Aktuelles aus dem Versuchswesen Schwein stößt auf großes Interesse
Neue Erkenntnisse und technische Innovationen helfen uns dabei die Schweinehaltung zukunftsfähig zu machen und für die aktuellen und bevorstehenden Herausforderungen sicher aufzustellen.
Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen erarbeitet im Projekt- und Versuchswesen Tier neue Verfahren und Maßnahmen in der Schweinehaltung, die einen Beitrag zur Steigerung des Tierwohls und Umweltschutzes sowie zur Reduzierung von Nährstoffanfall, Emissionen und Immissionen leisten. Auch die Digitalisierung ist ein weiterer Versuchsschwerpunkt.
Am 12. September lud die Landwirtschaftskammer Vertreter der Wirtschaft ein, um einen Einblick in die aktuellen Untersuchungen und neuen Erkenntnisse zu geben.
Dr. Marc-Alexander Lieboldt startete mit einem Teilprojekt des aktuellen Großprojektes DigiSchwein am Versuchsstandort Wehnen, der Erfassung der Bewegungsaktivität von Schweinen mittels Accelerometer und den Einsatzmöglichkeiten in Abferkelbuchten. Die bislang hauptsächlich zur Brunsterkennung bei Milchkühen genutzte Technik umfassen Einsatzmöglichkeiten bei Sauen in Abferkelbuchten für die Überwachung des physiologischen Verhaltens, der Gesundheit und des Wohlbefindens sowie des geburtsnahen Verhaltens. Das eindeutige Erkennen des Nestbauverhaltens von Sauen soll zur präzisen Vorhersage des Abferkelzeitpunktes genutzt werden. Mit dieser Information könnten Praktiker die maximal zulässige Fixierdauer von 5 Tagen bei geburtsnahen Sauen bestmöglich zum Schutz der neugeborenen Ferkel nutzen. Zwischenergebnisse verdeutlichen, dass Fütterungszeitpunkte sowie der Tag-Nacht-Rhythmus und das Nestbauverhalten von Sauen detektiert werden kann. Die Werte sind jedoch stark tierindividuell und müssen durch weitere Forschungsarbeit beispielsweise durch Videodaten zur Identifizierung spezifischer Bewegungs- und Verhaltensmuster ergänzt werden.
Jan-Hendrik Witte von der Universität Oldenburg stellte daraufhin das im Projekt DigiSchwein entwickelte Verfahren zur Ableitung eines Aktivitätsindexes auf Basis von Deep Learning und Regelsystem vor. Dabei beschrieb er die Vorteile von Künstlicher Intelligenz im Rahmen der Entwicklung von Monitoringsystemen im Schweinestall und deren Einsatzmöglichkeit, sowie die Verarbeitung von Videodaten.
Einen weiteren Schwerpunkt der aktuellen Forschung ist die Haltung von unkupierten Schweinen. Veronika Drexl von der Universität Kiel fasste hierzu die Ergebnisse zur Buchtenstrukturierung sowie zur Früherkennung von Schwanzbeißen des kürzlich abgeschlossenen KoVeSch-Projektes zusammen. Im Rahmen des Projektes wurden Wasser-, Klima-, Gesundheits-, Schwanzbonitur- und Aktivitätsdaten der Aufzuchtferkel und Mastschweine dokumentiert. Betrachtung von einzelnen Parametern zeigten keinen direkten Zusammenhang zum Entstehen von Schwanzverletzungen. Wenn alle Parameter zusammen betrachtet werden, kann die Entstehung von Schwanzverletzungen jedoch erklärt werden und es können für die Ferkelaufzucht und die Mast wichtige Variablen selektiert werden. Diese können in einem weiteren Schritt dafür verwendet werden, mittels neuronaler Netzwerke täglich das Auftreten von Schwanzverletzungen pro Bucht vorherzusagen.
Dr. Jakob Aundrup vom Schweinegesundheitsdienst der LUFA Nord-West ergänzte die Möglichkeiten der Schwanzbeißprävention mit seiner Untersuchung zur Gabe präbiotischer Substanzen im Futter. Ein präventiver Effekt des getesteten Ergänzungsfuttermittels auf das Auftreten von Schwanzbeißen konnte innerhalb der Studie nicht festgestellt werden. Managementmaßnahmen wie die Separation von Tätertieren zeigten einen wesentlich deutlicheren Effekt.
