Grassilage auch für Bullen?
Grassilage in der Bullenmast? Das passt nicht zusammen, meinen viele Praktiker. So denken viele zunächst an geringere Tageszunahmen, schlechtere Klassifizierung, gelbes Fett und geringere Wirtschaftlichkeit. Doch es gibt gute Gründe, über den Einsatz von Grassilage in der Bullenmast nachzudenken.
Importiertes Sojaschrot aus Südamerika ist für viele Verbraucher inakzeptabel, dagegen stehen in der Region nachhaltig produzierte Eiweißfuttermittel in der Verbrauchergunst ganz oben. Ackergras und Dauergrünland liefern wertvolles Eiweiß, was nebenbei mögliche Forderungen nach GVO-freier Fütterung erfüllt. Was spricht also dagegen, dieses Grobfutter auch in Mastrationen einzusetzen?
Nach zwei Dürrejahren gibt es so gut wie keine Futterreserven mehr. In den Veredlungsregionen kann der Maisanbau kaum noch ausgeweitet werden. Hinzukommen Probleme durch Ackerfuchsschwanz oder Schädlinge wie den Maiswurzelbohrer. Auf der anderen Seite wird in diesem Jahr für den 1. Schnitt durchaus mit weniger Ertrag gerechnet, Mäuseschäden auf vielen Grünlandstandorten verschärfen die Situation. Ob in diesem Jahr dürrebedingt wieder Schnitte ausfallen, kann derzeit niemand einschätzen, aber einige Prognosen deuten auf ein sehr trockenes 2020 hin. Der Mais wird stellenweise schon beregnet, auch hier kann keiner voraussagen, wie hoch der Silomaisertrag sein wird. Gerade in trockenen Jahren ist es deshalb sinnvoll, das Risiko für Ernteausfälle auf verschiedene Kulturen zu verteilen. Ist kein Fahrsilo verfügbar, kann Grassilage auch in Rundballen gelagert werden.
Zunächst kommen grassilagereiche Rationen für Betriebe mit hohem Grünlandanteil in Frage. Ziel muss stets eine energiereiche Silage sein. Im Mittel der letzten fünf Jahre wies der 1. Schnitt diese Futterwerte auf (LUFA Nord-West):
Tabelle 1: Was steckt in der Grassilage? (Angaben in % bzw. MJ/kg, Basis 100 % TS)
|
2019 |
2018 |
2017 |
2016 |
2015 |
Ø |
TS |
37,8 |
42,2 |
38,3 |
34,9 |
35,4 |
37,7 |
Rohprotein |
16,3 |
17,1 |
15,7 |
14,9 |
15,6 |
15,9 |
Rohfaser |
23,4 |
25,3 |
25,0 |
26,6 |
24,9 |
25,0 |
ME |
10,9 |
10,5 |
10,3 |
10,0 |
10,4 |
10,4 |
Im Vergleich dazu die Maissilage: 7,7 % Rohprotein, 20 % Rohfaser und 11,1 MJ ME/kg. Grassilage enthält hiernach doppelt so viel Protein wie Maissilage, aber 6 % weniger Energie. Neben Protein bringt Grassilage auch Struktur in die Ration, auch die Mineralstoffgehalte liegen höher als in der Maissilage. Durch den geringeren Energiegehalt muss mehr Kraftfutter ergänzt werden. Neben Getreide oder CCM bieten sich derzeit auch Kartoffeln an.
Dass Bullen auch mit Grassilage durchaus erfolgreich gemästet werden können, haben mehrere Versuche gezeigt.
Drei Versuche
In einem noch laufenden österreichischen Versuch wurden bei unterschiedlich hohen Kraftfutterniveaus Rationen mit 100 % Maissilage und mit 67 % Gras- und 33 % Maissilage an Mastbullen (1/4 FV und 3/4 HF) verfüttert. Das Kraftfutter wurde so angepasst, dass eine bedarfsgerechte Versorgung mit Rohprotein und Energie gesichert war. Die Grassilage enthielt 9,7 MJ ME/kg TS und 15 % Rohprotein, die Maissilage 11,0 MJ bzw. 8 %. Zusätzlich erhielten alle Tiere 0,5 kg Heu/Tag. Ergebnisse der Zwischenauswertung:
Im Vergleich zur reinen Maissilagefütterung führten die Gras-/Maisrationen zu geringeren Tageszunahmen bei höherer Futteraufnahme und höherem Nierenfettanteil. Die Handelsklassen-Einstufung und die Fleischqualität wurden nicht beeinflusst.
