Potentiale im Zwischenfruchtanbau erfolgreich realisieren
Neue politische Rahmenbedingungen in den Bereichen Wasser-, Insekten- oder Klimaschutz stellen den Ackerbau vor neue Herausforderungen, bieten aber zugleich die Möglichkeit althergebrachte Strategien im Pflanzenbau zu überdenken und seine Fruchtfolgen entsprechend der Vorgaben anzupassen.
Extreme Witterungslagen wie in 2017 oder 2018, ein knapper werdendes Wirkstoffangebot im Pflanzenschutz sowie Einschränkungen bei der Düngung erfordern landwirtschaftliche Strategien zur Erhaltung der Wirtschaftlichkeit der Betriebe. Eine hinreichend diskutierte Lösungsoption ist die Anpassung bzw. Veränderung der Fruchtfolge. Während die Palette an neuen Hauptkulturen oft begrenzt ist, bietet insbesondere der Zwischenfruchtanbau großes Potenzial. Eine gute Zwischenfrucht speichert Nährstoffe, unterdrückt Beikräuter und bindet CO2, welches als Humus in den Boden gelangt und die Fruchtbarkeit steigert. Aus der Praxis wissen wir, dass eine gute Zwischenfrucht, die all diese Effekte zufriedenstellend liefert, nicht einfach zu produzieren ist. Bereits im Februar wurden die Möglichkeiten des Zwischenfruchtanbaus mit Blick auf die kommenden Herausforderungen beleuchtet und detaillierte Hinweise zum praktischen Anbau gegeben. Die Informationen dieses Seminars sind hier zusammengefasst dargestellt. Die Vorträge finden Sie am Ende der Seite.
Rahmenbedingungen durch die aktuelle Düngeverordnung
Ein gut entwickelter Zwischenfruchtbestand benötigt in vielen Fällen eine gewisse N-Düngung zur Aussaat. Da nicht aufgenommener Stickstoff im Winter jedoch stark auswaschungsgefährdet ist, regelt die Düngeverordnungunter welchen Bedingungen eine Zwischenfrucht im Herbst noch eine N-Düngung erhalten darf. Karen Peters, Düngebehörde, stellte die geltenden gesetzlichen Bestimmungen dar. Insbesondere in den nitratbelasteten Gebieten sind zusätzliche Vorgaben zu beachten. Grundsätzlich muss eine Unterscheidung in Gründunggungszwischenfrucht und Futterzwischenfrucht erfolgen. Außerhalb der roten Gebiete (Gebiete nach §13a DüV) kann eine Futterzwischenfrucht dann in Höhe des Düngebedarfs gedüngt werden, wenn die Aussaat bis zum 15.08. erfolgt und die Frucht noch im Ansaatjahr beerntet wird. Wenn keine Ernte im Ansaatjahr erfolgt, darf eine Futterzwischenfrucht nur dann gedüngt werden, wenn diese nach Getreide angebaut wird und eine Aussaat bis zum 15.09. erfolgt. Eine Düngung ist dabei auf maximal 60 kg Gesamt-N/ha und/oder 30 kg NH4-N/ha begrenzt und muss bis zum 01.10. erfolgen. Die Höhe der N-Düngung ist in Höhe der N-Ausnutzung im Frühjahr anzurechnen. Ähnliches gilt für den Anbau einer Gründüngungszwischenfrucht. Zusätzlich ist zu beachten, dass eine Standzeit von mindestens 8 Wochen einzuhalten ist. In den roten Gebieten hingegen ist eine N-Düngung zu unbeernteten Zwischenfrüchten, sowohl Gründüngungs- als auch Futterzwischenfrüchte, gänzlich untersagt. Ausgenommen hiervon ist eine Düngung mit Festmist von Huf- und Klauentieren, sowie Kompost mit bis zu 120 kg Nges/ha. Neu ist außerdem das Gebot des Zwischenfruchtanbaus, wenn eine im Frühjahr angebaute Sommerung gedüngt werden soll und die Vorfrucht vor dem 01.10. des Vorjahres geerntet wird. Weitere Informationen zur Düngung im Herbst finden Sie unter www.lwk-niedersachsen.de (webcode: 01039283).
