Gänse halten, vom Gössel bis zur Schlachtgans
Gänse eignen sich ganz besonders für den landwirtschaftlichen Nebenerwerb sowie in Direktvermarktung und lassen sich gut mit überwiegend betriebseigenem Futter aufziehen. Allerdings müssen in Bezug auf Haltung, Gösselaufzucht, Auslaufgestaltung und Fütterung einige Dinge grundlegend beachtet werden. Gänse in Direktvermarktung können bei entsprechender Arbeit zu einem lukrativen Nebenverdienst werden, wenn vorher die Schlachtung bzw. Lohnschlachtung geklärt ist. Traditionell ist die Gans in Norddeutschland ein typisches Weihnachtsgeschäft, die Schlachtkapazitäten sind knapp und der größte Verdienst ist mit Frischware zu erzielen. In Süddeutschland und in den katholischen Regionen wird die Gans ab Sankt Martin verspeist. In diesem Beitrag sollen Kriterien zur Direktvermarktung von Gänsen aufgezeigt werden, insbesondere sollen Betriebe mit Weideflächen und Standorte mit Grünland angesprochen werden.
Der Auslauf
Im Handbuch für den praktischen Landwirt, dem Praktikus von 1921 steht geschrieben, dass Gänse ausgesprochene Pflanzenfresser sind und eine Haltung sich nur lohne, wenn den Tieren ein hinreichender Grünauslauf gewährt wird. Wenn auf einem Hektar nicht mehr als 100 Gänse gehalten werden, bleibt die Grasnarbe erhalten. Sollen Schlachtgänse gemästet werden, können bis 250 Stück je Hektar gehalten werden, ohne dass die Grasnarbe leidet. In den Intensivregionen der Gänsemast werden oftmals 1.000 Gänse je ha LF gehalten, hier leidet die Grasnarbe am Ende der Vegetationsperiode erheblich und die Fläche ist bei Schlachtreife „schwarz“.
Wer unter dem Begriff „Gänse aus bäuerliche Freilandhaltung“ vermarkten möchte, benötigt 15 m2 bewachsene und strukturierte Fläche je Tier. Das Grünland sollte Schattenstellen aufweisen, auch eine Scheune zur Übernachtung der Gänse wäre von Vorteil.
Auch Flächen mit Maisschläge sind bevorzugte Gänseausläufe. Unbewachsene Flächen ohne Beschattung bzw. Sonnenschutz sind abzulehnen. Schwimmwasser ist für die Gänsehaltung nicht notwendig, offenes Tränkewasser in KG-Rohren in den Ausläufen sind jedoch zweckmäßig. An sonnigen, trockenen und warmen Tagen sind die Gänsegössel schon ab der 1. Woche stundenweise an die am Stall gelegene Auslauffläche zu gewöhnen.
Der Tierbezug
Wenn Weihnachtsgänse als Frischware vermarktet werden sollen, dann sind die Gössel ab Mai bis Ende Juni einzustallen. Aus eigener Erfahrung würde ich 1 bis 2 Tage alte Gössel bevorzugen, diese Tiere sind nicht scheu und lassen sich leicht an den Tierpfleger und an den Stall prägen. Ältere, 3 Wochen alte Gänse, können sehr schreckhaft sein und da die Gans sensibel ist, werden von mir Gänse vor der Prägung bevorzugt. Die gesamte Gänsemast dauert 16 bis 24 Wochen. Man kann sich also leicht ausrechnen, wann die Gänse am besten eingestallt werden sollen. Aber: bei größeren Mengen sind die Gössel zu bestellen. Denn: Die Gans legt ihre Eier immer im Kurztag, ab Mai werden die Bruteier knapp und jeder Vermarkter will ab Mai Gänseküken haben. Gössel sind in Niedersachsen in speziellen Gänsezuchten zu erwerben. Führende Unternehmen befinden sich in Bakum, Cloppenburg, Lohne/ Brokdorf oder Dinklage. Auch in Ostwestfalen (Rietberg), am Niederrhein und in den neuen Bundesländer in Wermsdorf werden viele Gössel angeboten. Ich gebe einen mittelschweren Gänseschlag den Vorzug, der gibt als Weihnachtsbraten ein Schlachtgewicht von 3,5 – 4,5 kg, was einem Lebendgewicht von 6 – 8 kg entspricht. Dabei ist der Ganter immer schwerer als das weibliche Tier.