Tabelle 2: Mastversuch an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein (2018, vorläufige Ergebnisse)
|
Gruppe 1 n= 17 |
Gruppe 2 |
Mastabschnitt kg |
169 - 638 |
176 - 643 |
Tageszunahmen g |
1247 |
1167 |
TM-Aufnahme kg |
7,6 |
8,2 |
Schlachtkörpergewicht kg |
349 |
348 |
Schlachtausbeute % |
54,7 |
54,1 |
Klassifizierung (E=1, P=5 ) |
3,2 |
3,2 |
Handelsklasse Fett (1=mager, 5=fett) |
2,7 |
2,9 |
Bereits im Jahr 2011 prüfte die LfL Bayern Rationen mit 30 und 60 % Grassilage im Vergleich zu einer reinen Maissilageration. Die ME-Gehalte der TMR lagen bei 11,7 MJ/kg TS und die Rohproteingehalte zwischen 13,0 % und 13,9 % in der TS.
Tabelle 3: LfL-Mastversuch mit Fleckviehbullen (2011)
|
0 % Grassilage |
30 % Grassilage |
60 % Grassilage |
Mastabschnitt kg |
248 - 748 |
252 - 747 |
252 - 744 |
TM-Aufnahme kg |
9,3 |
9,6 |
9,3 |
Tageszunahmen g |
1595 |
1615 |
1550 |
Schlachtkörpergewicht g |
416 |
416 |
415 |
Schlachtausbeute % |
58,7 |
58,8 |
59,0 |
EUROP |
2,48 |
2,63 |
2,57 |
Handelsklasse Fett |
2,57 |
2,84 |
2,76 |
Der teilweise Ersatz von Maissilage durch Grassilage beeinflusste die Leistungen in diesem Versuch kaum. Das Verhältnis von Omega-6 : Omega-3-Fettsäuren wurde durch steigende Grassilageanteile begünstigt, was positiv für die menschliche Gesundheit ist. Auch war die Gelbfärbung des Fettes intensiver, was aber die Klassifizierung nicht beeinflusste. Ökonomisch betrachtet war die reine Maisration bei hohen Getreidepreisen am wirtschaftlichsten (Überschuss über Fresser- und Futterkosten: 43 Cent/Masttag, mit 30 bzw. 60 % Grassilage 41 bzw. 39 Cent/Masttag). Bei günstigen Preisen für Energiekomponenten war jedoch die Grassilage im Vorteil: 45-50 Cent/Masttag gegenüber 42 Cent bei der Maissilageration).
Ein älterer Versuch in Futterkamp hatte zum Ziel, auf Basis reiner Grassilage 1000 g Tageszunahmen bei schwarzbunten Bullen zu erzielen. Dabei wurden nach der Kälberaufzucht zwei Kraftfutter mit 10,7 bzw. 11,1 MJ ME/kg geprüft. Während des Versuchs wurden zwei Grassilagen mit unterschiedlicher Qualität eingesetzt: 10,2 MJ ME/kg TS und 18,7 % RP im ersten Halbjahr, danach 9,3 MJ und 14,5 %. Die 52 Bullen erhielten 3 kg Kraftfutter/Tier und Tag. Zwischen den beiden Kraftfuttergruppen gab es keine Unterschiede. Die TM-Aufnahme aus Grassilage lag zu Mastbeginn bei 5 kg und zum Mastende bei ca. 8,2 kg/Tag. In Handelsklasse O wurden 92,3 % und in R 7,7 % eingestuft.
Tabelle 4: Schwarzbunte Bullen mit reiner Grassilagefütterung (LWK Schleswig-Holstein, 1998)
Anfangsgewicht kg |
58 |
Endgewicht kg |
624 |
Tageszunahmen g |
1092 |
Schlachtkörpergewicht kg |
335 |
Schlachtausbeute % |
54,1 |
Was bleibt festzuhalten?
Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von Grassilage in der Bullenmast durchaus in Erwägung gezogen werden kann. Auch Praxisbetriebe mit hohem Grünlandanteil berichten von einer erfolgreichen Mast mit Grassilage. Allerdings müssen der im Vergleich zur Maissilage geringere Energiegehalt sowie der höhere Rohprotein- und Mineralstoffgehalt in der Rationsgestaltung berücksichtigt werden. Die notwendige Energieergänzung verteuert natürlich bei hohen Getreidepreisen die Mast. Maissilage ist das Standardfutter in der Bullenmast und punktet durch höhere Flächenerträge, geringere Energiekosten (€/10 MJ ME), durch arbeitswirtschaftliche Vorteile u.a. Grassilage spart teures Eiweißkraftfutter, bringt Struktur in die Ration und besitzt als regionales, GVO-freies Eiweißfutter eine hohe Akzeptanz in der Gesellschaft. Zudem sind die Pachtpreise meist deutlich geringer und die Flächenverfügbarkeit höher, darüber hinaus wird das Grünland durch die Vorgaben der Düngeverordnung zur Herbstdüngung begünstigt. Die verschiedenen Aspekte können je nach Situation den Einsatz der Grassilage als sinnvoll oder auch als uninteressant erscheinen lassen.
Kontakte
Andrea Meyer
Rinderfütterung, Schweinefütterung, Futterberatungsdienst e.V.
Getreidepreise Januar 2025
Als Richtwerte schlagen wir die vom Fachbereich 3.1 der Landwirtschaftskammer vorläufig geschätzten Getreidepreise (netto) in €/100 kg für die Futterkostenberechnung vor.
Mehr lesen...Grassilagequalität 2024 inkl. Ergebnisse des 3. Schnitts
Nun liegen auch die Ergebnisse des 3. Schnitts vor. Mit 13,7 % Rohprotein ist er etwas proteinreicher als der 1. Schnitt. Im Mittel liegt sein NEL-Gehalt bei 5,9 MJ je kg TM. Insgesamt hat die LUFA Nord-West mehr als 5000 Grassilageproben ausgewertet…
Mehr lesen...CCM-Qualität 2024 – erste Ergebnisse
Die LUFA Nord-West hat bisher mehr als 560 CCM-Proben untersucht. Der Stärkegehalt liegt mit 72,0 % der TM auf dem Niveau des Vorjahrs. Auch der Energiegehalt (ME Schwein) und der Rohfasergehalt haben sich kaum verändert. Wie beim Getreide …
Mehr lesen...Die Kälberinitiative geht weiter! - KiNi 2.0
Die Kälberinitiative Niedersachsen geht weiter. Sie soll Kälberhalter weiterhin bei der Optimierung ihrer Aufzucht unterstützen und Potenziale in den Betrieben aufdecken. Denn nur aus gesunden und vitalen Kälbern können …
Mehr lesen...Weitere Arbeitsgebiete
Veranstaltungen
Einführung in die tiergerechte ganzjährige Weidehaltung
07.01.2025
Die ganzjährige Weidehaltung hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten als erfolgreiche Methode zur Pflege extensiver Weiden und Naturschutzflächen etabliert. Diese Form der Bewirtschaftung stellt die Betreiber*innen jedoch beim Management …
Mehr lesen...Grundlehrgang Klauenpflege
13.01.2025 - 17.01.2025
Das Ziel des einwöchigen Grundkurses ist der Einstieg in die professionelle Klauenpflege. Sie lernen im theoretischen Teil die Grundlagen der Klauenanatomie, die wichtigsten Klauenerkrankungen sowie das Erkennen von Lahmheiten. In die …
Mehr lesen...Gesundheitsmanagement und Tierbeobachtung
14.01.2025
Die ganzjährige Weidehaltung hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten als erfolgreiche Methode zur Pflege extensiver Weiden und Naturschutzflächen etabliert. Diese Form der Bewirtschaftung stellt die Betreiber*innen jedoch beim Management …
Mehr lesen...Weiterbildung Milchsammelwagenfahrer
14.01.2025
Dieses Webseminar richtet sich an alle Milchsammelwagenfahrer, die bereits an einer Grundschulung erfolgreich teilgenommen haben. Damit wird alle zwei Jahre die Sachkunde der Probenehmer gemäß RohmilchGütV aufgefrischt. Inhaltlich …
Mehr lesen...Starke Starken! – Praxistag Färsenmanagement
15.01.2025
Lassen Sie sich nicht abhängen, sondern bleiben Sie stets auf den Färsen! Dafür definieren wir an unserem Praxistag zum Thema Färsenmanagement Zielkriterien und geben Strategien, Tipps und Tricks mit an die Hand, wie diese …
Mehr lesen...Online-Informationsabend Bio-Milchviehhaltung
15.01.2025
Sie interessieren sich für die ökologische Milchviehhaltung? Sie halten Milchkühe und überlegen sogar auf Bio umzusteigen, wissen aber nicht, wie man damit anfängt? Dann sind Sie hier genau richtig! Wie läuft der …
Mehr lesen...Beratungsangebote & Leistungen
Seminarkreis Milch-Landfrauen Emsland
Als engagierte Landfrau auf einem Milchviehbetrieb suchen Sie den fachlichen und persönlichen Austausch mit ihren Berufskolleginnen.
