Ringeln: eine gefahrlose Alternative
In der noch unübersichtlichen Dickungsphase von heranwachsenden Wertholzbeständen gilt es, „Protze“ und „Wölfe“ zu entfernen. Das funktioniert nicht nur mit Hilfe einer Säge, sondern auch mit dem alten Verfahren des Ringelns. Über diese Technik z. B. bei der Läuterung berichtete Bezirksförster Dieter Scholz in der Land & Forst 17/16.
Wenn in einem Forstbetrieb mit dem Heranwachsen von Werthölzern gerechnet werden kann, sind rechtzeitig terminierte Pflegemaßnahmen unerlässlich. Dies gilt vor allem im Laubholzbereich und hier sowohl in Naturverjüngungen (meist mit Buche als Grundgerüst), als auch bei künstlich angelegten Kulturen bzw. Erstaufforstungen (dann meist mit Edellaubhölzern, wie Esche, Ahorn, Kirsche, aber auch Eiche).
Vitale Bäumchen fördern
Diese Pflegeeingriffe haben zum Ziel, besser veranlagte Stämme hinsichtlich Vitalität, Qualität und Verteilung zu fördern, schlechter ausgeformte Stämme zu entfernen und dabei auch die Mischungsanteile der verschiedenen Baumarten zu steuern. Allerdings sollen die Bestände vorerst im Dichtschluss bleiben, um die natürlichen Astreinigung zu fördern. In dieser Phase, im Höhenbereich zwischen 6 und 14 m, gilt es daher, nur „ Protze“ oder „Wölfe“, das sind extrem sperrige, zwieselige oder grobastige Bäume, die sich breit gemacht haben, oder als Vorwuchs die qualitativ besseren Stämmchen überwachsen würden, zu entfernen.
Auf die Zeit vor der eigentlichen Läuterungsphase mit Stammzahlreduzierungen und Zukunftsbaumauswahl richtet sich diese Betrachtung. Häufig entfallen hier nötige Eingriffe – aus Kostengründen oder weil die Dickungen geschlossen und unübersichtlich sind. Die Arbeit mit der Motorsäge gestaltet sich dann als unhandlich und auch nicht ungefährlich, denn die Protze lassen sich schwer zu Boden bringen und es sind gute Kenntnisse im Umgang mit der Säge notwendig. Manchmal kommt es auch vor, dass bereits Schnitte zur Astung vorgenommen werden, die der Baum aufgrund der Stärke nicht überwallen kann.
Eine Alternative zur Sägearbeit kann das Ringeln sein, eine althergebrachte, aber trotzdem häufig unbekannte Methode, Bäume zum Absterben zu bringen. Hierbei wird die Rinde eines Baumes in Bauch- bis Brusthöhe ringförmig abgeschält. Dadurch wird unter der toten Rinde des Stämmchens die eigentliche Wachstumsschicht, das Kambium durchtrennt, sodass der absteigende Strom von Wasser und Säften zu den Wurzeln unterbunden wird und der Baum so zum langsamen Absterben gebracht wird.
Wird dabei allerdings nur die äußere Rinde durchtrennt, so stört das den Baum nicht. Ein Beispiel ist das Abschälen der Borke der Korkeiche zur Korkgewinnung. Erst das Durchtrennen des Bastes unter der Kambiumschicht schneidet den Nährstofftransport ab und der Baum stirbt. Daher ist es wichtig, einen mindestens 5 cm breiten Streifen rund um den Schaft zu entfernen. Fällt der Streifen schmaler aus, kann der Baum diese Wunde durch Anlage von Kallus (Wundgewebe) evtl. doch noch überwallen.
