Dr. Hendrik Führs
Leiter Fachbereich Beratung und Qualitätsmanagement im Gartenbau
Ausgangslage
Im Freilandgemüsebau steht die Erzeugung von ausreichenden Produktqualitäten im Vordergrund. Dafür ist ein entsprechender Ressourceneinsatz notwendig. Stickstoff ist ein wichtiger Nährstoff mit Blick auf die Erzeugung guter Qualitäten. Dieser Nährstoff ist aber auch umweltrelevant. Welche Potentiale gibt es zur Reduzierung von Stickstoffüberschüssen im Freilandgemüsebau?
Zielsetzung
Ziel des Projektes ist es, die Möglichkeiten der Einsparung von Düngemitteln im Freilandgemüsebau durch Verfahren der teilflächenspezifischen Düngung zu eruieren. Durch die Kombination neuester Technik (Ausbringung, bildgebende Verfahren) sowie Boden- und Pflanzenuntersuchungen wird eine optimale Verteilung der Düngemittel auf der Fläche zur Erreichung der am Markt notwendigen Produktqualitäten untersucht.
Projektdurchführung
Die Innovation liegt in der Anwendung neuer Techniken. Die Nutzung eines teilflächenspezifischen Düngemanagements bei Kulturen wie Brokkoli und Eissalat mit Hilfe bildgebender Sensorik zur Reduzierung der N-Überhänge hat bisher nicht stattgefunden. Die zur Verfügung stehenden Techniken werden in dem Projekt auf diese Nutzung hin kalibriert und unter realistischen Feldbedingungen ausprobiert und bewertet. Dabei steht die praktische Umsetzung und die Machbarkeit auf den Gemüsebetrieben im Mittelpunkt.
Leiter Fachbereich Beratung und Qualitätsmanagement im Gartenbau
Beraterin Prozessqualität im Gartenbau
Nach drei Jahren Projektlaufzeit (13.02.2020 – 30.04.2023) des EIP-Agri Projekts RESIDUE steht nun der Abschlussbericht online zu Verfügung.
Das Projekt hat die Möglichkeiten zur Steigerung der Stickstoffeffizienz im Freilandgemüsebau durch den Einsatz einer teilflächenspezifischen Düngung untersucht. Dabei wurde moderne bildgebende Sensorik in Form von Drohnen- und Satellitentechnik eingesetzt. Als Beispielkulturen dienten Brokkoli und Eissalat.
Es wurde ein praxisnaher „on-farm-research“ Ansatz gewählt und die Versuche direkt auf den Flächen der beiden beteiligten Praxisbetriebe durchgeführt. Als Technikexperten waren Agrarpohl und Agravis Netfarming mit an Bord. Die Leitung und Koordination oblag der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Unterstützt wurde das Projekt zudem durch den Verbund Transformationsforschung Agrar Niedersachsen sowie das Gartenbaukompetenzzentrum Mecklenburg-Vorpommern.
Teilflächenspezifische Düngung wird im Ackerbau bereits seit einigen Jahren erforscht und stetig weiterentwickelt. Für den Freilandgemüsebau stehen bisher jedoch erst wenig Erfahrungswerte mit dieser precision-farming-Technik zur Verfügung. Das Projekt bildet daher eine wichtige Daten- und Erfahrungsgrundlage.
Neben den Möglichkeiten wurden im Rahmen des Projekts jedoch auch die Grenzen bzw. kritischen Fragestellungen aufgedeckt. Besonders die Vielfalt der angebauten Kulturen, Kulturverfahren und Sorten des Freilandgemüsebaus stellen eine Herausforderung zur Etablierung dieses Systems dar.
Eine umfassende Beschreibung des Projekts und der durchgeführten Versuche finden Sie hier den Abschlussbericht zum Download.
Im Rahmen des EIP-Projektes RESIDUE hat am 22. Juli 2021 der Feldtag „Digitales Nährstoffmanagement im Gemüsebau“ stattgefunden. Dabei konnten sich interessierte Besucher*innen aus Agrarwirtschaft, Forschung und Praxis über die Möglichkeiten und Grenzen der teilflächenspezifischen Düngung für den Freilandgemüsebau informieren.
