Hilfe bei vielen Ferkeln-Ferkelammen
Durch die züchterische Weiterentwicklung, bzw. durch neue Genetiken ist die Zahl der lebend geborenen Ferkel je Wurf in jüngerer Vergangenheit deutlich angestiegen. Aber je größer die Würfe sind, desto eher fehlen Zitzenplätze oder die Milch reicht nicht für alle Ferkel.
Aber auch krankheitsbedingter Milchmangel oder ein Totalausfall einzelner Sauen können Grund sein, eine Amme als Hilfsmittel einzusetzen.
Ein weiterer Grund, sich mit Ammensystemen auseinander zu setzen, ist, dass die Ferkelgruppen für die Vermarktung auch bei hohen Fruchtbarkeitsleistungen sowohl im Gewicht als auch im Alter möglichst ausgeglichen sein sollen. Selbst wenn die Milchleistung gleichmäßig auf alle funktionsfähigen Zitzen verteilt wäre, könnte eine 34-er Abferkelgruppe maximal 396 Ferkel aufziehen (=11,6 Ferkel/Sau; Annahmen: Remontierungsrate 42 %; 14 funktionsfähige Zitzen zum 1. Wurf; je Wurf Verlust von einer funktionsfähigen Zitze). Dabei werden auch heute schon Wurfleistungen von zwölf und mehr lebend geborenen Ferkeln erreicht.
Gleichmäßige Gruppen als Ziel
Über den Einsatz von Ammen kann man folgende Ziele erreichen: Verminderung des Gewichtsverlustes der Sauen durch zu starkes Absäugen, Verringerung der Saugferkelverluste und damit eine Erhöhung der Anzahl aufgezogener/verkaufter Ferkel je Sau und Jahr, Erhöhung der Lebensleistung der Sauen, Verbesserung der Wachstumschancen von kleinen Ferkeln. Auch kann die Qualität der verkauften Ferkel steigen (bessere Ausgeglichenheit in Gewicht und Alter).
Der Einsatz von Ammen ist aber natürlich mit zusätzlichen Kosten verbunden, die betriebsindividuell stark variieren können (zusätzlicher Stallplatz/Investitionskosten, Futter-, Energiekosten). Deshalb sollten vor einem Einsatz von Ammen in größerem Umfang alle anderen Einflußfaktoren für hohe Leistungen optimiert werden (Kondition der Sauen, Gesäugequalität, Milchleistung etc.). Die Praxis zeigt, dass bei optimalem Management auch ohne Ammen 24 bis 26 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr möglich sind. Bei höheren Ferkelzahlen wird es jedoch schwierig, ohne Hilfsmittel auszukommen.
Saugferkel haben die höchsten Ansprüche an die Haltungsumwelt und auch an die Futterquelle. Sie brauchen ein temperiertes Ferkelnest, um mit möglichst geringem Aufwand ihre Körpertemperatur aufrecht erhalten zu können, haben am Gesäuge eine feste Zitzenzuteilung (Tier:Fressplatzverhältnis 1:1) und bekommen dort mehrmals täglich und gleichzeitig mit den Wurfgeschwistern kleine Mengen an körperwarmem Flüssigfutter in idealer Zusammensetzung. An diesem „Premium-Standard“ müssen sich die Anforderungen an die Ammen orientieren, wenn vergleichbare Leistungen der Ferkel erbracht werden sollen. Dabei wird die Toleranz der Ferkel mit zunehmendem Alter größer. Unbedingt überlebensnotwendig ist aber für jedes Ferkel die Aufnahme von Kolostrum, da nur darüber die passive Immunität gewährleistet wird.
Ammensauen oder technische Hilfen
Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, Ammen zu nutzen. Zum Einen können andere Sauen als Ammen eingesetzt werden. Hierzu können entweder frisch abgesetzte Schlachtsauen mit noch ausreichender Milchleistung genutzt werden oder aber mit ausgeklügeltem System Sauen aus vorherigen Abferkelgruppen. Nachteilig bei der Nutzung von Ammensauen ist das eventuell zu starke Absäugen (negative Auswirkungen auf die eigene Fruchtbarkeit der Ammen), die schwierige Eingliederung der Ammensauen, ein zusätzlicher Bedarf an Abferkelbuchten und vor allem das Durchbrechen der strikten Trennung von Tiergruppen (Infektionsketten!). Von Vorteil ist dagegen, das Ammensauen den Ferkeln ansonsten die gleichen Bedingungen wie die Muttersauen bieten.
Die zweite Möglichkeit besteht im Einsatz der technischen Ferkelammen. Diese haben die Aufgabe, die speziell für die jungen Ferkel konzipierten, hochwertigen (und teuren) Futtermittel so an das Tier zu bringen, dass eine möglichst hohe Aufnahme und Verwertung gewährleistet ist. Der Markt bietet unterschiedliche Futtermittel für kleine Ferkel an (Ferkelmilch, Prestarter mit hohem Milchpulveranteil bzw. ohne Milchpulver). Neben der Zusammensetzung unterscheiden sie sich in der empfohlenen Darreichungsform (flüssig, breiig, kalt, warm). Dementsprechende Unterschiede finden sich auch bei den angebotenen Geräten. Denn die Technik muss sowohl die Ansprüche des Ferkels (häufige Fütterung kleiner, homogener Mengen, gleichzeitiges Fressen aller Ferkel, hygienisch einwandfrei) als auch des eingesetzten Futtermittels erfüllen (Gewährleistung bestimmter Temperaturbereiche, flüssig/breiig, Quellzeiten).
