Aquakultur - ein Einstieg, der sich lohnt!?
Was ist Aquakultur?
Aquakultur ist die kontrollierte Erzeugung von Wasserorganismen. Hierzu gehören nicht nur die Fische, sondern auch alle anderen im Wasser lebenden Tiere und Pflanzen wie Krebse, Muscheln, Algen usw.
Die Aquakultur findet sowohl im Süßwasser als auch im Salzwasser (Marikultur) statt.
Einige bekannte Beispiele für Aquakultur mit unterschiedlichen Methoden:
• Traditionelle Karpfenteichwirtschaft
• Forellenzucht in Naturteichen und Fließgerinnen
• Lachszucht in Netzgehegen
• Aalaufzucht in Kreislaufanlagen
• Miesmuschel- und Austernkultur im Küstengebiet
• Garnelenzucht
• Algen
Aquakultur in der Welt
Die Aquakultur hat eine mehrere tausend Jahre alte Tradition. In den letzten 30 Jahren hat die Aquakultur eine enorme Entwicklung nach vorn gemacht. Forschungsergebnisse über neue und geeignete Arten für die Aquakultur, verbesserte Methoden, eine starke Nachfrage nach Fischereierzeugnissen und die Erkenntnis, dass die Erträge aus der Meeres- und Binnenfischerei nicht ins Unermessliche steigen können, haben der Aquakultur weltweit hohe Zuwachsraten beschert, in den letzten zehn Jahren lagen sie über 10 %. Optimistische Prognosen sehen den Anteil der Aquakultur am Weltfischereiertrag von derzeit 20 bis 30 % weiter anwachsen.
Auch die EU sieht die Wachstumspotentiale in der Aquakultur euphorisch. In einem 2002 verfassten Strategiepapier erhofft sie die Schaffung von 8.000 bis 10.000 neuen Vollzeitarbeitsplätzen für die nachhaltige Erzeugung hochwertiger Fischereierzeugnisse im Zeitraum von 2003 bis 2008, insbesondere für strukturschwache Regionen. Die derzeit wichtigsten Erzeugnisse der Aquakultur in der EU sind Fisch (Forelle, Lachs, Wolfsbarsch, Goldbrasse) und Schalentiere (Miesmuschel, Teppichmuschel, Auster).
Aquakultur in Deutschland
In Deutschland wurde und wird der Begriff Aquakultur oftmals wesentlich enger ausgelegt und hierunter nur die Erzeugung in Kreislaufanlagen, vornehmlich für Aale und Welse, in letzter Zeit auch für Zander, Wolfsbarsch und Garnelen, verstanden. Dies ist nicht ganz korrekt, da zur Aquakultur in Deutschland im Wesentlichen die Karpfenteichwirtschaft, die Forellenzucht in Teichen, Rinnen, Becken und Netzgehegen, die Krebszucht und die marine Miesmuschelkultur gehören.
Die für viele Länder festgestellte Euphorie für die Aquakultur kann in Deutschland und speziell in Niedersachsen von uns nicht festgestellt werden. Aus der Sicht unserer täglichen Beratungspraxis in der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sind bei den Anfragen zum Einstieg in die Aquakultur zwei Schwerpunkte festzustellen:
• Einstieg in die traditionelle Teichwirtschaft
• Einstieg in die Kreislaufanlagen
Fragen zum Einstieg in die Teichwirtschaft ergeben sich meist bei der Übernahme von bestehenden Teichen. Die Neuanlage von Fischteichen scheitert oft an hohen Auflagen der Wasserwirtschaft oder des Naturschutzes und wird nur noch in Ausnahmefällen genehmigt. Entsprechendes gilt für Netzgehege aus ähnlichen Umweltschutzgründen.
Im Folgenden soll schwerpunktmäßig auf die Kreislaufanlagen eingegangen werden, da ein wesentlicher Beratungsbedarf für interessierte Neueinsteiger in die Aquakultur sich auf diesen Sektor bezieht. Grundsätzliche Überlegungen sind hierbei auch auf die Teichwirtschaft übertragbar.
