Wirtschaftlich beregnen in unruhigen Zeiten
Die aktuelle Entwicklung mit stark steigenden Preisen und Energiekosten wirkt sich auch auf die Beregnungsentscheidungen aus. Die Wirtschaftlichkeit und die Beregnungsrangfolge der Kulturen ändern sich.
Lohnt sich bei Dieselkosten von 2 € und ebenfalls hohen Stromkosten noch eine Beregnung oder ist sie durch die gestiegenen Produktpreise sogar wirtschaftlicher als zuvor? Auch stellt sich die Frage nach einer Verschiebung der Beregnungsvorzüglichkeit innerhalb der Fruchtfolge, denn nicht alle Produktpreise sind im gleichen Ausmaß angestiegen. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen hat hierzu ihre langjährigen Versuchsergebnisse ausgewertet und unter der aktuellen Marktsituation beurteilt.
Was kostet Beregnung?
Zunächst ist jedoch zu klären, welche Kosten bei der Beregnung auftreten. Die variablen Beregnungskosten richten sich vor allem nach der eingesetzten Beregnungstechnik. Wird mit einer mobilen Beregnungsmaschine und Starkregner (Kanone) beregnet, sind Wasserdrücke von 7-9 bar am Eingang der Beregnungsmaschine notwendig. Die Erzeugung des hohen Wasserdruckes ist sehr energieintensiv, sodass selbst bei der Beregnung mit einem sparsamen Dieselaggregat mindestens 5 l/h Kraftstoffverbrauch bzw. 1 l Diesel pro mm Zusatzwassergabe benötigt werden (bei 50 m3 pro Stunde Wasserförderung). Des Weiteren sind bei den variablen Kosten noch die Wasserentnahmegebühr (1,4 ct/m³) und der Aufwand für das Umsetzen sowie für Wartung und Reparatur anzusetzen. Es ergeben sich bei einem Dieselpreis von 1,8 €/l und einer Wassergabe von 25 mm variable Beregnungskosten je Hektar von etwa 2,64 €/mm.
Wird das Beregnungswasser mit Strom als Energieträger bereitgestellt, werden etwa 6 kWh/mm benötigt. Bei einem Gesamtpreis für Strom von 0,25 €/kWh betragen die variablen Beregnungskosten dann 2,17 €/mm. Je nach den individuellen Stromverträgen können die Preise aber noch deutlich höher liegen. Bei einem sehr hohen Strompreis von 0,40 €/kWh überschreiten die variablen Beregnungskosten 3 €/mm.
Besonders kostengünstig ist die Kreisberegnungsanlage. Durch den geringen Energiebedarf werden hier nur etwa 3 kWh/mm auf den Hektar benötigt. Bei einem Strompreis von 0,25 €/kWh und unter Berücksichtigung der weiteren variablen Aufwendungen ergeben sich Hektarkosten von nur noch 1,10 €/mm. Grundsätzlich ist zu beachten, dass die Energiekosten etwa ¾ der variablen Beregnungskosten ausmachen und somit nach Möglichkeit ein energieeffizientes Beregnungsverfahren auszuwählen ist. Eine Übersicht, wie sich die variablen Beregnungskosten in Abhängigkeit der Energiekosten und des Beregnungsverfahrens verändern, liefern die folgenden Abbildungen:
Beregnungswürdigkeit der Kulturen
Die Kenntnis über die Beregnungskosten ist jedoch nur der erste Schritt bei der Entscheidung, welche Kultur beregnungswürdig ist und welche Reihenfolge bei knappen Beregnungskapazitäten sowie begrenzten Wasserkontingenten gewählt werden sollte. Die Ertrags- und Qualitätsvorteile durch eine Zusatzwassergabe sind weitere wichtige Kenngrößen, die jedoch häufig schwer abzuschätzen sind. Zudem spielen die Marktpreise eine wichtige Rolle. Bei dem aktuell hohen Preisniveau bringen zusätzliche Erträge auch entsprechend hohe Mehrerlöse pro Hektar.
Die Beregnungsversuche der Landwirtschaftskammer Niedersachsen liefern hilfreiche Aussagen darüber, wie stark die unterschiedlichen Ackerkulturen auf eine Beregnung reagieren und welche Kulturen auch ohne Beregnung bzw. mit einer reduzierten Beregnung auskommen.
Die Ertragsvorteile durch die Beregnung lagen auf dem Versuchsfeld Hamerstorf im Mittel der Jahre zwischen +6 % beim Winterraps und +41 % beim Winterweizen. Neben dem Weizen reagierten Wintergerste, Sommergerste und Kartoffeln besonders empfindlich auf Trockenheit und zeigten deutliche Ertragseinbußen ohne Beregnung. Bei Zuckerrüben, Silomais, Winterroggen und besonders Winterraps fielen die Ertragsunterschiede mit und ohne Beregnung dagegen deutlich geringer aus.
Entscheidender als die Mehrerträge durch die Beregnung sind jedoch die Mehrerlöse. Hierbei sticht vor allem die Kartoffel heraus. Mit variablen beregnungskostenfreien Mehrleistungen von 1.000 bis 3.000 €/ha rechnet sich sowohl bei Speise- als auch bei Stärkekartoffeln eine optimale Beregnung. Die Kartoffel wird somit ihrem Ruf als sehr beregnungswürdige Kultur auch im aktuellen Marktumfeld gerecht.
