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Kartoffelanbau: Lagern führt zum Erfolg

Webcode: 01037202
Stand: 12.08.2020

Für Kartoffelerzeuger lief es in den letzten 10 Jahren wirtschaftlich recht gut. Lediglich in 2 der 10 Jahre (2011 und 2014) waren die Ergebnisse unbefriedigend, weil die alte Regel „Gute Ernte - schlechte Preise“ immer noch bei Erntemengen über 11 Mio. t im Bundesdurchschnitt greift. Hilft eigentlich eine eigene Lagerung, wirtschaftliche Täler besser zu überstehen oder ist sie nur notwendiges Übel, um die in kurzer Zeit unterzubringenden Erntemengen logistisch überhaupt bewältigen zu können? Dr. Mathias Schindler von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen beschreibt und analysiert die Vergangenheit, aber: Die Entscheidungen für die Zukunft treffen Sie.

Kartoffeln
KartoffelnImke Voigtländer
Die Marktlage im Rückblick

Der Verbrauch an Kartoffeln ist relativ konstant, passt sich aber natürlich immer „irgendwie“ an die vorhandenen Mengen an, die sich aus der aktuellen Erzeugung und den vorhandenen Vorräten abzüglich der neuen Vorräte in Form von Roh- und Verarbeitungsprodukten ergeben. Dies passiert im Wesentlichen durch angepasste Verkaufspreise. Im unteren Bereich der Übersicht 1 sind für die Jahre 2019, 2018 und 2011 sowohl die Anbauflächen als auch die Gesamterntemengen und die Erträge ausgewiesen.

Nach dem Ergebnis in 2018, wo von in etwa durchschnittlicher Anbaufläche (ca. 252.200 ha) nur 8,92 Mio. t geerntet werden konnten, gab es für 2019 aufgrund des Anbauflächenanstiegs um etwa 10% auf bundesweit 276.300 ha zunächst Befürchtungen, dass der Markt einbrechen könnte. Da aber auch 2019 die Erträge trockenheitsbedingt deutlich unterdurchschnittlich ausfielen, gab es mit 10,4 Mio. t eine ganz knapp unterdurchschnittliche Gesamterntemenge, was nach dem Mangeljahr 2018 den Markt derzeit nicht nennenswert belastet. Anders war es 2011, als mit mehr als 11,9 Mio. t das Angebot 10% über dem Durchschnitt lag und der Markt einbrach (siehe Übersicht 2).

Für 2019 zeigt die Übersicht 1, dass die Anbauschwerpunkte unverändert in Niedersachsen (47% der deutschen Gesamtmenge auf 45% der Gesamtanbaufläche), Bayern (15% der Anbaufläche, 16% der Erntemenge) und Nordrhein-Westfalen (15% der Anbaufläche, 15% der Erntemenge) liegen.

Über die Gründe des in 2019 festgestellten deutlichen Anstiegs der Anbaufläche kann viel spekuliert werden: Waren es die wirtschaftlichen Einbrüche der Nutzungskonkurrenten Zuckerrübe und Raps, die zunehmende gesellschaftliche Kritik am Maisanbau oder die hohen Kartoffelpreise der letzten Jahre?

Vermutlich kam eines zum anderen, aber gerettet wurde der Markt letztlich noch einmal durch die bundesweit unterdurchschnittlichen Erträge, denn im Prinzip könnte das Leben für Speisekartoffelanbauer schön und relativ einfach sein: Eine Gesamtmenge von bis zu etwa 11 Mio. t führte in der Rückschau immer zu „gut auskömmlichen“ Preisen. Auf diesem Niveau könnte man sich komfortabel einrichten. Im Nachgang zu solchen Jahren (z. B. 2015 und 2016) führen einzelbetriebliche Entscheidungen auf der Basis der festgestellten Anbauattraktivität aber leider immer zur Anbauflächenausdehnung, weil es sich zuletzt „so gut gerechnet hat“. Mehr Anbaufläche zusammen mit überdurchschnittlichen Ernten (z. B. 2011 und 2014) bringen dann schnell deutlich mehr Ware auf den Markt als dieser verkraften kann. Die Anpassung des Verbrauchs an die schwankende Gesamterzeugung erfolgt hingegen nur sehr schwerfällig (im Ökonomendeutsch: unelastisch): Es sind große Preisschwankungen erforderlich, um verhältnismäßig geringe Mengenänderungen im „Nachfrageverhalten“ zu erreichen, damit sich das neue „Marktgleichgewicht“ einstellt.

