Entwurmen, aber richtig!
Jeder, der Schafe und/oder Ziegen hält, muss sich früher oder später mit dem Thema Entwurmung befassen. Weil dabei viel falsch gemacht werden kann, vermittelt dieser Artikel die Grundlagen aus der Sicht des Schaf- und Ziegengesundheitsdienstes, so dass das Problem eigentlich kein Problem ist.
Bei der Verwurmung spielt die Herdengröße – ob 10 oder 1000 Mutterschafe – keine Rolle, denn die Würmer haben sich im Laufe der Zeit den Verdauungstrakt unserer kleinen Wiederkäuer als Lebensraum erobert und werden den nicht so leicht aufgeben!
Das bedeutet, dass es faktisch kein Schaf und keine Ziege gibt, in deren Körper sich, unter normalen Bedingungen gehalten, keine Innenparasiten befinden. Das ist auch gar nicht nötig, denn die Tiere haben mit Hilfe ihres Immunsystems ebenfalls im Laufe der Zeit relativ wirksame Waffen gegen den Wurmbefall entwickelt. Ein gesundes Schaf/eine gesunde Ziege ab einem Alter von ca. zwei Jahren ist in der Lage, über die körpereigene Abwehr eine geringgradige Wurmbürde auch mittelfristig gering zu halten.
Der Job des Tierhalters ist es demnach – einfach gesagt – die Wurmbelastung zu „managen“, zu kontrollieren, also so gering zu halten, dass die Tiere keinen gesundheitlichen Schaden durch die Parasiten erfahren. Dazu gibt es viele verschiedene, auch wissenschaftliche Ansätze wie Teilherdenbehandlungen, Einzeltierbehandlungen, Weidemanagement usw. Das alles ist sicherlich in den verschiedenen Fällen anwendbar.
Trotzdem muss aus Sicht des Schaf- und Ziegengesundheitsdienstes darauf hingewiesen werden, dass es gewisse Grundlagen zu beherzigen gibt, um ein kluges und erfolgreiches Entwurmungsmanagement betreiben zu können.
Der Tierarzt sowie auch der Tierhalter sollten zumindest grob schematisch über einige Kenntnisse der verschiedenen Wurmarten sowie der gängigen Wurmmittel verfügen.
Dass die Kontrolle der Wurmbürde nicht immer gelingt, belegen die Todesursachenstatistiken: Die Verwurmung stellt neben Lungenentzündung und Clostridiosen (Breinierenerkrankung, Tetanus u.a.) die häufigste Todesursache dar. Es gibt grob schematisch drei Wurmarten, die den Tieren und uns das Leben schwer machen. Sie gelangen in der Regel auf oralem Wege (über das Maul) in den Verdauungstrakt. Diese Würmer werden jeweils nach dem Ort des Hauptaufenthaltes ihrer erwachsenen Stadien benannt. Sie bohren sich in und durch die Magen- und Darmwände, machen z.T. Körperwanderungen, vermehren sich fröhlich und nehmen den Schafen von allem, was der Schäfer füttert, das meiste weg.
Die Tier leiden u. a. an
- wechselnden Durchfällen,
- Blutarmut,
- stumpfem Fell bzw. Vlies,
- Abmagerung durch Nährstoffmangel,
- bei länger andauernder hoher Belastung zunehmend an Krankheitsanfälligkeit
- und schließlich können sie auch sterben.
Ob und in welchem Ausmaß Würmer im Tier vorkommen, kann man relativ einfach mit der Analyse einer Kotprobe* feststellen lassen.
*Kotproben sammeln – aber richtig
Kotproben sollten entnommen werden
- beim Auftreten typischer Symptome;
- prophylaktisch im Frühjahr vor erstem Weidegang;
- grundsätzlich im Herbst (vor dem Einstallen);
- bei Leberegelverdacht auch im Spätherbst oder Frühwinter;
- bei Eingliederung von Zutretern/Zukauftieren in die Herde;
- zur Kontrolle in den Sommermonaten;
- nach einer Wurmbehandlung (ca. 10 Tage danach).
Die Proben werden am besten vorsichtig mit dem Einmalhandschuh oder durch Überstülpen einer Plastiktüte über die Hand direkt aus dem After der Schafe entnommen bzw. unmittelbar nach dem Kotabsatz (ohne Schmutz vom Boden, Einstreu usw.) eingesammelt, und zwar alsEinzelkotprobe von einem Einzeltier (vorzugsweise auffällige Tiere), es reichen etwa 10 „Bohnen“ (ca. 20 g), oder als Sammelkotprobe von drei bis fünf Tieren, die zusammengehalten werden, es reichen 20 bis 40 g (Portion in der Größe von 2-3 Walnüssen) für eine vollständige Parasitenuntersuchung.
Die Proben umgehend in einem auslauf- und bruchsicheren, beschrifteten Gefäß oder einer zugeknoteten Plastiktüte zum Untersuchungslabor senden. Bis zum Transport die Proben kühl lagern und vor allem vor Austrocknung schützen.
