Landessortenversuche 2016: Winterraps
Die Anbaufläche von Winterraps hat sich gegenüber dem Vorjahr wieder spürbar erholt und bewegt sich in einem Bereich von rund 124.000 Hektar. Das Ertragsniveau liegt voraussichtlich leicht unter dem Niveau des Vorjahres. Es deutet sich an, dass stärkere regionale Schwankungen vorhanden sind. Auf den leichteren Standorten wird aus der Praxis von unterdurchschnittlichen Erträgen berichtet.
Die Aussaat des Rapses konnte vielerorts unter guten Bedingungen erfolgen, sodass sich die Bestände vor Winter gut entwickeln konnten. Überwachsene Bestände waren trotz des milden Herbstes mit der bis Anfang Januar anhaltenden Vegetation in der Regel nicht vorhanden. Auswinterungsschäden traten in Niedersachsen im Prinzip nicht auf. In den kritischen Phasen war oftmals eine leichte Schneebedeckung vorhanden. Feuchte Bodenbedingungen ausgangs des Winters verursachten in einigen Regionen Stressbedingungen. Kühle Temperaturen im April und zum Teil länger anhaltende Trockenphasen bremsten die Entwicklung. Einsetzende Niederschläge und ansteigende Temperaturen führten dann zu günstigen Entwicklungsbedingungen. Die zu Beginn der Blühphase auftretenden Nachtfröste richteten in der Regel keine nennenswerten Schäden an.
Landesssortenversuche Raps
Zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit etablierter und neu in den Markt kommender Sorten werden landesweit entsprechende Sortenversuche angelegt. Um für die einzelnen Anbauregionen eine ausreichende Datengrundlage zu schaffen, werden auch Standortergebnisse der benachbarten Bundesländer (SH und NRW) mit einbezogen. Dieses ist vor allem für die Regionen Marsch und Höhenlagen wichtig. Um verlässlichere Aussagen für den Bereich Sandstandorte zu erhalten, wurde 2016 auch für diese Anbauregion aus SH ein Standort mit einbezogen. Von den insgesamt 27 geprüften Sorten waren sieben neue Kandidaten dabei, darunter auch ein Halbzwerghybride (PX 115). Weiter ist zu beachten, dass mit Mentor und Menhir zwei Sorten mit Resistenz gegenüber Kohlhernie geprüft werden.
Marktleistung vorrangig berücksichtigen
Entscheidend für den Landwirt bei der Sortenwahl sind letztendlich die Markterlöse, die sich aus Kornertrag und Ölgehalt zusammensetzen. In den aufgeführten Darstellungen der Landessortenversuche Winterraps soll das Augenmerk daher vornehmlich auf die Marktleistungen der jeweiligen Sorten in den verschiedenen Anbauregionen gelegt werden. Die Preiszuschläge für hohe Ölgehalte sind daher monetär von großer Bedeutung. Die hier dargestellte relative Marktleistung setzt sich aus den Erträgen und den Ölgehalten inklusive Preisaufschlägen von 1,5 Prozent je Prozent Ölgehalt bei 9 Prozent Feuchte und 2 Prozent Besatz zusammen. Für die Berechnungen der relativen Marktleistung wurde für die aktuelle Ernte ein Preis von 34,50 € je Dezitonne inklusive Mehrwertsteuer angenommen. Die unterschiedlichen Saatgutpreise von Hybrid- und Liniensorten wurden bei der Berechnung der Marktleistung ebenfalls berücksichtigt. Für Hybridsaatgut kommt ein Aufschlag von 50 € je Hektar zum Ansatz. Die Berücksichtigung dieser Mehrkosten führt in der Berechnung letztlich von der Marktleistung zur bereinigten Marktleistung.
