Landessortenversuche 2018: Hafer
In Niedersachsen ist die Anbaufläche von Hafer 2018 erneut angestiegen. Das Bewusstsein, enge Fruchtfolgen mit hohen Anteilen an Winterungen aufzulockern, scheint zuzunehmen. Hierzu kann die Gesundungsfrucht Hafer einen sinnvollen Beitrag leisten.
Die geringen durchschnittlichen Praxiserträge von 45,2 dt/ha, wie sie vom Landesamt für Statistik Niedersachsen für 2018 ausgewiesen wurden, belegen allerdings auch für den Haferanbau die drastischen Auswirkungen der Frühjahrs- und Sommertrockenheit.
Erträge der Sorten
Die Landessortenversuche Hafer wurden in den zwei Anbauregionen „Sandstandorte Nordwest“ und „Marsch, lehmige Standorte Nordwest“ angelegt, wobei acht bzw. sieben Sorten getestet wurden. In der Anbauregion „Sandstandorte Nordwest“ konnten 2018 jeweils zwei Standorte aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein einfließen. Die Anbauregion „Marsch, lehmige Standorte Nordwest“ umfasst insgesamt acht Standorte der vier Bundesländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Zu den bereits vor bzw. seit 2015 im Landessortenversuch (LSV) geprüften Sorten zählen Max, Symphony, Poseidon und Apollon sowie Yukon, die allerdings nur noch auf den Sandstandorten geprüft wurde. Harmony wurde dreijährig und Delfin zweijährig geprüft. Von der Sorte Armani liegen einjährige LSV-Ergebnisse vor. Die zusammengefassten mehrjährigen Ergebnisse 2014 bis 2018 beinhalten zum Teil auch Ergebnisse aus Wertprüfungen des Bundessortenamtes, die in den jeweiligen Anbauregionen durchgeführt wurden.
Das geringe Ertragsniveau von 45,7 dt/ha auf den Sandstandorten Nordwest zeigt, dass sich insbesondere auf diesen leichten Standorten die Trockenschäden auch in den Versuchen widerspiegeln. So wurden beispielsweise auf dem Prüfstandort Holtorfsloh (Lkrs. WL) Erträge unter 40 dt/ha erreicht. Insgesamt konnte die Sorte Symphony in dieser Anbauregion die besten Ergebnisse erzielen. Recht ausgewogene und insgesamt überdurchschnittliche Leistungen erreichten auch Poseidon und Apollon. Armani erreichte ein mittleres Niveau. Die übrigen Sorten erzielten hingegen nur unterdurchschnittliche Ergebnisse. Mehrjährig betrachtet sind die Ertragsunterschiede weniger stark ausgeprägt. Einzig die durch ihre Qualitätseigenschaften sich auszeichnende Sorte Max fällt ertraglich ab. Die zweijährig geprüfte Sorte Delfin erzielte dank ihrer sehr guten Leistungen aus dem Jahr 2017 ein gutes Ergebnis.
Symphony, Poseidon, Apollon und Yukon sind aufgrund ihrer guten mehrjährigen Ergebnisse für diese Anbauregion in erster Linie für die Fütterung als empfehlenswert eingestuft worden. Auch Delfin kann als zweijährig geprüfte Sorte empfohlen werden. Nach wie vor wird als Qualitätshafer mit Schwerpunkt auf ein hohes Hektolitergewicht (hl-Gewicht) für den Verkauf vorrangig die Sorte Max empfohlen, auch wenn die Erträge unterdurchschnittlich sind.
In der Anbauregion Marsch, lehmige Standorte Nordwest wurde mit gut 70 dt/ha bei weitem nicht das Ertragsniveau der Vorjahre erreicht. Die Wasserverfügbarkeit der Standorte bestimmte auch hier die Ertragsleistungen. So wurden beispielsweise auf dem Bördestandorte Poppenburg (Lkrs. HI) noch über 80 dt/ha gedroschen, während im südwestlichen Bereich am Standort Astrup (Lkrs. OS) lediglich 62 dt/ha geerntet wurden.
Ertraglich konnten vor allem Poseidon und Delfin überzeugen. Die Qualitätssorte Max erzielte wie auch Symphony ebenfalls gute Ergebnisse.
Mehrjährig betrachtet liegen die Erträge der Sorten mit Ausnahme von Max auch in dieser Anbauregion eng beieinander. Dank zweier überdurchschnittlicher Jahresergebnisse konnte vor allem Delfin überzeugen. Von den etablierteren Sorten erreichten Poseidon sowie Symphony und Apollon gute Leistungen.
Für diese Anbauregion sind aus ertraglicher Sicht Symphony, Poseidon und Apollon für den Anbau zu empfehlen. Delfin kann dank der hohen Erträge auch für die Marsch und die Lehmstandorte empfohlen werden. Die Sorte Max ist auch hier für den Anbau empfehlenswert, wenn die Priorität auf hohe hl-Gewichte gelegt wird.