Die Fütterung
Die einfachste Fütterung der Gössel ist mit handelsüblichen Gänse- und Entenfutter aus dem Landhandel. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass das Futter frei von Kokzidiostatika ist. Begonnen wird mit Enten-/ Gänsestarterfutter und in der 2. Lebenswoche wird auf Entenaufzuchtfutter umgestellt.
Wenn ich ein altes Fachbuch zitieren darf, wird als erstes Futter für die Eintagsküken gekrümeltes Weißbrot mit zerkleinerten, hart gekochten Eiern empfohlen. Zusätzlich wird zerkleinertes Grünzeug aus Vogelmiere, Löwenzahn und Brennnesseln verabreicht. Eine zusätzliche Möglichkeit zur Fütterung der Gänse ist, sich das Aufzuchtfutter selbst herzustellen. Die Grundmischung besteht aus Weizen, Gerste, Mais, die Eiweisskomponenten könnten Bierhefe, Sojaextraktionsschrot, Sonnenblumenextraktionsschrot oder auch Molkenpulver bzw. Kartoffeleiweiß sein. Die Staubbindung wird durch 1 – 2 % Sojaöl erreicht. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, zu gleichen Teilen Legehennenalleinmehl und Getreideschrot mit 1 % gutem Pflanzenöl zu vermengen. Bei ausreichend Grünfutter, welches auch in den ersten Tagen im Stall verabreicht werden kann, erhalten die Jungtiere genügend Vitamine und Mineralstoffe. Angekeimtes Getreide ist ein zusätzlicher „Geheimtipp“.
Nach einer Aufzuchtperiode von 3 bis 4 Wochen werden die Gänse ab dem 10. Lebenstag tagsüber auf die Weide gelassen und sollten nachts eingesperrt werden. Als abendliche Fütterung erhalten die Gänse je nach Alter und Ergiebigkeit der Weide 100 g bis 200 g einer Getreidemischung. Das Futter darf weder verdorben noch verschimmelt sein.
Getreide reicht normaler Weise als Futter aus. Kohlenhydrate sind aureichend im Getreide vorhanden und das benötigte Eiweiß kommt vom Grünaufwuchs. Weiden könnten als Portionsweide für die Gänse genutzt werden. Die portionsweise Zuteilung kann mit einer Umzäunung aus Elektroknotengitter realisiert werden.
4 bis 6 Wochen vor der Schlachtung sollte mit der Endmast begonnen werden. Die Futtermenge ist dann bis zu 400 g je Tier und Tag zu erhöhen und dies kann mit der gewohnten Getreidemischung, einem Putenfinisher oder einem Hähnchenendmastfutter (immer ohne Kokzidiostatika) gegeben werden. Eine gute Eigenmischung wie oben beschrieben hätte bestimmt auch einen guten Masterfolg bei Gänsen. Die Mastgänse brauchen ihren gewohnten Auslauf und ihre gewohnte Umgebung. Bitte die Gänseherde in der Endmast niemals umstallen, trennen oder Einzeltiere herausschlachten! Die Tiere reagieren sehr sensibel und nehmen hierdurch eher an Gewicht ab als zu. Die Tiere hören auf zu Fressen und trauern.
Der Gänsestall
In den meisten Fällen kann während der Gänsemast eine Unterbringung im Stall notwendig werden. Der Stall kann eine Scheune oder ein Altgebäude sein, zu dem luftdurchlässig sowie fuchs- und mardersicher. Es werden maximal zwei Gänse je m2 Stallbodenfläche in der Endmast empfohlen. Bei geringem Weideangebot kann die Gans auch mit Grassilage und Maissilage zugefüttert werden. Hierbei kann der Gans das Grundfutter in Raufen im Auslauf oder im Stall gereicht werden.