Mehr lesen...Milchvieh-Spezialberatung
Sie sind ein engagierter Milchviehhalter und wünschen eine fachliche und fundierte Unterstützung in der Beurteilung ihrer Produktionstechnik und/oder bei der Stallbauplanung.
Mehr lesen...Arbeitsgruppe Rationsplaner
Für Sie ist die gezielte Fütterung der Grundstein des Erfolgs in der Milchviehhaltung, Jungviehaufzucht und Rindermast. Mit Hilfe eines Fütterungsprogramms (Ratíonsplaner) möchten Sie in der Lage sein, notwendige …
Mehr lesen...Beratung in der Rindermast
Sie beabsichtigen sich zu verschiedenen Themen in der Rindermast informieren. Sie möchten die Haltung in Bezug auf die Tiergerechtheit verbessern und planen möglicherweise eine Stallerweiterung oder einen Neubau. Sie wollen …
Mehr lesen...Arbeitskreis Bullenmast
Sie möchten Ihre Leistungsergebnisse in der Bullenmast verbessern oder suchen eine Möglichkeit zum (über-)regionalen Informationsaustausch?
Mehr lesen...Aufzucht von Kälbern und Jungrindern
Sie sind Rinderhalter und mit den Ergebnissen der Aufzucht ihrer Kälber und Jungrinder nicht zufrieden? Sie wollen sich über neue Fütterungs- und Haltungskonzepte informieren? Die Kälber- und Jungtierverluste in Ihrem Betrieb …
Mehr lesen...Drittmittelprojekte
5G Smart Country
Ausgangslage Weltbevölkerungswachstum, Ressourcenverknappung und schwieriger werdende klimatische Bedingungen machen es erforderlich, noch mehr Nahrung zu produzieren. Laut Prognosen muss die landwirtschaftliche Erzeugung mind. um 50% erhö…
Mehr lesen...Abibewässerung
Ausgangslage Die durch den Klimawandel zunehmend negative klimatische Wasserbilanz in der Vegetationsperiode führt zu einem erhöhten Bedarf an Wasser für die Feldberegnung. Gleichzeitig erfordert die zunehmende Nutzungskonkurrenz um …
Mehr lesen...ADAM
Ausgangslage ADAM ist ein 42-monatiges transdisziplinäres Forschungs- und Umsetzungsprojekt zur Steigerung der Biodiversität im Intensivgrünland. Es sind Partner aus der Wissenschaft (Bewilligungsempfänger Universität Gö…
Mehr lesen...AGrON
Ausgangslage In Deutschland gibt es regionale Unterschiede beim landwirtschaftlichen Nährstoffanfall. So gibt es beispielsweise in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Landkreise mit starkem Nährstoffüberschuss, aber auch …
Mehr lesen...AmmonMind
Ausgangslage Ammoniak (NH3) ist ein Luftschadstoff, der vor allem bei der landwirtschaftlichen Tierhaltung und bei der Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern freigesetzt wird. Die Minderung der NH3-Emissionen ist international …
Mehr lesen...AQUARIUS
Ausgangslage Die Niederschläge in der östlichen Lüneburger Heide sind deutlich niedriger als im übrigen Niedersachsen. Der eigentliche Wasserbedarf der landwirtschaftlichen Kulturen liegt dann oftmals sogar noch über …
Mehr lesen...