Fütterung und Stallmanagement wichtige Stellschrauben beim Klimaschutz
Fachtagung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen befasst sich mit Umgang mit Emissionen aus der Tierhaltung
Der LWK-Geschäftsbereich Landwirtschaft und das LWK-Analytikunternehmen LUFA Nord-West hatten dazu den Fokus auf Forschungs- und Versuchsergebnisse gesetzt, die durch die aktuelle TA Luft von besonderer Bedeutung sind. Für die Tierhaltung steht hier insbesondere die Forderung nach der Absenkung der Ammoniakemissionen im Vordergrund, zu der sich Deutschland in der EU vertraglich verpflichtet hat.
Post von der Genehmigungsbehörde
Viele tierhaltenden Betriebe – dabei handelt es sich um nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Betriebe – sind in den vergangenen Monaten im Zuge der Umsetzungsverpflichtungen der TA Luft von ihren Genehmigungsbehörden angeschrieben und aufgefordert worden, den Status Quo ihrer emissionsmindernden Maßnahmen darzustellen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, die gestiegenen Anforderungen auf den Betrieben entsprechend den festgesetzten Fristen zu erfüllen. Viele Fragen sind dadurch hochgekommen, wie die Anforderungen umgesetzt werden können und ob die Tierhaltung angesichts der steigenden Kosten damit in Zukunft noch tragfähig ist.
Ausweg aus Installations-Pflicht
Die neue TA Luft eröffnet die Möglichkeit aus der verpflichtenden Installation von Abluftreinigungsanlagen auszusteigen, indem vorhandene oder neue Ställe zu qualitätsgesicherten, dem Tierwohl dienenden Tierwohlställen umgebaut werden. Dabei handelt es sich um Verfahren, die einerseits das Emissionsniveau des Referenzhaltungsverfahrens (z.B. Mastschweinehaltung in geschlossenen, zwangsbelüfteten Ställen mit Einsatz einer stark N-/P-reduzierten Fütterung) um mind. 33 % unterschreiten und darüber hinaus im Hinblick auf die Haltungsaspekte vom Gesetzgeber als nachweislich dem Tierwohl dienend eingestuft worden sind. Da bislang nur zwei Außenklimaställe für Mastschweine anerkannt sind, wäre es nach Ansicht vieler Fachleute wünschenswert, wenn weitere Haltungsverfahren aufgenommen würden und in allen Tierkategorien eine Auswahl zur Verfügung stünde.
Auf der Tagung wurden Versuchsergebnisse vorgestellt, die das Ressort Tier, Technik, Bauen des LWK-Geschäftsbereiches Landwirtschaft und die Emissionsmessstelle der LUFA Nord-West im Institut für Boden und Umwelt in den zurückliegenden Jahren – oft in enger Kooperation – erarbeitet haben. Die Ergebnisse zeigen, dass allein durch die Fütterung die Ammoniakemissionen und durch Indoormaßnahmen, z. B. im Bereich der Entmistung, auch Ammoniak- und Staubemissionen gesenkt werden können.
Mit einem weiterentwickelten Außenklimastall, der Ansprüche des Tierwohls berücksichtigt und über einen Auslauf verfügt, lassen sich laut LUFA Nord-West die Geruchs- und Ammoniakemissionen gegenüber konventionellen, zwangsbelüfteten Ställen ebenfalls senken, so dass Tierwohl und Umweltschutz hier keinen Widerspruch darstellen. „Mit Blick auf die konkreten Analyse-Ergebnisse und aufgrund der sehr hohen Datengüte halten wir es für zweckmäßig, dass die sehr stark Stickstoff- und Phosphor-reduzierte Fütterung sowie ein verbessertes Einstreumanagement als Minderungsansätze anerkannt werden können“, sagte Dr. Marc-Alexander Lieboldt, Leiter des LWK-Fachbereichs Tierzucht, Tierhaltung, Versuchswesen.
Einsparpotenzial beim Abluft-Konzept
Weiter wurde auf der Tagung gezeigt, dass durch eine in der Hähnchenmast die Abluftreinigungsanlagen nur halb so groß gebaut werden können. Wie der Name es schon andeutet, wird hier nur ein Teil (quasi nur eine Grundlast) des aus dem Stall abzuführenden Luftvolumenstromes hinsichtlich seiner Abluftbestandteile gereinigt, um Investitions- und Betriebskosten einzusparen. Dabei sind die Mindestanforderungen, z. B. 70 % Ammoniakminderung, weiterhin zu gewährleisten. Darüber hinaus wurden Maßnahmen wie die mehrmalige Kotbandräumung und Trockenentstaubung in der Legehennenhaltung vorgestellt, die zwar noch nicht abschließend erprobt und untersucht, aber als Perspektiven für die Zukunft anzusehen sind.
Zwei weitere Vorträge von der Universität Kiel zu den Möglichkeiten der Emissionsminderung durch Ureaseinhibitoren, einer Substanzklasse, die die Bildung von Ammoniak in Kot-Harn-Gemischen reduziert, und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen zur Geruchsimmissionsbelastung von eingestreuten Tierwohlställen ergänzten das Programm.
