Ökolandbau – als attraktive Option
Die Bewirtschaftung von Flächen nach den Prinzipien des Ökologischen Landbaus ist mittlerweile eine breit akzeptierte Maßnahme, um die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft insgesamt voranzubringen. Entsprechend wird die Umstellung auf den Ökolandbau in Niedersachsen auch gefördert. Die offiziellen aktuellen Zahlen weisen für Niedersachsen mit 6% Ökofläche weiterhin einen positiven Trend aus.
Die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Niedersachsen und die Anzahl der Betriebe nimmt langsam aber stetig zu. Nach der offiziellen Statistik des Bundesamts für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wurden in Niedersachsen im Jahr 2023 6% der landwirtschaftlichen Nutzfläche ökologisch bewirtschaftet. Dies sind 6.102 ha und 40 Betriebe mehr als im Vorjahr (Abb.1).
Betrachtet man den Trend über alle Bundesländer so entspricht die Entwicklung in Niedersachen mit 0,2% Wachstum dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Insgesamt liegt die ökologisch bewirtschaftete Fläche in Deutschland bei 14,4 %. Nur in 9 Bundesländern und den Stadtstaaten stieg die ökologisch bewirtschaftete Fläche im letzten Jahr oder war zumindest unverändert geblieben. Im Saarland, in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen war ein leichter Rückgang zu beobachten. Gemessen am prozentualen Flächenanteil ist Niedersachsen zwar weiterhin Schlusslicht bei den Flächenländern, bezogen auf die absolute Fläche steht Niedersachsen allerdings bundesweit an 5. Stelle (Tab. 1).
Mehr Anträge als Umstellung
Die im Rahmen der neuen GAP-Förderung 2023 gestellten Förderanträge hatten einen hohen Flächenzuwachs im Ökolandbau erwarten lassen. Die Antragsfläche lag zum Stichtag am 15.05.2023 knapp 9.000 ha über der Fläche, die am Ende des Jahres von der BLE tatsächlich ermittelt wurde. In der Vergangenheit gab es noch nie eine so große Diskrepanz zwischen den über die Agrarförderung beantragten Ökoflächen und der offiziellen Flächenerhebung über die BLE (Tab. 2).
Diese Diskrepanz sorgte an der ein oder anderen Stelle für Verwirrung. Auch in diesem Jahr zeigen die Antragszahlen der LWK wieder einen deutlich positiven Trend: die Ökofläche könnte demnach in 2024 insgesamt auf knapp 167.000 ha steigen. Aufgrund der Erfahrung des letzten Jahres ist allerdings zu vermuten, dass die diese Zahl auch in diesem Jahr nur das Potenzial der möglichen Umstellungen abbildet und die real umgestellte Fläche am Ende des Jahres darunter liegen wird. Folgende Gründe und Konstellationen lassen sich dafür zusammenfassen.
Prämien nutzen
Mit der neuen GAP wurden auch die niedersächsischen Prämien für die Einführung und Beibehaltung des Ökologischen Landbaus bei Ackerbau, Dauerkulturen und Dauergrünland erhöht. Besonders die Einführungsprämie für Dauergrünland wurde deutlich auf nun 609 €/ha angehoben. Damit ist eine Umstellung insbesondere von extensivem Grünland auf Ökologischen Landbau besonders attraktiv. Dass die Betriebe diese Fördermöglichkeit auch nutzen möchten, zeigten bereits die Antragszahlen im letzten Jahr. Über 10.000 ha mehr Grünlandfläche war im Vergleich zum Jahr 2022 beantragt worden. In diesem Jahr kommen noch einmal 1.300 ha hinzu (Abb. 2). Ein häufiger Grund, dass die Flächen nicht umgestellt wurden, wird darin liegen, dass die von den Betrieben berechneten Prämienerwartungen nicht mit den über den tatsächlich bewilligungsfähigen Prämien liegen. Ebenfalls mussten bei manchen Betrieben erst strukturelle Voraussetzungen geschaffen werden, wie z.B. eine Betriebsteilung. Diese Betriebe haben in diesem Jahr dann einen erneuten Antrag gestellt.
Neben den Grünland-Betrieben beschäftigen sich aber auch Marktfruchtbetriebe mit der Umstellung. Neben der Prämienkalkulation, muss hier die Betriebswirtschaft besonders berücksichtigt werden. Diese ist auch für etablierte Ökobetriebe derzeit nicht einfach.