Die Schlachtung und die Vermarktung
Wenn Gänse nicht zum eigenen Verbrauch geschlachtet werden, sind Gänse einer Lohnschlachtung zuzuführen. EG-zugelassene Schlachtstätten verlangen ein Zeugnis über die Lebendtierbeschau des zuständigen Tierarztes bzw. Veterinäramtes. Die Schlachtkosten betragen zwischen 5 € bis 7 € je Schlachttier. Wenn die Gans durchgekühlt ist und die Kühlkette eingehalten wird, kann die Frischware dann für gewöhnlich bis 7 Tage mit einer besonderen Vakuumverpackung sogar bis zu 3 Wochen auf 4 °bis 0°C gekühlt gelagert und vermarktet werden. Lohnschlachtereien für Wassergeflügel befinden sich an einigen Standorten im Bundesgebiet, sie können über das Internet, den Landwirtschaftskammern und den Veterinärämtern erfragt werden. Für Niedersachsen hat die Landwirtschaftskammer Niedersachsen ein Adressverzeichnis vorbereitet.
Ein Gössel kostet zwischen 6 € und 8 € je nach Gänseschlag und Alter. Die meisten Gössel werden im Mai verkauft. Im Juli ist das Angebot an Gänsegösseln knapp bis gar nicht mehr vorhanden. Vorbestellungen von Gösseln sind empfehlenswert. Die Weidegänse sind bei nicht so intensiver Fütterung ab der 20. bis zur 26. Lebenswoche, maximal der 32. Lebenswoche schlachtreif. Eine Gans mausert während der Aufzucht mindestens zweimal, einmal in der 12 bis 14. Lebenswoche und dann ein weiteres Mal 6 bis 7 Wochen später. Während der Mauser ist der Schlachtkörper unansehnlich und mit Blutkielen übersät. Daher sollte die Federreife vor der Schlachtung überprüft werden.
Der Futterverbrauch an Kraftfutter beträgt ca. 15 - 20 kg. Eine Gans kann je nach Region und Vermarktungsziel je kg Frischware für 8,-- bis 13,-- € (15,-- €) vermarktet werden. Die Direktvermarktung von Gänsen ist lukrativ jedoch sehr arbeitsintensiv. Einige Vertragsmäster suchen bisweilen Vertragsbetriebe für die Gänsemast von Weidegänse bis zu einem Alter von 20 bis 22 Wochen.
Unabhängig von den Vermarktungsvorgaben – bäuerliche Freilandhaltung bzw. Weidemast sind bei jeder Art der Gänsehaltung die tierschutzfachlichen Anforderungen und die Tierschutz-Nutztierhaltungs-VO bzw. die Europaratsempfehlungen in Bezug auf Hausgänse zu beachten. Darüber hinaus sind die für die Tiere bereitgestellten Weideflächen dem max. zulässigen Nährstoffeintrag anzupassen.
Was bleibt festzuhalten?
Wer über genügend Grünland und ein zumindest minimalistisch eingerichtetes Altgebäude oder eine Scheune verfügt, freie Arbeitszeit hat und gerne Gänse in Direktvermarktung zu Weihnachten erzeugen möchte, der sollte sich über den Erwerb von Gösseln, Haltung und Fütterung der Junggänse sowie der Vermarktung zu Weihnachten einige Gedanken machen. Bald wird es Zeit, die Vermarktung Ihrer eingestallten Gänse zu Weihnachten zu managen. Ob es die Futterrezeptur ist, oder die Bestellung des Schlachttermins, alles muss organisiert werden. Die Vermarktung von 50 – 100 Tieren stellt keine größeren Probleme dar, der Absatz von größeren Mengen ist zu überdenken und vorab einzuplanen.
Die qualitativ hochwertige, regionale Weihnachtsgans wird als Weihnachtsbraten sehr geschätzt und wird auch in der Zukunft mit der Billigware aus Polen und Ungarn konkurrenzfähig bleiben, und das mit einem deutlich höheren Preis. Was der Verbraucher schätzt ist die regionale Vermarktung, das sichtbare lebende Vieh und ein Bezug zum Erzeuger.
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