Insektenprotein für Mastschweine?
Weltweit sind für mehr als 2 Mrd. Menschen Insekten ein ganz normaler Bestandteil der Ernährung - vorrangig in Afrika, Asien und Südamerika. Auch wenn Insekten als Lebensmittel bei uns bisher kaum eine Rolle spielen, ist das Thema in aller Munde. Ebenso ist es in der Tierernährung präsent. Denn seit September 2021 darf Insektenprotein an Schweine verfüttert werden, sofern rechtliche Vorgaben im Zusammenhang mit den Ausnahmen vom Verfütterungsverbot für tierische Proteine eingehalten werden. Wollen selbstmischende Landwirte Insektenprotein einsetzen, benötigen sie eine Registrierung oder Zulassung. In Niedersachsen ist das Laves für die Anträge zuständig.
Beim Einsatz des Insektenproteins als Futtermittel geht es in erster Linie um Nachhaltigkeit, Tier- und Umweltschutz. Beispielsweise soll seine Nutzung den Sojaimport aus Südamerika reduzieren. Zudem wird für die Produktion weniger Fläche benötigt. Insekten zählen zu den landwirtschaftlichen Nutztieren und dürfen sich nur von Futtermitteln ernähren. Derzeit sind in der EU acht Insektenarten zugelassen. Insektenprotein wird überwiegend in der Heimtierfütterung eingesetzt und ist im Nutztierbereich bisher kaum von Bedeutung. Während bereits Versuche mit Jungtieren durchgeführt wurden, liegen in Deutschland noch keine Ergebnisse von Versuchen mit Mastschweinen vor. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen hat deshalb den Einsatz von Insektenprotein in der Schweinemast geprüft.
Versuch mit Insektenprotein
In der Leistungsprüfungsanstalt Quakenbrück wurden 112 Ferkel (Topigs Tempo x Topigs TN 70) nach Gewicht und Geschlecht auf zwei Futtergruppen verteilt und in Zweierbuchten gehalten. Die Tiere wurden dreiphasig gefüttert. Die Anfangs- und Mittelmastfutter der beiden Futtergruppen enthielten Soja- und Rapsextraktionsschrot als Eiweißergänzung, die Endmastfutter nur Sojaextraktionsschrot. Das Versuchsfutter enthielt zusätzlich 4 % Insektenprotein der Schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens). Alle Futter waren pelletiert und wurden ad libitum verabreicht.
|
|
Kontroll- und Versuchsgruppe |
|||
Mastabschnitt |
kg |
AM 28-50 |
MM 50-80 |
EM 80-122 |
|
Rohprotein Lysin Phosphor ME |
% % % MJ/kg |
16,4 1,20 0,44 13,6 |
16,0 1,10 0,44 13,3 |
13,0 0,95 0,40 12,8 |
Die Prüfung umfasste den Gewichtsbereich von 28 bis 125 kg. Zwischenwägungen wurden bei jedem Futterwechsel vorgenommen. Die Ermittlung möglicher Unterschiede im Verhalten der Tiere war nicht Gegenstand des Versuchs.
Das Insektenprotein enthielt folgende Werte (97 % TS):
52,9 % Rohprotein, 7,8 % Rohfett, 10,3 % Rohfaser, 2,6 % Lysin, 0,68 % Methionin, 1,92 % Threonin, 0,63 % Tryptophan, 0,79 % Calcium und 1,23 % Phosphor.
|
|
Kontrollgruppe |
Versuchsgruppe Insektenprotein |
||||
|
|
AM |
MM |
EM |
AM |
MM |
EM |
Rohprotein Lysin Methionin + Cystin Threonin Valin ADF aNDFom Phosphor ME |
% % % % % % % % MJ/kg |
15,9 1,19 0,60 0,65 0,72 4,7 11,9 0,42 13,7 |
15,4 1,12 0,60 0,65 0,74 5,9 15,3 0,51 13,3 |
13,2 0,92 0,49 0,55 0,62 5,1 16,8 0,44 12,9 |
16,2 1,23 0,60 0,66 0,74 5,6 13,1 0,48 13,6 |
15,5 1,15 0,60 0,65 0,73 5,7 14,9 0,50 13,5 |
13,3 0,88 0,47 0,53 0,64 5,7 16,8 0,46 13,0 |
Die analysierten Phosphorgehalte lagen in beiden MM-Futtern und im EM-Futter der Versuchsgruppe außerhalb des Analysenspielraums.
Bessere Leistungen durch Insektenprotein?