Die Preise der letzten 10 Jahre sowie die Durchschnittswerte für einige 10-Jahresperioden sind in der Übersicht 2 gezeigt. Sind Kartoffeln mal „knapp“ (wie 1983, 1994, 2006, 2010, 2013, 2015, 2016 und 2018) springt der Preis schnell und deutlich nach oben. Sind sie zudem auch nur bedingt lagerfähig (1983, 1994, 2010,2012, 2015, 2016 und 2018), steigt der Preis nach der Ernte schnell und immer weiter an. Gibt es „zu viele“ Kartoffeln (wie 1984, 1985, 1993, 1996, 1999, 2000, 2004, 2009, 2011 und 2014), so fällt der Preis in die Nähe des „Futterwertes“ (früher den in der Tierhaltung, jetzt den in den Biogasanlagen) und steigt im weiteren Verlauf des Jahres oft nicht mal um die (noch zu ermittelnden) Lagerkosten an. Diese extremen Effekte lassen sich schon bei Erntemengenschwankungen von unter 10% feststellen.

An Effekten war schon (fast) alles dabei:

  • hohe Startpreise und hohe Anstiege (1983, 2006, 2010 und 2018)
  • hohe Startpreise und deutliche Einbrüche (1995 und 2003)
  • niedrige Startpreise mit Abwärtstrend (1987, 1996 und 1999)
  • niedrige Startpreise und kaum Änderung (1997)
  • niedrige Startpreise mit leichtem Anstieg (2009 und 2011)
  • mittlere Startpreise und kaum Änderung (2007)
  • mittlere Startpreise mit starkem Anstieg (1998, 2012, 2015 und 2016)

    Sie vermissen ein normales durchschnittliches Jahr?       Ich auch!

    Bei der Analyse der Durchschnittswerte über 37 Jahre zeigt sich eine Preisdifferenz von ca. 1,20 €/dt zwischen den Preisen von Anfang September und der Zeit von Mitte September bis Mitte Oktober. Diese Differenz war vor 1993 mit bis zu 3,10 €/dt wesentlich ausgeprägter, in den neunziger Jahren und bis 2009 mit ca. 1 €/dt aber deutlich geringer. Für den letzten 10-Jahresdurchschnitt liegt der Preisrückgang während der Ernte bei 1,26 €/dt, betrachtet man nur die letzten 5 Jahre, so hat sich der Preisrückgang in der Ernte auf 1,03 €/dt reduziert. Ob dies aus dem verstärkten Bau von Kartoffellagern der Anbauer resultiert?

    Für den wirtschaftlichen Erfolg der Kartoffellagerung ist aber entscheidend, welcher Preisanstieg durch die Kartoffellagerung auf der Preisbasis „Ende September/Anfang Oktober“ (Ernte 2019 für Optierer (= netto): 19,86 €/dt, vgl. Spalte „Ø Ernte“ in Übersicht 2) im Laufe des Jahres bis zur nächsten Frühkartoffelsaison erreicht werden kann. In der Vermarktung der Ernte 2018 zeichnete sich bislang nach dem sehr erfreulichen Start ein noch erfreulicherer starker Anstieg des Preises um etwa 10 €/dt bis März 2019 ab. Bis April 2019 waren es sogar +12,48 €/dt, so dass sich mit etwa 38 €/dt die Situation von 4/1984 und 4/1995 wiederholte. Ältere erinnern sich, dass früher Getreide doppelt so viel kostete wie Kartoffeln, im Frühjahr 2019 war es andersrum.