Besonders interessant ist die Frage, wie sich die Beregnungswürdigkeit bei den Kulturen mit hohen Preissprüngen in den vergangenen Monaten gegenüber den Kulturen mit geringen Preisanpassungen verändert hat. Abbildung 3 zeigt hierzu die variablen beregnungskostenfreien Mehrleistungen bei Beregnungskosten von 2,64 €/mm (Starkregner und Dieselaggregat). Die beiden linken Säulen (reduzierte und optimale Beregnung) zeigen die Mehrleistungen bei den aktuellen Produktpreisen einer Kultur und die beiden rechten (gestrichelten) Säulen zeigen die Mehrleistungen unter Annahme der durchschnittlichen Produktpreise der letzten Jahre.
Bei Betrachtung der durchschnittlichen Marktpreise der letzten Jahre war neben der Kartoffel vor allem die Braugerste beregnungswürdig. Bei diesen beiden Kulturen rechnete sich die optimale Beregnung, um neben den Ertragssteigerungen auch die geforderten Qualitäten erreichen zu können. Das ist auch nach wie vor der Fall.
Mit den aktuellen Marktpreisen hat allerdings der Winterweizen die Braugerste in der Beregnungswürdigkeit überholt. Bei einem in etwa gleichen Preisniveau für Weizen und Braugerste von 35 €/dt beträgt der Unterschied bei der beregnungskostenfreien Leistung 67 €/ha zugunsten des Weizens. Außerdem lohnt sich jetzt, trotz der gestiegenen Beregnungskosten, sogar eine optimale Beregnung. Hierfür waren im Versuch allerdings im Mittel 123 mm Zusatzwasser erforderlich. Auch die optimale Beregnung der Wintergerste (93 mm) ist jetzt sehr attraktiv. Sie liegt durch die Preisveränderungen nun deutlich vor dem Silomais mit einem Unterschied von ca. 300 €/ha. Die hohen Beregnungsmengen für eine optimale Getreideberegnung stehen jedoch den wenigsten Betrieben tatsächlich zur Verfügung. Häufig müssen sie mit behördlich genehmigten Wassermengen von 60-80 mm/Jahr auskommen. Es ist daher kaum möglich, alle Kulturen optimal zu beregnen. Der Zusatzwassereinsatz muss daher immer so zielgenau wie möglich erfolgen, d.h. nur dann, wenn durch die Gabe eine deutliche Ertragssteigerung möglich ist.
Die am wenigsten beregnungswürdigen Kulturen sind in diesem Jahr Silomais und Zuckerrübe. Hier sind daher Einsparungen beim Beregnungseinsatz am leichtesten zu verschmerzen. Bei Wasserknappheit sollte hier nur im Notfall zur Abwendung massiver Ertragseinbrüche beregnet werden. Beim bisher kaum wirtschaftlich zu beregnenden Raps kann sich durch die auf aktuell über 90 €/dt massiv gestiegenen Preise eine Beregnung wieder lohnen, wenn starker Trockenstress droht. Allerdings sollte man beim Raps nicht zu früh damit beginnen, sondern erst zur Ertragsabsicherung am Ende der Blüte bis Mitte der Fruchtentwicklung.
Spannend ist auch die Frage nach der Beregnung von Winterroggen. In der Regel fungiert Roggen in der Fruchtfolge als Wassersparfrucht, um ausreichend Beregnungsmengen für die beregnungswürdigeren Kulturen zu haben. Das ist oft möglich, weil Roggen auf vielen Standorten durch das ausgeprägte Wurzelsystem und die gute Ausnutzung des Bodenwasservorrates nur mit geringen Ertragssteigerungen auf den Beregnungseinsatz reagiert. Zu diesem Ergebnis kommen auch die Beregnungsversuche am Standort Hamerstorf, die allerdings erst über 3 Jahre vorliegen. Die Beregnung des Roggens sollte also auch weiterhin nachrangig erfolgen. Nur auf sehr leichten Standorten (unter 30 Bodenpunkten) und wenn ausreichend Wasserkontingent zur Verfügung steht, kann die Roggenberegnung sinnvoll und wirtschaftlich sein.
Fazit
- Die sehr volatilen Energie- und Rohstoffmärkte haben einen Einfluss auf die Beregnungswürdigkeit landwirtschaftlicher Kulturen
- Trotz gestiegener Beregnungskosten ist die Beregnung der meisten Getreidearten wegen der sehr hohen Preise deutlich attraktiver geworden
- Auch im Raps kann eine reduzierte Beregnung wirtschaftlich sein
- Die Kartoffel behält ihre Vorrangstellung bei der Beregnungswürdigkeit
- Silomais und Zuckerrüben sind wertschöpfungsschwächer und daher nur bei starkem Trockenstress beregnungswürdig
- Das gilt auch für Roggen, der nachrangig und nur auf sehr leichten Standorten beregnet werden sollte
- Die begrenzten Wasserkontingente müssen im Blick behalten werden, um eine Überschreitung zu vermeiden
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