Belastetes Stroh an Schweine verfüttern?
Die feuchte Witterung beeinträchtigt die Strohqualität und lässt erhöhte Gehalte an Pilzen, Mykotoxinen oder auch Erdanhaftungen erwarten. Da die Bedeutung von Stroh als Einstreu, Futtermittel und Beschäftigungsmaterial weiter zunimmt, ist ein guter Hygienestatus umso wichtiger für die Tiergesundheit. Eine goldgelbe Farbe steht aber nicht automatisch für gute Qualität, und eine hohe Staubbildung deutet nicht auf trockenes Stroh hin, sondern auf einen erhöhten Pilzbesatz. Muffiges, staubiges, graues oder klammes Stroh ist ein Anzeichen schlechter Qualität und stellt ein hohes Risiko für die Tiergesundheit dar.
Auch wenn die Getreideproben unbelastet sind, kann daraus nicht auf die Unbedenklichkeit des Strohs geschlossen werden. Wie stark die Belastung mit Keimen oder Mykotoxinen ist, können Futteranalysen zeigen. Die LUFA Nord-West bietet Untersuchungen auf Bakterien- oder Pilzkeimzahl (je 37 €) und Mykotoxine wie DON und Zearalenon an. Um die Keimgehalte einzuordnen, können Orientierungswerte zur Beurteilung der mikrobiologischen Qualität herangezogen werden. Die folgenden Werte gelten allerdings nicht für erntefrisches Stroh.
|
KG1) 1 Bakterien produkt-typisch Mio. KBE2)/g |
KG 2 Bakterien verderb-anzeigend Mio. KBE/g |
KG 3 Streptom. verderb-anzeigend Mio. KBE/g |
KG 4 Feldpilze produkt-typisch Tsd. KBE/g |
KG 5 Lagerpilze verderb-anzeigend Tsd. KBE/g |
KG 6 Mucorales verderb-anzeigend Tsd. KBE/g |
KG 7 Hefen verderb-anzeigend Tsd. KBE/g |
Stroh |
100 |
2 |
0,15 |
200 |
100 |
5 |
400 |
1) Keimgruppe 2) koloniebildende Einheit
Konservierungsmittel können schädliche Mikroorganismen unterdrücken. Bereits vorhandene Mykotoxine werden jedoch nicht oder kaum eliminiert. In einer aktuellen Untersuchung der LWK NRW wurde Weizenstroh mit 0,4 und 0,6 % Säure behandelt. Die gepufferte Propionsäure wurde über Sprühdüsen auf das Strohschwad appliziert. Mit einer Dosierung von 0,6 % wurde die hygienische Beschaffenheit deutlich verbessert.
Umfangreiche Auswertungen von Strohqualitäten sind bisher rar. Ein bundesweites Screening zur Ermittlung der Toxinbelastung von Stroh wurde in den Erntejahren 2007 und 2008 durchgeführt. In 201 Weizenstrohproben wurden Mykotoxine und die Bioverfügbarkeit von Deoxynivalenol (DON) im Vergleich zu Weizenkörnern beim Schwein bestimmt.
Ergebnisse des Screenings
Die DON-Gehalte der Proben (83 % positive Proben) variierten zwischen 0,016 und 23,27 mg/kg, wobei die mittlere Konzentration 1,23 mg/kg betrug. Zearalenon (ZEA) war in 46 % der 201 Proben nachweisbar, wobei eine mittlere Konzentration von 0,089 mg/kg bei einem Schwankungsbereich von 0,007 bis 0,767 mg/kg gemessen wurde. Ochratoxin (OTA) wurde nur in einer Probe im Spurenbereich von 0,0015 mg/kg festgestellt. Die Strohproben enthielten im Mittel drei Toxine; allerdings wurde auch das gleichzeitige Vorkommen von bis zu zehn Toxinen festgestellt. Unterschiedliche Gehalte und Vorkommen der einzelnen Mykotoxine sind insbesondere durch Strohart, Erntejahr, Anbauregion, Vorfrucht und Bodenbearbeitung bedingt. Es wurden keine Unterschiede in der Bioverfügbarkeit von DON aus Weizenstroh und aus Weizenkörnern festgestellt. Daher kann angenommen werden, dass der Anteil des Strohs an der DON-Exposition von Schweinen allein vom DON-Gehalt im Stroh sowie der tatsächlichen Menge an aufgenommenem Stroh abhängt.
Wird für eine Risikoabschätzung ein mittlerer DON-Gehalt von 1,23 mg/kg Stroh sowie unter Berücksichtigung, dass Stroh von den Schweinen auch als Beschäftigungsmaterial genutzt wird, eine maximale Strohaufnahme von 14 % der Tagesration unterstellt, so ergibt sich durch den Anteil des Strohverzehrs ein DON-Gehalt von 0,17 mg/kg an der Tagesration. Auf Basis des maximal ermittelten DON-Gehaltes von 23,27 mg/kg errechnet sich eine DON-Konzentration von 3,28 mg/kg. Daher würde im Extremfall der EU-Richtwert von 0,9 mg/kg im Schweinefutter einzig durch die Aufnahme von Stroh überschritten, wobei zu berücksichtigen ist, dass im Mittel deutlich weniger Stroh von Schweinen freiwillig gefressen wird. Zu beachten ist, dass der EU-Richtwert für Stroh als Einzelfuttermittel 8 mg/kg beträgt.