    Die aus diesem Jahr sehr erfreuliche Entwicklung war so erst kurz vor der Ernte zu erwarten, als sich abzeichnete, dass die Erntemengen nicht nur in Deutschland, sondern auch in fast allen Nachbarstaaten deutlich unter dem Mittelwert liegen würden. Ob der bislang beobachtete Preisanstieg bis zum April anhalten wird, hängt wesentlich davon ab, welche Qualität bei der erwarteten Lagerfähigkeit am Ende aus dem Lager auf den Markt kommt.

    Wer beim Verkauf die Nerven behält und weiterlagert, könnte dafür – wie zuletzt in den Jahren 2012, 2015, 2016 und 2018 – belohnt werden. In den Jahren 1991, 1995, 1998, 2013, 2014 und 2017 war das leider anders. Für die letzten zehn Jahre (Ernten 2010 bis 2019) wird mit 15,87 €/dt inzwischen ein um +4,39 €/dt höherer Durchschnittspreis gegenüber dem Mittelwert aus 37 Jahren (11,44 €/dt) errechnet. Bis Januar war im zehnjährigen Mittel zuletzt ein Preisanstieg von etwa +3,29 €/dt, bei längerer Lagerung (bis April) von bis zu +5,19 €/dt drin. Im fünfjährigen Mittel ergaben sich dank vier Jahren mit geringeren Ernten (2015, 2016, 2018 und 2019) mit 18,07 €/dt für Anfang Oktober umso bessere Ausgangspreise, verbunden auch noch mit höherem Preisanstiegen bis Januar (+2,87 €/dt) bzw. bis April (+6,45 €/dt). Fazit: Die letzten 10 Jahre weisen einen deutlich angenehmeren Preisverlauf auf als der längere Durchschnitt, denn in sechs der letzten zehn Jahre kam es zu deutlichen nacherntigen Preisanstiegen, nur 2011, 2013, 2014 und 2017 nicht. Diese Häufung „guter Lagerjahre“ war früher so nicht zu beobachten.

    Aus dem Vergleich der zehnjährigen Durchschnittswerte (unterer Teil der Übersicht 2) ist langfristig eine deutliche Aufwärtsbewegung bei den Kartoffelpreisen erkennbar. Wurde in der ersten Zehnjahresperiode von 1983 bis 1992 ein Preisniveau von 8,97 €/dt ermittelt, so stieg der Durchschnittspreis bis auf 15,87 €/dt in der Periode von 2010 bis 2019 an. Der beobachtete Anstieg beträgt inzwischen +77%. Dies ist auf den ersten Blick beachtlich, hat allerdings aber auch 30 Jahre gedauert, so dass sich (nach Zinseszinsrechnung) eine durchschnittliche Preissteigerung von ca. +1,8%/Jahr ergibt. Da dies deutlich unter der langfristigen allgemeinen Inflationsrate liegt, sind die Kartoffelpreise langfristig eher als stabilisierend denn als inflationstreibend anzusehen.

    Zwischenfazit

    Als Zwischenfazit bleibt festzuhalten, dass der Preisanstieg, der bei Lagerung realisierbar war, zuletzt im zehnjährigen Mittel der Jahre 2010/11 bis 2019/20 bis zu 5,19 €/dt betrug, während sich im fünfjährigen Schnitt (15/16-19/20, Übersicht 2) bis März 5,15 €/dt und bis April sogar 6,45 €/dt an Preisdifferenz gegenüber Anfang Oktober ergeben. Ob das nachhaltig ist und ein "Es wird so weitergehen"-Gefühl auslösen sollte? Meine Meinung: Lieber nicht darauf verlassen.
    Aus dem Gefühl heraus ist damit die Frage, ob mit der Kartoffellagerung in den letzten Jahren Geld verdient werden konnte, vermutlich zu bejahen. Offen ist aber noch, was die Lagerung tatsächlich zurzeit kostet und das wird gleich anhand heutiger Kosten analysiert.

