Wir bieten Lösungen - regional & praxisnah!

Ein Mann ist keine Altersvorsorge!

Webcode: 01040659

Das man sich nicht in finanzielle Sicherheit heiratet, ist den meisten Menschen bewusst. Dennoch verlassen sich viele Paare beim Thema Absicherung auf den Partner, so auch Marie Kramer. Sie heiratete 2018 ihren Mann Heiko. Gemeinsam haben sie zwei Kinder: fünf und ein Jahr alt.

Sozioökonomische Beratung
Absicherung Junges PaarWolfgang Ehrecke
Die Kramers leben auf einem Hof, den Heiko im Haupterwerb betreibt. Der Hof wurde im letzten Jahr von Heikos Vater auf ihn übertragen. Es sind zwar Schulden aufgrund der letzten Investitionen vorhanden – aber es läuft wirtschaftlich recht gut. 
Lange Zeit hat Marie sich keine Gedanken um ihre finanzielle Absicherung gemacht. Sie hatte auch immer den Spruch ihrer Mutter im Hinterkopf: „Ihr habt ja auch den Hof als Sicherheit“. Marie und ihr Mann sind glücklich verheiratet – doch erste Trennungen in ihrem gemeinsamen Freundeskreis machten sie nachdenklich.

Marie Kramer schaute sich die Scheidungsrate beim Statistischen Bundesamt an, recherchierte den statistischen Rentenunterschied zwischen Mann und Frau. Es entstand ein Gefühl von Unsicherheit. Dieses Gefühl sollte nicht ihre Ehe belasten. Sie wollte alles wissen, ihre gemeinsame Absicherung genau prüfen und vor allem wollte sie das Thema offen mit ihrem Mann durchsprechen.

Was passiert bei einer Scheidung?

Beim gemeinsamen Austausch stellte sich heraus, dass sich Heiko auch schon Gedanken darüber gemacht hat, was denn mit dem Hof bei einer Scheidung passieren würde? Hätte Marie Anspruch auf die Hälfte der zuletzt getätigten und der geplanten Investitionen oder vielleicht sogar Anspruch auf weitere Teile des Hofes? Marie und Heiko haben nichts geregelt, so dass bei ihnen automatisch die Zugewinngemeinschaft greift (gesetzlicher Güterstand). Die Vermögen der Ehegatten bleiben getrennt, jeder verwaltet sein Vermögen allein und keiner haftet für die Schulden des anderen. Bei einer Scheidung findet dann ein sogenannter Zugewinnausgleich statt. Hierbei wird dem Endvermögen jedes Ehegatten bei der Scheidung das jeweilige Anfangsvermögen bei der Heirat gegenübergestellt. Die Differenz ist der Zugewinn des einzelnen Ehegatten, von dem die Hälfte an die Ehefrau oder dem Ehemann abzugeben ist. Schulden und Verbindlichkeiten sind hierbei natürlich zu berücksichtigen. Erbschaften, Schenkungen sowie auch Hofübertragungen werden dabei mit ihrem Wert bei der Übertragung dem Anfangsvermögen zugerechnet. Sie sind damit kein Zugewinn. Nur deren Wertzuwachs während der Ehe fließt in die Zugewinnberechnung. Die Landwirtschaft ist beim Zugewinnausgleich privilegiert. Bei einer Scheidung wird nicht der Verkehrswert des landwirtschaftlichen Vermögens zugrunde gelegt, sondern der Ertragswert zu den Zeitpunkten der Heirat und der Scheidung. Bei einer Scheidung wird dieser durch landwirtschaftliche Sachverständige ermittelt und liegt oftmals deutlich unterhalb der Verkehrswerte. Diese Berechnung kann dazu führen, dass sich bei Höfen mit sehr hohen Investitionen und Vermögenszuwächsen über die Ertragswertberechnung geringe oder keine Zugewinne ergeben. Damit geht der weichende Ehegatte oftmals leer aus. Wichtig ist zu wissen, dass dieses besondere Ertragswertprivileg nicht für gewerbliche Zweige, wie Biogas-, PV-, oder auch Windkraftanlagen gilt. 