Kreislaufanlagen
Kreislaufsysteme in der Fischhaltung sind im Prinzip dadurch gekennzeichnet, dass das Wasser aus den Fischhaltungsbecken nach einer technisch aufwendigen Wasserklärung und -aufbereitung wieder der Fischhaltung zugeführt wird. Im theoretischen Idealfall zirkuliert das Wasser unbegrenzt. Die Kreislauftechnik findet in der Regel in geschlossenen Gebäuden Anwendung.
Während in vielen anderen Ländern die Kreislauf-technologie zügig eingesetzt wurde, ist in Deutschland trotz innovativer Technik aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit, verbunden mit einer restriktiven Förderpolitik, oft noch eine abwartende Haltung verbreitet. Derzeit existieren in Deutschland ca. 35-40 Kreislaufanlagen, davon acht in Niedersachsen (ohne Forschungs-, Pilot- und Kleinanlagen).
Die Kreislauftechnologie hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt und wird sich auch in Zukunft noch weiter verbessern.
Aufgrund der bisherigen Erfahrungen lassen sich zusammenfassend folgende Aussagen zu Kreislaufanlagen machen:
• Die Kreislauftechnologie ist weit entwickelt und beherrschbar, sie erfordert erhebliche Investitionen und einen hohen Zeitaufwand.
• Fischereiliche, wasserchemische und technische Kenntnisse und Fähigkeiten müssen beim Betreiber vorhanden sein.
• Eine ständige Betreuung, das heißt eine Bereitschaft rund um die Uhr durch Fachpersonal muss gewährleistet werden.
• Nach derzeitiger Meinung sollte eine Anlage im Haupterwerb eine minimale Produktionskapazität von ca. 100 Tonnen pro Jahr ermöglichen, um ein langfristiges, rentables Ergebnis zu erzielen.
• Das Anfahren einer Anlage und das Betreiben bis zur ersten positiven Bilanz erfordern einen Zeitraum von ca. drei bis zu fünf Jahren.
• Ohne eine funktionierende Vermarktung nützt die beste Technologie nichts.
• Eine Kreislaufanlage „nebenbei“ im Nebenerwerb zu führen ist kaum rentabel.
• Die Zielarten liegen derzeit im höheren Preissektor.
Denjenigen Personen, die an einer Errichtung von Kreislaufanlagen interessiert sind, wird dringend empfohlen, sich intensiv mit nachfolgenden Kriterien auseinander zu setzen. Diese Aspekte gelten grundsätzlich auch bei einem Einstieg in die konventionelle Teichwirtschaft.
• Standortvoraussetzungen (Fläche, Gebäude, Wasser, Energieversorfung, behördliche Erlaubnisse etc.
• Biologie und Ansprüche der zu produzierenden Arten
• Anlagentechnik, Produktionstechnik
• Technologie der Wasserreinigung, Wasseraufbereitung und Wasserchemie
• Hygiene- und Desinfektionskonzept, Stichwort vorbeugendes Gesundheitsmanagement
• Verarbeitung und Vermarktung
• Kapitaleinsatz
• Rechtliche Rahmenbedingungen
• Persönliche Voraussetzungen und Kenntnisse des Betreibers
• Täglicher Zeitaufwand
• Planungsdauer
• Abschätzung der „Restrisiken“
Ansprechpartner hierbei sind Fischereiinstitutionen und Forschungseinrichtungen der Länder und des Bundes, Fischereiberatungen, Anlagenhersteller und Anbieter sowie insbesondere Anlagenbetreiber mit ihren täglichen Erfahrungen.
Fazit
Vorausgesetzt, dass alle oben aufgeführten Rahmenbedingungen erfüllt werden können, kommen wir zu dem Fazit:
Aquakultur − ein Einstieg der sich lohnt!?
Ja, im Haupt- und Nebenerwerb für die Teichwirtschaft.
Ja, im Haupterwerb für die Kreislaufanlagen.
Kontakte
Stefan Feichtinger
Berater Fischerei und Aquakultur: Beratung, Auslegung u. Betrieb von Kreislaufanlagen (RAS)
Christina Hiegel
Leiterin Fachbereich Fischerei
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