    Kartoffellagerung: ein wirtschaftliches Muss

Kartoffelkisten
KartoffelkistenAnne Dirking
Die Entscheidung für den Anbau von Kartoffeln darf nicht ohne Beantwortung der Frage, wie gelagert werden kann, getroffen werden. Zwar sind die logistischen Anforderungen im Kartoffelanbau (noch) nicht ganz so hoch wie bei Getreide und Zuckerrüben, wo Abfuhrmengen von bis zu 150 t pro Stunde bewältigt werden müssen, dafür sind aber an das Handling der Lagerung deutlich höhere Anforderungen zu stellen. Die Probleme, die während der Ernte bei der direkten Anlieferung an die aufnehmende Hand entstehen würden, machen es für den größeren Anbauumfang unverzichtbar, mit eigener Schlagkraft selbst einzulagern, da (meistens) die Ladezeiten, Anfahrtswege und Wartezeiten sonst unverhältnismäßig viel Transport- und Arbeitskapazität binden würden.

Obwohl die eigene Lagerung damit quasi unverzichtbar wird, sollte sie trotzdem auch einen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg liefern - und wenn es nur die Deckung der eigenen Kosten ist. Für die Beurteilung, ob sich die Lagerung lohnt, kann dazu ein Vergleich des durch die Lagerung erzielbaren Preisaufschlages mit den Vollkosten der Lagerung erstellt werden.

Bei der Ermittlung der durch die Lagerung entstehenden Kosten kann eine Strukturierung in die verschiedenen Kostenbereiche helfen. Dabei können in zwei Kostengruppen fünf verschiedene Kostenbereiche abgegrenzt werden.

Dem „Kartoffellager“ (1. Kostengruppe) sind folgende Kostenpositionen zuzuordnen:
- Die Kosten des Kartoffellagers (Abschreibung, Zinsanspruch und Unterhaltung)     
- Die Betriebskosten des Lagers während der Lagerung  

Dem Produkt „Kartoffel“ (2. Kostengruppe) können folgende Kostenpositionen zugeordnet werden:

-  Die Kosten für das Produkthandling (Transport, Ein- und Auslagerung)                     
-  Zinsverluste aufgrund späterer Verkaufs- und Zahlungstermine und
-  Kosten durch Substanzverluste (Schwund und Absortierung)   

Diese Unterteilung ist sinnvoll, weil bestimmte Kosten wie Abschreibung, Zinsanspruch und Teile der Unterhaltung immer anfallen, wenn das Lager erst einmal geschaffen wurde (das wären die "eh da“-Kosten), unabhängig davon, ob überhaupt gelagert wird.

Andere Kosten fallen dagegen erst an, wenn das Lager genutzt wird, wie z. B. durch Reparaturen und aufgrund der Betriebskosten (z. B. Strom). Mit den Reparaturen ist das so eine Sache: Wer das Lager nie mehr zur Kartoffellagerung nutzen will, kann darauf verzichten und sollte es anderweitig nutzen oder verkaufen. Wer später eventuell wieder eine Nutzung plant, sollte das Lager in Stand halten, würde also auch zumindest einen Teil der Reparaturen unabhängig von der aktuellen Nutzung durchführen. Deshalb werden diese zur ersten Kostengruppe zugeordnet.

Die Positionen der zweiten Kostengruppe sind stark an das Produkt „Kartoffel“ gekoppelt und würden bei anderen Produkten anders ausfallen. Während die Kosten des Handlings “nur“ von den kartoffelspezifischen Ansprüchen beeinflusst werden, besteht bei den Zinsverlusten für das länger gebundene Kapital und bei den Kosten durch die Substanzverluste eine zusätzliche Abhängigkeit vom Kartoffelpreis. Ist der hoch, sind die für diese Positionen anzusetzenden Beträge auch höher und umgekehrt.

Bei sehr spitzfindiger Betrachtungsweise ergäbe sich sogar noch ein weiterer zu berücksichtigender Bereich: Sofern die Lagerung die Qualität der Kartoffeln beeinflusst, könnten die eventuell daraus resultierenden Preisänderungen aufgrund von lagerbedingten Qualitätsänderungen als sechste Kostenposition berücksichtigt werden. Da diese aber dann auch in der am Markt im Jahresverlauf beobachtbaren Preisentwicklung enthalten wäre, sind derartige eventuell auftretenden Effekte vermutlich bereits in der Kartoffelpreisentwicklung berücksichtigt, wenn sie nicht durch Zu- oder Abschläge im Nachgang berechnet würden.

