Krank im Arbeitsverhältnis - Was ist zu beachten?
Max Mustermann arbeitet als landwirtschaftlicher Arbeitnehmer in einem Familienbetrieb. Um 6:30 Uhr beginnt normalerweise sein Arbeitstag. Mustermann fühlt sich heute nicht gut und entschließt sich zum Arzt zu gehen. Um 8:00 ruft er seinen Arzt an und bekommt für 11:30 einen Termin. Mustermann verständigt daraufhin um 08:15 seinen Arbeitgeber und gibt Bescheid, dass er um 11:30 einen Termin hat. Später wundert sich Mustermann, dass sein Arbeitgeber sehr ungehalten über sein Verhalten ist, sogar von Abmahnung spricht. Was ist schief gelaufen?
Wann und wie muss eine Krankmeldung erfolgen?
Jeder Arbeitnehmer ist gesetzlich verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer mitzuteilen, und das möglichst frühzeitig. So verlangt es das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) in § 5 Absatz 1. Deswegen ist es ratsam, den Arbeitgeber am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit, möglichst noch vor Arbeitsbeginn, zu informieren. Ist nichts anderes vereinbart, sollte die Meldung an die Person gehen, die für die Arbeitseinteilung zuständig ist.
Die Krankmeldung kann auch durch Angehörige erfolgen. Wichtig ist nur, dass sie rechtzeitig erfolgt, damit der Arbeitgeber reagieren kann. Andernfalls könnte er abmahnen.
Wann ist ein ärztliches Attest erforderlich?
Jeder Arbeitnehmer muss selbst einschätzen, ob er krank ist oder arbeiten kann. Wer sich angeschlagen fühlt, darf sich bis zu drei Kalendertage ohne Arztbesuch auskurieren.
Dauert die Krankheit länger als drei Tage, muss ein Arzt das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer bescheinigen. Dieses Attest (der sog. Gelbe Schein) muss zwingend spätestens am 4. Krankheitstag vorgelegt werden. Achtung: Das Entgeltfortzahlungsgesetz spricht bei dem Nachweis über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit von Kalendertagen, nicht von Arbeitstagen. Das bedeutet, dass auch Wochenenden und Feiertage mitzählen. Erkrankt ein Arbeitnehmer beispielsweise am Freitag, so muss er bereits am Montag das ärztliche Attest vorlegen. Und bei Zusendung per Post zählt nicht der Poststempel, sondern das tatsächliche Eingangsdatum beim Arbeitgeber.
Übrigens ist der Arbeitgeber nach EFZG und geltender Rechtsprechung berechtigt, die ärztliche Bescheinigung schon früher zu verlangen. Hierzu benötigt er weder eine Begründung noch müssen konkrete Verdachtsmomente auf Vortäuschung einer Krankheit vorliegen (BAG v. 14.11.2012 - 5 AZR 886/11).
Dauert die Krankheit länger, muss eine weitere ärztliche Bescheinigung, die sog. Folgebescheinigung vorgelegt werden. Auch hier gilt: unverzüglich beim Arbeitgeber melden und dann die Krankmeldung schicken. Bei gesetzlich Krankenversicherten ist auch der Krankenkasse eine Kopie des Attests zuzuleiten, da dies als Voraussetzung für diverse Ansprüche gilt.
Was muss der Arbeitgeber bei einer Krankmeldung wissen?
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber kein Recht darauf zu erfahren, was einem erkrankten Mitarbeiter tatsächlich fehlt. Ausnahme: Die Information ist für die betrieblichen Belange von Bedeutung. Dies kann beispielsweise bei Arbeitnehmern der Fall sein, die in der Lebensmittelbranche oder im medizinischen Bereich tätig sind.
Die Bescheinigung des Arztes, die für den Arbeitgeber bestimmt ist, enthält nur Angaben über die Arbeitsunfähigkeit und wie lange sie dauert. Darin steht nichts über Ursache und Art der Arbeitsunfähigkeit.
Bestehen berechtigte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters, kann der Arbeitgeber den medizinischen Dienst der Krankenversicherung mit einer Untersuchung beauftragen. Diese Zweifel könnten beispielsweise auftauchen, wenn ein Mitarbeiter akut erkrankt, dem zuvor für den gleichen Zeitraum kein Urlaub gewährt wurde, oder bei ungewöhnlich häufigen Kurzzeiterkrankungen zum Wochenanfang und -ende.
