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Im Notfall die Übersicht behalten

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Wenn der Betriebsleiter wegen Krankheit oder Unfall plötzlich nicht mehr für den Betrieb zur Verfügung steht, drängen sich viele Fragen auf: Wer muss informiert werden? Welche Arbeit ist wann und wie zu erledigen? Gibt’s Unterstützung? Antworten hält ein Notfallordner bereit, der alle wichtigen Daten enthält

Vorsorgevollmacht
VorsorgevollmachtKatharina von Hahn

Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass viele Betriebe für einen Notfall nicht ausreichend vorgesorgt haben. Die Familie ist zwar oft in die betrieblichen Abläufe eingebunden, aber bald überfordert, wenn es um die tatsächliche Umsetzung von Tätigkeiten geht, die bislang dem Betriebsleiter vorbehalten waren. Neben der persönlichen Betroffenheit können sich dann schnell praktische Probleme einstellen, denn die betrieblichen Abläufe und Einheiten sind in den letzten Jahren immer komplexer und größer geworden. Das starke Wachstum landwirtschaftlicher Betriebe hat in den letzten Jahren eine überproportional hohe Fremdkapitalbelastung bewirkt. Viele Betriebe leisten regelmäßig einen erheblichen Kapitaldienst, der nur erwirtschaftet werden kann, wenn der Betrieb „rund“ läuft.
Ein betriebsindividueller Notfallordner ist eine sinnvolle Unterstützung. Er enthält für den Ernstfall alle nötigen Maßnahmen und Daten für den persönlichen und betrieblichen Bereich. Alle wichtigen Informationen – etwa Ansprechpartner, Betriebspläne, Arbeitspläne, Fundstellen für Passwörter und viele weitere Angaben werden dort zentral dokumentiert.

Lose-Blatt-Sammlung
Es hat sich bewährt, das Notfallhandbuch in Form einer Lose-Blatt-Sammlung in einem Ringordner zu führen. Schriftliche Ausführungen sind besser lesbar, wenn sie mit dem Computer erstellt werden. Die Angaben können dann auch leichter geändert werden. Das Handbuch sollte klar in verschiedene Bereiche gegliedert und diese Bereiche in einem Inhaltsverzeichnis aufgelistet werden. Eine doppelte Aufzeichnung, das heißt, im Notfallordner und zusätzlich in einem anderen Ordner ist nicht notwendig und sollte sogar vermieden werden. Es reicht vollkommen aus, wenn im Notfallordner darauf verwiesen wird, dass beispielsweise eine Übersicht über die Flächen und angebauten Früchte im Ordner „Betriebsprämie“ zu finden ist. Das setzt allerdings eine gute Übersichtlichkeit im Büro voraus. Doppelte Aufzeichnungen zu vermeiden, erspart außerdem Zeit und verhindert Übertragungsfehler. Für Qualitätssicherungssysteme, wie QM oder QS, sind ohnehin bestimmte Aufzeichnungen, wie Lagepläne, Futtermischrationen usw. erforderlich. Der Hinweis auf diese Aufzeichnungen sollte auch im Notfallordner stehen. Besonders wichtig ist es, Fristen zu dokumentieren, zum Beispiel die fristgerechte Abgabe des Antrags für die Dieselrückerstattung oder des Betriebsprämienantrags zu nennen. So lässt sich vermeiden, dass dem Betrieb durch Versäumnisse Geld verloren geht oder sich anderweitige Probleme einstellen.
Grundsätzlich bietet ein Notfallordner die Möglichkeit, eigene Arbeitsabläufe zu prüfen und zu korrigieren, falls sie nicht zweckmäßig sind. Haben die Arbeitsabläufe eine optimale Struktur? Warum werden bestimmte Tätigkeiten so gemacht und nicht anders? Existiert ein gut funktionierendes und übersichtliches Ablagesystem? Sind der Betrieb und die Familie für eine Notsituation gut abgesichert?