Im Mittel lagen die Tageszunahmen bei 1080 g. In der Kontrollgruppe ohne Insektenprotein wurden 1085 g und in der Versuchsgruppe 1073 g Tageszunahmen erreicht. Der Futteraufwand je kg Zuwachs von 2,40 kg war in beiden Gruppen identisch, der tägliche Futterverbrauch unterschied sich ebenfalls nicht (2,60 vs. 2,57 kg). In der Phase ab 80 LG erzielten die Schweine sehr hohe Tageszunahmen von durchschnittlich mehr als 1100 g. Die Schlachtkörper wurden nach AutoFOM klassifiziert. Die Indexpunkte je kg Schlachtkörpergewicht waren mit 0,998 in beiden Gruppen identisch. Mit Ausnahme der Tageszunahmen in der Anfangsmast traten weder in der Mastleistung noch in der Schlachtkörperbewertung gesicherte Unterschiede auf.
Futterkosten
Die Berechnung der Futterkosten beruht auf den Nettopreisen im Versuchszeitraum (Juni bis Oktober 2023. Die Futterkosten je 100 kg Zuwachs lagen in der Kontrollgruppe bei 81,66 € und in der Versuchsgruppe bei 125,89 €. Daraus ergibt sich ein Kostenvorteil von 44,23 € je 100 kg Zuwachs zugunsten der Kontrollgruppe.
|
|
Kontrollgruppe
|
Versuchsgruppe Insektenprotein |
Anzahl Tiere Anfangsgewicht Endgewicht Mastleistung bis 50 kg LG Tageszunahmen Futterverbrauch/Tag Futteraufwand/kg Zuwachs Mastleistung von 50 - 80 kg LG Tageszunahmen Futterverbrauch/Tag Futteraufwand/kg Zuwachs Mastleistung von 80 - 125 kg LG Tageszunahmen Futterverbrauch/Tag Futteraufwand/kg Zuwachs Mastleistung gesamt Tageszunahmen Futterverbrauch/Tag Futteraufwand/kg Zuwachs
|
kg kg
g kg kg
g kg kg
g kg kg
g kg kg |
56 26,1 125,7
1043a 1,76 1,69
1094 2,34 2,14
1116 3,30 2,97
1085 2,60 2,40
|
56 25,8 124,5
1009b 1,72 1,71
1113 2,35 2,12
1096 3,23 2,96
1073 2,57 2,40 |
Schlachtkörpergewicht Schlachtausbeute Schinken Lachs Schulter Bauch MFA Bauch Speckmaß Fleischmaß Indexpunkte/kg |
kg % kg kg kg kg % mm mm |
97,2 77,2 18,8 7,4 9,2 13,9 58,9 13,1 64,2 0,998 |
96,1 77,3 18,6 7,3 9,2 14,1 58,2 13,3 63,1 0,998 |
Fazit
In diesem Schweinemastversuch wurde der Einsatz von 4 % Insektenprotein aus der Schwarzen Soldatenfliege geprüft. Das Leistungsniveau lag im Mittel bei 1080 g Tageszunahmen, einem Futteraufwand je kg Zuwachs von 2,40 kg und Indexpunkten je kg Schlachtkörpergewicht von 0,998. Mit Ausnahme höherer Tageszunahmen der Kontrollgruppe in der Anfangsmast gab es keine signifikanten Unterschiede. Der Einsatz des Insektenproteins erhöhte die Futterkosten je 100 kg Zuwachs um mehr als 44 €.
Aus den Ergebnissen lässt sich ableiten, dass der Einsatz von Insektenprotein als Eiweißkomponente im Schweinemastfutter ohne Leistungseinbußen möglich, aber bei dem derzeitigen Preisniveau unwirtschaftlich ist.
Kontakte
Andrea Meyer
Rinderfütterung, Schweinefütterung, Futterberatungsdienst e.V.
Getreidequalität 2024 - weitere Ergebnisse
Die LUFA Nord-West hat bisher 667 Getreideproben ausgewertet. Der Trend zu niedrigen Rohproteingehalten hat sich auch in dieser Ernte bestätigt.
Mehr lesen...Wasser für Schweine
Wasser ist das wichtigste und kostengünstigste Futtermittel. Aber nicht nur die Menge ist entscheidend, sondern auch die Tränkwasserqualität. Hierüber informieren Andrea Meyer, Hanke Bokelmann und Gerd Hermeling.
