Landessortenversuche 2022: Schmalblättrige und Weiße Lupinen
Der Anbau von Lupinen ist in Niedersachsen bislang noch immer eher gering. Ob die seit 2020 steigende Tendenz weiter anhalten wird, hängt vornehmlich davon ab, wie die Lupine weiter in der Fütterung und vor allem auch in der Lebensmittelindustrie Eingang findet. Hierfür sind vor allem alkaloidarme Sorten eine wichtige Voraussetzung. Das Interesse an pflanzlichem Eiweiß ist auf jeden Fall vorhanden.
Der Anbau von Lupinen findet hauptsächlich in den östlichen Regionen Deutschlands statt. Nachdem sie in Niedersachsen jahrelang nur in einem Umfang von mehr oder weniger deutlich unter 1.000 ha angebaut worden sind, steigt die Anbaufläche seit 2020 jedoch wieder an. Im Zeitraum von 2020 bis 2022 verdoppelte sie sich von ca. 1.000 ha auf knapp 2.000 ha (Invekos-Zahlen). Der Anteil konventioneller Erzeugung beträgt dabei aktuell über 60 %. Eine Rolle bei der Ausweitung spielt sicherlich die Zulassung von zwei anthraknosetoleranten Weißen Lupinensorten durch das Bundessortenamt (BSA) 2019.
Die Saatgutvermehrungsfläche in Deutschland stieg für die beiden neuen Weißen Sorten in Summe von 745 ha im Jahr 2020 auf 2.466 ha 2022, während bei den 9 in der Bundessortenliste 2022 aufgeführten Blauen/Schmalblättrigen Lupinen die Vermehrungsfläche zusammen bei 1.697 ha lag und damit in den letzten Jahren quasi stagnierte. Damit hat sich der Anbau der Lupinen eindeutig zu Gunsten der Weißen Lupinen verschoben.
Unterschiedliche Arten und Wuchstypen
Bei den Blauen Lupinen wird zwischen endständigen Typen, die nur einen Haupttrieb (determinierter Wuchs) bilden und Verzweigungstypen, die neben dem Haupttrieb zusätzliche Nebentriebe ausbilden, unterschieden. Die endständigen Typen sind standfester und reifen gleichmäßiger ab, sie sind im Vergleich zu den verzweigten Sorten jedoch ertragsschwächer. Während mit Boruta lediglich eine endständige Sorte mit einer Vermehrungsfläche von ca. 100 ha in der Beschreibenden Sortenliste des BSA geführt wird, werden von den insgesamt acht zugelassenen verzweigten Sorten nur fünf in nennenswertem Umfang vermehrt; Schwerpunktsorte ist hier die Sorte Boregine.
Die 2019 zugelassenen anthraknosetoleranten verzweigten Sorten der Weißen Lupinen, Frieda und Celina, konnten sich sehr gut etablieren. Die Einstufungen des BSA und die nunmehr dreijährigen Versuchsergebnisse bestätigen die Ertragsvorteile der Weißen gegenüber den Schmalblättrigen Lupinen.
Während bei den Schmalblättrigen Lupinen die Anthraknose - auch als Brennfleckenkrankheit bezeichnet - weniger Probleme verursachte, konnten die Weißen Lupinen jahrelang wegen ihrer Anfälligkeit für diese Krankheit kaum angebaut werden.
Der Anbau von Gelben Lupinen spielt derzeit in Deutschland keine Rolle und es gibt auch keine hier zugelassene Sorte.
Verwendungsmöglichkeiten
Lupinen erreichen höhere Rohprotein (RP)-Gehalte als Ackerbohnen und Körnererbsen, wobei der RP-Gehalt der Weißen Lupinen wiederum höher ist als der der Schmalblättrigen. Das Lupineneiweiß hat eine hohe Wertigkeit. Diese Eigenschaften machen die Lupine in der Fütterung und auch für die menschliche Ernährung interessant.
In der Fütterung können heimische Lupinen neben Bohnen und Erbsen statt importierter Sojabohnen eingesetzt werden.
Lupinenmehl ist glutenfrei und somit für Menschen mit Zöliakie eine Alternative zu Getreidemehl. Zum Teil wird es Getreidemehl zugesetzt, um die Konsistenz und Haltbarkeit von Backwaren zu verbessern oder kohlenhydratarme und eiweißreichere Brote zu backen.