Positive Wirkung für Nährstoffspeicherung und Wasserschutz
Ob und in welchem Maße Zwischenfrüchte in der Lage sind, im Herbst Stickstoff aufzunehmen und vor der Auswaschung zu sichern, stellte Marie-Christin Albers, Düngebehörde, dar. Anhand von Versuchsergebnissen – finanziert aus der Wasserentnahmegebühr des Landes Niedersachsen - (https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/wasserschutzfuerniedersachsen/nav/1666.html) zur grundwasserschutzorientierten Landbewirtschaftung im Rahmen der landesweiten Aufgaben §28 NWG zeigte sie, dass sowohl gedüngte, als auch ungedüngte Zwischenfrüchte ein großes Potenzial zur N-Aufnahme im Herbst aufweisen und damit die Reststickstoffgehalte im Boden und auch die NO3-Konzentrationen im Sickerwasser reduzieren. Entscheidend für positive Effekte sind möglichst frühe Aussaattermine und ein günstiger Witterungsverlauf, aber auch die angepasste N-Düngung innerhalb der Fruchtfolge. Doch auch die Folgekulturen profitieren von dem aufgenommenen Stickstoff. So konnte für den Standort Wehnen eine anrechenbare N-Nachlieferung aus gedüngten Zwischenfrüchten von ca. 30 kg N/ha nachgewiesen werden. Wurde diese Stickstoffnachlieferung nicht bei der Düngung der Folgefrucht Silomais berücksichtigt, kam es hier zu erhöhtem Nitrataustrag.
Wo es in der Fruchtfolge passt und wo nicht
Grundvoraussetzung für den Anbau einer Zwischenfrucht ist eine passende Gestaltung der Fruchtfolge, die zum einen Zeiträume für den Anbau schafft und gleichzeitig die weiteren pflanzenbaulichen Vor- und Nachteile optimal berücksichtigt. Hierauf ging Kai-Hendrik Howind, Leiter Sachgebiet Anbausysteme, Fruchtfolgen und Digitales, ein. Um eine möglichst lange Vegetationsdauer zu erreichen, bietet sich am ehesten der Anbau nach Halmfrüchten vor einer Sommerung an. Nach Blatfrüchten hingegen werden die Anbaubedingungen oftmals schwierig und die Vegetationszeit knapp. Nicht zu vergessen, wenn auch anspruchsvoll in der Umsetzung, ist der Anbau vor einer Winterung, etwa zwischen zwei Wintergetreiden, nach Raps oder nach Frühkartoffeln.
Neben der Nährstoffkonservierung bietet eine gut entwickelte Zwischenfrucht auch phytosanitäre Vorteile. Durch die Förderung des Bodenlebens können Pathogene im Boden besser abgebaut werden. Gleichzeitig unterdrücken Allelopathie und die Beschattung aufkommende Unkräuter. Mit Blick auf die Ackerfuchsschwanzproblematik besteht hierin ein gutes Argument für den Zwischenfruchtanbau auch in klassischen Ackerbauregionen. Doch auch zur Schädlingsreduktion sind Zwischenfrüchte geeignet, wie etwa zur Nematodenbekämpfung vor Zuckerrüben und Kartoffeln.
Gleichzeitig muss bei der Integration von Zwischenfrüchten in die Fruchtfolge beachtet werden, dass unter Umständen sowohl Schaderreger vermehrt und die Zwischenfrüchte bei Aussamen zu Unkraut werden können, als auch negative Ertragseffekte für die Folgekultur auftreten können. Um diese Effekte zu verhindern, ist eine angepasste Artenwahl mit Anbaupausen ähnlich dem Hauptfruchtanbau notwendig. Auch das Management muss betrachtet werden, um ein Aussamen problematischer Kulturen zu verhindern.
Erhalt und Steigerung der Bodenfruchtbarkeit
Mit der stärkeren Begrenzung des Einsatzes externer Stoffe wie Dünger und Pflanzenschutzmittel rückt der Erhalt und die Steigerung der Bodenfruchtbarkeit wieder stärker in den Fokus. Der Zwischenfruchtanbau leistet hierzu einen wichtigen Beitrag, wie Marion Senger, Bodenexpertin, vorstellte. So verringern Zwischenfrüchte direkt das Risiko von Bodenverlusten durch Wind- und Wassererosion und sorgen auf der anderen Seite für verbesserte Lebensbedingungen der Bodenorganismen und deren Ernährung. Dies wiederum erlaubt eine verstärkte Reduktion von Pathogenen im Boden und den Aufbau von Humus. Letzterer erhöht neben der Befahrbarkeit der Böden auch das Potenzial zur Nährstoff- und Wasserspeicherung. Hierbei sind insbesondere die Wurzeln der Zwischenfrüchte von Bedeutung, welche sich idealerweise weit verteilen und anders als die Sprossmasse langsamer umsetzen und somit vermehrt zum Humusaufbau beitragen. Je ausgeprägter und diverser das Wurzelwerk entwickelt ist, je besser wird außerdem die Porigkeit der Böden mit positiven Auswirkungen auf den gesamten Bodenhaushalt.