Lagepläne erstellen, Ansprechpartner benennen
Ein wichtiger Bestandteil für die Erläuterung der Betriebsabläufe sind die Lagepläne.
Ergänzt werden sollten diese Pläne mit weiteren Angaben, die für die täglichen Arbeiten wichtig sind. Den Verlauf wichtiger Strom- und Wasserleitungen oder die Lage und Anordnung von Hauptschaltern, Sperrhähnen und Zählerkästen zu kennen, kann in bestimmten Fällen sehr nützlich sein.
Besonders für den Notfall ist es wichtig zu wissen, wer unmittelbar kontaktiert werden muss. Hierbei hat es sich bewährt, die Ansprechpartner in zwei Bereiche aufzuteilen. Der erste Bereich sollte diejenigen Personen umfassen, die direkt nach dem Ausfall des Betriebsleiters informiert werden müssen. Wichtig ist es beispielsweise, einen Betriebshelfer zu besorgen, um zumindest die Versorgung der Tiere sicherzustellen. Der zweite Bereich an Kontaktpartnern umfasst die Personen, die den normalen Betriebsablauf sicherstellen. Dazu zählen Futtermittellieferanten, Molkereien, Landhändler, Viehhändler und sonstige. Hierbei ist es wichtig, den Ansprechpartner zu erreichen, der den Betrieb normalerweise betreut. Auch das Aufhängen einer gut sichtbaren Telefonliste mit den wichtigsten Telefonnummern im Büro erleichtert der Familie die Arbeit.

Wichtige Dokumente
Angehörige oder Bevollmächtigte müssen zudem wissen, wo alle wichtigen Dokumente aufbewahrt werden. Hierzu zählen Versicherungs- und Bankunterlagen. Bedienungsanleitungen sollten auf jeden Fall aufbewahrt, gesammelt abgelegt und durch persönliche Angaben über besondere „Macken“ der Maschinen ergänzt werden. In den Bereich der wichtigen Dokumente gehören auch die Vollmachten. Diese sollten schon frühzeitig abgeschlossen werden, um für den Notfall gewappnet zu sein. Die Vollmacht nützt natürlich nur etwas, wenn der Bevollmächtigte davon Kenntnis hat und weiß, wo sie im Notfall zu finden ist.

Betriebsabläufe strukturiert darstellen
Sind nach dem plötzlichen Ausfall die wichtigsten formellen Aufgaben erledigt, rücken die täglichen Arbeiten wieder in den Mittelpunkt. Dabei ist es für die Familie und auch für den Betriebshelfer sehr hilfreich, wenn es eine Übersicht über die anfallenden Arbeiten und deren Durchführungsweise gibt. Eine detaillierte Darstellung kann im ersten Moment überzogen erscheinen, jedoch sollte man sich immer in eine Person hineinversetzen, die das erste Mal auf dem Betrieb tätig wird. Damit die einzelnen Tätigkeiten in der richtigen Reihenfolge erledigt werden und nichts vergessen wird, haben sich Checklisten bewährt. Diese können, genauso wie kurze Betriebsanleitungen und Hinweise, auch laminiert an der Maschine, neben der Anlage oder an einem sonstigen Arbeitsplatz gut sichtbar deponiert werden. Ein kurzer Hinweis im Notfallordner auf den Ablageplatz im Betrieb reicht dann aus. Ein gut aufgebauter Notfallordner und laminierte Kurzanleitungen helfen auch bei der Einarbeitung von Betriebshelfern, Mitarbeitern oder Urlaubsvertretungen.

Auch an den schlimmsten Fall denken
Der Betriebsleiter sollte nicht nur Vorkehrungen für einen vorübergehenden Ausfall treffen, sondern sich auch mit dem dauerhaften Ausfall seiner Arbeitskraft durch Krankheit oder Tod auseinandersetzen und klare Regelungen treffen, um den Betrieb sicherzustellen. Dazu zählt schon in jüngeren Jahren ein Testament, um die Familie abzusichern. Sämtliche rechtliche Schriftstücke, wie Hofübergabevertrag, Ehevertrag usw. sollten gesammelt, gesichert abgelegt und die Ablage im Notfallordner dokumentiert werden.
Informationen, die sensible Bereiche betreffen, sollten nicht im Notfallordner abgelegt werden. Wichtig ist aber der Hinweis, von wem (Vertrauensperson) oder wo (Safe, verschließbarer Schrank) diese Informationen im Notfall zu beziehen sind. Der Betriebsleiter sollte festlegen, wer die Post öffnen oder die E-Mails lesen darf und ab dem wievielten Tag seiner Abwesenheit bestimmte Daten und Informationen freigegeben werden.

Die Mitarbeiter der sozioökonomischen Beratung der LWK Niedersachsen bieten ihre Unterstützung bei der Erarbeitung des Notfallhandbuchs an. Sie helfen, auf jede Besonderheit des Betriebes einzugehen und mögliche Schwachstellen in der Absicherung aufzudecken.