Schadholz sicher zu Fall bringen
Die zurückliegenden Jahre haben dem Wald in Deutschland einiges abverlangt und für steigende Schadholzmengen gesorgt – gleichzeitig steigt auch das Gefahrenpotential bei der Holzernte, Stammfäulen und Totholz in der Krone stellen ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. Experten der „Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau“ (SVLFG) haben nun in Südniedersachsen gezeigt, wie abgängige Laubbäume dennoch möglichst sicher zu Fall gebracht werden können.
Angefangen beim Eschentriebsterben über die Vitalitätsschwäche bei der Buche gibt es mittlerweile viele Waldbestände, in denen die ohnehin schon gefahrenträchtige Holzernte noch an Risiken gewonnen hat, die auch Profis höchste Sorgfalt und Konzentration abfordert. „Im Bereich der Waldarbeit gab es 2022 deutschlandweit 4302 Unfälle, dabei sind 33 Menschen tödlich verunglückt. Das ist ein hohes Niveau, das auch mit der erhöhten Schadholzmenge zusammenhängt“, erklärt Christian Lüschow von der SVLFG in einem Waldstück bei Söder. Vom aktuellen Stand der erforderlichen Arbeitstechniken zur sicheren Schadholzfällung wollen sich heute vor allem mehr als 40 Bezirksförster und Bezirksförsterinnen der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachen informieren. Die Forstleute stehen zwar selber nicht an der Säge, begleiten aber häufig entsprechende Arbeiten und sollen als Multiplikatoren dienen: Das aufgefrischte Wissen kann so an Unternehmer wie auch an Waldbesitzer in den einzelnen Bezirksförstereien weitergegeben werden. Daneben sind auch mehrere Unternehmer aus der Region vertreten, den Tag hat die SVLFG gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft forstwirtschaftlicher Lohnunternehmer (AFL) Niedersachsen und dem „Deutschen Forstunternehmerverband“ (DFUV) organisiert.
Im Wald von Jobst-Heinrich Lampe zeigen mehrere Buchen deutliche Schäden durch Trockenheit in der Krone und einen entsprechend erhöhten Anteil an Totholz – Gefahrenquellen gibt es bei der Holzernte also reichlich. Wie solche Bäume dennoch sicher gefällt werden können, wie es zum Beispiel auch bei Verkehrssicherungsmaßnahmen entlang öffentlicher Wege erforderlich ist, führen Thies von Koppen und Dirk Grotelüschen an abgängigen Buchen vor. Einen wichtigen Leitsatz hatte Moderator Christian Lüschow schon zu Beginn parat: „Wenn du es nicht kannst – lass es sein!“ Solche Arbeiten sollten grundsätzlich nur gut ausgebildete Fachkräfte übernehmen, um das Unfallrisiko so gering wie möglich zu halten. „Besser noch: Wo immer es geht, entsprechende Bäume nicht motormanuell sondern maschinell aufarbeiten lassen“, erklärt Thies von Koppen. Im Bereich der hochmechanisierten Holzernte mit Harvestern gäbe es bislang keine tödlichen Unfälle.
Soll ein Laubbaum mit hohem Totholzanteil gefällt werden, schließen von Koppen und Grotelüschen den Einsatz von Schlagkeil und Hammer aus – zu hoch die Gefahr, beim Einschlagen des Keils durch Erschütterungen für herabfallendes Totholz zu sorgen. Stattdessen empfehlen sich funkferngesteuerte Fällkeile, die es mittlerweile in unterschiedlichen Varianten am Markt gibt. Nach dem Setzen des Keils kann sich der Motorsägenführer in sichere Entfernung und von dort per Knopfdruck den Keil in Gang setzen. So lässt sich der Baum sicher fällen und das Risiko erheblich minimieren, von herabfallenden Kronenteilen getroffen zu werden. „Dafür sind entsprechende Fachkunde und Erfahrung erforderlich. Bei der Schadholzaufarbeitung ist Helmfunk wichtig, gerade in Zusammenarbeit mit Maschinen“, erläutert Dirk Grotelüschen. Funkferngesteuerte Fällkeile kommen schnell an ihre Grenzen, wenn es sich nicht um „Normalbäume“ handelt und das Holz am Stammfuß bereits morsch ist.
