Über die Fütterung die Methanemission senken
Wenn es um Klimawandel geht, steht die Milchkuh häufig am Pranger („Klimakiller“), weil sie die Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) produziert. Laut FAO (2021) stammt weltweit das von Milchkühen und Mastrindern gebildete Methan aber nur zu 25 % von den Milchkühen. Auf der anderen Seite ist die Kuh für die Nutzung von Grünland geradezu prädestiniert und wandelt Biomasse in hochwertige Lebensmittel um. Bei der Verwertung von Grünland durch die Kuh entsteht aber nun einmal von Natur aus Methan. Die Kuh scheidet das Gas größtenteils durch den Ruktus über Maul und Nase aus. „Rülpsen“ ohne Methanausstoß ist nicht möglich. Dieser hängt überwiegend von dem im Pansen fermentierten Futter ab. Eine große Rolle hierbei spielen die TM-Aufnahme, die Verdaulichkeit der organischen Masse und der Fasergehalt der Ration, während der Fettgehalt deutlich weniger zur Methanbildung beiträgt. So entsteht bei der Verdauung von Rohfaser fast neunmal so viel Methan wie bei der Verdauung von Fett (Piatkowski und Jentsch, 2012).
Zu fast 90 % stammt das im Verdauungstrakt gebildete Methan aus den Vormägen, ein kleiner Teil wird auch im Dickdarm produziert und rektal ausgeschieden. Neben den kurzkettigen Fettsäuren entstehen bei der Fermentierung in den Vormägen CO2 und Wasserstoff (H2). Diese werden von den Archaeen (Wasserstoff aufnehmende Mikroorganismen) zu Methan verstoffwechselt (CO2 + 4 H2→ CH4 + 2 H2O). Die Methanproduktion ist energieaufwändig, die Verluste betragen etwa 5 bis 7 % der Bruttoenergie aus dem Futter. Methan muss zwangsläufig gebildet werden, um den Wasserstoff aus den Vormägen zu entfernen und dadurch die Verdauungstätigkeit aufrechtzuerhalten. Deshalb ist es nicht möglich, die CH4Produktion komplett zu unterbinden.
Wie lässt sich der Methanausstoß der Milchkühe über die Fütterung senken?
Dreh- und Angelpunkt zur Reduzierung der Treibhausgase sind eine effiziente Futtererzeugung (N-Düngung, Ernte, Konservierung) und eine effiziente Rationsgestaltung. Geringere Verluste vom Feld bis zum Trog bedeuten weniger Fläche, die bewirtschaftet werden muss. Dadurch steigt die mögliche Milchleistung aus dem Futter. Je länger die Nutzungsdauer, desto geringer der anteilige Methanausstoß aus der Jungrinderaufzucht. Allgemein erhöht sich die CH4-Ausscheidung mit steigender Milchleistung, da mehr Futter aufgenommen wird. Aber je kg Milch sinkt sie, da sich der Erhaltungsaufwand auf eine größere Milchmenge verteilt.
Fetthaltige Komponenten, insbesondere solche mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren, aber auch gesättigte mittelkettige Fettsäuren, können reduzierend auf die Methanemission wirken, da sie die Methanbildner Archaeen hemmen. Der Fetteinsatz in Wiederkäuerrationen ist aber bekanntlich begrenzt. Mehr stärkereiches Konzentratfutter führt zu weniger Methan, da die Stärke überwiegend zu Propionsäure abgebaut wird. Dabei wird Wasserstoff gebunden, so dass weniger für die Methansynthese zur Verfügung steht. Bei faserreicher Fütterung hingegen wird mehr CH4 gebildet, weil beim Faserabbau mehr Essigsäure entsteht und hier mehr Wasserstoff freigesetzt wird. Hohe Stärkegehalte zur Verminderung der Methanemissionen können aber bekanntlich zu Zielkonflikten (pH-Wert-Senkung im Pansen, Futteraufnahme-Rückgang etc.) führen, die grundsätzlich zu beachten sind. Der Austausch von Faser durch Stärke an sich senkt aber weniger die Methanbildung als der durch hohe Stärkekonzentrationen verursachte starke pH-Wert-Abfall im Pansen. Das liegt vor allem daran, dass ein niedriger pH-Wert die faserabbauenden Mikroorganismen beeinträchtigt.
Sekundäre Pflanzenstoffe, wie Isoflavone oder Tannine, oder spezielle Futtermittelzusatzstoffe (z.B. 3-NOP = 3-Nitrooxypropanol) können ebenfalls die Methanbildung hemmen. Hierzu wurde weltweit schon viel geforscht, allerdings zeigen die Versuchsergebnisse z.T. sehr unterschiedliche Wirksamkeiten.
Beispielhaft sind einige aktuelle Versuche zur Reduzierung der Methanausscheidungen aufgeführt.
Versuch mit Rapsexpeller
In einem Versuch im LAZBW in Aulendorf wurde Rapsexpeller als fetthaltige Komponente an
Milchkühe verfüttert, um u.a. die Auswirkung auf den Methanausstoß zu ermitteln. In der Kontrollgruppe wurde Rapsextraktionsschrot (RES) eingesetzt. Die Teil-TMR enthielt 8,8 % RES bzw. 9,6 % Rapsexpeller in der TM. Die Fettgehalte betrugen 35 g bzw. 48 g je kg TM. Die Methanausscheidungen wurden mit GreenFeed-Geräten (standardisierte Messmethode) ermittelt.
|
2 kg Rapsextraktionsschrot n=15 |
3 kg Rapsexpeller n=14 |
---|---|---|
TM-Aufnahme kg |
21,9a |
21,3b |
ECM kg |
35,1 |
34,8 |
Methan g/Tag |
407a |
387b |
Methan g/kg ECM |
11,9a |
11,4b |
a,b: Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p<0,05).