Ein weiterer Punkt bei der Scheidung ist der Versorgungsausgleich, bei dem die Rentenanwartschaften der Ehegatten ausgeglichen werden. Der Ehegatte, der mehr Rentenanwartschaften in der Ehezeit aufgebaut hat, muss dem Ehegatten mit den geringeren Anwartschaften entsprechende Rentenansprüche abtreten. Bekanntlich erhalten Landwirte aus der Alterskasse relativ geringe Altersrenten im Vergleich zu Arbeitnehmern aus der Deutschen Rentenversicherung. Dies ist insbesondere durch die deutlich höheren Einzahlungen in der Deutschen Rentenversicherung begründet. Da dies bei Marie, wie weiter unten beschrieben, auch so ist, müsste Marie wahrscheinlich bei einer Scheidung Rentenanwartschaften an Heiko abtreten.

Über den Zugewinn- und Versorgungsausgleich haben sich Maria und Heiko bei einer Beraterin ausgiebig beraten lassen. Heiko war nach der Beratung deutlich beruhigter - wohingegen bei Maria zunehmende Existenzängste aufkamen. Sie befürchtet, bei einer Scheidung mit leeren Händen gehen zu müssen. Die Beraterin hat den beiden zudem erläutert, dass es bei einer Scheidung auch um Unterhaltsleistungen insbesondere für die Kinder geht. Darüber entscheidet in vielen Fällen das Jugendamt.

Marie und Heiko sind sich sehr schnell einig, dass die gesetzliche Regelung in ihrem Fall bei einer Scheidung nicht ausreicht. Die beiden wollen einen Ehevertrag schließen. Da es hierfür keine Patentlösung gibt, haben Marie und Heiko ein paar Ideen von der Beraterin für weitere Überlegungen mitgenommen. Diese wollen Sie für sich weiter ausgestalten, bevor Sie damit zu einem Notar gehen.

Was ist, wenn einer von uns stirbt?

Heiko ist sich bei seinem eigenen Tod sicher: Marie, dann erbst du alles – auch den Hof – und wir müssen nichts regeln. Doch ist das wirklich so? Ist im Grundbuch der Hofvermerk eingetragen, greift im Erbfall beim Hof in Niedersachsen die Höfeordnung (HöfeO). Anders als beim normalen Erbrecht, sieht die HöfeO in der ersten Hoferbenordnung eines der Kinder, soweit vorhanden, als Erben vor. Das greift auch bei noch minderjährigen Kindern. Die Wahl wird dann nach dem in der Region geltenden Ältesten- oder Jüngstenrecht getroffen. Bei Versterben von Heiko würde somit das 1-jährige Kind den Hof erben, da bei Ihnen Jüngstenrecht gilt. Ob es sich dabei um den Sohn oder die Tochter handelt, spielt natürlich keine Rolle! Marie würde in diesem Fall das Verwaltungs- und Nutznießungsrecht erhalten. 

Marie und Heiko kommen zu der gemeinsamen Auffassung, dass dies keine gute Lösung ist. Nach Rücksprache mit der Ihnen schon bekannten Beraterin beschließen Sie, ein gemeinschaftliches Testament zu erstellen, in dem Sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Hiernach könnte Marie dann den Hof erben und überlegen, wie sie ihn weiter betreiben kann. Durch den gemeinsamen Austausch zu diesem Thema, halten beide eine zusätzlich finanzielle Absicherung über eine Risiko-Lebensversicherung für notwendig. Heiko wird klar, dass beim Tod von Marie auch er finanziell ein Polster für zusätzliche Arbeitskräfte usw. benötigt. Kindererziehung und Betrieb bekommt er dann nicht so leicht unter einem Hut. Auch Marie wird daher eine Risiko-Lebensversicherung zugunsten von Heiko abschließen. 

Wovon leben wir im Alter?

