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Landessortenversuche 2022: Grünroggen

Webcode: 01040826
Stand: 21.07.2022

Der Anbau von Grünroggen bietet eine Chance auf früh zu erntendes Futter und den anschliessenden Anbau einer Hauptkultur, in erster Linie Mais. Die Wasserversorgung muss allerdings für beide Kulturen gewährleistet sein.

Grünroggen LSV
Grünroggen LSVCarsten Rieckmann
Grünroggen wird von zahlreichen Betrieben für die zeitige Bereitstellung von Grundfutter, sowohl für die Fütterung als auch für den Einsatz in Biogasanlagen genutzt. Ein anschließender Hauptfruchtanbau, in der Regel mit Mais, Sorghumhirse oder vielleicht auch Sonnenblume ist Bestandteil dieses Anbausystems. Durch die Kombination von zwei Beerntungen in einem Jahr soll die Vegetatonszeit bestmöglich ausgenutzt und möglichst viel Biomasse produziert werden. Der Erntezeitpunkt beeinflusst neben der Ertragsleistung auch die Futterqualität des Ernteguts.

Während für die Ganzpflanzensilage (GPS) - Ernte in der Regel Mitte Juni bis Anfang Juli - vielfach auch für den Drusch vorgesehene Getreidebestände vorzeitig gehäckselt werden, kommen für den Grünroggenanbau spezielle Sorten zum Einsatz.

Diese für die Grünroggen- bzw. Grünschnittroggennutzung gezüchteten Sorten zeichnen sich im Vergleich zu herkömmlichen Roggensorten durch eine früher einsetzende Massenbildung und ein früheres Ährenschieben aus. Für eine spätere Beerntung in der Kornfüllungsphase eignen sie sich weniger, da sie dann zunehmend Probleme mit der Standfestigkeit bekommen können und im Übrigen weniger auf Körnerleistung ausgerichtet sind. Sie eignen sich besonders gut für den Winterzwischenfruchtanbau und liefern schon früh im Jahr einen entsprechenden Biomasseaufwuchs. Der genaue Erntezeitpunkt - die Ernte kann von Ende April bis Ende Mai erfolgen - ist zum einen abhängig von der Folge- (Hauptfrucht) zum anderen von der Qualität des Erntegutes. Sollte der Mai eher zu kühl ausfallen, würde sich der anschließende Mais sehr zögerlich entwickeln. Der Grünroggen könnte diese Vegetationszeit effektiver in Ertrag umsetzen. Bei Trockenmassegehalten unter 20 % bei der Ernte ist ein Anwelken auf ca. 25 - 28 % unvermeidlich, um die starke Sickersaftbildung bei der Silierung zu verringern. In der Praxis stellt sich die Ablage im Schwad und die nach etwa einem Tag stattfindende Aufnahme mit einer Pick-Up-Vorrichtung und anschließendem Häckseln als praktikable Lösung dar. Bei höheren TM-Gehalten wird die Beerntung aus dem Stand mit GPS-Vorsatz am Häcksler durchgeführt. Das Stadium des Fahnenschiebens würde einen guten Kompromiss zwischen hohem Futterwert und gleichzeitig akzeptablem Ertrag darstellen. Häufig wird allerdings zu Gunsten höherer Erträge bis zum bzw. nach dem Ährenschieben mit der Beerntung gewartet. Dies geschieht vorrangig beim Einsatz in Biogasanlagen.

Als vergleichsweise anspruchslose und robuste Getreideart ist Grünroggen auf unterschiedlichen Standorten problemlos anbaubar. Zu beachten ist in jedem Fall, dass die Bodenwasservorräte bis zum Tag der Beerntung vom Grünroggen beansprucht werden, diese Mengen stehen dann der Folgefrucht nicht mehr zur Verfügung. Insbesondere in Jahren mit ausgeprägter Frühsommertrockenheit im Mai und Juni sind dann oftmals empfindliche Ertrags- und Qualitätseinbußen in der eigentlichen Hauptfrucht zu befürchten. Eine ausreichende Wasserversorgung, sowohl für den Grünroggen als auch für die nachfolgende Hauptfrucht sollte daher gewährleistet sein, am sichersten ist es durch die Möglichkeit der Beregnung gegeben. Aktuell in diesem Jahr konnte man bereits im Juni unter Trockenheit leidende Maisbestände nach Grünroggenvornutzung beobachten, was sich in dieser Woche bei sehr hohen Temperaturen und hoher Verdunstung noch weiter verschärfen wird.

Herbstdüngung zum Grünroggen möglich?