Ergebnisse der Sorten
In den diesjährigen Versuchen erreichen viele neue Sorten ein sehr erfreuliches Ertragsergebnis. So können vor allem Arazzo und Bender in allen Regionen überzeugen. Alvaro KWS erreichte auf den Sandböden Nordwest und auf den Lehmböden sehr gute Erträge. Von den zwei- und mehrjährig geprüften Sorten erreichten vor allem Penn in allen Regionen und DK Exstorm, Arabella und Hybrirock in den Regionen Sand, Lehm und Höhenlagen sehr gute Erträge. Durch hohe Ölgehalte zeichnen sich generell die Sorten Bender, Raptor, PR46W20, Mentor und Raffiness aus. Die mehrjährige Beurteilung wird auf Basis der Marktleistung vorgenommen.
Neben den ertrags- und qualitätsbestimmenden Merkmalen sollte für die Sortenbeurteilung in jedem Falle aber auch die übrigen Eigenschaften der Sorten beachtet werden, wie sie in der Tabelle Eigenschaften dargestellt sind. Hier sind Parameter wie Abreifeverhalten, Standfestigkeit sowie Auswinterung und Toleranz gegenüber Krankheiten zu nennen. Bei der Standfestigkeit zeigt Hybrirock beispielsweise leichte Schwächen. Die Reifeverzögerung beim Stroh muss vornehmlich bei den Sorten Bender, Raptor und PT211, sowie bei den Kohlhernie resistenten Sorten Menhir und Mentor beachtet werden. Die Bonitur des Merkmals Auswinterung konnte in den letzten Jahren in Niedersachsen nur eingeschränkt erfolgen. Daher wurden bei der Darstellung die Ergebnisse aus Mecklenburg-Vorpommern mit einbezogen. Die sehr ertragsstarke Sorte Penn zeigte sich dort im Winter 2016 leider als auswinterungsgefährdet, was in Niedersachsen glücklicherweise nicht zum Ausdruck gekommen ist.
In der Marsch können mehrjährig die Sorten Raptor und PT 206 durch gute relative Marktleistungen überzeugen. Sherpa und Avatar fallen bedingt durch schwache Ergebnisse aus 2016 mehrjährig auf ein leicht überdurchschnittliches Ergebnis. Penn konnte die letztjährigen guten Ergebnisse eindrucksvoll untermauern und liefert das beste zweijährige Ergebnis. Aber auch Raffiness erreicht im Mittel der zwei Jahre gute Leistungen. Für diese Region können die Sorten Penn, Raptor, PT 206, und mit leichten Einschränkungen Raffiness, sowie Sherpa und Avatar empfohlen werden. Für den Probeanbau kämen die im Stroh recht früh abreifende Sorte Arazzo und die Sorte Bender in Frage, wobei hier die ausgeprägte Reifeverzögerung im Stroh zu beachten ist.
Auf den Sandböden erreicht DK Exstorm wieder ein sehr gutes Ergebnis und untermauert die letztjährigen Ergebnisse. Sehr gut schneidet die freiabblühende Sorte Arabella ab und bestätigt damit die hohen Leistungen aus 2014. Hybrirock erweist sich als sehr ertragskonstante Sorte über die Jahre und erzielt entsprechend gute Marktleistungen. Auch mit konstant guten Ergebnissen warten die Sorten Mercedes und Avatar auf. Dank der hohen Erträge aus 2015 erreicht PR46W20 noch ein überdurchschnittliches mehrjähriges Ergebnis. Die Spitzensorte Fencer aus 2015 bestätigt auch in diesem Jahr den sehr guten Eindruck. Das gleiche gilt für Penn. Die ebenfalls zweijährig geprüften Sorten Flyer und Raffiness fallen etwas ab, erreichen dennoch gute Ergebnisse. Alvaro KWS, Bender und Arazzo zählen zu den leistungsstärksten einjährig geprüften Sorten und bieten sich für einen möglichen Probeanbau an. Attletick und Harcol enttäuschen hingegen. Bei den mehrjährigen Sorten sind in erster Linie DK Exstorm, Arabella, Fencer, Penn und Hybrirock, sowie eingeschränkt Raffiness und Flyer anbauwürdig.
