Die Alleskönner sind gesucht!
Zahlreiche, häufig auch blühende, Zwischenfruchtbestände bereichern derzeit das Landschaftsbild. Die Situation auf den Feldern ist auch in diesem Herbst wieder sehr unterschiedlich. Mittlerweile ist etwas Regen gefallen. Wie die Zwischenfrüchte mit den Witterungsbedingungen und Nährstoffverhältnissen in diesem Herbst zurechtkommen, ob es Unterschiede zwischen den Arten und Verfahren gibt und welche Besonderheiten sonst zu erleben sind, beleuchten wir in diesem Artikel.
Zwischenfrüchte können vieles, aber keine Zwischenfrucht kann alleine alles. Gemeinsam jedoch in passenden Kombinationen können sie mehr. Erosionsschutz, der Humusaufbau, Unkrautunterdrückung und natürlich die Aufnahme von Stickstoff, um diesen vor Verlagerung in tiefere Bodenschichten zu schützen, sind ihre Hauptaufgaben. Zudem tragen Zwischenfrüchte, insbesondere in Mischungen, zur Erhöhung der Biodiversität bei. Nicht zuletzt deshalb ist der Zwischenfruchtanbau die beliebteste Maßnahme, ökologische Vorrangfläche (öVF) zu schaffen. In diesem Jahr wurden in Niedersachsen rund 256.000 ha Zwischenfrüchte für das Greening angemeldet, das entspricht 82,5 % der gesamten öVF. Wie groß die Zwischenfruchtanbaufläche tatsächlich ist, also inklusive des Anbaus außerhalb der Greening-Verpflichtungen, wird nicht erfasst.
Ab dem Sommer 2021 wird die Zwischenfruchtanbaufläche weiter steigen. Denn die novellierte Düngeverordnung (01.05.2020) sieht vor, dass eine Sommerung in den „roten Gebieten“ nur dann gedüngt werden darf, wenn vorher eine Zwischenfrucht angebaut wurde. Die Zwischenfrucht selbst darf dann ab 2021 in roten Gebieten nicht mehr gedüngt werden. Eine Ausnahme besteht nur beim Einsatz von Festmist (Huf- und Klauentiere) und Kompost. Damit wird die Nährstoffversorgung der Zwischenfrüchte auf zahlreichen Standorten weiter eingeschränkt und die Suche nach einer N-elastischen Zwischenfrucht rückt weiter in den Fokus. Die Zwischenfrucht sollte also auch bei niedrigem N-Angebot einen guten Bestand entwickeln können, denn nur so können die eingangs genannten Ziele auch erfüllt werden.
Neben der Wasser- und Nährstoffversorgung zählen Artenwahl, Saatbettbereitung, Aussaatverfahren und -termin zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren, die es zu optimieren gilt. Zur Aussaat der Zwischenfrüchte herrschten in diesem Jahr besonders im nördlichen Niedersachsen abermals sehr trockene Bedingungen vor. Häufig wurde die Aussaat in der Hoffnung auf Regen nach hinten verschoben. Hier galt es, den Kompromiss zwischen noch ausreichendem Aussaattermin und Wasserfügbarkeit zu finden.
Vor dem Hintergrund der erschwerten Rahmenbedingungen für den Zwischenfruchtanbau hat die Landwirtschaftskammer Niedersachsen auf verschiedenen Standorten (Uelzen, Peine, Alfeld, Hannover) Demonstrationsanlagen mit Zwischenfrüchten angelegt:
1. Ölrettich/Senf, in den Varianten: gedüngt, ungedüngt, Spätsaat.
2. Ölrettich/Wicke
3. Erbse/Senf/Alexandrinerklee
4. Ackerbohne/Erbse
Durch sie sollen Kenntnisse darüber gewonnen werden, inwieweit sich der Zwischenfruchtaufwuchs ohne N-Düngung durch intensive Bodenbearbeitung und den Einsatz von Leguminosen verbessern lässt. Hierzu wurden verschiedene Mischungen nach unterschiedlichen Bodenbearbeitungsvarianten (Mulchsaat flache Lockerung, Mulchsaat tiefe Lockerung, Pflugsaat) und der Vorfrucht Winterweizen ausgesät. In Alfeld konnte die Aussaat bereits am 11.08. erfolgen, an den übrigen Standorten wurden die Zwischenfrüchte Mitte bis Ende August ausgesät. Eine Spätsaat-Variante (ca. 20.09.) dient zur Abbildung der in den roten Gebieten bis zur Ernte der Hauptfrucht am 01.10. geforderten Zwischenfruchtaussaat.