Die TM-Aufnahme war in der Rapsexpeller-Gruppe niedriger. Während die NDF-Aufnahme gleich war, nahm die Rapsexpeller-Gruppe mehr Fett auf (943 vs. 728 g). Die ECM-Menge unterschied sich nicht. Die Methanabgabe je Kuh und je kg ECM war in der RapsexpellerGruppe geringer. Je 10 g Rohfett mehr pro kg TM wurde die CH4-Abgabe um 3,2 % verringert.
Versuch mit viel Stärke
In einem Versuch im bayerischen Staatsgut Achselschwang wurden Milchkuhrationen mit niedrigem und hohem Stärkegehalt gefüttert und die Methanausscheidungen der 48 Kühe mit Greenfeed-Geräten gemessen. Diese Stationen erfassen und analysieren die Atemluft der Kühe mittels Sensoren.
Infolge der höheren Milchleistung und des geringeren Methanausstoßes/Tag waren die Methanausscheidungen je kg ECM in der Gruppe mit dem höheren Stärkegehalt signifikant niedriger. Der Versuch bestätigt die höheren Methanemissionen bei faserreicher und stärkearmer Fütterung.
|
Hoher Stärkegehalt 31,0 % Stärke +Zucker |
Niedriger Stärkegehalt 19,1 % Stärke + Zucker |
---|---|---|
TM-Aufnahme kg |
24,6 |
25,3 |
Milchleistung kg |
41,7a |
39,5b |
Milchfett % |
3,33 a |
3,58 b |
ECM kg |
38,5 |
37,7 |
Methan g/Tag |
402 a |
426 b |
Methan g/kg ECM |
10,6 a |
11,7 b |
a,b: Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p<0,05).
In beiden Versuchen wurde eine Minderung des Methanausstoßes je Tag von rund 5 % erreicht. Die Ergebnisse belegen, dass die Senkung der Methanausscheidungen durch Fütterungsmaßnahmen eher begrenzt ist.
Versuch mit Rotklee
Rotklee ist reich an Isoflavonen. Diese zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen und können die Methanbildung beeinflussen. Im LAZBW Aulendorf wurde der Einsatz von Rotkleesilage (30,4 % der TM der Trogration) im Vergleich zu Ackerfuttersilage geprüft. Je kg TM enthielt die Rotklee-Ration 3540 mg Isoflavone und die Ration mit Ackerfuttersilage 166 mg. Bei gleicher Energieaufnahme steigerte der Rotklee-Einsatz die Futteraufnahme, die Milchleistung und den Milchharnstoffgehalt.
|
Ackerfuttersilage |
Rotkleesilage |
---|---|---|
TM-Aufnahme kg |
23,7a |
24,5b |
ECM kg |
36,2a |
38,3b |
Methan g/Tag |
431 |
436 |
Methan g/kg ECM |
12,3a |
11,8b |
Isoflavone mg/l Milch |
2,5a |
12,6b |
a,b: Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede (p<0,05).
Die Milch der mit Rotklee gefütterten Tiere enthielt mehr Isoflavone. Bei gleicher Methanbildung je Kuh und Tag produzierten die mit Rotklee gefütterten Tiere um 4 % weniger Methan je kg ECM.
Versuch mit Braunalgen
Im FLI Braunschweig wurde der Einfluss der Braunalge Ascophyllum nodosum auf die Methanemission von Milchkühen untersucht. Die Algenzulage von 2 % der TM beeinflusste die Leistung nicht und führte nicht zu weniger Methanausstoß.
Schätzung der Methanemission
In der Praxis ist es bisher nicht möglich, Methanemissionen routinemäßig zu erfassen. Über die Analyse der Milch-Spektraldaten (MIR = mittleres Infrarot) bei der Milchuntersuchung lässt sich der CH4-Ausstoß der laktierenden Kühe berechnen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche
Schätzgleichungen. In den GfE-Empfehlungen sind acht Gleichungen für Milchkühe und vier für die Kategorien Aufzucht und Fleischrind aufgeführt. Die Formel nach Niu et al. (2018) schätzt die Methanbildung der Milchkuh anhand der TM-Aufnahme und des NDF-Gehaltes und wird als genau und robust bewertet:
CH4 (g/Tag) = -26,0 + 15,3 x kg TM/Tag + 3,42 x % NDF (i.d.TM)
Die Schätzgleichungen sollten aber anhand von Messwerten aus Exaktversuchen weiter überprüft werden, da aktuell der Zusammenhang nicht sehr eng zu sein scheint.
Die berechnete Methanemission kann für das Rationscontrolling genutzt werden. Da der Ausstoß von Treibhausgasen zunehmend als Marketinginstrument der Lebensmittelwirtschaft verwendet wird, sollten sich die Betriebe näher mit diesem Thema beschäftigen. Wohlwissend, dass der Einfluss der Fütterung auf die Methanausscheidung begrenzt ist. Denn die Grundsätze der wiederkäuergerechten Fütterung müssen eingehalten werden. Da aber sinkende Tierzahlen weltweit vermutlich nicht zu erwarten sind, dürfte der Druck auf die Betriebe zunehmen, die CH4-Emissionen durch Fütterungsmaßnahmen zu verringern. Die Maßnahmen dürfen aber nicht soweit führen, dass eine effiziente Fermentation des Futters nicht mehr gegeben ist.
Kontakte
Andrea Meyer
Rinderfütterung, Schweinefütterung, Futterberatungsdienst e.V.
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