Gewinnglättung - wer profitiert?
Schlechte Stimmung auf den tierischen und pflanzlichen Erzeugermärkten und fehlende Liquidität in den landwirtschaftlichen Betrieben erfordern dringend politische Lösungen. Zur Entlastung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe hat der Bundestag deshalb am 1. Dezember 2016 im Rahmen des Hilfspaketes das Einkommensteuergesetz abgeändert. Die Änderungen beziehen sich auf die Möglichkeit der steuerlichen Gewinnglättung.
Bereits seit 2014 werden aufgrund der sich verschlechternden Situation auf den tierischen und pflanzlichen Erzeugermärkten, insbesondere in Bezug auf den Milchmarkt, verschiedene Sondermaßnahmen der EU erlassen. Im Sommer 2016 wurde ein weiteres EU-Hilfspaket in Höhe von insgesamt 500 Millionen € beschlossen. Im Rahmen dieses Paketes wurden durch den Bundesrat nunmehr im Dezember neben dem Milchmarktsondergesetz die Änderungen zum Einkommensteuergesetz, hinsichtlich der Möglichkeit einer steuerlichen Gewinnglättung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben § 31c EStG, abgesegnet. Wirksam wird diese Regelung jedoch erst Ende 2019, dachdem die beihilferechtliche Genehmigung durch die
Europäische Kommission erfolgte. Ziel ist es, die stark von Preisschwankungen betroffene Erzeugerseite zu entlasten, indem schlechte Erntejahre mit guten Ergebnissen ausgeglichen werden können und folglich durch den durchschnittlichen Gewinn der zurückliegenden drei Jahre eine geringere Einkommensteuerbelastung entsteht. Die gesetzliche Neuregelung ist zunächst bis zum Kalenderjahr 2022 befristet. In 2016 wurden insgesamt drei Betrachtungszeiträume festgelegt, nämlich 2014 bis 2016, 2017 bis 2019 und 2020 bis 2022. Da die Einkommensteuer eine Jahressteuer ist, werden für das klassischerweise abweichende Wirtschaftsjahr in der Land- und Forstwirtschaft zwei Wirtschaftsjahre zeitanteilig, zur Berechnung eines Wertes für das Kalenderjahr, herangezogen, welches bereits eine gewisse "Glättung" bedeutet. Dem Zufolge umfassen die drei festgelegten Glättungszeiträume jeweils drei Veranlagungszeiträume, die wiederum aus zwei zeitanteiligen Wirtschaftsjahren bestehen. Da der Anwendungszeitraum 2014 bis 2016 jedoch steuerlich lange abgewickelt ist, wird die Gewinnglättung nicht automatisch vom Finanzamt für alle, sondern nur auf Antrag des Steuerpflichtigen rückwirkend durchgeführt. Auch für die Folgejahre ist mit Einreichen der letzten Steuererklärung eines Glättungszeitraumes, also 2019 und 2022 ein Antrag an die Finanzverwaltung zu stellen, damit die Gewinnglättung angewandt wird. Außerdem ist voraussichtlich vom Steuerpflichtigen eine entsprechende Berechnung der Gewinnglättung einzureichen.
Da für die Gewinnglättung ausschließlich die Einkommensteuer relevant ist, profitieren nicht alle landwirtschaftlichen Unternehmensformen davon. Neben Einzelunternehmen können auch land- und forstwirtschaftliche Personengesellschaften (z.B. GbR oder KG) an der Gewinnglättung teilnehmen. Jedoch sind zum Beispiel Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften von der Regelung ausgeschlossen, da für solche bereits ein fester Steuersatz von 15 % festgelegt ist.
Die Berechnung der Gewinnglättung basiert auf einer errechneten fiktiven tariflichen Einkommensteuer für einen dreijährigen Betrachtungszeitraum — im weiteren Verlauf von diesem Artikel vereinfacht als „fiktive Einkommensteuer“ bezeichnet. Als Bemessungsgrundlage dienen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 13 EStG. Durch Gegenüberstellung der tariflichen — also tatsächlich gezahlten — Einkommensteuer und der fiktiven Einkommensteuer wird gegebenenfalls die tarifliche Steuer um den errechneten Unterschiedsbetrag ermäßigt oder auch erhöht.
Ziehen wir zur besseren Nachvollziehbarkeit der Gewinnglättung zwei Beispielberechnungen heran (s. angehängte pdf-Datei). Diese zeigen vereinfacht, wie sich die tarifliche und fiktive Einkommensteuer zusammensetzen, beides im sogenannten Splittingtarif für zusammenveranlagte Ehegatten.