Sehr junge Ferkel werden zum Beispiel nicht so gut mit einem kalten Futter zurechtkommen, bzw. hierbei deutlich empfindlicher reagieren als zum Beispiel zwei bis drei Wochen alte Ferkel. Auch in puncto Hygiene haben neugeborene Ferkel deutlich höhere Ansprüche, zu lange stehendes Futter wird sich zum Beispiel bei den Jüngsten schnell in Form von Durchfall oder Ähnlichem bemerkbar machen. Für eine ausreichende Hygiene ist bei den jungen Ferkeln immer auf blanken Trog zu füttern. Mittlerweile bieten einige Geräte auch technische Details zur Verbesserung der Hygiene, wie z.B. Druckluftreinigung.
Der Vorteil technischer Ammen gegenüber Ammensauen ist zum Einen der geringere Platzbedarf (im Abferkelabteil oder gesonderter Raum) und die Einhaltung der Trennung von Tiergruppen. Zudem sind die Ferkel an den technischen Ammen besser an die Aufnahme von Prestarter gewöhnt, was sich beim Absetzen als Vorteil erweist.
Futtermittel und Gerät
Für eine erfolgreiche Anwendung der technischen Ferkelammen müssen Gerät und eingesetztes Futtermittel immer in Kombination gesehen werden und aufeinander abgestimmt sein. Das Management bzw. die Feinjustierung durch den Tierbetreuer ist bei jeder neuen Tiergruppe entscheidend. Die Erfahrungen von Beratern und/oder den Futtermittelherstellern sollten dazu genutzt werden. In der Tabelle sind einige technische Ammen aufgeführt, wobei zu beachten ist, dass Hersteller und Vertrieb nicht immer identisch sind. Vielfach vertreiben Futtermittelhersteller, Besamungsstationen oder andere Organisationen Ammen gleicher Bauart unter verschiedenen Namen.
Beschreibung einiger Ferkelammen
Produkt |
Kurzbeschreibung nach Herstellerangaben |
Pöttkers Ferkelamme (HCP-Technology, Nortrup) |
Maximal 40 Tiere in 2 Buchten; eigener Wasserboiler garantiert warme, trinkfertige Milch; integrierte Futterkurve; stündliche Fütterung; |
EFS-Ferkelamme (Enders, Badbergen) |
für Ferkel ab 7. LT; Fütterungsrhythmus 1 bis 4 h; festes Mischverhältnis Futter:Wasser; Flüssigfutter als Kalttränke (kein Milchpulver); Trog aus Edelstahl, maximal 20 Tiere; Aufzuchtzeit am Automaten: 3 Wochen |
Mambo Auto Mix |
Kalttränke, im Wesentlichen vergleichbar mit der EFS-Ferkelamme |
Baby-Milk-Mix-Feeder |
für Ferkel ab 3. Lebenstag; computergesteuerte stündliche Fütterung möglich; Flüssigfutter mit Warmwasseranmischung; Druckluftreinigung der Leitungen; Standardausführung mit 6 Buchtenventilen, 10 bis 20 Tiere je Ventil |
Pig Runner * |
Maximal 40 Tiere in zwei Buchten von 3 bis 14 kg LG; Breifutter; Heizstab für Warmwasserbereitung möglich; nicht geeignet für Pellets (zu kurze Quellzeiten); fester Fütterungsablauf mit Sensor und Tieranwesenheitskontrolle; stündliche Fütterung möglich |
* Fütterungstechnik für Absetzferkel, aber lt. Hersteller auch schon für säugende Ferkel geeignet
Fazit
Der Einsatz von Ferkelammen kann dazu beitragen, die Aufzuchtleistungen (Anzahl verkaufter Ferkel; gleichmäßigeres Verkaufsgewicht und –alter) zu verbessern. Dazu sind bedarfsgerechte und hochwertige Futtermittel in Kombination mit einer funktionssicheren Fütterungstechnik notwendig. Beides ist bereits auf dem Markt verfügbar, aber nur bei gezieltem Einsatz mit einem ausgefeilten und konsequenten Management Erfolg versprechend. Wirtschaftlich sinnvoll erscheint der Einsatz zudem nur, wenn vorher alle Maßnahmen für hohe Fruchtbarkeits- und Aufzuchtleistungen ausgeschöpft werden und der Ammeneinsatz dazu führt, ein bereits hohes Leistungsniveau weiter zu steigern. Durch den Einsatz der Amme müssen zusätzliche Ferkel hoher Qualität verkauft werden.
Kontakte
Dr. Heiko Janssen
Leiter Sachgebiet Tierhaltung
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