Kosten verschiedener Kartoffellager

Beispielhaft sollen im Folgenden die Kosten für zwei verschieden große Kartoffellager ermittelt werden. Dabei soll ein Lager lediglich passend zur betriebseigenen Kartoffelmenge gebaut werden, das andere Kartoffellager wird als Gemeinschaftslager so dimensioniert, dass dort die Kartoffelmenge von drei Betrieben gemeinsam gelagert werden kann.

Das Einzellager (vgl. Übersicht 3, Variante 1) soll ein Lagervolumen von ca. 1.800 t aufweisen, so dass es bei einem angenommenen Ertrag von 45 t/ha die Kartoffeln von ca. 40 ha Anbaufläche in Kisten aufnehmen könnte. Aus dem Investitionsvolumen von 547.500 € ergibt sich ein spezifischer Investitionsbedarf von 304 €/t Lagerraum. Da Nutzungsdauern von 40 Jahren für die Gebäudehülle, 20 Jahre für die technische Ausstattung und 10 Jahre für die Kisten unterstellt werden, betragen die jährlichen Kosten des Lagers 1 insgesamt 42.987 € bzw. 23,88 €/t/Jahr (= 7,85% der Investitionssumme). Davon entfallen mit 14,47 €/t/Jahr wegen des derzeit sehr niedrigen Zinsniveaus ca. 60,59% auf die Abschreibung. Dank der deutlich gesunkenen Zinsen (hier 2,3%) betragen die durchschnittlichen Zinskosten der Annuitätenfinanzierung (Darlehen über 20 Jahre Laufzeit mit zehn Jahren Zinsbindung zu 2,30%) etwa 16,5% der Gesamtkosten (3,94 €/t/Jahr) und 22,91% (5,47 €/t/Jahr) werden durch Unterhaltung und Versicherung verursacht. Wird nach Gruppen aufgeschlüsselt, verursacht das Gebäude jährliche Kosten von 6,92 €/t (29%), während die gesamte Ausstattung mit 16,96 €/t (71%) zu Buche schlägt.

Sofern eine AFP-Förderung (die Bedingungen sind in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich!) mit einem durchschnittlichen Förderanteil von 20% des förderfähigen Anteils der Investitionssumme in Anspruch genommen werden kann, reduziert sich der Eigenanteil am Investitionsbetrag auf ca. 438.000 €. Der kapitalisierte Zinszuschuss verringert nicht nur die Investitionssumme, sondern auch die Abschreibung und den Zinsaufwand anteilig, so dass eine jährliche Gesamtbelastung von ca. 36.357 € bzw. 20,20 €/t Lagerkapazität verbleiben würde. Da die sonstigen Kosten (Unterhaltung, Versicherung, etc.) identisch bleiben, während sich Abschreibung und Zinsaufwand ändern, verschieben sich die Anteile auf ca. 57,3% für die AfA, 15,6% für den Zinsaufwand und ca. 27,1% für Unterhaltung und Versicherung. Durch die „20%“-Förderung würden die Kosten des Lagers 1 also um ca. 15,41% sinken.

Alternativ könnte im Rahmen einer „großen“ Lösung (Variante 2) ein gemeinschaftliches Kistenlager für ca. 6.900 t gebaut werden, in dem bei einem Investitionsvolumen von 2.617.800 € die Ernte von ca. 150 ha Kartoffelfläche (Ertrag 45 t/ha) gelagert werden kann. Der spezifische Investitionsbedarf liegt mit 233 EUR/t um ca. 23,4% unter dem der Individuallösung. 

Aufgrund der unterschiedlichen Anteile für Gebäude und Technik fallen die jährlichen Kosten des größeren Lagers mit 18,47 €/t/Jahr um 22,7% niedriger aus als im Einzellager und liegen sogar um 8,6% unter denen des AFP-geförderten Einzellagers. Dabei hat die AfA einen Anteil von 61%, während 16,3% auf die Zinsen und 22,7% auf Unterhaltung und Versicherung entfallen.