Bio-Boom ist abgeflaut
Die wirtschaftliche Situation vieler Biobetriebe war in den letzten zwei Jahren aufgrund der geringen Nachfrage von Bioprodukten angespannt. Hinzukommt das zweite Jahr in Folge, in dem aufgrund der Witterung zumindest in den Druschfrüchten nur mittlere bis unterdurchschnittliche Erträge zu verzeichnen sind. Auch wenn in diesem Jahr die Qualitäten etwas besser als im Vorjahr sind, sind die Preise noch nicht dort, wo die Öko-Erzeuger sie gerne sehen würden. Wenn keine Lagerkapazitäten bestanden, musste im letzten Jahr zudem die ein oder andere Partie als konventionelle Ware verkauft werden. Im Milch- und Schweinebereich ist die wirtschaftliche Situation in den konventionellen Betrieben momentan gut und sehr auskömmlich. Die Nachfrage nach zusätzlicher Biomilch oder zusätzlichem Schweinefleisch aus ökologischer Haltung ist überschaubar. Auch wenn die Nachfrage nach Bioprodukten nach Erhebungen der GfK in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr wieder angestiegen ist, ist die Marktresonanz noch nicht durchschlagend. Kurz: die ökonomischen Anreize, die durch die höheren Erzeugerpreise für ökologische Erzeugnisse noch vor einigen Jahren eine Umstellung auf den Ökologischen Landbau attraktiv gemacht haben, sind derzeit kaum vorhanden. Vor allem Marktfruchtbetriebe, die sich mit einer Umstellung auf Ökologischen Landbau beschäftigen, haben aufgrund der weiterhin unbefriedigenden Marktlage derzeit wenige ökonomische Anreize die Umstellung zu realisieren.
Öko aus Überzeugung
Ja, es gibt sie, die Marktfrucht- oder Sonderkulturbetriebe, die trotz der widrigen Marktsituation, in den Ökolandbau einsteigen. Schlichtweg, weil die Betriebsleiterinnen oder Betriebsleiter vom Ökologischen Landbau überzeugt sind und produktionstechnische Alternativen suchen. Allerdings sind es wenige Betriebe, die diesen Schritt in diesen Zeiten wagen. Hier handelt es sich um Betriebsleitende, die genau wissen, worauf sie sich einlassen. Die Fruchtfolge wurde erweitert geplant und soll durch weitere Kulturen ergänzt werden, die Vermarktungswege wurden im Vorfeld geklärt oder der Betrieb hinsichtlich der Vermarktung auch neu aufgestellt. Um das ökonomische Risiko zu minimieren, wurden in der Regel bereits Verträge geschlossen, der Bezug von Wirtschaftsdünger und der Beitritt zu einem Bioverband wurden geklärt. Unter der Begleitung einer Beraterin oder eines Beraters wurde und wird der Betrieb gewissenhaft auf die Umstellung vorbereitet, was auch die Betriebsteilung und/oder schrittweise Umstellung der einzelnen Betriebszweige beinhalten kann. Da hier die Motivation für eine Umstellung nicht nur ökonomischer Natur ist, werden diese Betriebe in der Regel auch umgestellt.
Fehlende Information
Umgekehrt erleben wir allerdings auch, dass sich nicht jeder Betriebsleitende vor der Antragstellung mit den Anforderungen, die an den Ökologischen Landbau gestellt werden, beschäftigt hat. Die Produktion ökologischer Erzeugnisse ist über die VO (EU) 2018/848 streng geregelt. Die Vorgaben an die Nutzung von Weideflächen stellen besonders Betriebe, mit Pferde- oder gemischter Tierhaltung in kleineren Maßstäben, vor Herausforderungen. Auch die Vorgaben bei der Rinder- oder Schweinehaltung lassen sich in Altgebäuden häufig nicht oder nur unter erheblichen Aufwand realisieren. Die gesetzlichen Vorgaben werden einmal jährlich durch eine Kontrollstelle überprüft. Dies bedeutet zusätzliche Kosten für die Kontrollen und auch erhöhter Dokumentationsaufwand. Für viele Betriebe stellt sich daher im Laufe des Jahres heraus, dass eine Umstellung für sie nicht möglich ist, weil sie bestimmte Vorgaben nicht einhalten können oder eine Umstellung aufgrund des erhöhten Aufwandes nicht wirtschaftlich ist.
Die realistische Erwartung
Die Antragszahlen dieses Jahres sind größtenteils noch als die Ausläufer der Welle zu sehen, die die neuen Flächenprämien im Ökolandbau letztes Jahr ausgelöst hat. Wir erwarten, dass auch in diesem Jahr die Anzahl der Betriebe, die landwirtschaftliche Flächen ökologisch bewirtschaften und auch der Anteil der Ökofläche weiter steigen wird. Auch in diesem Jahr gehen wir davon aus, dass nicht alle Betriebe, die den Antrag auf eine Ökoprämie gestellt haben, die Umstellung realisieren werden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sie sich die Antrags- und die realisierten Umstellungszahlen in den nächsten zwei Jahren wieder deutlich angleichen werden.
Kontakte
Dr. Alexandra Wichura
Leiterin Fachbereich Ökologischer Landbau
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