Technikfans kamen bei den beiden Projektpartnern Agrarpohl und Agravis Netfarming auf ihre Kosten: während Agrarpohl ihr Angebot der Drohnenbefliegungen und Geodatenservices vorstellten, konnten sich die Besucher*innen am Stand von Agravis Netfarming über die Vorteile der teilflächenspezifischen Düngung mit Hilfe von Satellitenkarten informieren und einen Traktor mit Fritzmeier-Sensor und passender Düngetechnik näher in Augenschein nehmen.
Den Part der Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung bildet im Projekt die Wissenschaftliche Koordinierungsstelle Transformationsforschung Agrar Niedersachsen (trafo:agrar) der Universität Vechta. Als Ansprechstation für Akteur*innen aus Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft setzen sie sich dafür ein, dass innovative Ideen für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Agrar- und Ernährungswirtschaft in die Praxis umgesetzt werden können.
Als wichtiger weiterer Baustein, um die Digitalisierung in der Landwirtschaft voranzubringen, war der Schulungs-LKW des Praxislabors Digitaler Ackerbau auf dem Feldtag zu Gast. Im Praxislabor, welches auf dem Versuchsgut der Landwirtschaftskammer in Schickelsheim angesiedelt ist, werden die unterschiedlichen Entwicklungen des digitalen Ackerbaus auf Praxisflächen untersucht und auf Herz und Nieren getestet. So kann eine Beratung der Praxis auf Grundlage eigener Versuche gewährleistet werden. Das Angebot reicht dabei von der digitalen Ackerschlagkartei bis zum neuesten Exemplar des Pneumatik-Düngerstreuers. Der Schulungs-Truck als mobiler Infostand soll dabei Praktiker und Berufsschüler auf dem neuesten Stand des Wissens und der Technik halten und auch die junge Generation mit diesem breiten und sich stetig weiterentwickelnden Themenfeld vertraut machen.
Als Zwischenfazit der bisherigen Versuche kann festgehalten werden, dass vor allem vor dem Hintergrund der Vielfalt der gemüsebaulichen Kulturen noch einige Forschungsarbeit notwendig ist, um eine ausreichende Datengrundlage für die teilflächenspezifische Düngung im Freilandgemüsebau zu generieren. Dennoch handelt es sich um ein vielversprechendes Verfahren, um im Gemüsebau sowohl den Herausforderungen des Düngerechts einerseits und den Qualitätsstandards des Handels andererseits begegnen zu können.
Unser herzlicher Dank richtet sich an alle Ausstellenden, Vortragenden und Gäste für die Organisation, Präsentation, Bereitstellung der Fläche und den regen Austausch. Dies alles hat zu einer rundum gelungenen Veranstaltung beigetragen!
Weitere Informationen über das Projekt finden Sie hier:
https://projekte.eip-nds.de/schlusseltechnologien/residue-effizienter-duengeeinsatz-von-stickstoff-im-gemuesebau/
„Ist eine teilflächenspezifische Düngung mithilfe bildgebender Sensorik auch im Freilandgemüsebau nutzbar und inwieweit kann durch dieses Verfahren der Stickstoffeinsatz reduziert werden?“ Dieser Frage geht das von der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) geförderte Projekt RESIDUE nach, welches der Fachbereich „Beratung und Qualitätsmanagement im Gartenbau“ der LWK Niedersachsen koordiniert.
1. Hintergrund
Nach derzeitigem Stand liegen etwa 95% der Anbauflächen für Freilandgemüse in Niedersachsen in den sogenannten „Roten Gebieten“. In diesen Gebieten darf nach aktuellem Düngerecht ab 2021 nur noch 20 % unterhalb des zuvor ermittelten Stickstoff-Düngebedarfes gedüngt werden. Bei Gartenbauprodukten ist zwar auch der mengenmäßige Ertrag von Bedeutung, wichtiger ist aber noch die Qualität der Produkte. Wenn die Qualitätskriterien des Handels hinsichtlich Größe, Gewicht und Farbe durch geringere Stickstoffgaben nicht mehr erfüllt werden können, kann dies zum Totalausfall der Kulturen führen.