Noch günstiger würde es, wenn alle Partner des größeren Lagers für ihre Anteile auch die AFP-Förderung in Anspruch nehmen könnten. Dann ließen sich der Eigenanteil am Investitionsbedarf auf 1.285.600 € reduzieren. Die jährlichen Kosten könnten so von 127.476 € um 15,45% auf 107.777 € sinken (= 15,62 €/t).

Produktgebundene Kosten der Lagerung

Hier sind zunächst die Kosten für die Ein- und Auslagerung der Kartoffeln zu nennen. Diese hängen im Wesentlichen von der Art der Lagerung (lose oder in Kisten) und dem eventuell erforderlichen Aufwand an „Hand“-Arbeit (Versetzen von Trennwänden, Förderbändern, etc.) ab. Da in den zwei Varianten das gleiche Lagerverfahren (Kistenlagerung, aber mit unterschiedlicher Leistung) zum Einsatz kommt und deshalb die gleichen Arbeitsschritte erforderlich sind, werden hier Pauschalwerte für die variablen Kosten des Ein- und Auslagern mit zusammen 5,70 €/t angesetzt (Fußnoten der Übersicht 4).

Wer aus der Ernte heraus verkauft, hat in der Regel meistens etwa drei Wochen später sein Geld und verfügt dann über notwendige Liquidität, um Verbindlichkeiten und aktuell entstehende Kosten zu begleichen oder kurzfristige Geldanlagen zu tätigen. In Zeiten geringster Anlagezinsen (Bundesanleihen zu etwa 0%) spielt der alternative Anlagezins praktisch keine Rolle mehr, wer aber den Kontokorrentkredit reduzieren kann, spart bei den Zinsen erheblich.

Durch die eigene Lagerung verschiebt sich der Zeitpunkt für den Zufluss an Liquidität durch die Verkaufserlöse allerdings oft um mehrere Monate. Da die Erlöse erst später zufließen, muss je nach Finanzlage des Betriebes innerhalb dieses Zeitraumes entstehender Liquiditätsbedarf anderweitig gedeckt werden oder auf die Zinseinkünfte aus der Anlage überschüssiger Liquidität verzichtet werden.

Die Ausgangsbasis für die Kalkulation dieser Kostenposition bildet in diesem Fall der durchschnittliche Erzeugerpreis der letzten fünf Jahre (2010-2019) von 158,69 €/dt (Basis: Mitte September/Mitte Oktober). Da sich dieser aber auf sortierte Ware bezieht, sind die entsprechenden Sortierkosten, die bei einem Verzicht auf ein eigenes Lager und Verkauf als unsortierte Ware aus der Ernte heraus üblicherweise im Lohn erfolgt, vom Erzeugerpreis abzuziehen.

Bei einem Ansatz von 18,85 €/t für die Lohnsortierung ist also ein „Netto“-Wert der Kartoffeln von 139,89 €/t über die geplante Dauer der Lagerung mit einem marktüblichen Zinssatz zu bewerten. Deshalb ist mit einem Zinsanspruch von ca. 0,47 €/t und Lagerungsmonat zu rechnen.

Darüber hinaus entspricht die nach der Auslagerung vermarktungsfähige Ware nicht mehr der ursprünglich eingelagerten Menge. Ursächlich dafür sind der Schwund, der aufgrund des Eigenlebens der Kartoffeln durch Veratmung und Verdunstung entsteht und die unter Umständen entstehenden Verluste durch Verderb. Haupteinfluss auf diese Größen haben neben dem Lagerungsklima (Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftbewegung) auch die Einlagerungsbedingungen (Knollenbeschädigungen, -temperatur und –feuchte, anhaftende Verunreinigungen, Steinbesatz und Fäulnis). Zusammen mit den Verlusten bei der Ein- (1,5%) und Auslagerung (1,0%) werden für die Gesamtverluste bei „normalen“ Bedingungen je nach Lagerungsdauer zwischen 5,5 und 6,9% angesetzt.