Bodenbearbeitung und Aussaat
Eine bedeutsame praktische Fragestellung ist die Wahl des richtigen Aussaatzeitpunktes und der passenden Technik. Hauke Ahnemann, Projekt DiverIMPACTS, führte hierzu aus, dass ein wesentlicher Baustein für den Erfolg der Zwischenfrucht in der Aussaat und der vorangehenden Bodenbearbeitung liegt. Neben der maximalen Vegetationszeit müssen im entsprechenden Zeitfenster auch Erntereste, Unkräuter, Auflaufgetreide und die zur Verfügung stehende Wassermenge berücksichtigt werden. Die vorangehende Bodenbearbeitung sollte sich in ihrer Intensität an den Notwendigkeiten der Feldhygiene und Verteilung der Erntereste, sowie an der zur Verfügung stehenden Zeit orientieren. Während bei einer dichten Strohmatte und oder starkem Unkrautdruck Pflug und Grubber notwendig sein können, können bei besseren Bedingungen Vorteile einer minimalen Bodenbearbeitung oder sogar Direktsaat genutzt werden. Dies spart nicht nur Arbeitszeit sondern auch Vegetationszeit und ermöglicht einen Aufbau und bessere Nutzung der Bodenfruchtbarkeit.
Die optimale Artenwahl
Der zentrale Punkt im Zwischenfruchtanbau ist die Wahl der richtigen Zwischenfruchtart bzw. der richtigen Zusammenstellung in Mischungen. Die verwendeten Arten müssen die gewünschten Anbauziele erfüllen, zur Fruchtfolge passen und mit den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen für Greening und Düngeverordnung zurecht kommen können, erläuterte Annette Hoffmann, Fachbereich Pflanzenbau. Insbesondere zur Kartoffel müssen Übertragungswege des Tabak-Rattle-Virus berücksichtigt werden, wodurch die Auswahl der möglichen Arten stark eingeschränkt wird. Neben Ölrettich bleiben unter Einschränkungen z.B. Rauhafer oder als Stickstoffsammler die Sommerwicke offen. Auch in Fruchtfolgen mit Zuckerrüben und Raps bestehen Einschränkungen durch die Vermehrung von Schaderregern oder fehlende Bekämpfungsmöglichkeiten. Befinden sich Leguminosen in der Fruchtfolge, muss hier ebenfalls aufgepasst werden, um nicht etwa die Leguminosenmüdigkeit durch die Zwischenfrucht zu fördern. Die Artenwahl bringt darüber hinaus auch Herausforderungen im Bereich der Düngung und der Aussaat mit sich. Nicht jede Mischung kann ohne zusätzliche N-Düngung zur Aussaat einen ausreichenden Bestand entwickeln, sodass hier ggfs. die Mischungen in den roten Gebieten anzupassen sind. Bei der Aussaat ist auf unterschiedliche Saatstärken und Anforderungen an die Saattiefe zu achten. Während viele gängige Arten flach abgelegt werden wollen, benötigen insbesondere Körnerleguminosen eine tiefere Ablage, die nicht mit jeder Technik realisierbar ist.
Die richtige Bestandesführung
Sind die richtigen Arten erst zum passenden Zeitpunkt mit geeigneter Technik ausgebracht, gilt es den Bestand im Blick zu behalten und so sicher ins Ziel zu führen. Viele Probleme und Misserfolge im Anbau ließen sich mit wenigen Überlegungen vermeiden, so Lüder Cordes, Pflanzenbauberater BST Nienburg. Auch wenn eine frühe Aussaat Vorteile mit sich bringt, muss auch die Artenwahl dazu passen. Ansonsten können durch ausgeprägtes Längenwachstum Lücken im Bestand entstehen und eine Verunkrautung fördern. Auch das Aussamen der Zwischenfrüchte wird so wahrscheinlicher. Zu späte Saattermine führen wiederum zu schwach entwickelten Beständen. Um darüber hinaus mit oder ohne zusätzliche N-Düngung einen guten Bestand zu etablieren, ist ein Augenmerk auf die Strohverteilung und die Einarbeitung zu legen. Nicht nur wird dadurch ggfs. die Aussaat erschwert, sondern auch die N-Freisetzung beeinflusst. Große Strohmengen führen zu einer N-Festlegung im Zuge der Strohrotte, was bei ungleicher Verteilung zu lichten Streifen im Bestand führen kann. Eine weitere Option ist die Integration von Leguminosen in die Mischungen.