Grünroggen ist als Futterzwischenfrucht einzustufen und könnte im Herbst 2022 nach Getreidevorfrucht nur in nicht mit Nitrat belasteten Gebieten mit max. 60/30* kg N/ha bis spätestens 1. Oktober gedüngt werden, wenn die Aussaat bis zum 15. September erfolgt ist. (* = N-Düngung max. 60/30 kg N/ha bedeutet, dass eine Düngung nach Bedarf erfolgen kann, es dürfen jedoch maximal 60 kg Gesamt-N/ha und/oder maximal 30 kg NH4-N/ha (mineralisch + organisch) aufgebracht werden.) Der Düngebedarfswert für den Grünschnittroggen, der Ende April/Anfang Mai (TM-Gehalt ca. 20 %) geerntet wird, beträgt 80 kg N/ha bei einem Ertragsniveau von ca. 250 dt FM/ha, wenn der nachfolgende Mais als Hauptfrucht angebaut wird. Die Düngung sollte im Frühjahr zu Vegetationsbeginn möglichst zeitig in einer Gabe erfolgen, um die Massenbildung zu fördern. Im Herbst gedüngte N-Mengen müssen im Frühjahr berücksichtigt, d. h. vom Stickstoffbedarfswert abgezogen werden. Ist der Roggen im Herbst gedüngt worden, darf er nicht im Frühjahr zur Körnernutzung weiter kultiviert werden, da Roggen für die Körnernutzung im Herbst nicht gedüngt werden darf.

Ertragsleistungen im mehrjährigen Vergleich

Beim Vergleich der Einzelortergebnisse (Abb. 1) im Verlaufe der Jahre 2018 bis 2022 fallen die zum Teil drastischen Ertragsunterschiede auf. Diese Unterschiede lassen sich zumindest am Standort Obershagen weniger durch die Abreifeentwicklung erklären, da die Versuche in einem relativ engen TM-Gehaltsbereich beerntet wurden. Hier spielen sicherlich die Wachstumsbedingungen eine gravierendere Rolle. Die geringeren Erträge der Jahr 2018 und 2020 könnten in erster Linie durch die schwache Vorwinterentwicklung verursacht worden sein, da die Aussaat dort erst ab Mitte Oktober erfolgte. Die knapp 8 dt TM/ha höheren Erträge am Standort Werlte lassen sich auf die generell bessere Nährstoff- und Wasserversorgung zurückführen, sodass hier dank dichterer Bestände trotz geringerer TM-Gehalte zur Ernte (im Mittel 17,6 %) Mehrerträge von 7,6 dt TM/ha erreicht wurden. Generell ist weiterhin festzuhalten, dass für ertragreiche Grünroggenbestände auch die Wasserversorgung gewährleistet sein muss. Dies wird beispielsweise im Jahr 2020 erkennbar, wo sich die Frühjahrstrockenheit auch beim Grünroggen in Werlte durch geringere Erträge als sonst üblich auswirkte.

 

Versuchsergebnisse Grünroggen

Der Landessortenversuch (LSV) Grünroggen wird in Niedersachsen regelmäßig an den Standorten Obershagen (Region Hannover) und in Werlte (LK Emsland) angelegt.

2022 wurden sieben vom Bundessortenamt (BSA) für den Winterzwischenfruchtanbau zugelassene sowie mit Generator eine sich früh entwickelnde GPS-Sorte geprüft. Bei allen im LSV stehenden Sorten handelt es sich um Populationssorten.

Die Aussaat der Versuche erfolgte an beiden Standorten Ende September. Dank günstiger Wachstumsbedingungen lief die Saat gleichmäßig auf und die Bestände entwickelten sich vor dem Winter gut. Die in Werlte im Februar gefallenen hohen Niederschlagsmengen zeigten keine negativen Auswirkungen durch z. B. Verschlämmungen. In Obershagen war der Vegetationsbeginn am 03. März, wobei jedoch die weitere Entwicklung durch Nachtfröste und zunehmende Trockenheit gebremst wurde. Erst Anfang April setzte das Wachstum dank Regen und ansteigender Temperaturen wieder sichtbar ein. Zur Vermeidung von Trockenschäden wurde der Versuch am 02. Mai mit 25 mm beregnet. Die Ernte konnte am 11. Mai erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt lagen die mittleren Trockensubstanzgehalte bei 21,3%. Auch in Werlte war die Frühjahrsentwicklung durch niedrige Temperaturen verzögert. Insgesamt entwickelten sich die Bestände mit zunehmenden Temperaturen jedoch etwas zügiger, sodass die Ernte bereits am 02. Mai stattfand. Der frühe Erntetermin erklärt die noch geringen TM-Gehalte von durchschnittlich knapp 18 % bei allerdings vergleichbar hohen Erträgen von über 70 dt TM/ha, wie sie auch in Obershagen erreicht wurden.