Die bisherigen Beobachtungen aus den zurückliegenden 8 Wochen bestätigen die große Bedeutung von Aussaattermin und Wasserversorgung. Darüber hinaus stellte sich die N-Versorgung als entscheidender Faktor für die Etablierung der Nicht-Leguminosen (Ölrettich, Senf) heraus. Denn nach Weizen als Vorfrucht wiesen die Böden dieses Jahr bei bedarfsgerechter Stickstoffdüngung gewünscht niedrige Nmin-Gehalte auf. In der Demoanlage in Alfeld beispielsweise lag der Nmin-Wert zum Zeitpunkt der Aussaat nur bei 26 kg N/ha. Da das Stroh zudem nicht abgefahren wurde, bestand ein relativ hoher N-Bedarf für die Strohrotte. Die Nicht-Leguminosen standen mit den Bodenorganismen, die das Stroh zersetzen, in Konkurrenz um den verfügbaren Stickstoff im Boden. Diese Kombination aus niedrigem Nmin-Startwert und Strohrotte beeinträchtigte das Wachstum der Nicht-Leguminosen erheblich, sodass sie sich trotz der vergleichsweise zufriedenstellenden Wasserversorgung nicht entsprechend entwickelten. Eine mineralische Düngung mit 60 kg N/ha in Form von AHL wirkte sich daher sehr positiv auf die Jugendentwicklung der Nicht-Leguminosen aus.
Die Leguminosen, insbesondere die Wicke, wiesen insgesamt eine zögerliche Jugendentwicklung auf. Eine frühe Bodenbedeckung ist im Sinne der Unkraut- und Ausfallgetreideunterdrückung erstrebenswert, und konnte in diesem Versuch am schnellsten mit der gedüngten Ölrettich-Senf-Mischung erzielt werden. Aktuell zeigt sich die Kombination aus Ölrettich und Wicke als vielversprechend. Recht wuchsfreudig zeigten sich zudem die Erbsen am Standort Alfeld. Die Erbsen-Mischungen erreichten Ende September augenscheinlich die höchsten Aufwüchse. Die zögerliche Jugendentwicklung der Leguminosen und die damit verbundene mangelnde Bodenbedeckung könnte, wie sich gezeigt hat, mit einer Pflugfurche kompensiert werden. Diese hat das Auflaufen des Ausfallgetreides deutlich reduziert.
Mitte/Ende November, zum Vegetationsende, werden die Parzellen beerntet werden und der Ertrag, sowie die N-Aufnahme, C/N-Verhältnis und Nmin-Werte ermittelt. Besonders bei den leguminosenhaltigen Varianten wird der weitere Nmin-Verlauf interessant sein, denn der Stickstoff, den die Bakterien in den Knöllchen gesammelt haben, wird im Laufe des Absterbens der Pflanzen freigesetzt. Wann dies der Fall ist, hängt stark von der Witterung und dem Eintreten von Frostereignissen ab. Ein niedriger Herbst-Nmin-Wert unter Leguminosen kann über Winter deutlich ansteigen. Das ist auch der Grund, warum in vielen Wasserschutzgebieten der Anbau von Leguminosen nicht erwünscht ist. Häufig sprechen auch phytosanitäre Gründe gegen Leguminosen (siehe LuF 22/2020).
Sowohl an den anderen Standorten als auch auf vielen Praxisflächen zeigte sich eine teils schwache Entwicklung der Nicht-Leguminosen. Teilweise konnte bereits Ende September eine einsetzende Blüte bei mitunter schlecht entwickelten, kleinen Pflanzen beobachtet werden. Was schön für den Betrachter und die Insekten ist, schürt bei den Landwirten die Befürchtung vor einer Samenreife. Dies ist jedoch häufig nicht so schnell wie befürchtet zu erwarten, von vorschnellen Maßnahmen wie dem Abschlegeln ist abzusehen.
Als es Mitte Oktober 2019 zu starken Niederschlagsereignissen kam, blieben mit Zwischenfrüchten bewachsene Flächen von Erosion verschont. Dieser Erosionsschutz kann umso sicherer erfolgen, je besser der Bestand entwickelt ist. Im Herbst 2020 sind viele Bestände schlecht entwickelt und klein gebliebene Senf- und Ölrettichpflanzen gehen zu einer Notblüte über. Dieses Bild wird, sofern es nicht ausreichend regnet, auch in den kommenden Jahren zu erwarten sein, da die Düngung der Bestände nur eingeschränkt erlaubt und z. T. sogar untersagt ist. Dennoch muss das oberste Ziel sein, gut entwickelte Zwischenfruchtbestände zu etablieren. Diese bereichern das Landschaftsbild, tragen zur Schonung des Grundwassers bei und sind – mit Bedacht ausgesucht und kultiviert - ein wichtiger Bestandteil integrierter, vielfältiger Fruchtfolgen.
Schnell gelesen:
- Ab 2021 Anbau in roten Gebieten Pflicht, wenn folgende Sommerung gedüngt werden soll, Auflage: ohne Düngung
- Pflug kann N-Mineralisation anregen und Konkurrenz durch Ausfallgetreide mindern
- Gezielte Artenzusammensetzung, eventuell in Kombination mit Leguminosen, kann die Entwicklung unterstützen
- Den Arten angepasste Aussaattermine sichern die Entwicklung der Zwischenfrüchte ab
Kontakte
Dr. Iris Schaper
Pflanzenschutzmittel-Reduzierungsstrategie
Annette Hoffmann
Fachbereich Pflanzenbau
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