Der Wert dieser nach der Lagerung nicht mehr verkauften Mengen setzt sich zusammen aus deren „Netto“-Preis zuzüglich der bereits entstandenen Kosten (Zinsanspruch, Einlagerungskosten, Kosten des anfänglich beanspruchten Lagerraumes) und ist den verbleibenden Kartoffeln, also den tatsächlich verkauften, in Form einer zusätzlichen Kostenkomponente anzulasten. Dazu kommen dann auch noch die Kosten für das Handling und die Lagerung der „Sortierverluste“, die ebenfalls von der am Schluss verkauften Ware mitgetragen werden müssen.

Der daraus resultierende Preisaufschlag beträgt bei einem Monat Lagerungsdauer 12,05 €/t und steigt bis auf 15,68 €/t bei sechs Monaten Lagerung an.

Für die spezifischen Betriebskosten der Lager (= Kosten pro t Kartoffeln) sind zwischen den zwei Varianten nur relativ geringe Unterschiede zu erwarten. Deswegen werden hier Pauschalwerte angesetzt, die für den ersten Lagerungsmonat 5,50 €/t (3,70 €/t für Lagerung überhaupt und 1,80 €/t für den 1. Monat) und jeden weiteren Monat weitere ca. 1,00 bis 1,50 €/t betragen (vgl. Übersicht 4, Spalte 5). Bei sechs Monaten Lagerungsdauer entstehen somit „Betriebs“-Kosten von 11 €/t.

Als letzte der oben genannten Positionen sind die variablen Kosten der Eigensortierung zu berücksichtigen. Diese gehen ebenfalls mit einem Pauschalwert von 7,40 €/t in die Kostenermittlung ein.

Somit ergibt sich eine Vollkostenbelastung im Einzellager (abzüglich der Kosten einer Lohnsortierung) zwischen 28,22 €/t bei einem Monat Lagerungsdauer und 39,69 €/t bei sechs Monaten Lagerung (siehe Übersicht 4). Mit AFP ist es im Einzellager aufgrund der bei den Festkosten niedrigeren Ansätze für AfA und Zinsanspruch um ca. 3,68 €/t günstiger.

Ein ungefördertes Gemeinschaftslager ist um weitere 1,73 €/t preiswerter als die geförderte Einzellösung und wenn die Gemeinschaftslagerung auch voll gefördert werden kann, dann kostet die Lagerung dort noch einmal 2,85 €/t weniger. Die Nutzung aller Vorteile (großes gefördertes Lager) könnte die Gesamtkosten um 8,26 €/t auf dann 31,43 €/t senken.

Fazit:

War das Jahr 2017 „eher weniger erfolgreich“, so werden 2018 und 2019 selbst bei ca. 30% Minderertrag aufgrund des gegenüber dem Durchschnitt etwa verdoppelten Preises als „bei Kartoffeln doch noch ziemlich gut gelaufen“ in die Annalen eingehen. Die alte Regel „knappe Ernte bringt gute Preise“ hat sich wieder mal bewahrheitet und wer seine Kartoffeln gut durch Winter und Frühjahr brachte und die Ernte 2018 erst im April 2019 verkauft hat, konnte auch an der Lagerung richtig Geld verdienen. Für 2019 zeichnet sich, weil die Ernte zwar fast durchschnittlich war, aber auf einen „hungrigen“ Markt kam, trotz (etwas) niedrigeren Ausgangspreisniveaus eine ähnliche Entwicklung ab.

Für die Lagerung sind in einer Vollkostenbetrachtung Kosten von rund 34,65 €/t bei etwa vier und 36,78 €/t bei fünf Monaten Lagerungsdauer im nicht geförderten Einzellager anzusetzen. Im Durchschnitt der letzten 10 Jahre wurden die Kosten für viermonatige Lagerung durch Preisanstiegen um 32,92 €/t nicht ganz gedeckt; der Preisanstieg bei fünfmonatiger Lagerung betrug 43,71 €/t und war vollkostendeckend. Weil die Marge für Lagerkosten so gering ist, erscheint die Nutzung aller Kostensenkungspotenziale bis hin zum Bau eines Gemeinschaftslagers mit Fördermitteln dringend geboten. Die Kosten viermonatiger Lagerung könnten durch ein Gemeinschaftslager um ca. 5,41 €/t auf rund 29,24 €/t reduziert werden. Wenn dann noch AFP genutzt werden kann, lassen sich weitere 2,85 €/t einsparen und die Kosten auf 26,39 €/t senken. Dann wird man auch beim Lagern zum Gewinner.

