Zitzengummis regelmäßig wechseln
Zitzengummis sind die einzigen Teile der Melkanlage, die direkt mit der Zitze in Berührung kommen. Sie sollen ein schnelles, schonendes und vollständiges Ausmelken der Kuh bewirken. Viele Landwirte zögern das Wechseln der Zitzengummis hinaus, um Kosten zu sparen. Das sollten Sie unbedingt vermeiden. Auch die Wahl des „richtigen“ Zitzengummis stellt manchen vor Probleme.
Beim maschinellen Milchentzug wird die Kraft eines Vakuums zur Überwindung des Zitzenkanalwiderstandes genutzt. Der Melkbecher besteht aus einer Melkbecherhülse und einem darin eingespannten Zitzengummi. Diese Zusammenstellung bildet den Zweiraummelkbecher. Im Zitzengummiinnenraum besteht kontinuierlich ein Unterdruck, während im Pulsraum – dem Raum zwischen Melkbecherhülse und Zitzengummi – zyklisch ein Wechsel zwischen Unterdruck (Betriebsvakuum) und atmosphärischem Druck vollzogen wird. Durch diesen periodischen Druckwechsel wird eine Bewegung des Zitzengummis erreicht, welches sich abwechselnd öffnet und schließt. Die Öffnungs- und Offenphase wird als Saugphase bezeichnet, die Schließ- und Geschlossenphase als Druckphase.
Belastung des Zitzengummis und Wechselintervall
Diese Bewegung wiederholt sich meistens 60-mal je Minute, ca. 300-mal je durchschnittlicher Melkung! Die Bewegung während der Reinigung kommt noch hinzu. Bei einem durchschnittlichen Betrieb in Niedersachsen mit 100 Kühen und einem 2 x 8 Melkstand bedeutet dies inklusive Reinigung ca. 5000 Zitzengummibewegungen am Tag! Analog dazu bewegt sich ein Zitzengummi in einem automatischen Melksystem ca. 40.000-mal am Tag! Diese enorme mechanische Belastung ist jedoch nicht allein für die Alterung des Zitzengummis verantwortlich. Hinzu kommen chemische Einflüsse wie Milchinhaltsstoffe, insbesondere Fett, sowie Säuren, Laugen und heißes Wasser aus der Melkanlagenreinigung. Nicht zuletzt setzen Umwelteinflüsse wie UV-Strahlung und Ozon den Zitzengummis zu, auch bereits vor dem Einbau in den Zitzenbecher. Diese Einflüsse bewirken zum einen, dass sich die Spannung des Materials mit der Zeit verändert, was Einfluss auf Zitzengummibewegung und den Druck auf die Zitze hat. Zum anderen wird die Oberfläche rauer, was zwar mit bloßem Auge nicht sichtbar ist, aber deutliche Einflüsse auf die hygienischen Eigenschaften hat. Die Melkeigenschaften und auch die hygienischen Eigenschaften verändern sich somit über die Dauer der Nutzung. Hieraus ergeben sich auch die Angaben der Hersteller über die Nutzungsdauer. Dies sind meistens 2500 Melkungen bei Zitzengummis aus NBR (Schwarze Gummis) und 5000 Melkungen bei Siliconzitzengummis. Angaben bei manchen Herstellern können hiervon abweichen, z.B. bei automatischen Melksystemen, bei denen viertelweise Melkbecher abgenommen werden (z.B. 10.000 Melkungen mit Siliconzitzengummis).
Hier 2 Beispiele zur Errechnung des Wechselintervalls:
- 100 melkende Kühe, 2-maliges Melken, 2 x 8 Melkstand, NBR Zitzengummi:
200 Melkungen je Tag / 16 Melkplätze = 12,5 Melkungen je Platz
2500 Melkungen / 12,5 Melkungen je Tag = 200 Tage Wechselintervall
- Automatisches Melksystem, 170 Melkungen je Tag
2500 Melkungen / 170 Melkungen je Tag = 15 Tage Wechselintervall
Überprüfen Sie kritisch, ob Sie die empfohlenen Intervalle einhalten! Ein Überschreiten dieser Intervalle birgt das Risiko, dass Melkgeschwindigkeit, Ausmelkgrad, Zitzenkondition und nicht zuletzt die Eutergesundheit negativ beeinflusst werden!
Welcher Zitzengummi ist der Richtige?
Wie stark die mechanische Einwirkung auf das Zitzengewebe ist, hängt davon ab, welche Materialeigenschaften und Maße das Zitzengummi hat, wie stark es im eingebauten Zustand gedehnt wird und wie groß die Druckdifferenz zwischen Zitzengummiinnenraum und Pulsraum ist. Nicht zuletzt spielt auch das Verhältnis der einzelnen Phasen der Pulsation eine Rolle, da durch sie die mechanische Einwirkung zeitlich gesteuert wird.
Die unmittelbare Übertragung der Kraft auf das Zitzengewebe erfolgt durch das Zitzengummi. Ist diese Kraft zu groß, kann sie zur Bildung von Hyperkeratosen führen, ist sie zu klein, entstehen Kongestionen und Ödeme, die den Milchfluss behindern. Somit ergibt sich für jedes Zitzengummi ein optimaler Einstellbereich für das Vakuum und die Pulsation. Daran erkennt man, dass nicht allein die Wahl des Zitzengummis entscheidend ist, sondern das Zusammenspiel der technischen Einstellungen sowie auch die Zitzenmaße in der Herde. Da diese variieren, empfiehlt sich die Vermessung der Zitzen der jeweiligen Herde. Hierbei sollte die Kuhgruppe, die am häufigsten vertreten ist, berücksichtigt werden. Dies sind in der Regel Kühe der 2. Laktation. Hierfür gibt es verschiedene Schablonen bzw. Messlehren bei den Melktechnikherstellern. Der gewählte Zitzengummi sollte im Schaft ungefähr dem durchschnittlichen Durchmesser der melkbereiten Zitzen entsprechen. Die Öffnung an der Zitzengummilippe sollte keinesfalls größer, eher etwas kleiner als der Zitzendurchmesser sein, da die Zitzengummilippe nach unten ausweichen kann. Der Kopf des Zitzengummis sollte nur so hoch sein, dass die Zitzen noch weit genug in den Bereich des Schaftes eindringen können, damit der Zitzengummi nicht abrutscht und eine effektive „Massage“ der Zitzenkuppe möglich ist. Die Messung sollte daher bei melkbereiten („angerüsteten“) Kühen stattfinden.