Darf der Arbeitgeber zu Hause kontrollieren?
Solche Besuche sind grundsätzlich nicht verboten, können sie doch auch Ausdruck einer gewissen Fürsorge sein. Der Chef darf den Mitarbeiter zu Hause anrufen oder einen Kollegen vorbeischicken. Ob der Kranke darauf eingeht, ist eine andere Sache. Niemand ist verpflichtet, Besucher in seine Wohnung lassen oder ans Telefon zu gehen, wenn man nicht möchte.
Außerdem wird weder der Arbeitgeber noch eine von ihm beauftragte Person das Krankheitsbild von außen fachlich beurteilen können, um so u. U. die ärztliche Diagnose anzweifeln zu können. Die Privatsphäre des Erkrankten sollte in jedem Fall gewahrt bleiben.
Darf ich trotz Krankschreibung arbeiten?
Es soll Chefs geben, die ihre Mitarbeiter trotz Krankheit zum Arbeiten „ermutigen“. Das ist jedoch definitiv dann nicht erlaubt, wenn bereits eine ärztliche Krankschreibung vorliegt.
Wer sich jedoch vor Ablauf einer Krankschreibung wieder fit fühlt, darf die Arbeit von sich aus wieder aufnehmen. Da ein ärztliches Attest kein Arbeitsverbot darstellt, sondern lediglich eine Prognose des Arztes über den Verlauf der Krankheit, besteht auch bei vorzeitiger Arbeitsaufnahme voller Versicherungsschutz in der Unfall- und Krankenversicherung.
Muss ich bei Krankschreibung das Haus hüten?
Dies hängt von der Art der Krankheit und der Situation ab. Erlaubt ist alles, was der Genesung nicht entgegensteht. So sollte man sich beispielsweise bei Grippe und verordneter Bettruhe nicht unbedingt im Kino oder in der Kneipe sehen lassen - das könnte eine Abmahnung nach sich ziehen. Wer dagegen unter Depressionen oder einem gebrochenen Arm leidet, dem ist nicht zuzumuten, den ganzen Tag zu Hause zu verbringen. Das wäre für die Genesung sogar eher kontraproduktiv.
Wer zahlt meinen Lohn während der Krankheit?
Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis mindestens 4 Wochen ununterbrochen besteht, hat bei unverschuldeter Krankheit Anspruch auf bis zu 6 Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger, tritt die Krankenkasse mit Krankengeld ein. Sie zahlt, wenn die Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber endet.
Einen Anspruch auf Krankengeld haben versicherungspflichtige Arbeitnehmer. Für freiwillig Versicherte dürfen die Kassen in ihren Satzungen regeln, ob und ab dem wievielten Krankheitstag sie Krankengeld zahlen. Normalerweise zahlen die Kassen freiwillig versicherten Arbeitnehmern genauso Krankengeld wie Pflichtmitgliedern.
Pro Krankheitstag erhalten Versicherte Krankengeld in Höhe von 70 Prozent ihres auf den Kalendertag umgerechneten Regelentgelts. Das gilt auch für arbeitsfreie Tage, also Feiertage oder Wochenenden. Berechnungsgrundlage ist das Bruttogehalt des letzten Monats vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Außerdem werden Einmalzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld der letzten zwölf Monate berücksichtigt.
Kann ich meine Arbeit aufgrund von Krankheit verlieren?
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. Leidet der Arbeitnehmer zum Beispiel an einer Langzeiterkrankung und liegt eine deutlich negative Prognose bezogen auf die Heilungschancen vor, kann er gekündigt werden. Ein typisches Beispiel wäre ein Bandscheibenvorfall, wenn die Ärzte trotz Operationen davon ausgehen, dass der Schaden nicht mehr ausheilt.
Bei häufigen Kurzerkrankungen kann der Arbeitgeber die Kündigung mit einem finanziellen Schaden begründen.
Kommt es zu einer Kündigung, sollte im Zweifelsfall das Arbeitsgericht klären, ob die Kündigung rechtmäßig erfolgt ist. Sog. Personenbedingte Kündigungen, dazu zählt eine Kündigung wegen Krankheit, unterliegen strengen gesetzlichen Anforderungen.
Zu allen Fragen rund um Arbeit und Beschäftigungsverhältnisse können Sie unsere Kolleg*innen der Arbeitnehmerberatung ansprechen.
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Matthias Brandner
Fachreferent Arbeitnehmerberatung
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