Vorteile des Ringelns
- Keine unfallträchtige abgasbelastete Motorsägenarbeit mit schwerer Schutzbekleidung;
- als Alleinarbeit jederzeit problemlos durchführbar;
- kostengünstig;
- prädestiniert für die Eigenleistung;
- größter Vorteil: der zu entfernende Baum stirbt allmählich ab, bis zum Verfall dient er noch einige Jahre als Stützgerüst für den Bestand, was diesen stabil halten kann (nichts ist anfälliger gegenüber Schneedruck oder -bruch, als ein frisch geläuterter Jungbestand, in dem solche Bestandsstützen gefällt wurden);
- durch den langsamen Verfall gelangt nur wenig mehr Licht in den Bestand, was zum einen eine zu schnelle Starkastbildung bei den Nachbarn verhindert, zum anderen einen zu großen Lichtfeinfall, der die Konkurrenzvegetation wie Brombeere beflügeln könnte;
- Schäden im Bestand, die bei einer Fällung von Protzen entstehen können, werden verhindert;
- das spart Kosten und Zeit;
- der Bestand bleibt weiterhin begehbar.
Aus Forstschutzgründen wird das Verfahren im Nadelholzbereich nicht empfohlen. Hier besteht die Gefahr einer Besiedelung der absterbenden Bäume durch Borkenkäfer.
In zwei sicheren Schritten
Im Naturschutzbereich wird die Ringelung auch zum Teil zur Bekämpfung von gebietsfremden invasiven Baumarten praktiziert, die sich sonst durch Wurzelbrut und/oder Stockausschlägen innerhalb kürzester Zeit wieder vermehren würden (Götterbaum, Eschenahorn, Robinie, Essigbaum, Aspe). Häufig geht man dabei in zwei Schritten vor:
- Im ersten Jahr wird der Stamm bis auf eine kleine Leiste geringelt, sodass der Baum nicht „bemerkt“, dass er geschädigt wurde, da ja noch Säfte (wenn auch reduziert) zur Wurzel gelangen.
- Im zweiten Jahr verbraucht der Baum seine gesamten Reservestoffe für den Austrieb. Danach wird der stehengelassene Rest der Rinde dann vollständig entfernt und der Baum so zum Sterben gebracht. Auf diese Weise verhindert man auch ein erneutes Austreiben der schlafenden Knospen.
Welche Werkzeuge?
Zum Ringeln gibt es verschiedene Handarbeitsgeräte im Handel:
- Ringelkette: eine oder mehrere ca. 70 cm lange Sägenkette(n) zwischen zwei D-Griffen;
- Rindenhobel;
- „Kambiflex“: Kombinationshandgerät; verfügt neben einem Ziehmesser zum Abziehen von Rindenbahnen über eine Drahtbürste, mit der das Kambium waagerecht abgebürstet wird, um einen erneuten Bast- und Rindenaufbau zu verhindern;
- Auch die Motorsäge wird trotz der genannten Nachteile angewendet; folgende Besonderheiten sind dabei aber zu beachten: beim senkrechten Abschalmen sollte sich der Baum stets zwischen Schiene und Sägenführer befinden; zudem darf nie über Brusthöhe und nicht zu tief in das Holz gesägt werden, da der Baum sonst durch eintretende Holzfäule schnell abbricht.
Sicherheitshalber können beim Einsatz der Ringelkette oder der Motorsäge zwei Ringe angelegt werden, da bei wuchsfreudigen Bäumen ein zu schmaler Ring überwallt werden könnte.
Nachteile der Ringelmethode:
- die Anwendung an Wegen ist aufgrund der Umsturzgefahr nicht möglich
- keine erwünschten Effekte bei unsachgemäßer Durchführung, z. B. wenn Rindenbrücken belassen wurden und die Wunden überwallt werden.
- Negativeffekte, z. B. wenn der Baum durch einen zu tiefen Schnitt zu schnell umstürzt.
Ganzjährig möglich
Grundsätzlich kann das Verfahren ganzjährig angewandt werden – je nach betrieblichem Arbeitsanfall; der Zeitraum zwischen Juli und Oktober scheint jedoch physiologisch gesehen am wirksamsten zu sein. Im Saft lässt es sich zwar leichter arbeiten, aber im Frühjahr scheint die Überwallungskraft deutlich höher zu sein.
Fazit
Die Ringelung ist eine Methode, mit der auch ungeübte Waldbesitzer nach einer Anleitung die anstehenden Jungbestandspflegearbeiten bis hin ins Stangenholz in Eigenleistung tätigen können. Dabei ist der Aufwand gering und die Unfallgefahr klein.
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