Die sich ändernden Ernährungsgewohnheiten bei vielen Menschen führen zu einer Verringerung des Fleischkonsums. Das tierische Eiweiß kann durch pflanzliche Proteine aus Leguminosen ersetzt werden u. a. für die Herstellung von Milch- und Fleischersatzprodukten. Hier gewinnen auch die Lupinen an Bedeutung. Ein Unsicherheitsfaktor ist derzeit allerdings noch der Gehalt an Bitterstoffen (Alkaloide), besonders bei den Weißen Lupinen. Für die menschliche Ernährung gilt ein Alkaloidgehalt von höchstens 0,02 % in der Organischen Substanz als Grenzwert. Da der Gehalt sortenabhängig zu sein scheint und auch stark durch die Umweltbedingungen beeinflusst wird, besteht hier noch Untersuchungsbedarf, ob er neben der Sortenwahl auch gezielt durch Anbaumaßnahmen gesenkt werden kann. Die Hoffnung, mit den beiden neuen Sorten der Weißen Lupinen auch für die menschliche Ernährung problemlos die geforderten Normen für geringe Alkaloidgehalte einhalten zu können, hat sich leider noch nicht bestätigt. Daher werden auch diese beiden Sorten bislang vorrangig als Futtereiweißträger verwendet.
Künftig müssen noch weitere züchterische Fortschritte erzielt werden, um relativ sicher die geforderten Normen für den Einsatz in der Lebensmittelproduktion zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund wird die Notwendigkeit deutlich, sich mit dem Abnehmer/Verarbeiter vor dem Anbau von Lupinen auch um die Verwertung bzw. die Abnahmekonditionen zu kümmern.
Anbau und Aussaat
Die Schmalblättrigen Lupinen bevorzugen leichte bis mittlere Böden und haben ähnliche Ansprüche wie die Körnererbsen. Die Weißen Lupinen benötigen bessere Böden und haben einen höheren Wasserbedarf, sie sind hierin vergleichbar mit den Ackerbohnen und gedeihen am besten auf mittleren bis schweren Böden. Allerdings treten sie auf den ertragsstarken Böden in Konkurrenz zur den Ackerbohnen. Dabei scheinen sie insbesondere in den Marschregionen gegenüber den Bohnen nur bedingt wettbewerbsfähig zu sein. Wie alle Leguminosen sind auch die Lupinen nicht selbstverträglich, Anbaupausen von sechs bis sieben Jahren, auch zu anderen Leguminosen wie Ackerbohnen oder Erbsen, sollten eingehalten werden.
Die Aussaat erfolgt zwischen Mitte und Ende März, Weiße Lupinen auch bis Ende April, in einer Ablagetiefe von 3 bis 4 cm. Die endständigen Sorten können bis Mitte April ausgesät werden. Je nach Art bzw. Wuchstyp sind die Aussaatstärken (keimfähige Körner/m²) anzupassen, wobei auch die Bodenqualität mit zu berücksichtigen ist. Außerdem ist bei mechanischen Unkrautbekämpfungsmaßnahmen (vor allem beim Striegeleinsatz) ein gewisser Pflanzenverlust einzukalkulieren.
Empfohlen werden: 90 - 100 Körner je m² bei verzweigten und 100 - 120 Körner je m² bei endständigen Schmalblättrigen Lupinen.
Bei Weißen Lupinen beträgt die Aussaatstärke 50 - 60 (unter ungünstigeren Bedingungen auch 70) Körner je m². Es ist ausschließlich die Verwendung von zertifiziertem Saatgut erlaubt, das auch auf Befall mit Anthraknoseerregern geprüft ist. Ein Nachbau ist nicht zulässig.
Insbesondere wenn Lupinen erstmalig auf der Fläche angebaut werden, sollte das Saatgut unbedingt mit einem entsprechenden Rhizobien-Präparat geimpft werden. Das Vorhandensein spezialisierter Knöllchenbakterien fördert den Ertrag und die Rohproteingehalte. Unterschiedliche Impfmittel in flüssiger Form oder auf Torfbasis stehen zur Verfügung.
Wie alle Leguminosen können sich die Lupinen mit Hilfe von Knöllchenbakterien an den Wurzeln selbst mit Stickstoff aus der Luft versorgen und benötigen daher i. d. R. keine Stickstoffdüngung. Eine ausreichende Versorgung mit Phosphor, Kalium, Magnesium, Schwefel und Spurenelementen ist allerdings erforderlich.
Versuchsergebnisse
Aufgrund der derzeit noch recht geringen Anbaubedeutung im nordwestdeutschen Raum liegen auch nur relativ wenige Versuchsergebnisse vor. In der dargestellten Tabelle sind daher neben den einjährigen Werten aus dem Jahr 2022 (6 Versuche) vor allem die über die Jahre 2018 bis 2022 zusammengefassten Ergebnisse aus LSV- und Wertprüfungen mit den Einstufungen des BSA vergleichend dargestellt. Diese letztgenannten Daten sollten in erster Linie zur Sortenbeurteilung herangezogen werden. Zu beachten ist, dass die Ergebnisse von Schmalblättrigen und Weißen Lupinen nicht direkt miteinander vergleichbar sind, da die Versuche i. d. R. getrennt voneinander und nicht gemeinsam randomisiert angelegt wurden. Das gilt auch für die Einstufungen des BSA.