Auf den Lehmböden Nordwest schneiden unter den mindestens dreijährig geprüften Sorten DK Exstorm, Hybrirock, die freiabblühende Sorte Arabella, PT211 und die 2016 schwächelnde Sorte Patron sehr gut bis gut ab. Bei den zweijährigen Sorten überzeugen Penn, Fencer und Flyer. Diese genannten Sorten können auch für den kommenden Anbau empfohlen werden. Sherpa, Avatar, Raptor und SY Vesuvio, Mercedes, PT206 und Marathon erreichen im Mittel der drei Prüfjahre leider nur durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Ergebnisse. Von den einjährig geprüften Sorten erreichen Alvaro KWS, Bender, Arazzo und Attletick überdurchschnittliche Ergebnisse und könnten für einen Probeanbau in Frage kommen.
In den Höhenlagen zeigen die mehrjährig geprüften Sorten deutlich Jahreseffekte. Dank der guten Vorjahresergebnisse kann PT211 trotz mäßiger aktueller Ergebnisse ein gutes Gesamtergebnis erzielen. Einen leichten Ertragsabfall in diesem Jahr hat auch Hybrirock zu verzeichnen. Arabella und DK Exstorm hingegen überzeugen auch in diesem Jahr. Raptor konsolidiert sich auf einem guten Niveau. Sehr ausgeglichen mit leicht überdurchschnittlichen Ergebnissen präsentiert sich Avatar, wohingegen PR46W20 aktuell ertraglich abfällt. Fencer und Penn gehören bei den zweijährig geprüften Sorten zu den ertragsstärksten, gefolgt von Flyer und Raffiness. Bender und Arazzo liefern die besten Ergebnisse der einjährigen Prüfsorten und bieten sich für einen Probeanbau an. Attletick und Alvaro KWS erreichen gute Leistungen. Als vorwiegend empfohlene Sorten sind PT211, DK Exstorm, Hybrirock, Arabella sowie Fencer, Penn, Flyer zu nennen. Avatar sollte im Hinblick auf die Ertragskonstanz ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden.
Besonderheiten
Die beiden gegen Kohlhernie resistenten Sorten sind in der bisherigen Sortenbeschreibung nicht erwähnt worden, weil sie ertraglich nicht ganz an das Ertragsniveau der leistungsstarken Sorten heranreichen. Gleichwohl ist die Prüfung dieser Sorten wichtig, um Anhaltspunkte zu gewinnen, wenn entsprechend befallene Flächen mit resistenten Sorten bewirtschaftet werden müssen. Auf die Halbzwerghybride ist ebenfalls nicht weiter eingegangen worden, weil sie ertraglich nicht überzeugen konnte.
Reifeverzögerung des Strohs
Die Abreife des Rapses beginnt an der Spitze der Pflanze und setzt sich nach unten hin fort. Das in die Eigenschaftentabelle erst seit kurzem aufgenommene Merkmal „Reifeverzögerung des Strohs“ beschreibt das Verhältnis zwischen Schoten- und Strohabreife. (Günstig ist es, wenn zum Zeitpunkt der Samenreife auch die Stängel einer Sorte abgereift sind). Sind die Schoten schon druschreif, aber der Stängel noch grün, können sich in der Praxis einige Nachteile bei der Ernte in Form von Druschverlusten, erhöhtem Treibstoffbedarf und feuchterem Erntegut ergeben. Bei Sorten mit einer höheren Reifeverzögerung des Strohs kann der Landwirt durch eine spätere Ernte die Nachteile nicht ausgleichen, da die Schoten dieser Sorten druschreif sind und somit ein Ausfall der Körner droht. Durch späteres Ernten erhöht sich die Gefahr zunehmender Körnerverluste; außerdem kollidiert die Rapsernte möglicherweise mit der Weizenernte.
Kohlhernie-Resistenz
Während in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern das vermehrte Auftreten der Rapskrankheit Kohlhernie seit längerem bekannt ist, zeigen sich zunehmend auch in Niedersachsen Symptome des Erregers. Grund dafür ist nicht zuletzt der in der Vergangenheit zunehmende Anbau von Winterraps und die damit verbundene Einengung von Fruchtfolgen. Die Auswirkungen eines Befalls reichen von Welkeerscheinungen über verminderten Wuchs bis hin zu Totalausfällen. Das tatsächliche Schadausmaß auf betroffenen Flächen ist jahres- und witterungsabhängig letztlich schwer vorherzusagen. Die Erreger können im Boden sehr lange überdauern und sind nur schwer zu bekämpfen. Da die Erreger über den Transport kontaminierter Erde leicht verbreitet werden können, ist Reinigen der Bodenbearbeitungs- und Sägeräte nicht zu unterschätzende Vorbeugemaßnahmen um ein Verschleppen in andere Schläge zu verhindern.
