen Reinigungsphasen und -parameter mit moderner im weiteren noch näher beschriebenen Elektronik (LactoCorder, Daten-Logger, usw.) zu prüfen, ist es sinnvoll, reinigungsrelevante Bauteile der Anlage hin und wieder näher zu betrachten:
Vor der inneren Reinigung müssen alle verwendeten Melkausrüstungen von außen manuell gereinigt werden. Besonders wichtig sind hierbei die Melkzeuge und Melkzeugspülaufnahmen, da hier für die automatische Reinigung schlecht zugängliche Stellen vorhanden sind (z.B. Kragen am Zitzengummikopf), die eine vermehrte Keimbesiedelung begünstigen.
Neben dieser manuellen Reinigung ist der regelmäßige Wechsel von Anlagenverschleißteilen wichtig, nicht nur um deren gute Melkeigenschaften aufrecht zu erhalten, sondern auch, um zu verhindern das sich Antibiotikarückstände oder Keime in den Mikrorissen der Gummioberfläche festsetzen und schlimmstenfalls bei der Zirkulation der Reinigungslösung nicht entfernt werden.
Um die Konzentration der Reinigungslösung einzuschätzen, sollte hin und wieder die vom Hersteller angegebene Menge an Reinigungs- und Desinfektionsmittel aus einem separaten Behälter, z.B. Litermaß, über den Reinigungsautomaten angesaugt werden.
Bei ansteigenden Keimgehalten sollte auch daran gedacht werden, dass Melkanlagenreiniger nicht unbegrenzt haltbar sind. Auf handelsüblichen Gebinden findet sich zur Kontrolle entweder der Aufdruck zum Produktionsdatum mit einer Verwendungsempfehlung oder ein entsprechendes Verfallsdatum. Aus Sicherheitsgründen sollten sich übrigens immer nur die Reinigungsmittelkanister im Milchlagerraum befinden, die für die Reinigung benötigt werden. Alles Andere sollte an einem sicheren Ort aufbewahrt werden (vergleiche Wortlaut nach QM-Milch: „Reinigungs- sowie Desinfektionsgeräte und –mittel werden in einem getrennten Raum oder separat in einem Schrank gelagert. Dies gilt nicht für Mittel, die in Gebrauch sind“).
Die Schlauchanschlussstutzen an der Spülleitung, hier ist die Schlauchverbindung zwischen Spülleitung und der Melkzeugspülaufnahme gemeint, müssen in der unteren Hälfte der Leitung angebracht sein, damit die Reinigungslösung schon durch ihre eigene Schwerkraft in Richtung Melkzeugspülaufnahme transportiert wird. So wird gewährleistet, dass an allen Melkzeugen die gleiche Menge der Reinigungslösung ankommt.
Neben der Milchleitung muss auch die Milchdruckleitung (Leitung zwischen Milchabscheider und Lagertank bzw. Reinigungsautomat) selbstentwässernd sein, damit kein Restwasser in der Leitung verbleibt, die zu einer Verwässerung der Milch führt und in denen sich wasserliebende bzw. kälteresistente Keime vermehren können.
Wie bereits erwähnt, lässt sich heute mit moderner Elektronik die Reinigung überwachen und dokumentieren. Die Beratung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Bereich Melktechnik und Eutergesundheit setzt hier auf das Reinigungsmonitoring des mobilen Messgeräts LactoCorder®. Mit dem LactoCorder®, der während der Reinigung in den langen Milchschlauch eingebunden wird, werden die Parameter Wasserniveau, Leitfähigkeit (Konzentration der Reinigungslösung), Temperatur, Turbulenz und Zeit aufgezeichnet. Die aufgeführten Parameter werden in einer grafischen Darstellung wiedergegeben, über die eine Überwachung des Reinigungsablaufs möglich wird. Temperatur und Leitfähigkeit werden direkt gemessen, für die Turbulenz werden jeweils über einen Zeitraum von 11,2 Sekunden der Höchst – und Tiefststand der Reinigungslösung im LactoCorder® aufgezeichnet. Das gleiche gilt für den Parameter Wasser. Auch hier wird die Benetzung der Sensoren pro Zeiteinheit ermittelt. Somit lässt sich auch die Dauer der einzelnen Reinigungsphasen bestimmen, die je nach eingesetztem Reinigungsverfahren einen entscheidenden Einfluss hat.
Um die Konzentration der Reinigungslösung möglichst genau zu bestimmen, wird vor Ort eine Referenzlösung angesetzt, die einer Konzentration von 0,5 % bzw. der vom Anlagenhersteller vorgegebenen Reinigungsmittelkonzentration entspricht. Die Leitfähigkeit dieser Lösung wird mittels eines temperaturkompensierenden Messgerätes ermittelt und mit der aus der Hauptreinigung entnommenen Probe verglichen. Diese Werte sollten möglichst übereinstimmen, damit zum einen die Reinigungslösung ihre volle Wirkung entfalten kann, zum anderen Über- oder Unterdosierungen ausgeschlossen werden können.
Fazit
Die Reinigung und Desinfektion der Melkanlage ist ein wichtiger Faktor, um den hohen Standards der Qualitätsmilcherzeugung zu genügen. Nur eine gut funktionierende Melkanlagenreinigung sorgt dafür, den vom Gesetzgeber vorgebeben Grenzwerte bezüglich der Keimzahl zu genügen. Zusätzlich sollte aber auch auf eine angemessene Hygiene vor, während und nach dem Melken geachtet werden, wobei das Vormelken, eine sorgfältige Zitzen- und Euterreinigung, und das Säubern der Standflächen und Melkzeuge zwischen den Gruppenwechsel zu nennen sind. Haupteinflussfaktor ist jedoch die Reinigung und Desinfektion der Melkanlage und damit wird deutlich, wie wichtig eine regelmäßige Kontrolle dieses zentralen Kriteriums ist.
Den gesamten Artikel inkl. aller Abbildungen entnehmen Sie bitte der angehängten pdf. Datei.
Ihre Fachberater:
Jürgen Oelgeschläger – Berater Melktechnik und Eutergesundheit (Region Weser-Ems)
Telefon: 0152/ 5478 2479
E-Mail an Jürgen Oelgeschläger
Dr. sc. agr. Michael Hubal - Berater Melktechnik und Eutergesundheit (Region Hannover)
Telefon: 0152/ 5478 2320
E-Mail an Dr. Michael Hubal
Dr. Friederike Reinecke - Tierärztin im Eutergesundheitsdienst
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