Teilflächenspezifische Düngung kann eine wirksame Maßnahme sein, um die Stickstoffdüngung zu reduzieren und Nährstoffverlusten vorzubeugen. Während die Technik im Ackerbau bereits seit einigen Jahren erforscht und stetig weiterentwickelt wird, steckt dieser Precision Farming-Ansatz im Freilandgemüsebau bisher noch in den Kinderschuhen. Die Vielfalt der Kulturen und die vielen verschiedenen Anbauverfahren erschweren hier die Erforschung und Umsetzung.
Im Rahmen des von der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) geförderten Projekts RESIDUE werden die Möglichkeiten dieser innovativen Technik für den Freilandgemüsebau näher untersucht. Ziel des Projektes ist es, mit einem „On-farm-research“-Ansatz praxistaugliche Maßnahmen zu entwickeln, mit denen Produzent*innen die Stickstoffdüngung reduzieren und gleichzeitig die vom Handel geforderten Qualitäten erfüllen können.
2. Material und Methodik
Am Beispiel der beiden Kulturen Brokkoli und Eissalat werden Versuche auf gemüsebaulichen Flächen zweier Praxisbetriebe durchgeführt.
Mithilfe von Drohnenbefliegungen wird zunächst die Reflexion des Pflanzenbestandes gemessen und daraus verschiedene Pflanzenindices erstellt. Diese geben Aufschluss über den aktuellen Stickstoff-Versorgungszustand der Pflanzen, sodass Teilflächen mit vergleichbaren Nährstoffbedarfen identifiziert werden können. Die Bilddaten werden anhand von Boden- und Pflanzenanalysen kalibriert. Ziel ist es, Applikationskarten für eine teilflächenspezifische Stickstoffdüngung zu erstellen. Auf die Gesamtfläche gerechnet kann so der Stickstoffeinsatz reduziert werden.
Die Auswertung von Satellitenbildern der vorangegangenen Fruchtfolgen und anschließende Einteilung der Fläche in unterschiedliche Ertragszonen bildet einen weiteren Baustein des Projekts. Ausgehend von teilflächenspezifischen Bodenanalysen werden Streukarten erstellt, die eine teilflächenspezifische Anpassung der Grunddüngung (Kalium, Phosphor, Magnesium, pH) ermöglichen. So werden homogenere Ausgangsbedingungen für das Pflanzenwachstum geschaffen und Ertragsunterschiede im Schlag reduziert.
Auch auf Ebene der Applikationsverfahren gibt es Einsparmöglichkeiten, die im Projekt untersucht werden. Der Fokus liegt hierbei auf einer präziseren Nährstoffapplikation durch Streifen- und Blattdüngung.
3. Projektpartner & -laufzeit
Zur Bearbeitung des Projektes haben sich neben der Landwirtschaftskammer Niedersachsen folgende Projektteilnehmer zu einer Operationellen Gruppe zusammengeschlossen:
Vollständiger Projekttitel: Nachhaltige Ressourcennutzung durch Reduzierung der Stickstoffzufuhr mittels teilflächenspezifischem Düngemanagement bei den Kulturen Brokkoli und Eissalat mit Hilfe bildgebender Sensorik
Projektlaufzeit: 36 Monate
Bewilligungszeitraum: 13.02.2020 bis 30.04.2023
Was ist EIP-Agri?
In der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP Agri) arbeiten Landwirte, Berater, Wissenschaftler und andere Akteure entlang der Wertschöpfungskette in einer Operationellen Gruppe (OG) zusammen. Eine Problemstellung wird durch innovative Lösungsansätze aus der landwirtschaftlichen Praxis heraus bearbeitet. Ziel ist ein intensiver Wissensaustausch in der nachhaltigen und produktiven Land- und Forstwirtschaft. Die Produktivität soll bei ressourcenschonendem Vorgehen, Schutz der Umwelt und Effizienzsteigerung bestehen bleiben.
Gefördert im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft“ (EIP Agri).