Neben einigen pflanzenbaulichen Maßnahmen bietet auch der Anbau resistenter Sorten eine Chance. Entsprechende Sorten vermeiden einen Befall der Rapspflanzen und reduzieren die Anzahl von Sporen im Boden. Auf bekannten Kohlhernie-Flächen sollte die Beseitigung von Ausfallraps so schnell wie möglich erfolgen, um dem Erreger keine Möglichkeit zu geben, Sporen auszubilden. Resistente Sorten sollten daher ausdrücklich nur auf Verdachtsflächen angebaut werden, um einem möglichen Überwinden der Resistenz durch den Erreger so lange wie möglich vorzubeugen! Derzeit befinden sich mit Mentor und Menhir zwei Sorten in den Landessortenprüfungen, die auf unbelasteten Flächen nicht ganz an das normale Ertragsniveau heranreichen aber unter Befallsbedingungen einen Rapsanbau weiterhin ermöglichen. Die nicht mehr in den Prüfungen befindliche Sorte SY Alister wäre ebenfalls noch eine in Frage kommende Sorte.
LSV-Phomaresistenzprüfung 2016
Die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP) organisiert gemeinsam mit den Länderdienststellen alljährlich eine spezielle Phoma-resistenzprüfung. Die LSV-Phomaresistenzprüfung wird entweder im Rahmen vorhandener Landessortenversuche oder an einzelnen Standorten als eigenständiger Versuch angelegt. An der LSV-Phomaresistenzprüfung beteiligen sich Länderdienststellen, an denen Landessortenversuche durchgeführt werden, dass JKI in Braunschweig und die Sortenförderungsgesellschaft mbH über Standorte bei Züchterhäusern in den Bundesländern, in denen die Länderdienststellen keine Prüfstandorte bereitstellen. 2016 waren 8 Standorte auswertbar. Neben den Bonituren aus den Landessortenversuchen sind diese Ergebnisse eine wichtige Information zur Beurteilung der Sorten. Dieses ist umso wichtiger, da bei den neu eingetragenen Sorten eine Beschreibung in diesem bedeutenden Merkmal durch das Bundessortenamt leider nicht mehr erfolgt.
Um die Vergleichbarkeit herstellen zu können, erfolgt in dieser Prüfung der Anbau eines anfälligen „Stammes Phoma“, an welchem die Prüfglieder gemessen werden. 2016 zeigte die neue Sorte Bender die beste Bonitureinstufung, gefolgt von Fencer und Alvaro KWS. Gegenüber dem empfindlichen „Stamm Phoma“ fielen PR46W20, die Halbzwerghybride PX115 und Marathon mit höheren bzw. vergleichbaren Werten auf. Zahlreiche neue, möglicherweise für den Anbau für das Erntejahr 2017 in Frage kommende Kandidaten scheinen tendenziell geringe Probleme mit Phomabefefall aufzuweisen.
Zusammenfassung
Bei den 2016 geprüften Sorten zeigen zahlreiche neue Sorten vielversprechende Ergebnisse, die in den Folgejahren untermauert werden müssen. Die Sortenbeurteilung auf Basis mehrjähriger und mehrortiger Ergebnisse ist sehr wichtig, weil es zum Teil schon zu größeren Leistungsschwankungen zwischen den Jahren und Anbauregionen kommt. Konstante Leistungen bieten die Gewähr eines wirtschaftlich sicheren Rapsanbaus. Neben einer hohen Marktleistung sind die Merkmale Standfestigkeit, Abreifeverhalten, Winterhärte und Toleranz gegenüber Krankheiten wichtige Parameter der Sortenbeurteilung.
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