Die Sorten im Einzelnen:
Im Sortiment der Schmalblättrigen Lupinen ist Boregine deutschlandweit die am häufigsten angebaute Sorte und stellt über die Jahre ihre solide Ertragsstabilität unter Beweis. Allerdings fällt sie gegenüber den neueren Sorten wie Carabor und Lunabor ertraglich doch deutlich ab. Die Rohproteingehalte sind leicht unterdurchschnittlich. Sie zählt laut Einstufung des BSA zu den standfestesten Sorten. Darüber hinaus zeigt sie eine sehr gute Unkrautunterdrückung und gehört aus agronomischen Gründen nach wie vor in die engere Wahl für den Anbau.
Die 2018 zugelassene Sorte Carabor überzeugte sowohl 2022 als auch mehrjährig durch sehr hohe Erträge bei mittleren Rohproteinwerten. Bei mittlerer Abreife und Standfestigkeit zählt sie zu den eher kürzeren Sorten. Dank der guten Leistungen wurde die Vermehrungsfläche bundesweit von 132 ha (2021) auf 365 ha (2022) ausgeweitet, dies konnte anhand der erzielten Ergebnisse auch untermauert werden.
Ebenfalls 2018 wurde die Sorte Bolero zugelassen; sie erreichte 2022 sehr gute Erträge und erwies sich mehrjährig betrachtet ertragsstärker als Boregine, im Vergleich zu den ertragsstärksten Sorten blieb sie jedoch leicht unterdurchschnittlich im Ertrag. Auch die Rohproteinwerte lagen unter dem Versuchsdurchschnitt. Schwächen in der Standfestigkeit sind zu beachten.
Seit 2020 ist Lunabor zugelassen und erst seit 2022 steht sie dank stärkerer Vermehrungsaktivität auch der Praxis zur Verfügung. Sie zeigte sich bislang in den Versuchen ertragsstark bei allerdings geringeren RP-Gehalten als das übrige geprüfte Sortiment.
Probor erzielte sowohl ein- als auch mehrjährig nur unterdurchschnittliche Erträge. Allerdings zählt sie mit den höchsten Rohproteingehalten und entsprechend guten Rohproteinerträgen zu den Sorten, die insbesondere von Betrieben mit eigener Tierhaltung bislang gerne angebaut werden. Der starke Rückgang in den Vermehrungszahlen zeigt allerdings, dass künftig der höhere Kornertrag der neueren Sorten stärker bevorzugt wird.
Boruta als einzige endständige Sorte im LSV-Sortiment erzielte über die Jahre hinweg streuende, im Vergleich zu den neueren verzweigten Sorten eher unterdurchschnittliche Erträge bei leicht überdurchschnittlichen Rohproteingehalten. Für den Anbau endständiger Sorten ist Boruta nach wie vor erste und einzige Wahl.
Weiße Lupinen
Die beiden nunmehr dreijährig geprüften Sorten Frieda und Celina sind derzeit die einzigen als anthraknosetolerant eingestuften und vom BSA beschriebenen Sorten der Weißen Lupine. Insbesondere Celina konnte die vom BSA bewertete hohe Ertragsleistung durch die Ergebnisse im norddeutschen Raum bestätigen. Ebenso erreichten beide Sorten deutlich höhere Rohproteingehalte als die Schmalblättrigen Lupinen. Die Toleranz gegenüber Anthraknose ist ein Grund für die Anbauausdehnung speziell bei den Weißen Lupinen.
Zusammenfassung
Die politischen Änderungen im Bereich der GAP-Reformen und die schwankenden und tendenziell steigenden Düngerpreise verschaffen den Leguminosen eine steigende Bedeutung, auch im konventionellen Anbau. Hinzu kommt die zunehmende Nachfrage nach heimischer Eiweißproduktion sowohl in der Fütterung als auch für die Erzeugung von Nahrungsmitteln. Hier könnten künftig auch die Lupinen, vor allem die Weißen, einen Beitrag leisten. Die Entwicklung von Sorten mit steigenden Korn- und besonders Rohproteinerträgen sowie niedrigen Alkaloidgehalten verbessern die Chancen hierfür deutlich, entsprechende preisliche Anreize fördern die Vermarktung und die Wirtschaftlichkeit des Lupinenanbaus. Bei der ökonomischen Betrachtung dürfen die positiven Effekte der Lupinen auch auf die Folgefrüchte nicht außer Acht gelassen werden, denn sie mindern die Düngerkosten durch ihre Fähigkeit, mit Hilfe von Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft zu binden und tragen zur N-Versorgung der folgenden Kultur bei. Zudem fördern sie die Bodengare.
Bereits vor dem Anbau von Lupinen ist es ratsam, sich um den Absatz des Erntegutes zu kümmern. Falls die Verwertung nicht im eigenen Betrieb erfolgt, sollte vorab ein Abnehmer gefunden werden, mit dem auch eine Absprache über Qualitätsanforderungen und die Bezahlung getroffen wird.
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