Bezirksstelle Emsland schließt Moderationsverfahren Rühlermoor Nord mit Partnern ab
Mit einer Abschlussfeier für alle bis zum Schluss am Prozess Beteiligten ging am 30. August 2024 ein jahrelanger, moderierter Kommunikationsprozess zu Ende. Es ging um eine Landschaft, die seit dem Ende des zweiten Weltkriegs auf vielfältigste Weise intensiv genutzt wurde und in der sich inzwischen eine seinerzeit nicht vorstellbar komplexe Lage ergeben hatte.
Zu Zeiten des Emslandplans waren in dem Gebiet Rühlermoor Nord die Ölförderung und der Torfabbau mit anschließender Herrichtung zur landwirtschaftlichen Folgenutzung vorangetrieben worden. Auf den rekultivierten Flächen findet Landwirtschaft mit Acker- und Grünlandnutzung statt. Vorhandene Gehölze sind überwiegend durch natürlichen Aufschlag entstanden. Gezielt angepflanzte Gehölzstrukturen sind bisher kaum angelegt worden. Der lokale Naturraum Hochmoor wurde vor dem Hintergrund der intensiven Flächennutzung und des Rohstoffabbaus über die Jahrzehnte zurückgedrängt
An das intensiv genutzte Gebiet Rühlermoor Nord grenzt mit dem unter Schutz stehenden Provinzialmoor eine naturnahe Hochmoorfläche an und es wird flankiert von weiteren Arealen mit Renaturierungsmaßnahmen.
Die Naturgeschichte der Region spiegelt sich auch in den Wappen der Gemeinden vor Ort wieder, so zeigt das Wappen der örtlichen Gemeinde Twist einen Birkhahn. Auch Farbsymbolik mit Bezug zu Moorboden und Erdöl wird im Wappen der jungen Gemeinde geführt. Vor einem ähnlichen Hintergrund hat die Nachbargemeinde Geeste in ihrem Wappen u.a. einen Ölbohrturm und ein Wagenrad verewigt.
Zum Hintergrund, was war passiert?
Im Jahr 2019 war der Torfabbau im Gebiet Rühlermoor Nord weitgehend beendet und das Ende der Abbaugenehmigung kam näher. Damit standen die Rückbaumaßnahmen und Übergabe der Flächen an die Eigentümer an, was bedeutete, dass die Pachtverträge auslaufen würden und die vertraglich vereinbarten Kompensationsmaßnahmen eingerichtet werden mussten. Dies war wegen der komplexen Lage im Gebiet problematisch, denn zu Zeiten des Emslandplans war es üblich, vom Reißbrett aus zu planen, und die Landschaft entsprechend den damaligen Bedürfnissen anzupassen. Diese ursprünglichen Planungen ließen sich aber nicht mehr ohne weiteres umsetzen und brachten die Verwaltung und die örtlichen Stakeholder, vor allem die Flächenbesitzer, in Interessenskonflikte. Als Hauptproblem stellte sich der damals kalkulierte zeitliche Rahmen der Rohstoffförderung heraus. Zu Beginn der Rohstoffgewinnung war man davon ausgegangen, dass die Öl- und Torfreserven in etwa gleichzeitig erschöpft sein würden und dass man im Anschluss eine große Herrichtungsaktion ohne besondere Begrenzungen durchführen könnte. Bei Beginn des Moderationsverfahrens zeigte sich aber, dass die Ölförderung deutlich länger als der zum Ende kommende Torfabbau laufen würde, und dass hier entsprechende Nutzungsverträge verlängert werden müssten. So läuft die Ölförderung bis heute und ein Ende ist nicht konkret absehbar. Daher verbleiben auch alle Anlagen der Ölindustrie in der Landschaft und müssen mit komplexer Technik und entsprechender Infrastruktur (Öl-/Gas-Pipelines, Stromkabel, Straßen, Schienen) unterhalten und betrieben werden. Die Eigentümer der Flächen erhalten dafür weiterhin eine Pacht bzw. Ausgleiche für Nutzungseinschränkungen. Das im Emsland gängige und in der sogenannten Emslandrichtlinie seit den 60er Jahren geregelte Verfahren findet im Übrigen in weiten Teilen Deutschlands über die sogenannte Fruchtentschädigungstabelle Anerkennung und Nutzung als Blaupause.
Als eigentliches Problem aber erwies sich der verzögerte Rückbau durch die nur noch sehr erschwert umsetzbare großflächige Rekultivierung, Erschließung und Entwässerung des Gebietes.
Abgesehen vom Verbleib der Ölindustrie wurde auch deutlich, dass sich die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse im Gebiet über die Generationen hinweg verändert hatten, so dass heute eine Vielzahl von Besitzern und Bewirtschaftern, samt der Gemeinde Twist selbst, mit unterschiedlichsten Wünschen und Interessen in dem Gebiet aktiv sind. Diese fanden sich erstmals unter dem Dach der Vereinigung des Emsländischen Landvolkes (VEL) zusammen und kamen zu dem Schluss, dass ihre vielfältigen Interessen gegenüber der Verwaltung, sowie der Öl- und Torfindustrie geklärt werden müssten. Die VEL fragte daraufhin die örtliche Dienststelle der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, ob sie ein entsprechendes Moderationsverfahren durchführen könne, was bejaht wurde. Es folgte daraufhin ein Treffen mit allen Eigentümern, um deren Sichtweise zu erfragen. Im Vorfeld wurden auch der Landkreis Emsland als Genehmigungsgeber sowie die Klasmann-Deilmann GmbH und die örtliche Erdölindustrie gefragt, ob sie im Rahmen eines freiwilligen Moderationsverfahrens kooperationsbereit wären, was ebenfalls bejaht wurde. Als Lösungshorizont wurden Werterhalt oder Wertsteigerung für die Flächenbesitzer, Sicherstellung der Wertschöpfung mit Rohöl und Vorplanung für die Zeit nach der Ölförderung, Rekultivierung der abgetorften Flächen und die Harmonisierung mit den Entwicklungsplänen von Gemeinde und Landkreis dem Arbeitsprozess zugrunde gelegt. Der Fokus wurde auf das Mögliche, nicht das Unmögliche gelegt und eine Win-win-Lösung wurde angestrebt.