Der dritte Themenblock fokussierte sich auf die nährstoffreduzierte Fütterung.
Andrea Meyer von der LWK Niedersachsen stellte die Ergebnisse aus der LPA Quakenbrück zur nährstoffreduzierten Fütterung von Durocs und von nährstoffreduzierten Rationen nach Ökostandards dar. Der Versuch mit Duroc-Endprodukten zeigte, dass die Robusten und sehr fressfreudigen Tiere auch auf höchstem Leistungsniveau stark nährstoffreduziert gefüttert werden können und die Sattfütterung nicht zu einer verstärkten Verfettung führt. Ökologisch wirtschaftende Betriebe füttern ihre Mastschweine überwiegend zweiphasig. Eine nährstoffangepasste Fütterung ist für diese Betriebe eine große Herausforderung, da der Einsatz freier Aminosäuren und Phytase unzulässig ist. Im Versuch mit einer zwei- und vierphasigen Ökofütterung in konventioneller Haltung zeigte sich, dass eine nährstoffangepasste Fütterung ohne Leistungseinbußen auch in Ökobetrieben umsetzbar ist.
Stefan Sagkob, Leiter des Versuchswesen Tier, nahm Stellung zum Messkonzept des „Transparenten Stalls“. Das Konzept hat vier Grundbausteine:
- Messung der biologischen Leistungen und Fleischqualität
- Kontinuierliche Schadgasmessung nach dem Vera-Protokoll
- Repräsentative Probennahme, Flüssigmistvolumen und Nährstoffkonzentration
- Interpretation der Ergebnisse und Wiederfindungsraten, bundesweite Kommunikation
Die bisherigen Durchgänge produzierten bereits eine gute Datenbasis, die zukünftig für innerbetriebliche Optimierungsmaßnahmen, Beratungsempfehlungen, aber auch behördliche Vorgänge genutzt werden können.
Die Ergebnisse und Verläufe der Emissionsmessungen in der Schweinemast mit Auslauf aus den Projekten EmiDaT und EmiMin präsentierte Dr. Frauke Hagenkamp-Korth von der Uni Kiel. Die Erhebungen zeigen, dass die Ammoniakemissionen über alle untersuchten Stallhaltungssysteme (2,6 kg NH3-N pro Tierplatz und Jahr) geringer ausfallen als aus geschlossenen Ställen (3,0 kg NH3-N pro Tierplatz und Jahr). Des Weiteren wurden Emissionsminderungsmaßnahmen getestet. Hier zeigen sich in den Verläufen deutliche und stabile Minderungseffekte der verwendeten Maßnahme (Unterflurschieber mit Kot-Harn-Trennung) gegenüber der Kontrolle (Unterflurlagerung). Die Veröffentlichung der Ergebnisse und die Minderungspotentiale der untersuchten Minderungsmaßnahmen aus EmiMin werden voraussichtlich 2023 erfolgen.
Abschließend zeigte Steffen Döring aus dem Bereich der ökologischen Schweinehaltung der LWK Niedersachsen Strategien zur Spulwurmreduktion im Ökolandbau. Dieses ist eine große Herausforderung für die ökologisch wirtschaftenden Betriebe. Das Trennen von verschiedenen Gruppen im Betrieb ist meist schwierig. Rein-Raus auf Betriebsebene bietet viele Chancen sich alter Probleme zu entledigen, muss aber mit dem Ferkelerzeuger und dem Vermarkter möglich sein. Regelmäßiges Entmisten, Reinigung und Desinfektion, ein angepasstes Entwurmungsmanagement und das Trennen der Gruppen führt zum Erfolg.
Insgesamt bot die Veranstaltung einen umfassenden Überblick über die Arbeiten des Versuchswesens im Bereich Schweinehaltung und bot allen Teilnehmern eine gute Plattform zum gemeinsamen Austausch.
Kontakte
Dr. Heiko Janssen
Leiter Sachgebiet Tierhaltung
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