Wichtig ist die Beschriftung der Probe: welches Tier oder welche Tiergruppe (Altschafe, Jungschafe, Sauglämmer, Absetzlämmer (6. – 8. LW.). Auffälligkeiten (Tier hat seit 3 Tagen Durchfall,…), der Besitzer (Name, Anschrift) und sein Bestandtierarzt sowie auf welche Parameter untersucht werden soll.
So wird erfolgreich gegen Würmer behandelt:
- Bei der Auswahl der Medikamente stehen zunächst vier verschiedene Wirkstoffgruppen an Arzneimitteln gegen die unterschiedlichen Parasiten zur Verfügung (siehe unten).
- Alle diese Wirkstoffe werden von verschiedenen Firmen unter den unterschiedlichstenHandelsnamen hergestellt und sind verschreibungspflichtig, d.h. nur vom Tierarzt anzuwenden oder abzugeben.
- Überall gibt es Tabellen mit den Wirkstoffen, den Wurmarten und den Wartezeiten.
Die Würmer und die Mittel dagegen
Was ist denn nun eigentlich gemeint, wenn wir von Würmern, Wurmbefall, Wurmbürde, Innenparasitenbefall oder Endoparasitose sprechen?
Es gibt (grob schematisch und nur die wichtigsten genannt) drei Wurmarten:
- Rundwürmer: Magen-Darm-Würmer und Lungenwürmer
- Plattwürmer: Bandwürmer
- Saugwürmer: Leberegel
Man muss die einzelnen Wurmarten kennen!
Denn es gibt – grob schematisch – vier verschiedene Wirkstoffgruppen an Arzneimitteln gegen Würmer. Diese Wirkstoffe richten sich allerdings gegen unterschiedliche Wurmarten. Das bei der Auswahl der Medikamente unbedingt zu berücksichtigen. Die vier Wirkstoffgruppen:
- Benzimidazole: gegen Wurmarten der Gruppen 1 und 2, (der Wirkstoff Albendazol auch gegen erwachsene Stadien von 3).
- Levamisole: gegen Wurmarten der Gruppe 1
- Makrozyclische Lactone: gegen Wurmarten der Gruppe 1
- Monepantel: gegen Wurmarten der Gruppe 1
Zusätzlich gibt es noch mehrere „Einzel-Wirkstoffe“:
- Praziquantel: gegen Wurmarten der Gruppe 2,
- Triclabendazol und Closantel: gegen Wurmarten der Gruppe 3.
Das dargestellte Schema stellt eine starke, aber praktikable Vereinfachung dar.
Das Problem sind die Resistenzen.
Kompliziert wird es, wenn sich so genannte Resistenzen entwickelt haben. Das bedeutet, dass eine oder gar mehrere Wurmarten unempfindlich gegenüber einem oder mehreren Arzneimitteln geworden sind. Die eingesetzten Präparate wirken nicht.
Das ist im Fall des Einsatzes von Moxidectin gegen Bandwürmer ganz selbstverständlich, denn der Bandwurm hat eine natürliche Resistenz gegen diesen Magen-Darmwurm-Wirkstoff.
Sind allerdings Magen-Darmwürmer gegen Moxidectin unempfindlich (resistent), haben die Schafe ein Problem.
Dieses Problem zeigen die Tiere allerdings nicht immer offensichtlich, sondern hier muss Diagnostik erfolgen!
Den wirklichen Fachmann erkennt man daran, dass vor Auswahl und Einsatz eines Arzneimittels eine Diagnosestellung erfolgt:
- Bei einem Verdacht auf Parasitenbefall in einer Schaf- oder Ziegenherde bedeutet dieses, dass Kotuntersuchungen* erfolgen müssen!
- Man muss den Gesundheitsstatus der Herde kennen, d.h. sich ein Bild vom Ernährungszustand machen. Ist dieser überwiegend mäßig oder schlecht, besteht wahrscheinlich Handlungsbedarf.
- Man muss exemplarisch Einzeltiere untersuchen und ihre Schleimhautfarbe registrieren. Sind die Schleimhäute überwiegend blass, besteht wahrscheinlich Handlungsbedarf.
- Man muss in angemessener Zahl Kotuntersuchungen einleiten.
- Man muss wissen, wann zuletzt welches Mittel eingesetzt wurde. Diese Erfahrung muss in die Beratung einfließen. Die Diagnose resultiert aus der Summe der Einzelbefunde und ist dann die Basis für die gezielte Behandlung.
Das 1 x 1 einer erfolgreichen Behandlung
Die Wirkstoffe müssen bei Bedarf kontrolliert gewechselt werden. Und zwar zwischen den vier genannten Wirkstoffgruppen und NICHT innerhalb einer Gruppe! Dazu sind Erfolgskontrollen notwendig: Das ist eine erneute Kotuntersuchungen ca. 7 bis 14 Tage nach der Entwurmung! Wenn die wichtigste Information, nämlich die Kenntnis des Innenparasitenstatus der eigenen Herde, nicht in die Auswahl der eingesetzen Wurmmittel einfließt und der Erfolg der Maßnahme nicht überprüft wird, ist ein Scheitern vorprogrammiert.
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