Beim ersten Blick auf das Luftbild vom Rühlermoor Nord zeigte sich die wabenartige Kulisse der abgetorften Flächen, durchsetzt mit den Einrichtungen der Ölindustrie. Im krassen Kontrast dazu sah die Karte, welche die Eigentumsverhältnisse darstellt, aus wie ein Fächer aus aneinandergereihten, schmalen, langen Streifen. Aus damaliger und heutiger Sicht stellten und stellen diese keine für die Stakeholder nutzbaren Einheiten dar. Weil das am Beginn der Entwicklung schon bekannt war, hatte der ursprüngliche Wiederherstellungsplan wie oben schon erwähnt eine große Flurbereinigung und ein neues Gewässersystem vorgesehen, die im Jahr 2020 aufgrund der neuen Gegebenheiten allerdings unmöglich hätten realisiert werden können. Als Lösungsansatz stellte sich dann das Instrument des freiwilligen Landtausches heraus. Das ArL unter Beteiligung der LWK als Helfer leitete mehrere kleine Verfahren ein, die durch das Torfgewinnungsunternehmen finanziert wurden. Mit diesen konnten die Tauschpartner Zuschnitte ihrer Flächen verbessern und ihre Kompensationsverpflichtungen in die für die Wiedervernässung vorgesehen Bereiche verlegen.
In der Runde aller Stakeholder wurde dann die Einrichtung einer Arbeitsgruppe (AG) bestehend aus den Vertretern bzw. Entscheidern aller Stakeholder gegründet. In der ersten Sitzung dieser AG zeigte sich, dass es einer Unterarbeitsgruppe (UAG) mit den zuständigen Fachleuten bzw. Sachbearbeitern bedurfte, die daraufhin gegründet wurde und fortan der AG zuarbeitete. Beide Arbeitsgruppen tagten und verabredeten sich von Mal zu Mal über den Lauf der Jahre.
Über den Fortgang der Wissens- und Entscheidungsfindung informierte regelmäßig die moderierende Landwirtschaftskammer, unterstützt durch die Klasmann-Deilmann GmbH, die mit eigenen regelmäßig erscheinenden Newslettern unterstützten. Wichtig war, stets den Entwicklungsstand und den Fortgang des Prozesses transparent zu halten und Fragen zurück in die AG/UAG zu geben.
In den ersten Sitzungen wurden die Festlegung der Folgenutzungen der Landschaftsbestandteile sowie die notwendigen Kuhlungsmaßnahmen besprochen, danach ging es darum konkrete Meilensteine und weitere Schritte zu diskutieren. Dabei kristallisierte sich heraus, dass Eigentümerwechsel bei Flächen anstanden, eine gewisse Flächentauschbereitschaft vorlag und dass auch die Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) als eine Eigentümerin dazu bereit war, Flächen zu kaufen und zu tauschen. Im Gespräch über die entstehenden Optionen wurden Karten erstellt und die Szenarien visualisiert. Alle konnten ihre Wünsche und Bedürfnisse anmelden. Zunächst ergab sich daraufhin noch kein schlüssiges Bild, oder kurz: Unter den gegebenen Umständen ging es nicht auf.
Daraufhin modifizierten oder präzisierten einzelne Stakeholder ihre Absichten und an einem entscheidenden Flächenblock entstand Spielraum. Hierdurch konnte, durch gezielte Vermittlung der Handelnden, unter Berücksichtigung der Wünsche und Notwendigkeiten, am Ende eine Lösung erarbeitet werden, mit der sich die Beteiligten sich einverstanden erklärten. So konnte für den Moment eine für alle zufriedenen stellende Lösung gefunden werden.
Besonders hervorzuheben ist, dass das geänderte Gewässernetz erst über die Moderation abschließend umgesetzt werden konnte, weil alle Beteiligten es letztlich mitgetragen haben, was die Voraussetzung für die Änderung der Plangenehmigung war. Außerdem konnte im Norden des Gebiets in direkter Nachbarschaft zum angrenzenden Provinzialmoor ein großer Flächenblock für Wiedervernässung und Moorschutz realisiert werden.
In der Erwartung neuer Veränderungen, die sich zum Ende der Ölförderung ergeben können, besteht so ein stabiler Zwischenstand. Worauf die Teilnehmer am Moderationsverfahren aber wirklich besonders stolz sein können ist, dass dann die Verteilung der Flächen und das Grabensystem weiter bestehen können und das Konfliktpotenzial wesentlich geringer ausfallen dürfte, sprich, dass künftige Generationen im Rühlermoor Nord den Faden des Moderationsverfahrens wieder aufnehmen und weiter stricken können, ohne dass das bestehende System ihnen dabei nennenswert im Wege sein wird. Alle dem Moderationsverfahren zugehörigen Dokumente wurden der Gemeinde Twist zur dauerhaften Verwahrung und Dokumentation beim Abschlusstermin von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen übergeben. Im Rühlermoor Nord wurde beim Abschlusstermin ein Gedenkstein gesetzt, der an das Verfahren erinnert.
Kontakte
Dr. Vinzenz Bauer
Leiter Bezirksstelle Emsland
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