Keine Fahrerqualifikation im Umkreis 100 km
Ende 2020 sind Neuerungen zum Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (BKrFQG) in Kraft getreten. Landwirtschaftliche Betriebe sind seitdem in einem Umkreis von 100 km um ihren Betrieb von der Qualifikationspflicht befreit. Neu ist auch ein Fahrerqualifikationsausweis, der ab Mai 2021 die "95" im Führerschein ersetzt.
Das aktualisierte BKrFQG ist seit dem 2. Dezember 2020 in Kraft getreten. Es gilt für Beförderungen durch Fahrer, die Kraftfahrzeuge und Kombinationen mit mehr als 3,5 t Gesamtmasse im Güterkraft- und Personenverkehr oder Werkverkehr einsetzen. Die Qualifikation ist nur für Fahrzeuge erforderlich, die mit den Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C oder CE (auch bei D Klassen) gefahren werden. Für selbstfahrende Arbeitsmaschinen und für das Führen von Kfz bis 45 km/h bauartbedingter Höchstgeschwindigkeit (bbH) ist keine Qualifikation erforderlich.
100 km Befreiung
Neu ist, dass dieses Gesetz nicht für Beförderungen mit Kraftfahrzeugen gilt, die von Landwirtschafts-, Gartenbau-, Forstwirtschafts- oder Fischereiunternehmen zur Güterbeförderung im Rahmen ihrer eigenen unternehmerischen Tätigkeit in einem Umkreis von bis zu 100 km vom Standort des Unternehmens verwendet werden (§ 1 Absatz 2 Nr. 9 BKrFQG). Die Verbändeplattform aus Deutscher Bauernverband, Bundesverband der Maschinenringe und Bundesverband der Lohnunternehmer mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, konnte für viele land- oder forstwirtschaftlichen (lof) Betriebe diese Vereinfachung erreichen. Gab es in der Vergangenheit immer die Schwierigkeit bezüglich der Hauptbeschäftigung des Fahrers im lof Betrieb, so spielt dies jetzt keine Rolle mehr. Ob hauptbeschäftigter- oder Aushilfsfahrer – fährt der Fahrer für den lof Betrieb, benötigt er im Umkreis von 100 km keine Qualifikation. Wird jedoch der 100 km Umkreis Luftlinie "durchbrochen", ist die Berufskraftfahrerqualifikation erforderlich, selbst wenn diese Fahrt nur einmal im Jahr erfolgt.
Bei Klasse L und T keine Qualifikation
Da lof Betriebe und Lohnunternehmer vorwiegend Traktoren für lof Tätigkeiten einsetzen, können die Schlepper mit den Führerscheinklassen L und T gefahren werden. Wenn die lof Zwecke nach § 6 Absatz 5 der Fahrerlaubnisverordnung erfüllt sind, schließt das automatisch die Qualifikationspflicht aus. Neben den klassischen lof Einsätzen sind auch einige kommunale Tätigkeiten wie z. B. die Park-, Garten-, Böschungs- und Friedhofspflege und der Winterdienst davon befreit (siehe Übersicht).
Ausnahme Handwerkerreglung
Insbesondere für Lohnunternehmer kann auch die sogenannte "Handwerkerregelung" als Ausnahme greifen. Nach § 1 Absatz 2 Nr. 5 gilt das Gesetz nicht für Beförderungen mit Kraftfahrzeugen zur Beförderung von Materialien, Ausrüstungen oder Maschinen, die der Fahrer zur Berufsausübung verwendet, sofern das Führen des Kraftahrzeugs nicht die Hauptbeschäftigung des Fahrers darstellt. Transportiert beispielsweise in einem forstwirtschaftlichen Lohnunternehmen der Fahrer eines Sattelzuges einen Harvester zu den verschiedenen Einsatzorten und führt dort mit der Maschine selber die Waldarbeit durch und fährt dann wieder zum Betrieb oder zu weiteren Einsatzorten, ist er von der Qualifikation befreit. Würde der Lkw-Fahrer hingegen nur die Maschine abliefern und zwischen verschiedenen Einsatzorten nur den Lkw hin- und herfahren, führt er überwiegend Fahrtätigkeiten aus und für ihn wäre die Qualifikation erforderlich.
Hingegen wird in den Anwendungshinweisen zum Berufskraftfahrerqualifikationsrecht (bag.bund.de) darauf verwiesen, dass Fahrer in Lohnunternehmen der Qualifizierungspflicht unterliegen, wenn sie überwiegend Fahrtätigkeiten ausführen. Das bedeutet, dass Lkw-Fahrer im Lohnunternehmen, die beispielweise die Güllezubringer lenken, über die Qualifikation verfügen müssen.
Neuer Ausweis ersetzt "95"
Treffen die beschriebenen Ausnahmen nicht zu, muss die Berufskraftfahrer-Qualifikation vorliegen. Voraussetzung dafür ist die sogenannte Grundqualifikation, die beispielsweise im Rahmen des Führerscheins für die Lkw-Klasse erworben werden kann. Fahrten im Güterkraft- bzw. Personenverkehr darf nur durchführen, wer in Abhängigkeit der jeweiligen Fahrerlaubnisklasse ein bestimmtes Mindestalter erreicht hat. Für Kraftfahrzeuge, die mit der Klasse C oder CE gefahren werden dürfen, beträgt das Mindestalter für die erforderliche Grundqualifikation 18 Jahre und 21 Jahre bei der beschleunigten Grundqualifikation. Im Besitz der Grundqualifikation sind automatisch auch alle Personen, die ihren Lkw-Führerschein vor dem 10. September 2009 erworben haben. Um die Qualifikation aufrechtzuerhalten ist nach dem BKrFQG alle fünf Jahre eine Weiterbildung mit insgesamt 35 Stunden (5 Module mit je 7 Stunden) zu absolvieren. Zertifizierte Fahrschulen oder entsprechende Bildungsträger (z. B. DEULA) bieten diese Weiterbildungen an. Nach Vorlage der Weiterbildungsnachweise wird bei der Führerscheinstelle ab Mai 2021 ein Fahrerqualifizierungsnachweis ausgestellt. Dieser neue Kartenausweis ersetzt die bekannte Schlüsselzahl "95" im Führerschein und ist in der Regel fünf Jahre gültig.
Nach Ablauf des Datums sind neue Weiterbildungsnachweise vorzulegen. Fahrer die aktuell keine Berufskraftfahrerqualifizierung benötigen, können die Weiterbildungsmodule auch zu einem späteren Zeitpunkt absolvieren. Der Lkw-Führerschein bleibt auf jeden Fall erhalten!
Übersicht:
§ 6 Abs. 5 FeV: 1. Betrieb von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Obstbau, Gemüsebau, 2. Park-, Garten-, Böschungs- und Friedhofspflege, 3. landwirtschaftliche Nebenerwerbstätigkeit und Nachbarschaftshilfe von Landwirten, 4. Betrieb von land- und forstwirtschaftlichen Lohnunternehmen und andere überbetriebliche 5. Betrieb von Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung und Förderung 6. Betrieb von Werkstätten zur Reparatur, Wartung und Prüfung von Fahrzeugen sowie 7. Winterdienst Im Rahmen dieser lof Zwecke ist keine Berufskraftfrahrerqualifikation erforderlich! |
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