Getreideernte: Mähdrescher stehen in den Startlöchern
Wintergerste macht den Anfang – Beim Ertrag rechnet Landwirtschaftskammer je nach Region mit deutlichen Unterschieden
Hannover/Oldenburg – Die allerersten Wintergersten-Bestände sind in dieser Woche bereits vom Feld geholt worden – mit dem allgemeinen Beginn der Ernteperiode rechnen die Pflanzenbaufachleute der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) ab den ersten Julitagen. Voraussetzung dafür sind entsprechend trockene Witterungsbedingungen.
Von Seiten der Fachleute werden auch für dieses Jahr deutliche Ertragsunterschiede zwischen den einzelnen Anbauregionen in Niedersachsen erwartet. Obwohl in vielen Regionen die Gerstenbestände im Vergleich zu den Vorjahren weniger durch Trockenheit beeinflusst wurden, so wirken sich dennoch die unterschiedlichen Bodenqualitäten in den Regionen ertraglich entsprechend aus.
Verhalten optimistisch
Insgesamt ist die allgemeine Ertragseinschätzung der diesjährigen Getreideernte verhalten optimistisch. Die Bestände präsentieren sich nicht so üppig wie in Vorjahren – dafür konnten sich die Körner insgesamt gut ausbilden und damit die geringere Bestandesdichte möglicherweise wieder kompensieren. Konkrete Ertragsprognosen sind zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht möglich.
Wintergerste erlangt Druschreife
Laut aktueller Wettervorhersage ist für die kommende Woche leider nicht mit beständigem Erntewetter zu rechnen, so dass sich die Beerntung der Wintergerste hinauszögern könnte. Auf den leichteren Standorten wird die Ernte am ehesten starten können, während auf den Standorten in den typischen südhannoverschen Ackerbauregionen sowie in den Marschregionen gut entwickelte Bestände mit hohem Ertragspotenzial etwas verzögert geerntet werden. Derartige Bestände lassen durchaus normale bis gute Erträge erwarten.
Vegetationsverlauf: Nässe führt zu Problemen
Zum Zeitpunkt der Wintergerstenaussaat – letzte Septemberdekade bis Beginn der zweiten Oktoberdekade 2023 – waren die Aussaatbedingungen in der Regel günstig, so dass die Bestände sich vor dem Winter durchweg gut entwickeln konnten. Bei Weizenbeständen, die oftmals erst ab Mitte Oktober nach Rüben, Kartoffeln oder Mais bestellt werden, herrschten häufig bereits sehr feuchte Bodenbedingungen vor, die die Aussaat erschwerten oder sogar unmöglich machten. Davon waren insbesondere die Marschregionen in starkem Maße betroffen.
Je ungünstiger die Aussaatbedingungen, desto schwieriger konnten sich die Bestände weiterentwickeln. Eine unzureichende Wurzelbildung war dann oftmals die Folge. Das niederschlagreiche Wetter hielt bis ins Frühjahr an. Es kam vielerorts zu Überschwemmungen, in deren Folge zunächst etablierte Raps- oder Getreidebestände so stark geschädigt waren, dass sie teilweise umgebrochen werden mussten.
Milder Winter ohne deutliche Vegetationsruhe
Eine deutliche Vegetationsruhe hat es in diesem milden Winter nicht gegeben, obwohl kurzzeitige Frostereignisse in ungünstigen Lagen durchaus auch Schwächen in der Winterhärte bei empfindlichen Sorten zu Tage förderten. Insgesamt war die Entwicklung der Raps- und Getreidebestände aber bis Mai etwa zwei Wochen früher dran als gewöhnlich. Feuchte Standorte konnten zum Teil für erforderliche Düngungs- und Pflanzenschutzarbeiten nicht oder nicht zum passenden Zeitpunkt befahren werden. Auch die Aussaat von Sommerungen, die eigentlich als Ersatz für ausgefallene Wintergetreide-Aussaaten dienen sollten, war witterungsbedingt oft nur verspätet möglich.
Frühjahrstrockenheit fällt aus
Die in den vergangenen Jahren häufig auftretende Frühjahrstrockenheit blieb 2024 weitgehend aus, sodass auch in den klassischen Beregnungsregionen die Beregnung im Getreide deutlich zurückgefahren werden konnte. Die eher feuchten Witterungsbedingungen verursachten allerdings auch einen verstärkten Krankheitsdruck, etwa in Form von Pilzerkrankungen.
Die Temperaturen im Frühsommer lagen durchweg im moderaten Bereich, so dass sich die Bestände kontinuierlich entwickeln und anschließend in die Abreifephase übergehen konnten. Von daher wird sich die Weizenernte in Abhängigkeit vom Aussaatzeitpunkt und der sortenspezifischen Abreife über einen längeren Zeitraum erstrecken. Die Rapsbestände treten aktuell auch in die Abreifephase ein, sodass sich deren Beerntung zeitnah nach der Wintergerstenernte anschließen wird.
Anbauflächen witterungsbedingt verändert
Die beschriebenen nassen Witterungsverhältnisse haben zu einem deutlichen Rückgang der Anbauflächen bei den meisten Winterungen geführt, lediglich die Wintergerste konnte ersten Schätzung zufolge Dank der für sie noch günstigen Aussaatbedingungen gegenüber dem Vorjahr an Fläche zulegen. Besonders in den Marschregionen mussten viele geplante Weizenflächen letztlich im Frühjahr mit Sommergetreide bestellt werden, während in den südöstlichen Ackerbau-/Weizenregionen der notgedrungene Sommergetreideanbau nur in recht geringem Umfang erforderlich war.
Plus bei Hafer und Sommergerste
In welchem Ausmaß die fehlenden Winterungen durch den Anbau von Sommerungen ausgeglichen werden konnten, ist derzeit noch nicht abschließend zu beurteilen. Deutliche Flächenzunahmen verzeichnen die Sommergerste, der Sommerweizen und der Hafer. Darüber hinaus ist auch beim Silo- und Körnermais sowie bei den Hackfrüchten (Rüben, Kartoffeln) und den Leguminosen mit einer Flächenausdehnung zu rechnen.
Auf den Hochertragsstandorten wird mit einer durchschnittlichen Wintergerstenernte gerechnet, die teilweise sicherlich auch gut ausfallen könnte. Derzeit können noch keine Aussagen zur Qualität der Ernte gemacht werden. Die insgesamt günstigen Abreifebedingungen könnten sich durchaus positiv auf die Kornqualität auswirken und dadurch letztlich auch die Ertragsleistung erheblich mit beeinflussen.
Es ist zu hoffen, dass sich nach der derzeit angekündigten unbeständigen Wetterlage eine Hochdruckphase einstellt, so dass nach der Wintergerste der Winterraps und die übrigen Getreidearten voraussichtlich ab Mitte Juli, schwerpunktmäßig wohl aber erst ab Ende Juli, gedroschen werden können.
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