Die SVLFG sieht deshalb im Vergleich die seilwindenunterstützte Fällung als noch risikoärmer an, auch hier braucht es entsprechende Fachkenntnisse. Um die richtige Anschlagshöhe für das Baumumzugsseil zu ermitteln, gibt es mit der „Calmbacher Tabelle“ sogar ein eigenes Hilfswerkzeug, das Seil sollte also nicht einfach beliebig um den Stamm gewickelt werden. „Eine Leiter ist dafür heute nicht mehr erforderlich. Das senkt die Unfallgefahr und macht den Einsatz der Technik weniger umständlich“, erklärt Thies von Koppen. Stattdessen kann auf eine Schubstange zurückgegriffen werden, die in Kombination mit einer Anschlaghilfe wie etwa der „Münchehofer Sicherheitsgabel“ den Einbau des Seils am Baum ermöglicht. Hat der Motorsägenführer die Fällung vorbereitet, entfällt hier der Einsatz eines Keils. Stattdessen kommt nun Forstspezialschlepper und Seilwinde zum Einsatz, über die der Baum schließlich zu Fall gebracht wird. Genau wie beim Einsatz des funkferngesteuerten Fällkeils geht auch hier die marode Krone völlig zu Bruch, ein kaum zu unterschätzendes Risiko für das Personal an der Säge. Und noch etwas wird mit Blick auf den Stock deutlich: Die Buche war bereits stark weißfaul, gesundes Holz fand sich nur im äußeren Rand an den Wurzelanläufen. „Deshalb ist es auch so wichtig, hier die Wurzelanläufe nicht beizuschneiden. Das ist oftmals der letzte stabile Bereich“, sagt Dirk Grotelüschen.
Die größte Sicherheit bietet letztlich im Schadholz die sogenannte „MFK-Methode“, also die motormanuelle Fällung mit Kranunterstützung. „Diese Methode ist keine eigene Erfindung der DFUV, wir haben uns aber mit der SVLFG intensiv zusammengesetzt, um daraus ein offizielles Arbeitsverfahren zu machen“, berichtet Dr. Maurice Strunk, Geschäftsführer des DFUV und der AfL Niedersachsen. Voraussetzung für die MFK-Methode ist die enge Zusammenarbeit zwischen Maschinen- und Motorsägenführer – ohne Helmfunk geht es nicht, denn Kommunikation ist enorm wichtig für die Arbeitssicherheit. Vor der Fällung nehmen beide Arbeitskräfte gemeinsam die Baumbeurteilung vor und prüfen, ob das Arbeitsverfahren zum Einsatz kommen kann. Dabei muss vor allem auch die Kranreichweite der Maschine berücksichtigt werden, die Baumentfernung darf dabei nicht mehr als 80 Prozent der maximalen Kranreichweite betragen. Bei der Veranstaltung der SVLFG kommt ein Harvester der Firma Andreas Blanke zum Einsatz, der den Buchenstamm in mehreren Metern Höhe umfasst. Erst dann verlässt der Motorsägenführer den Rückweichplatz, um den Fällschnitt anzulegen. Hier kommt die Sicherheitsfälltechnik mit Überlappungsschnitt des Sicherheitsbandes zum Einsatz. Anschließend geht es für den Mann am Boden zurück zum Rückweichplatz, von dort gibt er den Einsatz der Maschine frei. Der Stamm wird dann in die gewünschte Fällrichtung gedrückt, bis der Baum selbstständig zu fallen beginnt. „Kommt ein Fällaggregat zum Einsatz, muss es beim Fallbeginng sofort geöffnet werden“, erklärt Christan Lüschow.
Bei aller fortschriftlicher Technik wird auch bei der Veranstaltung in Südniedersachsen klar, das die motormanuelle Aufarbeitung von Schadholz eine gefährliche Aufgabe bleibt, deren Risiken sich nicht immer vollständig abschätzen lassen. „Vieles bleibt unplanbar, auch bei bester Ausbildung des Personals. Selbst für Experten bleibt ein gewisses Restrisiko. Das macht umsichtiges Arbeiten umso wichtiger und so sind Fortbildungen entsprechend hoch anzusetzen“, sagt Rudolf Alteheld, Leiter des Geschäftsbereichs Forstwirtschaft der LWK.
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