Das Beispiel in Abbildung 1 gilt für einen durchschnittlichen Milchviehbetrieb mit 90 Milchkühen und einer durchschnittlichen Jahresleistung von 9.000 kg Milch je Tier. Im Wirtschaftsjahr 2015/16 gab es zudem auf dem Betrieb neben dem nicht zufriedenstellenden Milchpreis produktionstechnische Schwierigkeiten. Die Berechnung in Abbildung 2 zeigt hingegen das Unternehmensergebnis eines Milchviehbetriebes mit 400 Milchkühen und einer durchschnittlichen Leistung von 10.500 kg Milch im Jahr.
Wie die Unternehmensergebnisse der landwirtschaftlichen Betriebe zeigen, unterlagen die vergangenen Wirtschaftsjahre einer starken Volatilität. Die durchschnittlichen Einkünfte für die Gewinnglättung betragen in den gezeigten Berechnungen 82.500 € (Beispiel 1) beziehungsweise 187.500 € (Beispiel 2). Anhand dieser Beträge wird nun, ohne Berücksichtigung möglicher zusätzlicher Einkünfte oder Abzugsbeträge, die Einkommensteuer berechnet.
Die Einkommensteuer selbst unterliegt einem linear-progressiven Tarif (siehe Abbildung 3 im Anhang). Das heißt, sie erhöht sich mit steigendem Einkommen. Der Grenzsteuersatz ist bis zur Höhe des Grundfreibetrags gleich Null. Danach erhöht sich dieser vom Eingangssteuersatz 14 % bis auf 42 % Spitzensteuersatz. Durch die dreijährige Gewinnglättung soll die Wirkung der Progression künftig verringert werden.
Behalten wir die wichtige Tatsache der Progression im Hinterkopf und kommen zu den Beispielen zurück: Zunächst wird die klassische, tarifliche Einkommensteuer ermittelt. Inklusive Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer beträgt sie im Beispielbetrieb mit 90 Milchkühen 66.930 €. Die fiktive Einkommensteuer wird für jedes Kalenderjahr des Betrachtungszeitraums gesondert ermittelt, und zwar ausgehend von den durchschnittlichen Einkünften. Diese Summe beläuft sich auf 64.225 €. Der Unterschiedsbetrag beträgt somit 2.705 € und zwar deshalb, weil sich die Progression mildert. Der Grenzsteuersatz verringert sich, was sich wiederum auf die zu zahlende Steuer auswirkt.
Warum aber errechnet sich im zweiten Beispielbetrieb kein Vorteil durch die Gewinnglättung, obwohl die steuerpflichtigen Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft 2014, im Gegensatz zu den beiden anderen Veranlagungszeiträumen, doch so groß waren? Ganz einfach: Die Progression wird in diesem Beispiel eben nicht gemildert. In der Berechnung ist der Spitzensteuersatz von 42 % erreicht. Deshalb verringert sich dieser nicht — trotz Einbeziehung der durchschnittlichen Einkünfte. Der Steuersatz bleibt gleich, eine nachträgliche individuelle Steuerermäßigung in Form einer Tarifglättung kommt in diesem Fall nicht zustande.
Aber nicht nur im Beispielbetrieb mit 400 Milchkühen führt die Möglichkeit der Gewinnglättung ins Leere. Genauso unwirksam sind die neuerlassenen Vorschriften, wenn es um landwirtschaftliche Betriebe mit mehrjährigen Verlusten geht, sofern im letzten Kalenderjahr des Betrachtungszeitraums keine oder nur eine geringe Einkommensteuer festzusetzen ist.
Für jene Betriebe, die von der Gewinnglättung profitieren, hängt das Ausmaß des möglichen Steuervorteils von der Höhe und der Volatilität der Einkünfte innerhalb des Betrachtungszeitraums ab. Deshalb können größere Gewinnschwankungen gegebenenfalls Steuervorteile hervorrufen, wenn das zu versteuernde Einkommen innerhalb der Progressionszone bleibt. Genau aus diesem Grund kann die Gewinnglättung für einzelne Betriebe vorteilhaft sein. Ob sie aber über alle Betriebe hinweg gesehen ein Segen ist, bleibt abzuwarten.
Finden Sie weitere Informationen zum Hilfpaket in unserem Artikel Hilfspaket: Steuerliche Gewinnglättung das Bürgschaftsprogramm sowie das Milchsondermaßnahmengesetz oder fragen Sie unsere Wirtschaftsberaterinnen und - berater vor Ort.
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