Hofübergabe – ein Thema für die ganze Familie!
Früher ging das Übergeberehepaar zum Notar und ließ einen Vertrag aufsetzen, den der Sohn zu unterschreiben hatte. Die Ehefrau des Sohns wurde dann von den Einzelheiten des Vertrags „überrascht“. Zum Glück ändert sich einiges und heute ist der Übergabeprozess zu einer Familienaufgabe geworden. Frauen als Übernehmerinnen sind nicht mehr undenkbar und kommen immer häufiger vor
Früher und Heute
Aus den Zeiten, als es noch keine Sozialversicherung gab, stammt die Tradition, sich bei der Übergabe viele Rechte zu sichern. Rechte wie ein halbes Schwein und tägliche Milch, Zugang zum Kühlschrank, ein hohes Baraltenteil und Pflege, Wohn- und Betretungsrechte. Menschen hängen an Traditionen und geben gern das weiter, was sie selbst im Leben erfahren und gelernt haben.
Daher finden sich auch heute noch viele von diesen und ähnlichen Rechten in Übergabeverträgen. Manche dieser Rechte haben auch heute noch Ihren Sinn, viele sollte man zumindest hinterfragen.
„Freie Berufswahl für die eigenen Kinder“ das schreiben sich viele Eltern spätestens seit den 1990er Jahren auf die Fahnen. Damit entsteht die Klarheit über den Hoferben/die Hoferbin erst spät und das Übergeberpaar verbringt lange Lebenszeit in Ungewissheit. Die aktuellen Unternehmer und Unternehmerinnen treffen Investitionsentscheidungen spät oder schieben sie ganz auf die nächste Generation. Späte Investitionen nehmen einen hohen finanziellen Rahmen ein und hemmen andere Entwicklungen.
Übergeberpaare wünschen sich mehr Freiheit und finanzielle Mittel für Wohnraum, Urlaub, Freizeit und Erholung. Übernehmer und Übernehmerinnen sind nicht bereit das ganze Leben dem Hof unterzuordnen. Sie wünschen sich Urlaub, Zeit für Kinder, modernen Wohnraum, Abgrenzung und vieles mehr. Die jeweiligen Partner erwarten die Akzeptanz des eigenen Berufslebens und Engagement des Partners für Familie, Freizeit und Urlaub. Gleichberechtigung zwischen den Generationen spielt ebenso eine große Rolle, wie die Aufteilung von Haus, Hof und Garten. All das führt zu Konflikten, deren Lösung im Rahmen des Übergabeprozesses im Vordergrund stehen sollte.
Weitere typische Konfliktfelder entstehen durch weitere Familienmitglieder, die unbedingt zu beteiligen sind. Da wären weichende Erben, die den Verkehrswert des Hofes erkennen und Beteiligung am Wert erwarten. Oder Tanten und Onkel, die sich um die eigenen Eltern sorgen, die noch auf dem Hof leben und dort auch bleiben wollen. Die hohe Lebenserwartung aller Beteiligten schmälert den vorhandenen Wohnraum und das zur Verfügung stehende Geld. Viel Liquidität, die in die Entwicklung des Hofes gesteckt wurde und nicht in die Absicherung der Beteiligten, schränkt die Liquidität der nächsten Generation massiv ein.
Vielen Übergebern und Übergeberinnen fällt das Loslassen schwer und sie können nur schwer aushalten, dass Ihre Kinder den Betrieb nach ihren eigenen Vorstellungen führen möchten.
Unterstützung durch verschiedene Berater
Die Aufgabe der Beratung besteht heutzutage darin, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen. Im Übergabeprozess erarbeiten die Berater gemeinsam mit den Familien die für die betreffende Familie passenden Möglichkeiten. Familien sind gut beraten, mehrere Berater zu konsultieren und verschiedene Meinungen einzuholen. Ein guter Hofübergabeprozess dauert seine Zeit. Die Beteiligten benötigen Ruhe zum Abschied nehmen und Zeit um Entscheidungen zu treffen. Die Beratung hilft den Familien sich an die vorherige Übergabe zurückzubesinnen, die guten Lösungen zu übernehmen und die fraglichen zu überdenken. Alle Beteiligten sollten dem Prozess die Zeit geben, die er benötigt. In vielen Beratungsinstitutionen gibt es Fachleute für Hofübergaben, die prozessorientiert arbeiten. Wenden Sie sich auch gerne an die Berater und Beraterinnen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die Ihnen zum Thema Hofübergabe weiterhelfen können.
Unterstützung durch Seminare und Vorträge
Viele Institutionen bieten Vorträge und Seminare an. Diese bieten für die Familien die Möglichkeit, sich erst einmal zu informieren, bevor es an die eigene Übergabe geht. So veranstaltet auch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen Seminare zur Hofübergabe. Diese finden in verschiedenen Regionen und mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten statt. Alle akutellen Termine und Anmeldemöglichkeiten finden Sie auf der LWK-Website.
Themen, die in die Seminare gehören sind die rechtlichen Grundlagen, die finanziellen Möglichkeiten und die menschlichen Belange der Hofübergabe. Zusätzlich gibt es an manchen Orten Seminare für auslaufende und Nebenerwerbsbetriebe oder auch zum Thema außerfamiliärer Hofübergabe. Viele Teilnehmer kommen zu zweit oder im Familienverbund angereist, um sich zu informieren.
Die Verbindung zwischen landwirtschaftlichem Sondererbrecht (Höfeordnung) und allgemeinem Erbrecht inclusive der Möglichkeiten, die beide Systeme bieten, sind für viele Teilnehmer neu.
Viele Teilnehmer haben großes Interesse an den finanziellen Fragen der Hofübergabe:
- Wie berechnet man ein Baraltenteil?
- Wie schafft es der Hof zwei Altenteile zu zahlen?
- Wie hoch wird meine Rente?
- Wie hoch ist die gesetzliche Abfindung?
- Was ist fair bei der Abfindung?
- Was passiert mit der Photovoltaik-Anlage und den Windkraftbeteiligungen?
- Was sagt die Krankenkasse?
- Was kann ich zurückbehalten?
- Was kostet der Notar?
- Wie kann der Nachfolger Steuern sparen?
Und viele Fragen mehr.
Noch zu klären
Zur Hofübergabe gehört unbedingt die Klärung, wie sich die Paare beider Generationen gegenseitig absichern. Dazu gehören Vorsorgevollmachten für jeden und ein Partnerschafts- oder Ehevertrag. Die Fragen nach Altersvorsorge und Pflege sind ebenso zu regeln, wie der Umgang mit zukünftigen Investitionsschritten. Der Hofübergabeprozess bietet die besondere Chance Eingefahrenes neu zu überdenken. Wie schön kann es sein, wenn sich Traditionen ändern und im Alltag und an Feiertagen neue Freiräume schaffen. Ein allumfassender und offener Übergabeprozess eröffnet neue Wege für ein gutes, zukünftiges Leben auf dem Hof.
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