Die ZEA-Gehalte überschreiten bei mittleren Gehalten von 0,089 mg/kg und der maximalen Strohaufnahme nicht die Richtwerte von 0,1 mg/kg für Jungsauen bzw. von 0,25 mg/kg für Zuchtsauen und Mastschweine. Unter Berücksichtigung der maximal ermittelten ZEA-Gehalte von 0,767 mg/kg Stroh werden 0,11 mg/kg Futter erreicht; damit würde der Richtwert für Jungsauen allein durch den Strohanteil überschritten. Die Arbeitsgruppe „Carry over unerwünschter Stoffe in Futtermitteln“ beim BMELV schlussfolgerte damals, dass Stroh im Vergleich zu anderen Futtermitteln aus Getreide nicht als eine besonders prädisponierte Quelle für die untersuchten Mykotoxine anzusehen sei. Das potenzielle Risiko für landwirtschaftliche Nutztiere, insbesondere für das Schwein, hängt neben den Gehalten im Stroh auch von der tatsächlichen Strohaufnahme aus der Ration bzw. aus der Einstreu ab. Andere Mykotoxine, wie Toxine aus Schwärzepilzen (z.B. Alternaria), sind in diesem Zusammenhang weiter zu untersuchen.
Konkrete Aussagen zur diesjährigen Strohqualität sind natürlich erst nach der Ernte möglich. Je mehr repräsentative Proben untersucht werden, desto besser kann die Strohqualität eingeschätzt werden.
Kontakte
Andrea Meyer
Rinderfütterung, Schweinefütterung, Futterberatungsdienst e.V.
Getreidequalität 2024 - weitere Ergebnisse
Die LUFA Nord-West hat bisher 667 Getreideproben ausgewertet. Der Trend zu niedrigen Rohproteingehalten hat sich auch in dieser Ernte bestätigt.
Mehr lesen...Wasser für Schweine
Wasser ist das wichtigste und kostengünstigste Futtermittel. Aber nicht nur die Menge ist entscheidend, sondern auch die Tränkwasserqualität. Hierüber informieren Andrea Meyer, Hanke Bokelmann und Gerd Hermeling.
Mehr lesen...Sauen- und Ferkelfutter von Mai bis Juli 2024 überprüft
Die LWK Niedersachsen teilt mit, dass der Verein Futtermitteltest sieben Sauenalleinfutter, und zwar sechs Futter für säugende und eines für tragende Sauen, sowie vier Ferkelaufzuchtfutter I und ein Ferkelaufzuchtfutter II von Mai bis …
Mehr lesen...Mutterkorn-Höchstgehalte
Mutterkorn ist die Überdauerungsform des Pilzes „Claviceps purpurea“ und wird anstelle der Körner in den Ährenanlagen des Getreides gebildet. Mutterkorn-Sklerotien können auf allen Getreidearten und Gräsern …
Mehr lesen...Tempo-Schweine im Versuch
Die Mast von Tempo-Endprodukten hat stark zugenommen. Der Topigs Norsvin Tempo-Eber der Rasse Large White ist auf Robustheit gezüchtet und äußerst wüchsig. Die Endprodukte erreichten in den letzten Versuchen der LWK Niedersachsen…
Mehr lesen...Leistungen von Duroc-Endprodukten
Die LWK Niedersachsen prüft seit dem Jahr 2022 die Leistung von Duroc-Endprodukten in der Leistungsprüfungsanstalt Quakenbrück. Bisher wurden fünf Versuche mit gleicher Genetik (Top Duroc x Danbred Hybridsau), aber …
Mehr lesen...Weitere Arbeitsgebiete
Veranstaltungen
Auftaktveranstaltung zur Seminarreihe nachhaltige Wirtschaftsweisen und Ökolandbau
06.12.2024
Mit einer Web-Seminarreihe nachhaltige Wirtschaftsweisen und Ökolandbau für: landwirtschaftlicher Ausbilderinnen und Ausbilder Lehrer und Lehrerinnen Meisterinnen und Meister Teilnehmende an Meisterkursen Fachschüler und …
Mehr lesen...Drittmittelprojekte
5G Smart Country
Ausgangslage Weltbevölkerungswachstum, Ressourcenverknappung und schwieriger werdende klimatische Bedingungen machen es erforderlich, noch mehr Nahrung zu produzieren. Laut Prognosen muss die landwirtschaftliche Erzeugung mind. um 50% erhö…
Mehr lesen...Abibewässerung
Ausgangslage Die durch den Klimawandel zunehmend negative klimatische Wasserbilanz in der Vegetationsperiode führt zu einem erhöhten Bedarf an Wasser für die Feldberegnung. Gleichzeitig erfordert die zunehmende Nutzungskonkurrenz um …
Mehr lesen...ADAM
Ausgangslage ADAM ist ein 42-monatiges transdisziplinäres Forschungs- und Umsetzungsprojekt zur Steigerung der Biodiversität im Intensivgrünland. Es sind Partner aus der Wissenschaft (Bewilligungsempfänger Universität Gö…
Mehr lesen...AGrON
Ausgangslage In Deutschland gibt es regionale Unterschiede beim landwirtschaftlichen Nährstoffanfall. So gibt es beispielsweise in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Landkreise mit starkem Nährstoffüberschuss, aber auch …
Mehr lesen...AQUARIUS
Ausgangslage Die Niederschläge in der östlichen Lüneburger Heide sind deutlich niedriger als im übrigen Niedersachsen. Der eigentliche Wasserbedarf der landwirtschaftlichen Kulturen liegt dann oftmals sogar noch über …
Mehr lesen...Beratungsgrundlagen Umsetzung Düngeverordnung
Ausgangslage Neue bundeseinheitliche rechtliche Anforderungen sowie zusätzlich landesweit geltende neue Regelungen ab 2021 fordern seitens der Landwirtschaft intensive Anpassungsmaßnahmen mit dem Ziel eines verstärkten Umwelt- und …
Mehr lesen...