LivingLab Teufelsmoor: Projekt zur Wiedervernässung von Moorböden gestartet
Klimaschutz-Vorhaben mit Beteiligung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen untersucht neue Möglichkeiten der Flächenbewirtschaftung und der Vermarktung von Biomasse.
Gräser von Nasswiesen nicht als Futter geeignet
„Auf sehr nassem Grünland, wie es im Landkreis Osterholz im Naturschutzgebiet Hammeniederung bereits besteht, werden Futtergräser im Laufe der Zeit durch Arten wie Seggen, Binsen und Rohrglanzgras verdrängt“, berichtet LWK-Projektkoordinatorin Isabelle Vogel. „Die geerntete Biomasse ist dann kaum noch für die Fütterung von Tieren, insbesondere Rindern, geeignet. Die Nutzung als Pferdeheu oder Einstreu ist ebenfalls begrenzt. Daher muss eine neue Nutzung für den Aufwuchs gefunden werden, damit sich die Bewirtschaftung für Landwirtinnen und Landwirte bei hohen Wasserständen in Zukunft lohnt.“ Im Landkreis gibt es zurzeit sowohl Flächen, die die Grünlandbetriebe der Region nicht mehr für die Milchviehhaltung nutzen können, als auch Flächen, die noch klimaschädlich entwässert werden.
Laut Vogel gibt es noch einen weiteren Grund, die nasse Bewirtschaftung im Landkreis zu stärken: Ohne eine regelmäßige Ernte würden die Nasswiesen nicht lange Wiesen bleiben, und der wertvolle Lebensraum für Vögel, insbesondere Wiesenbrüter, die in dem nassen Grünland Schutz suchen, würde verloren gehen.
Biomasse zur Herstellung von Papier und Bauplatten
Das Projekt startet in einem 100 Hektar großen Bereich des Naturschutzgebiets Hammeniederung. Dort wird bereits seit mehreren Jahren für den Naturschutz Wasser zurückgehalten und damit der Wasserstand erhöht. Dadurch liegen einerseits bereits günstige Bedingungen für den Klimaschutz vor – andererseits ist die Grasernte dadurch kaum noch für die Fütterung von Tieren geeignet. Stattdessen bieten sich andere Verwertungen an: So können aus dem Heu von Nasswiesen zum Beispiel Papier, Bauplatten oder Faserformteile wie Pappschalen hergestellt werden. Pflanzenarten, die auf sehr nassen Mooren produziert werden, werden zusammenfassend als Paludikultur bezeichnet und können zu einer Vielzahl von Produkten verarbeitet werden.
Bisher fehlen Abnehmer*innen und Vermarktungswege
Solche innovativen Produkte wurden in den zurückliegenden Jahren bereits erforscht und erprobt – doch um als Landwirtin oder Landwirt die Produktion auf Paludikultur umzustellen, fehlten in der Vergangenheit noch verlässliche Abnehmer*innen. Der Industrie wiederum stand für eine Umstellung ihrer Produktionslinien auf Paludikultur nicht genug Material auf dem Markt zur Verfügung. Die bereits vernässten Flächen im Landkreis Osterholz bieten jetzt die Gelegenheit, diese Lücke in der Produktionskette zu schließen.
So soll genug Material von klimafreundlich bewirtschafteten Nasswiesen zusammenkommen, um erste Verarbeitungs- und Vermarktungswege aufzubauen. Im Projekt soll außerdem die Qualität der Biomasse von den Nasswiesen untersucht werden, um Materialeigenschaften zu definieren. In den nächsten Jahren wollen die Projektbeteiligten den Anbau von Paludikulturen auf 200 Hektar ausdehnen und auch Flächen außerhalb von Schutzgebieten für die nasse Nutzung gewinnen.
Förderung vom Bund
Das Projekt „LivingLab Teufelsmoor“ läuft bis Ende 2032 und wird durch das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung aus Mitteln des Klima- und Transformationsfonds gefördert. Projektträgerin ist die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe. Insgesamt gibt es sechs Projektpartner*innen: neben der LWK die Michael Succow Stiftung, das Niedersächsische Landvolk Kreisverband Osterholz e. V., die Technische Universität Dresden, das Johann Heinrich von Thünen-Institut und den Landkreis Osterholz. Sie begleiten das Vorhaben wissenschaftlich durch agrarökonomische, naturschutzfachliche und sozioökonomische Messungen sowie Untersuchungen zur Wasserqualität, Treibhausgasemissionen und Faserqualität.
Noch in diesem Jahr soll das „Living Lab“ als Austauschplattform gegründet werden. Vorgesehen sind dazu Treffen von Vertreter*innen aus Wissenschaft, Landwirtschaft, Politik sowie aus weiteren gesellschaftlichen Gruppen, um weitere Flächen für Paludikulturen zu finden, dort geeignete Wasserstände zu etablieren und regionale Verarbeitungs- und Vermarktungswege aufzubauen. Auf diese Weise sollen alle Beteiligten in einem Prozess gegenseitigen Lernens für ihre Region ein Konzept zur nassen Moornutzung erarbeiten.
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