Grundsätzlich gilt: Bei vorhandenem Lager ist das Verfahren „Lagerung“ weiter zu betreiben, solange zumindest die variablen Kosten gedeckt sind, weil dies die „verlustminimierende“ Handlungsstrategie darstellt, denn so können die aktuell unbeeinflussbaren Festkosten wenigstens zum Teil gedeckt werden.

In den letzten zehn Jahren waren bei einer späteren Vermarktung Erlösanstiege von bis zu 51,90 €/t feststellbar. Damit hat sich die Situation für die Lagerung gegenüber früheren Jahren so deutlich gebessert, dass inzwischen im Durchschnitt sogar die Vollkostendeckung erreicht wird. Die in Einzeljahren häufiger feststellbaren deutlich höheren Anstiege wurden von anderen selteneren Jahren, in denen es schlecht lief, etwas gedämpft. Allerdings braucht es Nerven und Durchhaltevermögen. Wer sein Lager immer schon im Januar oder Februar komplett räumt, hat, wenn der Preis dann doch am Ende noch deutlich steigt, leider keine Verkaufsware mehr und durchs verschenkte Preispotenzial eventuell keine Vollkostendeckung erzielt.

Die Lagerung stellte damit unter aktuellen Bedingungen nicht mehr nur einen „notwendigen“ Kostenfaktor des Kartoffelanbaus dar, der sich nur von einem insgesamt rentablen Verfahren finanzieren lässt, wenn aus arbeitswirtschaftlichen und/oder anbautechnischen Gründen nicht auf ein Lager verzichtet werden kann, sondern trägt bei geschickter Vermarktungsstrategie auch wieder zum Betriebsgewinn bei. Bleibt zu hoffen, dass sich diese erfreuliche Entwicklung noch fortsetzt oder zumindest weiter anhält.

Der Blick weiter zurück zeigt aber, dass um die Jahrtausendwende bei den in Durchschnittsbetrachtungen (1993/94 bis 2009/10) errechenbaren nur sehr geringen Preisanstiegen von weniger als 25 €/t in 4 Monaten bzw. 32 €/t über 6 Monate über längere Zeit Lagerung nicht kostendeckend war. Aufgrund des ohnehin geringen Ausgangspreises war es damals um die Wirtschaftlichkeit des Kartoffelanbaus sowieso nicht gut bestellt.

Allerdings waren von 1983/84 bis 1992/93 (also in den 10 Jahren davor) durchschnittlich bis zu 4,370 €/t an Preisanstieg durch Lagerung feststellbar. Ob daraus abzuleiten ist, dass zehn "guten" Lagerungsjahren, dann zwanzig „schlechte“ folgen werden? Das wäre es jetzt wieder soweit. Aber: Denken Sie bitte auch daran, dass sich Prognosen meistens nicht erfüllen, weil diese sich durch das daran ausgerichtete Handeln der Marktpartner von selbst obsolet machen.

Und was macht der „Experte“ dann, wenn sich seine frühere Prognose nicht erfüllt hat?

Nun, der wird Ihnen im Nachgang ganz genau erklären können, warum die Prognose so nicht eingetreten konnte – falls er sich daran überhaupt noch erinnert.

Ausblick: Gute Zeiten kommen und schlechte leider auch. Deshalb sind langer Atem und kostenbewusstes Handeln für erfolgreichen Kartoffelanbau unerlässlich.

Hoffnung gibt, dass in den letzten Jahren auch durch die längere Lagerung (mindestens bis Ende März) in nicht geförderten Einzellagern Geld (bis zu 10 €/t) verdient werden konnte. Auch der Kartoffelanbau dürfte für fast alle Betriebe mit durchschnittlichen Erlösen von 15,87 €dt in der Erntezeit ein rentabler Betriebszweig gewesen sein. Durch Optimierung der Lagerungskosten war diese Wirtschaftlichkeit sogar noch um bis zu 8,26 €/t bei AFP-geförderten Gemeinschaftslagern steigerbar.