Sowohl in Obershagen als auch in Werlte erzielten 2022 die beiden Sorten Powergreen und Protector jeweils die höchsten Erträge. Traktor, Turbogreen und Lunator konnten insgesamt ebenfalls überzeugen. Die erstmalig als Grünschnittroggen geprüfte Sorte Generator sowie SU Vector und Higreen lieferten hingegen leicht unterdurchschnittliche Erträge.

Mehrjährige Sortenleistungen

Im Mittel der letzten fünf Prüfjahre konnte die bereits 1994 zugelassene Sorte Protector ihre Ertragsleistung wieder eindrucksvoll unter Beweis stellen (Tabelle 1). Sie zeichnet sich durch eine hohe Ertragskonstanz sowie eine beschleunigte Wachstumsentwicklung aus. Von daher ist sie zu Recht die vermehrungsstärkste Grünschnittroggensorte in Deutschland. Zu beachten ist allerdings die vom BSA ausgewiesene höhere Lagergefahr, die sich auch in den letztjährigen eigenen Versuchen bestätigt hat (Tabelle 2).

Mehrjährig betrachtet lieferte die Sorte Turbogreen ebenfalls überdurchschnittliche Erträge, auch wenn sie im aktuellen Prüfjahr nicht ganz an die langjährig überdurchschnittlichen Leistungen anknüpfen konnte. Sie zählt nach Higreen zu den sich nach Vegetationsbeginn am schnellsten entwickelnden Sorten.

Powergreen konnte ihre Ertragsleistung in diesem Jahr gegenüber den Vorjahren deutlich steigern; im Schnitt der letzten fünf Jahre erzielte sie mit rel. 99 knapp durchschnittliche Leistungen. Die Sorte ist nach Vegetationsbeginn etwas verhaltener in der Massenbildung und zeichnet sich durch eine gute Standfestigkeit aus.

Higreen zählt mit dem Zulassungsjahr 2018 zu den neueren Prüfkandidaten, die in diesem Jahr wieder ihre stärker schwankenden Jahresleistungen durch schwache 2022er Erträge bestätigte. Vierjährig betrachtet lieferte die Sorte mit rel. 100 durchschnittliche Leistungen. Aufgrund der stärksten Massenbildung nach Vegetationsbeginn erreichte sie entsprechend zur Ernte die höchsten TM-Gehalte.

Lunator konnte die letztjährigen unterdurchschnittlichen Erträge 2022 wieder ausgleichen, sodass sie im fünfjährigen Mittel mit rel. 100 ein durchschnittliches Ergebnis erreichte. Bei Betrachtung der Einzeljahresergebnisse zeigen sich auch bei dieser Sorte die stärkeren Jahreseinflüsse auf die Ertragsleistung. In der Abreife erweist sie sich als recht spät bei guter Standfestigkeit.

Traktor zeigte mit Ausnahme der unterdurchschnittlichen Erträge 2020 ansonsten gute Ergebnisse, sodass sie fünfjährig betrachtet mit rel. 99 knapp durchschnittliche Leistungen erzielte.

SU Vector erreichte auch in diesem Jahr mit rel. 97 lediglich unterdurchschnittliche Erträge, sodass sie von den geprüften Sorten am ertragsschwächsten einzustufen ist. Bei relativ verhaltener Massenbildung nach Vegetationsbeginn konnte sie sich mit einer guten Standfestigkeit positiv hervortun.

Die GPS-Sorte Generator überzeugte bei eher mittlerer Abreife ertraglich im ersten Prüfjahr noch nicht. Hier müssen weitere Versuchsergebnisse zur Eignung als Grünschnittroggen abgewartet werden.

Zusammenfassung

Der Grünroggen wird von zahlreichen Landwirten einerseits bewusst zur frühen Futterproduktion angebaut, um mögliche Futterlücken zeitig schließen zu können, andererseits, um von einer begrenzten Futterfläche durch optimale Nutzung der Vegetationszeit mit einer anschließenden Hauptfrucht möglichst hohe Erträge je Hektar zu generieren. Der Erfolg dieses Anbausystems wird entscheidend durch die Wasserversorgung der Flächen beeinflusst.

Da beim Grünroggenanbau in erster Linie die Ertragsleistungen für die Sortenentscheidung herangezogen werden, sind vorrangig die altbekannten Sorten Protector und Turbogreen zu empfehlen. Neuere Kandidaten lassen aus ertraglicher Sicht bislang noch keine klaren Verbesserungen erkennen.