Marie hat aus ihrer ersten Recherche mitgenommen, dass es in den meisten Fällen ein starkes Gefälle zwischen der Rente der Frau und des Mannes gibt. Statistisch betrachtet ist die durchschnittliche gesetzliche Rente eines Mannes fast doppelt so hoch wie die der Frau. Bei Kramers ist es anders. Marie prüft die bis dato vorliegenden Rentenanwartschaften der Eheleute. Heiko hat nach Lehre und Fachschule als Mifa (mitarbeitender Familienangehöriger) im elterlichen Betrieb angefangen. Sein Vater zahlte für ihn jahrelang den halben Alterskassenbeitrag (aktuell (2024) 150,50 €/Monat) in die landwirtschaftliche Alterskasse. Jetzt zahlt er als Unternehmer den vollen Beitrag von 301 € im Monat.  Daraus entsteht eine überschaubare Rente. Marie war vor der Geburt des ersten Kindes jahrelang berufstätig und bekommt zusätzlich die Kindererziehungszeiten auf ihrem Rentenkonto verbucht. Auch wenn ihr Rentenkonto höher valutiert als Heikos, werden sie von ihren gesetzlichen Renten nicht im Ansatz im Alter leben können. 

Weiterer Vermögensaufbau ist notwendig!

Heiko argumentiert, dass die Verzinsung des Eigenkapitals im landwirtschaftlichen Betrieb am Höchsten sei. Dem kann so sein, doch die monatliche Belastung im Alter durch ein ausreichendes Altenteil würde den Betrieb deutlich stärker belasten, als eine fortwährende Entnahme kleinerer Beträge für einen Vermögensaufbau schon heute. Rentenversicherungen sind keine gute Option mehr. Marie liest immer wieder etwas von ETF´s und Tagesgeld, je zu 50% des Sparbetrags. Heiko möchte lieber etwas Handfestes – eine Immobilie vielleicht? Sie erfahren, man sollte nicht alles auf eine Karte setzen – ein bunter Blumenstrauß aus mehreren Investments ist sinnvoll. Als im Nachbardorf ein schönes kleines Haus zum Verkauf steht, greifen sie zu. Dies könnte sogar ihr Altenteilerhaus werden. 

Wo soll das Geld herkommen?

Aus den Gesprächen über die möglichen Folgen einer Scheidung ist ihnen im Hinterkopf geblieben, dass jedem das bleibt, was ihm gehört und es ausschließlich zu geldlichem Ausgleich käme. Daher stehen beide im Grundbuch des gekauften Hauses. Der Betrieb zahlt es ab. Marie hat zusätzlich ein grundbuchlich abgesichertes lebenslanges Wohnrecht in diesem Haus. Das ist ihre Sicherheit für den Scheidungsfall und der Ausgleich für ihre Familienarbeit. 

Damit der Blumenstrauß nicht nur aus einer Rose besteht, gibt es nun zwei Aktiendepots für ihn und für sie. Diese sind als Sparplan in weltweite ETF´s investiert. Das Geld für seinen Sparplan kommt aus dem Betrieb. Marie hat seit kurzem eine Anstellung im Betrieb ihres Mannes. (Hinweis: Dieses kann Auswirkungen auf die Gewährung einer Betriebs- und Haushaltshilfe insbesondere bei einem Arbeitsunfall haben). Das Geld läuft auf das Tagesgeldkonto sowie in den ETF-Sparplan und nicht ins Haushaltsgeld. Langfristig möchte sie wieder in ihren Job zurück. Dann baut sie weiter Rentenansprüche in der Deutschen Rentenversicherung auf. Sie kann Geld zum Lebensunterhalt beitragen und ihre private Altersvorsorge weiter füllen.

Als das Ehepaar Kramer endlich die notwendigen Dinge angepackt und umgesetzt hat, geht es ihnen beiden viel, viel besser. Das Unsicherheitsgefühl von Frau Kramer ist verflogen. Herr Kramer blickt beruhigt auf seine zukünftigen Investitionsvorhaben.

Hinweis: In dem Beispiel wurde bewusst die Rollenverteilung „Mann ist Hoferbe und Landwirt“ und „Ehefrau heiratet in den Betrieb ein“ gewählt. Dieses Beispiel gilt gleichermaßen für gedrehte Geschlechterrollen. Die Beratungserfahrung zeigt, dass die dargestellte Rollenverteilung in der Praxis immer noch deutlich häufiger vorkommt sowie bei Einheirat des Mannes meist früher über beispielsweise arbeits- und ehevertragliche Regelungen gesprochen wird.