Mehr lesen...Sauen- und Ferkelfutter von Mai bis Juli 2024 überprüft
Die LWK Niedersachsen teilt mit, dass der Verein Futtermitteltest sieben Sauenalleinfutter, und zwar sechs Futter für säugende und eines für tragende Sauen, sowie vier Ferkelaufzuchtfutter I und ein Ferkelaufzuchtfutter II von Mai bis …
Mehr lesen...Mutterkorn-Höchstgehalte
Mutterkorn ist die Überdauerungsform des Pilzes „Claviceps purpurea“ und wird anstelle der Körner in den Ährenanlagen des Getreides gebildet. Mutterkorn-Sklerotien können auf allen Getreidearten und Gräsern …
Mehr lesen...Tempo-Schweine im Versuch
Die Mast von Tempo-Endprodukten hat stark zugenommen. Der Topigs Norsvin Tempo-Eber der Rasse Large White ist auf Robustheit gezüchtet und äußerst wüchsig. Die Endprodukte erreichten in den letzten Versuchen der LWK Niedersachsen…
Mehr lesen...Leistungen von Duroc-Endprodukten
Die LWK Niedersachsen prüft seit dem Jahr 2022 die Leistung von Duroc-Endprodukten in der Leistungsprüfungsanstalt Quakenbrück. Bisher wurden fünf Versuche mit gleicher Genetik (Top Duroc x Danbred Hybridsau), aber …
Mehr lesen...Weitere Arbeitsgebiete
Veranstaltungen
Auftaktveranstaltung zur Seminarreihe nachhaltige Wirtschaftsweisen und Ökolandbau
06.12.2024
Mit einer Web-Seminarreihe nachhaltige Wirtschaftsweisen und Ökolandbau für: landwirtschaftlicher Ausbilderinnen und Ausbilder Lehrer und Lehrerinnen Meisterinnen und Meister Teilnehmende an Meisterkursen Fachschüler und …
Mehr lesen...Beratungsangebote & Leistungen
Nährstoffmanagement, Modul Tierhaltung und -fütterung
Sie möchten die hiesige Tierhaltung weiterentwickeln und innovativ tätig werden? Sie möchten Ihre Tierhaltung und Fütterungsstrategien effizient und nährstoffbedarfsgerecht ausrichten? Wie gehen Sie mit der Novellierung …
Mehr lesen...Qualitätsprüfungen, Versuche und Projekte in der Tierhaltung
Sie möchten die hiesige Tierhaltung weiterentwickeln und innovativ tätig werden? Ihre Idee, Ihr Konzept oder Produkt kann das Tierwohl verbessern, Nährstoffe und Emissionen reduzieren? Sie suchen einen neutralen unabhängigen …
Mehr lesen...Drittmittelprojekte
5G Smart Country
Ausgangslage Weltbevölkerungswachstum, Ressourcenverknappung und schwieriger werdende klimatische Bedingungen machen es erforderlich, noch mehr Nahrung zu produzieren. Laut Prognosen muss die landwirtschaftliche Erzeugung mind. um 50% erhö…
Mehr lesen...Abibewässerung
Ausgangslage Die durch den Klimawandel zunehmend negative klimatische Wasserbilanz in der Vegetationsperiode führt zu einem erhöhten Bedarf an Wasser für die Feldberegnung. Gleichzeitig erfordert die zunehmende Nutzungskonkurrenz um …
Mehr lesen...ADAM
Ausgangslage ADAM ist ein 42-monatiges transdisziplinäres Forschungs- und Umsetzungsprojekt zur Steigerung der Biodiversität im Intensivgrünland. Es sind Partner aus der Wissenschaft (Bewilligungsempfänger Universität Gö…
Mehr lesen...AGrON
Ausgangslage In Deutschland gibt es regionale Unterschiede beim landwirtschaftlichen Nährstoffanfall. So gibt es beispielsweise in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Landkreise mit starkem Nährstoffüberschuss, aber auch …
Mehr lesen...AQUARIUS
Ausgangslage Die Niederschläge in der östlichen Lüneburger Heide sind deutlich niedriger als im übrigen Niedersachsen. Der eigentliche Wasserbedarf der landwirtschaftlichen Kulturen liegt dann oftmals sogar noch über …
Mehr lesen...Beratungsgrundlagen Umsetzung Düngeverordnung
Ausgangslage Neue bundeseinheitliche rechtliche Anforderungen sowie zusätzlich landesweit geltende neue Regelungen ab 2021 fordern seitens der Landwirtschaft intensive Anpassungsmaßnahmen mit dem Ziel eines verstärkten Umwelt- und …
Mehr lesen...