Die Kernaussagen der Referenten:
Weniger Ammoniak durch spezielle Fütterung
„Eine eng am Bedarf der Tiere ausgerichtete Proteinversorgung stellt eine zentrale Stellschraube dar, um Ammoniakemissionen durch eine verminderte Stickstoffausscheidung der Tiere unmittelbar zu vermeiden. Die LWK untersuchte in den zurückliegenden Jahren die Wirkung einer sehr stark N-/P-reduzierten Fütterung bei Mastschweinen. Im Prüfkonzept des ,Transparenten Maststalls der ehemaligen Leistungsprüfungsanstalt für Schweine in Quakenbrück-Vehr wurde ein Ammoniakemissionsfaktor für diese Fütterungsstrategie hergeleitet, der den bisherigen Referenzwert der TA Luft für eine stark N-/P-reduzierte Fütterung um weitere zwölf Prozent unterschreitet. Die Reduzierung von Ammoniakemissionen über die Fütterung ist aus sowohl ökonomischer als auch ökologischer Sicht für Umwelt und Tierwohl zielführender und nachhaltiger als durch ihre spätere Minderung mittels technischer Einrichtungen.“
Dr. Marc-Alexander Lieboldt, bei der LWK Leiter des Fachbereichs Tierzucht, Tierhaltung, Versuchswesen
Gezielte Maßnahmen im Stall
„In Geflügelställen kann durch gezielte Maßnahmen, beispielsweise durch eine saure Einstreu in Masthähnchenställen oder die dreimalige Kotbandräumung im Legehennenstall, bereits der Ammoniakanteil um mehr als 70 Prozent vermindert werden.“
Julian Markus, Institut für Boden und Umwelt der LUFA Nord-West
Positive Überraschung bei Außenklimaställen
„Unsere Auswertungen von Geruchsbegehungen (Fahnenmessungen) akkreditierter Messstellen an drei Außenklima-Schweinemastställen haben gezeigt, dass diese Ställe deutlich geringer emittieren als prognostiziert beziehungsweise die Fahnengrenze beziehungsweise die Ausdehnung der Abluft aus den Ställen deutlich geringer ausfällt.“
Andreas Weidmann-Rose, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen
„Messungen an freibelüfteten Außenklimaställen zeigen, dass die Werte der TA Luft von 2,43 kg/(Tierplatz × a) nach Anhang 1 bzw. 1,95 kg/(Tierplatz × a) mit N/P-reduzierter Fütterung nach Anhang 11 auch auf Außenklimaställe mit Auslauf (Spalten) bezogen werden können.“
Lars Broer, bei der LUFA Nord-West Leiter der Emissions- und Immissionsmessstelle
Mehr Unterstützung bei Betrieb von Abluftanlagen
„Das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft geförderte Verbundprojekt Aratranzgut des Thünen-Institutes für Agrartechnologie in Braunschweig und der LUFA Nord-West hat gezeigt, dass Abluftreinigungsanlagen generell geeignet sind, die vorgeschriebene Reinigungsleistung zu erbringen. Durch die Auswertung der elektronischen Betriebstagebücher (EBTB) stellte sich heraus, dass 78 Prozent der Anlagen außerhalb der Vor-Ort-Messzeiträume nicht zuverlässig betrieben wurden. Die Landkreise Cloppenburg und Vechta heben sich im Rahmen der Auswertungen der EBTB jedoch mit 73 und 66 Prozent bestandene Funktionsprüfungen vom bundesweiten Schnitt ab. Es stellte sich aber auch heraus, dass die Anlagenbetreiber bei ihrer täglichen Kontrolle nicht die Möglichkeit haben, zu prüfen, ob ihre Anlage einwandfrei funktioniert. Um dem Betreiber eine Überwachung bzw. Visualisierung des Betriebes seiner Anlage zu ermöglichen, kann eine autarke, zielgasbasierte Funktionsprüfung (Messtechnik und Messort müssen von der Messstelle verplombt und gesichert werden) mit NH3-Sensoren in Roh- und Reingas eine Möglichkeit darstellen.“
Lars Broer, bei der LUFA Nord-West Leiter der Emissions- und Immissionsmessstelle
Nachrüstung nicht überall umsetzbar oder notwendig
„In knapp zweieinhalb Jahren läuft der erste Zeitraum zur Erfüllung von Nachrüstungsverpflichtungen der TA Luft ab. Ein wesentlicher Punkt ist hierbei die Nachrüstungsverpflichtung zur Abluftreinigung bei großen genehmigungsbedürftigen Anlagen. Es wurde dargestellt, dass bei kleinen Stallanlagen innerhalb großer genehmigungsbedürftiger Anlagen die Nachrüstung von vornherein als unverhältnismäßig zu beurteilen ist und dies auch bei großen Stallanlagen aufgrund der unverhältnismäßig hohen Nachrüstungskosten der Fall sein kann oder bereits an den vorliegenden technisch-baulichen Verhältnissen scheitert.
Eine Nachrüstung kann in der Schweinemast darüber hinaus entfallen, wenn in dem betroffenen Stall ein qualitätsgesichertes, dem Tierwohl dienendes Haltungsverfahren umgesetzt wird. Wenn sich in den kommenden anderthalb Jahren zielführende Ergebnisse bei qualitätsgesicherten Untersuchungen zu weiterführenden emissionsmindernden Techniken (zum Beispiel mechanische Entstaubung in der Geflügelhaltung, häufigere Kotbandräumung in der Volierenhaltung von Legehennen) darstellen lassen, könnten sich auch dadurch Alternativen zum Einsatz der Abluftreinigung abzeichnen. Schon jetzt sehr gute Aussichten hierfür ergeben sich in der Masthähnchenhaltung bei Einsatz von ImproBed©, einem ammoniakmindernden Einstreukonzept.“
Friedrich Arends, bei der LWK Leiter des Sachgebiets Immissionsschutz
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