Drei- oder viereckige sowie kleeblattförmige Zitzengummis sind eine Alternative mit unterschiedlichen Eigenschaften. Ergebnisse aus Untersuchungen zeigen unterschiedliche Ergebnisse. So wird teilweise berichtet, die Ausbildung von Hyperkeratosen würde durch diese Zitzengummi vermindert, es können sich allerdings auch Melkgeschwindigkeit und Ausmelkgrad verringern. Andere Untersuchungen hingegen stellen keine nennenswerten Veränderungen fest. Diese Effekte treten auch in der Praxis in sehr unterschiedlichem Maße auf. Hier muss der Verantwortliche für das Melken entscheiden, ob ein „Versuch“ für einen begrenzten Zeitraum durchgeführt werden soll, der möglicherweise gewünschte Veränderungen bringt. Eine Hilfe hierfür bieten mittlerweile die Programme moderner Melkanlagen, die eine Auswertung der Melkparameter ermöglichen. Ausmelkgrad und Zitzenkondition müssen allerdings nach wie vor vom Menschen erfasst und dokumentiert werden. Ohne eine Dokumentation und Auswertung ist eine Feststellung der Auswirkungen verschiedener Zitzengummi nicht möglich. Eine Bewertung nach „Bauchgefühl“, wie sie immer noch häufig durchgeführt wird, ist nicht zielführend und wenig Erfolg versprechend. Zusätzlich sollte bei solchen Entscheidungen eine Bewertung der Melkanlage und des Melkvorgangs durch eine/n unabhängige/n Berater/In erfolgen, der durch Messungen und Beobachtungen Entscheidungshilfen geben kann.
Bei Zitzengummis mit Kopfbelüftung muss darauf geachtet werden, wie hoch der Mehrbedarf an Luftleistung bei der Vakuumpumpe liegt und diese ggf. erhöht bzw. ersetzt werden. Die Einstellungen für Pulsation und Vakuumhöhe sind bei dieser speziellen Methode anzupassen. Der erhöhte Lufteintrag in die Milch kann außerdem dazu führen, dass Milchmengenmessgeräte neu justiert werden müssen oder sogar ihre ICAR Anerkennung verlieren. Hierzu ist der Hersteller des Milchmengenmessgerätes zu befragen. Mittlerweile gibt es auch Zitzengummi mit integrierten zusätzlichen Funktionen. Dies ermöglicht ein automatisiertes Dippen und eine Zwischendesinfektion. Hier gibt es verschiedene Systeme, die jeweils mehrere eigene Zitzengummitypen anbieten.
Ein weiteres neues System zum vereinfachten Zitzengummiwechsel basiert auf einem Kartuschensystem. Hier kann mit wenigen Handgriffen innerhalb von 30-45 Sekunden der Zitzengummiwechsel für ein Melkzeug erfolgen.

Achten Sie im täglichen Betrieb auf verdrehte Zitzengummis (Markierung am oberen und unteren Ende müssen übereinstimmen), gerissene Zitzengummis (Milch tritt in den Pulsraum ein), passende und saubere Spülaufnahmen sowie Anzeichen vom Gummierosion (Fingerprobe). Diese Anzeichen können selbst bei regelmäßigem Austausch auftauchen. Gründe hierfür können falscher Einbau, unsachgemäße Herausnahme aus den Spülaufnahmen, Materialfehler und aggressive, ungeeignete Reinigungsmittel sein.
Fazit
Zitzengummis sind als Schnittstelle zwischen Tier und Technik mitentscheidend für einen zügigen, vollständigen und schonenden Milchentzug. Eine an die Zitzenmaße angepasste Dimensionierung der Zitzengummis (Länge, Schaftdurchmesser, Kopföffnungsdurchmesser) ist zur Verhinderung des Auftretens von ausgeprägten Hyperkeratosen, Kongestionen und Ringen an der Zitzenbasis notwendig. Der Einfaltdruck des Zitzengummis sollte mit dem Vakuum unter der Zitze so abgestimmt werden, dass einerseits die Kraft des Zitzengummis ausreicht, Ödeme und Kongestionen zu minimieren und andererseits die Kraft nicht so groß wird, dass eine Bildung von unerwünschten Hyperkeratosen unterstützt wird.
Der regelmäßige Austausch der Zitzengummis und die korrekte Handhabung und Reinigung sind unabdingbar. Bauen Sie die Zitzengummis ohne lange Lagerung ein! Die Auswahl des passenden Zitzengummis für die individuelle Herde in Verbindung mit den Melkmaschineneinstellungen kann in Zusammenarbeit mit dem/der Melkberater/In und dem Servicetechniker erfolgreich durchgeführt werden.
Kontakte

Dr. Michael Hubal
Berater Melktechnik und Eutergesundheit

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