Während die Unkrautunterdrückung durch einen dichten Bestand gesichert ist, ist für die N-Freisetzung und das Aussamen der richtige Zeitpunkt der Beseitigung der Zwischenfrucht entscheidend. Neben Rahmenbedingungen wie Frost, Gesetzeslage und Befahrbarkeit der Fläche, gibt insbesondere die Farbe der Samen Aufschluss über den richtigen Zeitpunkt. Wechselt diese von grün ins gelbliche, ist es Zeit zur Beseitigung. Ist nicht mit einem Aussamen zu rechnen, lässt sich über den Zeitpunkt des Umbruchs die N-Freisetzung steuern. Während auf leichten Standorten ein späterer Umbruch die besten Effekte zeigt, ist auf schweren Standorten ggfs. sogar eine Beseitigung im späten Herbst vorteilhaft.
Leguminosen und Nutzen in der Folgekultur
Ansätze zur Etablierung eines Zwischenfruchtbestandes in roten Gebieten und zur Optimierung der N-Nachlieferung aus der Zwischenfrucht für die Folgekultur lieferte Dr. Iris Schaper, Projekt “THG-Zwifru” (https://www.unter-2-grad.de/projekte/thg-zwifru/). Insbesondere in den roten Gebieten werden Ansätze benötigt, um einen vitalen, vegetativen Zwischenfruchtbestand ohne Startdüngung im Herbst zu etablieren. Bei ungünstigen Bedingungen wie einem niedrigen Nmin-Wert zur Aussaat und Strohverbleib auf der Fläche entwickeln sich Nichtleguminosen wie Ölrettich und Senf nur spärlich (https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/pflanze/nav/1870/article/37934.html). Durch Strohabfuhr, N-Düngung oder den Einsatz von Leguminosen kann die Etablierung eines Zwischenfruchtbestandes positiv beeinflusst werden (https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/pflanze/nav/1870/article/37877.html). Passen Leguminosen in die Fruchtfolge, bleibt häufig die Frage nach der Ökonomie des Einsatzes bestehen. Erste Ergebnisse zeigen hier, dass durch den Einsatz von Leguminosen so viel Stickstoff ins System gebracht werden kann, dass die höheren Saatgutkosten durch die höhere N-Nachlieferung zur Folgekultur kompensiert werden. Vor allem gegenüber ungedüngten, schlecht entwickelten Ölrettich/Senf-Beständen, deren Saatgutkosten auch nicht unerheblich sind, sind Leguminosen (-Mischungen) deutlich ökonomischer. Zudem weisen sie im Frühjahr aufgrund ihres engeren C/N-Verhältnisses eine höhere N-Dynamik auf, die der Folgekultur zugutekommt.
Insgesamt zeigt sich, dass der Anbau von Zwischenfrüchten mehr ist und sein kann, als die bloße Erfüllung von Greening-Auflagen. Viele der aktuellen und noch kommenden Herausforderungen für den modernen Ackerbau lassen sich durch gut durchdachte und etablierte Zwischenfruchtbestände in Angriff nehmen. Sie stellen somit einen wichtigen Schritt hin zu einer nachhaltigeren und resilienteren Landwirtschaft dar, welcher sich auf nahezu jedem Betrieb sinnvoll umsetzen lässt. Die Veranstaltung am 25.02.2020 und 26.02.2020 wurde unterstützt durch das Horizon2020-Projekt „DiverIMPACTS“ (www.diverimpacts.net), in welchem Möglichkeiten der Fruchtfolgediversifizierung in ganz Europa untersucht werden. Hierbei werden nicht nur ackerbauliche Faktoren, sondern auch Möglichkeiten und Probleme im vor- und nachgelagerten Bereich in Betracht gezogen.
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