Ergebnisse der Qualitätsuntersuchungen
Ein wirtschaftlich interessanter Haferanbau lässt sich in erster Linie realisieren, wenn sich die Möglichkeit der Vermarktung als Industriehafer für die Nährmittelherstellung anbietet oder wenn das Erntegut direkt an Pferdehalter verkauft werden kann.
Um Preisaufschläge für Industriehafer zu bekommen, müssen jedoch Mindestanforderungen seitens des Handels erfüllt werden. Dieses gelingt oftmals nicht. Nach wie vor ist das Hektolitergewicht eines der wichtigsten Kriterien. Gefordert werden Gewichte von 54 kg/hl, für die Einstufung als Qualitätshafer sind es sogar 55 kg/hl.
Seit nunmehr 14 Jahren erreichten die in den Landessortenversuchen geprüften Sorten die genannten Werte nicht mehr. Trotz der Trockenschäden 2018 wurde im Mittel der Sorten dennoch ein hl-Gewicht von über 50 kg erreicht. Die Standortunterschiede waren allerdings stark ausgeprägt, sodass sich die hl-Gewichte in einem Bereich von 42 bis 55 kg bewegten. Max erreichte dabei wie in den Vorjahren mit Abstand die besten Werte.
Im Hinblick auf die Tausendkornmasse erreichten alle Sorten den für Industriehafer geforderten Mindestwert von 27 g/i. Trs.. Die Werte lagen auf Vorjahresniveau. Die besten Ergebnisse erreichte die Sorte Harmony gefolgt von Symphony und Apollon.
Bei der Produktion von Haferflocken wird Wert auf einen möglichst geringen Anteil an Spelzen gelegt. Der Spelzanteil lag in den Versuchen 2018 mit 25,1 % innerhalb der geforderten Norm. Den geringsten Spelzanteil wies Poseidon auf. Aber auch Max, Armani, Symphony, Harmony und Apollon blieben unter der Norm von max. 26 %.
Um einen erfolgreichen Haferanbau zu fördern, sollte die Aussaat erfolgen, sobald es die Witterungs- und Bodenverhältnisse im Frühjahr zulassen. Die Ausnutzung der Winterfeuchtigkeit unterstützt den recht hohen Wasserbedarf. Insbesondere die Wasserversorgung ist einer der wichtigsten Faktoren, um entsprechende Qualitäten zu erreichen. Die deutschen Hafermühlen sind häufig darauf angewiesen, Hafer aus Skandinavien und England zu importieren, um ihren Bedarf an erforderlichen Qualitäten zu decken.
Bei der Sortenwahl gilt es, die genetisch bedingten Sortenunterschiede zu berücksichtigen.
Die empfohlenen Sorten im Einzelnen:
Max ist zur Erzeugung von Qualitätshafer nach wie vor die Sorte der Wahl, da sie in der Kombination von hohen hl-Gewichten und geringem Spelzanteil über die Jahre die besten Ergebnisse liefert. Dies mag in erster Linie der Grund für die mit Abstand höchste bundesweite Vermehrungsfläche unter den Hafersorten sein. Ertraglich fällt sie jedoch ab. Zu beachten ist ebenfalls das höhere Lagerrisiko.
Symphony und Apollon zählen ertraglich zu den stärkeren Sorten und sind in den Qualitätsmerkmalen miteinander vergleichbar. Sie verfügen über sehr hohe Tausendkorngewichte und sind mit hohen hl-Gewichten und geringen Spelzanteilen eingestuft. Poseidon gehört ebenso zu den ertragsbetonten Sorten mit allerdings schwächeren hl-Gewichten. Delfin konnte ertraglich überzeugen und erreichte ebenfalls gute Qualitäten bei allerdings durchschnittlichen Lager- bzw. Halmknicken-Einstufungen. Zu beachten die die ausgeprägte Reifeverzögerung des Strohs, die auch in abgeschwächter Form bei Poseidon, Apollon und Yukon zu berücksichtigen ist. Sie besitzt wie Yukon und Harmony eine sehr gute Festigkeit gegenüber Mehltau. Yukon zählt trotz schwächerer Erträge 2018 zu den ertragsstärkeren Sorten auf den leichteren Standorten und kommt auch dank der Standfestigkeit vornehmlich für den Futteranbau in Frage. Bei der Sorte Armani sollten weitere Ergebnisse abgewartet werden, um eine Empfehlung aussprechen zu können.
Zusammenfassung
In Abhängigkeit von den Vermarktungsmöglichkeiten sollten bei der Anbauplanung die unterschiedlichen Sortenmerkmale berücksichtigt werden. Da ein großer Teil der Haferernte in die Fütterung geht, ist der Kornertrag in der Regel die entscheidende Größe. In der Vermarktung sind die entsprechenden Anforderungen an das Erntegut zu berücksichtigen. Trotz der schwachen letztjährigen Erträge sollte Hafer als Gesundungsfrucht mit geringer Krankheitsanfälligkeit in engen und durch Winterungen dominierten Fruchtfolgen vielleicht wieder häufiger mit einbezogen werden.
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Carsten Rieckmann
Leiter Sachgebiet Mähdruschfrüchte
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